Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

ist Geist Gottes, und Geist will sich aussprechen, sich in
den Geist übertragen, und die Sprache ist der Widerhall,
das Gedächtniß des Seins. Ich spreche Dich aus vor
Gott, so ist mein Gebet rein vor Gott so hat es mich
Dein Genius heute gelehrt oben auf der Warte, --
und hab ruhig wie Du bist, mit den Sternen über¬
legt; und dann hab ich Deinen Namen eingezeichnet
in den Schnee; und dann den Namen des Königs der
Juden, der kindlich zu Gott ruft: Vater! hab ich Dir
als Wächter hinzugeschrieben und dies Zeichen von Dir
im kalten Schnee; da ist Dein Geist frei von bösem
Wahn, da oben in reiner kalter Luft die Dich anweht.
Und der Geist Gottes über Dir, und der menschgewor¬
dene Geist der Liebe Dich umschwebend -- daß Du sein
mußt -- und nicht Dich aufgeben wollend auf dieser
leuchtenden Bahn. -- Ja so muß es sein, denn Du bist
ein Schooßkind Gottes, denn wenn ich in der kalten
Nacht hinaufseh dann seh ich Dich sanft hinaufschrei¬
ten als sei es Dein gewohnter Weg, und gehest ein
und vorwärts, aber Dein Geist verzweifelt nicht. -- Leb
doch wohl, jetzt bin ich wieder still -- und fürchte
nichts für Dich -- eins will ich Dir sagen von mei¬
nen Briefen, ich lese sie nicht wieder -- ich muß sie da¬
hinflattern lassen wie Töne die der Wind mitnimmt, ich

iſt Geiſt Gottes, und Geiſt will ſich ausſprechen, ſich in
den Geiſt übertragen, und die Sprache iſt der Widerhall,
das Gedächtniß des Seins. Ich ſpreche Dich aus vor
Gott, ſo iſt mein Gebet rein vor Gott ſo hat es mich
Dein Genius heute gelehrt oben auf der Warte, —
und hab ruhig wie Du biſt, mit den Sternen über¬
legt; und dann hab ich Deinen Namen eingezeichnet
in den Schnee; und dann den Namen des Königs der
Juden, der kindlich zu Gott ruft: Vater! hab ich Dir
als Wächter hinzugeſchrieben und dies Zeichen von Dir
im kalten Schnee; da iſt Dein Geiſt frei von böſem
Wahn, da oben in reiner kalter Luft die Dich anweht.
Und der Geiſt Gottes über Dir, und der menſchgewor¬
dene Geiſt der Liebe Dich umſchwebend — daß Du ſein
mußt — und nicht Dich aufgeben wollend auf dieſer
leuchtenden Bahn. — Ja ſo muß es ſein, denn Du biſt
ein Schooßkind Gottes, denn wenn ich in der kalten
Nacht hinaufſeh dann ſeh ich Dich ſanft hinaufſchrei¬
ten als ſei es Dein gewohnter Weg, und geheſt ein
und vorwärts, aber Dein Geiſt verzweifelt nicht. — Leb
doch wohl, jetzt bin ich wieder ſtill — und fürchte
nichts für Dich — eins will ich Dir ſagen von mei¬
nen Briefen, ich leſe ſie nicht wieder — ich muß ſie da¬
hinflattern laſſen wie Töne die der Wind mitnimmt, ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0180" n="166"/>
i&#x017F;t Gei&#x017F;t Gottes, und Gei&#x017F;t will &#x017F;ich aus&#x017F;prechen, &#x017F;ich in<lb/>
den Gei&#x017F;t übertragen, und die Sprache i&#x017F;t der Widerhall,<lb/>
das Gedächtniß des Seins. Ich &#x017F;preche Dich aus vor<lb/>
Gott, &#x017F;o i&#x017F;t mein Gebet rein vor Gott &#x017F;o hat es mich<lb/>
Dein Genius heute gelehrt oben auf der Warte, &#x2014;<lb/>
und hab ruhig wie Du bi&#x017F;t, mit den Sternen über¬<lb/>
legt; und dann hab ich Deinen Namen eingezeichnet<lb/>
in den Schnee; und dann den Namen des Königs der<lb/>
Juden, der kindlich zu Gott ruft: <hi rendition="#g">Vater</hi>! hab ich Dir<lb/>
als Wächter hinzuge&#x017F;chrieben und dies Zeichen von Dir<lb/>
im kalten Schnee; da i&#x017F;t Dein Gei&#x017F;t frei von bö&#x017F;em<lb/>
Wahn, da oben in reiner kalter Luft die Dich anweht.<lb/>
Und der Gei&#x017F;t Gottes über Dir, und der men&#x017F;chgewor¬<lb/>
dene Gei&#x017F;t der Liebe Dich um&#x017F;chwebend &#x2014; daß Du &#x017F;ein<lb/>
mußt &#x2014; und nicht Dich aufgeben wollend auf die&#x017F;er<lb/>
leuchtenden Bahn. &#x2014; Ja &#x017F;o muß es &#x017F;ein, denn Du bi&#x017F;t<lb/>
ein Schooßkind Gottes, denn wenn ich in der kalten<lb/>
Nacht hinauf&#x017F;eh dann &#x017F;eh ich Dich &#x017F;anft hinauf&#x017F;chrei¬<lb/>
ten als &#x017F;ei es Dein gewohnter Weg, und gehe&#x017F;t ein<lb/>
und vorwärts, aber Dein Gei&#x017F;t verzweifelt nicht. &#x2014; Leb<lb/>
doch wohl, jetzt bin ich wieder &#x017F;till &#x2014; und fürchte<lb/>
nichts für Dich &#x2014; eins will ich Dir &#x017F;agen von mei¬<lb/>
nen Briefen, ich le&#x017F;e &#x017F;ie nicht wieder &#x2014; ich muß &#x017F;ie da¬<lb/>
hinflattern la&#x017F;&#x017F;en wie Töne die der Wind mitnimmt, ich<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0180] iſt Geiſt Gottes, und Geiſt will ſich ausſprechen, ſich in den Geiſt übertragen, und die Sprache iſt der Widerhall, das Gedächtniß des Seins. Ich ſpreche Dich aus vor Gott, ſo iſt mein Gebet rein vor Gott ſo hat es mich Dein Genius heute gelehrt oben auf der Warte, — und hab ruhig wie Du biſt, mit den Sternen über¬ legt; und dann hab ich Deinen Namen eingezeichnet in den Schnee; und dann den Namen des Königs der Juden, der kindlich zu Gott ruft: Vater! hab ich Dir als Wächter hinzugeſchrieben und dies Zeichen von Dir im kalten Schnee; da iſt Dein Geiſt frei von böſem Wahn, da oben in reiner kalter Luft die Dich anweht. Und der Geiſt Gottes über Dir, und der menſchgewor¬ dene Geiſt der Liebe Dich umſchwebend — daß Du ſein mußt — und nicht Dich aufgeben wollend auf dieſer leuchtenden Bahn. — Ja ſo muß es ſein, denn Du biſt ein Schooßkind Gottes, denn wenn ich in der kalten Nacht hinaufſeh dann ſeh ich Dich ſanft hinaufſchrei¬ ten als ſei es Dein gewohnter Weg, und geheſt ein und vorwärts, aber Dein Geiſt verzweifelt nicht. — Leb doch wohl, jetzt bin ich wieder ſtill — und fürchte nichts für Dich — eins will ich Dir ſagen von mei¬ nen Briefen, ich leſe ſie nicht wieder — ich muß ſie da¬ hinflattern laſſen wie Töne die der Wind mitnimmt, ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/180
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/180>, abgerufen am 25.04.2024.