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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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und Dich von Angesicht zu Angesicht sehen, doch zieh'
ich's vor hier allein in Deinem Garten Dich zu beschwö-
ren: o hilf mir Dich denken, Dich empfinden; mein
Glaube ist mein Zauberstab, durch ihn erschaff ich meine
Welt außer welcher mir alles fremd ist, und ich hege
keine Zweifel, daß ich nur in ihr wirklich lebe. Mein
Denken ist wunderthätig: ich spreche mit Dir, ich seh
in Dich hinein, mein Gebet ist, daß ich meinen Willen
stärke, Dich zu denken.


In Goethes Garten.

Die ganze Welt umher beleuchtet von einer Sonne!
Du in mir allein beleuchtet, alles andre im Dunkel.
Wie das die Liebe entflammt, wenn das Licht nur auf
einen Gegenstand fällt.

Das waren Deine Worte gestern: ich solle schreiben
und wenn es Folianten wären es sei Dir nicht zu viel.
Ach und Du weißt doch, daß meine Sprache nur einen
kleinen Umfang an Kenntniß hat. Daß ich zwar glaube
jedesmal neu zu empfinden was ich Dir zu sagen habe,
aber doch ist es ewig dasselbe. Und Dir? ist es Dir

und Dich von Angeſicht zu Angeſicht ſehen, doch zieh'
ich's vor hier allein in Deinem Garten Dich zu beſchwö-
ren: o hilf mir Dich denken, Dich empfinden; mein
Glaube iſt mein Zauberſtab, durch ihn erſchaff ich meine
Welt außer welcher mir alles fremd iſt, und ich hege
keine Zweifel, daß ich nur in ihr wirklich lebe. Mein
Denken iſt wunderthätig: ich ſpreche mit Dir, ich ſeh
in Dich hinein, mein Gebet iſt, daß ich meinen Willen
ſtärke, Dich zu denken.


In Goethes Garten.

Die ganze Welt umher beleuchtet von einer Sonne!
Du in mir allein beleuchtet, alles andre im Dunkel.
Wie das die Liebe entflammt, wenn das Licht nur auf
einen Gegenſtand fällt.

Das waren Deine Worte geſtern: ich ſolle ſchreiben
und wenn es Folianten wären es ſei Dir nicht zu viel.
Ach und Du weißt doch, daß meine Sprache nur einen
kleinen Umfang an Kenntniß hat. Daß ich zwar glaube
jedesmal neu zu empfinden was ich Dir zu ſagen habe,
aber doch iſt es ewig daſſelbe. Und Dir? iſt es Dir

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[185/0195] und Dich von Angeſicht zu Angeſicht ſehen, doch zieh' ich's vor hier allein in Deinem Garten Dich zu beſchwö- ren: o hilf mir Dich denken, Dich empfinden; mein Glaube iſt mein Zauberſtab, durch ihn erſchaff ich meine Welt außer welcher mir alles fremd iſt, und ich hege keine Zweifel, daß ich nur in ihr wirklich lebe. Mein Denken iſt wunderthätig: ich ſpreche mit Dir, ich ſeh in Dich hinein, mein Gebet iſt, daß ich meinen Willen ſtärke, Dich zu denken. In Goethes Garten. Die ganze Welt umher beleuchtet von einer Sonne! Du in mir allein beleuchtet, alles andre im Dunkel. Wie das die Liebe entflammt, wenn das Licht nur auf einen Gegenſtand fällt. Das waren Deine Worte geſtern: ich ſolle ſchreiben und wenn es Folianten wären es ſei Dir nicht zu viel. Ach und Du weißt doch, daß meine Sprache nur einen kleinen Umfang an Kenntniß hat. Daß ich zwar glaube jedesmal neu zu empfinden was ich Dir zu ſagen habe, aber doch iſt es ewig daſſelbe. Und Dir? iſt es Dir

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/195>, abgerufen am 29.03.2024.