Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

ihn nur mit Essig und Öl einzuseifen, so hatte man den
trefflichsten Salat von seinem Bartschabsel. Aber gelt
Du gläubest nicht? -- Aber hör, da fällt mir ein,
esse doch eine recht tüchtige Schüssel voll Salat, das
kühlt das Blut ab, aber wenn Du bei einer Entzündung
noch Blut verlierst, so wird natürlich diese verstärkt,
denn wenn Du ein Dippen mit Wasser kochend hast,
und schüttst einen Theil davon weg, so kochts viel stär¬
ker. -- Die Hahnen krähen es ist schon nach Mitter¬
nacht, und nun will ich Dir fortschreiben bis morgen
früh, daß Du recht viel zu lesen hast auf Deinem Kran¬
kenlagerchen, gleich fang ich von der neu Religion an,
aber erst will ich Dir noch was erzählen, wie der Jud
kam mit Deinem Brief, das war vier Uhr, da dacht
ich auf was, was Dir recht gut wär, da dacht ich gleich
die Aprikosen in der Großmama ihrem Garten müßten
Dir gesund sein, da ging ich um die Bäum herum und
erspähte die besten, und lernte sie alle auswendig wo
sie hingen, und so spazierte ich in einem Wiederholen
meiner Lection, bis die Sonne unterging, denn bei Tag
konnt ich sie nicht stehlen, ich mußte warten bis alles
am Spieltisch saß, es war Dir das schönste Plaisir,
diese Aprikosen zu stehlen, erstens die Angst ist ein wah¬
rer Spaß, das Herz klopfte mir so, ich mußte so lachen

vor

ihn nur mit Eſſig und Öl einzuſeifen, ſo hatte man den
trefflichſten Salat von ſeinem Bartſchabſel. Aber gelt
Du gläubeſt nicht? — Aber hör, da fällt mir ein,
eſſe doch eine recht tüchtige Schüſſel voll Salat, das
kühlt das Blut ab, aber wenn Du bei einer Entzündung
noch Blut verlierſt, ſo wird natürlich dieſe verſtärkt,
denn wenn Du ein Dippen mit Waſſer kochend haſt,
und ſchüttſt einen Theil davon weg, ſo kochts viel ſtär¬
ker. — Die Hahnen krähen es iſt ſchon nach Mitter¬
nacht, und nun will ich Dir fortſchreiben bis morgen
früh, daß Du recht viel zu leſen haſt auf Deinem Kran¬
kenlagerchen, gleich fang ich von der neu Religion an,
aber erſt will ich Dir noch was erzählen, wie der Jud
kam mit Deinem Brief, das war vier Uhr, da dacht
ich auf was, was Dir recht gut wär, da dacht ich gleich
die Aprikoſen in der Großmama ihrem Garten müßten
Dir geſund ſein, da ging ich um die Bäum herum und
erſpähte die beſten, und lernte ſie alle auswendig wo
ſie hingen, und ſo ſpazierte ich in einem Wiederholen
meiner Lection, bis die Sonne unterging, denn bei Tag
konnt ich ſie nicht ſtehlen, ich mußte warten bis alles
am Spieltiſch ſaß, es war Dir das ſchönſte Plaiſir,
dieſe Aprikoſen zu ſtehlen, erſtens die Angſt iſt ein wah¬
rer Spaß, das Herz klopfte mir ſo, ich mußte ſo lachen

vor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0280" n="264"/>
ihn nur mit E&#x017F;&#x017F;ig und Öl einzu&#x017F;eifen, &#x017F;o hatte man den<lb/>
trefflich&#x017F;ten Salat von &#x017F;einem Bart&#x017F;chab&#x017F;el. Aber gelt<lb/>
Du <hi rendition="#g">gläube&#x017F;t</hi> nicht? &#x2014; Aber hör, da fällt mir ein,<lb/>
e&#x017F;&#x017F;e doch eine recht tüchtige Schü&#x017F;&#x017F;el voll Salat, das<lb/>
kühlt das Blut ab, aber wenn Du bei einer Entzündung<lb/>
noch Blut verlier&#x017F;t, &#x017F;o wird natürlich die&#x017F;e ver&#x017F;tärkt,<lb/>
denn wenn Du ein Dippen mit Wa&#x017F;&#x017F;er kochend ha&#x017F;t,<lb/>
und &#x017F;chütt&#x017F;t einen Theil davon weg, &#x017F;o kochts viel &#x017F;tär¬<lb/>
ker. &#x2014; Die Hahnen krähen es i&#x017F;t &#x017F;chon nach Mitter¬<lb/>
nacht, und nun will ich Dir fort&#x017F;chreiben bis morgen<lb/>
früh, daß Du recht viel zu le&#x017F;en ha&#x017F;t auf Deinem Kran¬<lb/>
kenlagerchen, gleich fang ich von der neu Religion an,<lb/>
aber er&#x017F;t will ich Dir noch was erzählen, wie der Jud<lb/>
kam mit Deinem Brief, das war vier Uhr, da dacht<lb/>
ich auf was, was Dir recht gut wär, da dacht ich gleich<lb/>
die Apriko&#x017F;en in der Großmama ihrem Garten müßten<lb/>
Dir ge&#x017F;und &#x017F;ein, da ging ich um die Bäum herum und<lb/>
er&#x017F;pähte die be&#x017F;ten, und lernte &#x017F;ie alle auswendig wo<lb/>
&#x017F;ie hingen, und &#x017F;o &#x017F;pazierte ich in einem Wiederholen<lb/>
meiner Lection, bis die Sonne unterging, denn bei Tag<lb/>
konnt ich &#x017F;ie nicht &#x017F;tehlen, ich mußte warten bis alles<lb/>
am Spielti&#x017F;ch &#x017F;aß, es war Dir das &#x017F;chön&#x017F;te Plai&#x017F;ir,<lb/>
die&#x017F;e Apriko&#x017F;en zu &#x017F;tehlen, er&#x017F;tens die Ang&#x017F;t i&#x017F;t ein wah¬<lb/>
rer Spaß, das Herz klopfte mir &#x017F;o, ich mußte &#x017F;o lachen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">vor<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[264/0280] ihn nur mit Eſſig und Öl einzuſeifen, ſo hatte man den trefflichſten Salat von ſeinem Bartſchabſel. Aber gelt Du gläubeſt nicht? — Aber hör, da fällt mir ein, eſſe doch eine recht tüchtige Schüſſel voll Salat, das kühlt das Blut ab, aber wenn Du bei einer Entzündung noch Blut verlierſt, ſo wird natürlich dieſe verſtärkt, denn wenn Du ein Dippen mit Waſſer kochend haſt, und ſchüttſt einen Theil davon weg, ſo kochts viel ſtär¬ ker. — Die Hahnen krähen es iſt ſchon nach Mitter¬ nacht, und nun will ich Dir fortſchreiben bis morgen früh, daß Du recht viel zu leſen haſt auf Deinem Kran¬ kenlagerchen, gleich fang ich von der neu Religion an, aber erſt will ich Dir noch was erzählen, wie der Jud kam mit Deinem Brief, das war vier Uhr, da dacht ich auf was, was Dir recht gut wär, da dacht ich gleich die Aprikoſen in der Großmama ihrem Garten müßten Dir geſund ſein, da ging ich um die Bäum herum und erſpähte die beſten, und lernte ſie alle auswendig wo ſie hingen, und ſo ſpazierte ich in einem Wiederholen meiner Lection, bis die Sonne unterging, denn bei Tag konnt ich ſie nicht ſtehlen, ich mußte warten bis alles am Spieltiſch ſaß, es war Dir das ſchönſte Plaiſir, dieſe Aprikoſen zu ſtehlen, erſtens die Angſt iſt ein wah¬ rer Spaß, das Herz klopfte mir ſo, ich mußte ſo lachen vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/280
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/280>, abgerufen am 28.03.2024.