Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

kam und reichte mir die Hand, die hielt ich fest und
sagte: die Erdbeeren hab ich geschmeckt. "So? --
Nach was schmeckten sie denn?" -- Nach schönem Wet¬
ter und ganz fruchtbarem Erdboden. -- Dem Mann
gefiel die Antwort, er sagte: "jetzt ists zu dunkel, aber
Morgen bei Tag nehme ein Blatt von einem Baum
oder sonst von einer Blume und halte es so, daß die
Sonnenstrahlen durchschimmern, da wirst Du eine Menge
Gefäße drin erkennen die vom Licht durchströmt sind;
so ist es auch mit Deinen kleinen Kopf, er ist geeignet,
daß das Licht leichtlich durchströme und Dich reife, daß
Du auch dann schmeckst wie die Erdbeere, nach schönem
Wetter, nach Sonnen- und Mondstrahlen" -- ich sagte
ihm, daß ich gehört habe, er schaue mit seinem Willen
in die Menschen, daß sie denken müssen was er wolle. --
Er sagte: "Ja ich will immer, daß sie die Wahrheit
denken von sich -- und da folgen sie ganz leicht, weil
es ihrer Natur gemäß ist; von Dir will ich auch, daß
Du die Wahrheit denkst die Dir gemäß ist, wenn Du
dem folgst, wirst Du so manches in Dir erleben, was
Dir vollauf genügt." -- Ich redete noch mehr mit ihm
-- er sagte ein paarmal: "Du thust recht wunderliche
Fragen, aber ich muß immer Ja dazu sagen, denn sie
sind wahr." Er ehrte mich noch mit manchen freundli¬

kam und reichte mir die Hand, die hielt ich feſt und
ſagte: die Erdbeeren hab ich geſchmeckt. „So? —
Nach was ſchmeckten ſie denn?“ — Nach ſchönem Wet¬
ter und ganz fruchtbarem Erdboden. — Dem Mann
gefiel die Antwort, er ſagte: „jetzt iſts zu dunkel, aber
Morgen bei Tag nehme ein Blatt von einem Baum
oder ſonſt von einer Blume und halte es ſo, daß die
Sonnenſtrahlen durchſchimmern, da wirſt Du eine Menge
Gefäße drin erkennen die vom Licht durchſtrömt ſind;
ſo iſt es auch mit Deinen kleinen Kopf, er iſt geeignet,
daß das Licht leichtlich durchſtröme und Dich reife, daß
Du auch dann ſchmeckſt wie die Erdbeere, nach ſchönem
Wetter, nach Sonnen- und Mondſtrahlen“ — ich ſagte
ihm, daß ich gehört habe, er ſchaue mit ſeinem Willen
in die Menſchen, daß ſie denken müſſen was er wolle. —
Er ſagte: „Ja ich will immer, daß ſie die Wahrheit
denken von ſich — und da folgen ſie ganz leicht, weil
es ihrer Natur gemäß iſt; von Dir will ich auch, daß
Du die Wahrheit denkſt die Dir gemäß iſt, wenn Du
dem folgſt, wirſt Du ſo manches in Dir erleben, was
Dir vollauf genügt.“ — Ich redete noch mehr mit ihm
— er ſagte ein paarmal: „Du thuſt recht wunderliche
Fragen, aber ich muß immer Ja dazu ſagen, denn ſie
ſind wahr.“ Er ehrte mich noch mit manchen freundli¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0231" n="215"/>
kam und reichte mir die Hand, die hielt ich fe&#x017F;t und<lb/>
&#x017F;agte: die Erdbeeren hab ich <hi rendition="#g">ge&#x017F;chmeckt</hi>. &#x201E;So? &#x2014;<lb/>
Nach was &#x017F;chmeckten &#x017F;ie denn?&#x201C; &#x2014; Nach &#x017F;chönem Wet¬<lb/>
ter und ganz fruchtbarem Erdboden. &#x2014; Dem Mann<lb/>
gefiel die Antwort, er &#x017F;agte: &#x201E;jetzt i&#x017F;ts zu dunkel, aber<lb/>
Morgen bei Tag nehme ein Blatt von einem Baum<lb/>
oder &#x017F;on&#x017F;t von einer Blume und halte es &#x017F;o, daß die<lb/>
Sonnen&#x017F;trahlen durch&#x017F;chimmern, da wir&#x017F;t Du eine Menge<lb/>
Gefäße drin erkennen die vom Licht durch&#x017F;trömt &#x017F;ind;<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es auch mit Deinen kleinen Kopf, er i&#x017F;t geeignet,<lb/>
daß das Licht leichtlich durch&#x017F;tröme und Dich reife, daß<lb/>
Du auch dann &#x017F;chmeck&#x017F;t wie die Erdbeere, nach &#x017F;chönem<lb/>
Wetter, nach Sonnen- und Mond&#x017F;trahlen&#x201C; &#x2014; ich &#x017F;agte<lb/>
ihm, daß ich gehört habe, er &#x017F;chaue mit &#x017F;einem Willen<lb/>
in die Men&#x017F;chen, daß &#x017F;ie denken mü&#x017F;&#x017F;en was er wolle. &#x2014;<lb/>
Er &#x017F;agte: &#x201E;Ja ich will immer, daß &#x017F;ie die Wahrheit<lb/>
denken von &#x017F;ich &#x2014; und da folgen &#x017F;ie ganz leicht, weil<lb/>
es ihrer Natur gemäß i&#x017F;t; von Dir will ich auch, daß<lb/>
Du die Wahrheit denk&#x017F;t die Dir gemäß i&#x017F;t, wenn Du<lb/>
dem folg&#x017F;t, wir&#x017F;t Du &#x017F;o manches in Dir erleben, was<lb/>
Dir vollauf genügt.&#x201C; &#x2014; Ich redete noch mehr mit ihm<lb/>
&#x2014; er &#x017F;agte ein paarmal: &#x201E;Du thu&#x017F;t recht wunderliche<lb/>
Fragen, aber ich muß immer Ja dazu &#x017F;agen, denn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ind wahr.&#x201C; Er ehrte mich noch mit manchen freundli¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0231] kam und reichte mir die Hand, die hielt ich feſt und ſagte: die Erdbeeren hab ich geſchmeckt. „So? — Nach was ſchmeckten ſie denn?“ — Nach ſchönem Wet¬ ter und ganz fruchtbarem Erdboden. — Dem Mann gefiel die Antwort, er ſagte: „jetzt iſts zu dunkel, aber Morgen bei Tag nehme ein Blatt von einem Baum oder ſonſt von einer Blume und halte es ſo, daß die Sonnenſtrahlen durchſchimmern, da wirſt Du eine Menge Gefäße drin erkennen die vom Licht durchſtrömt ſind; ſo iſt es auch mit Deinen kleinen Kopf, er iſt geeignet, daß das Licht leichtlich durchſtröme und Dich reife, daß Du auch dann ſchmeckſt wie die Erdbeere, nach ſchönem Wetter, nach Sonnen- und Mondſtrahlen“ — ich ſagte ihm, daß ich gehört habe, er ſchaue mit ſeinem Willen in die Menſchen, daß ſie denken müſſen was er wolle. — Er ſagte: „Ja ich will immer, daß ſie die Wahrheit denken von ſich — und da folgen ſie ganz leicht, weil es ihrer Natur gemäß iſt; von Dir will ich auch, daß Du die Wahrheit denkſt die Dir gemäß iſt, wenn Du dem folgſt, wirſt Du ſo manches in Dir erleben, was Dir vollauf genügt.“ — Ich redete noch mehr mit ihm — er ſagte ein paarmal: „Du thuſt recht wunderliche Fragen, aber ich muß immer Ja dazu ſagen, denn ſie ſind wahr.“ Er ehrte mich noch mit manchen freundli¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/231
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/231>, abgerufen am 29.03.2024.