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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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will, auch in der unscheinbarsten Form zu geben, um so
tiefer und unwidersprechlicher ists. Man muß nicht be¬
theuern weil das Mißtrauen gegen die eigne Eingebung
wär. -- Nicht Begründen: weil es eingreift in die freie
Geisteswendung, die nach Socrates, vielleicht Gegenwen¬
dung wird, und nicht Bezeugen oder Beweisen wollen
in der Sprache weil der Beweis so lang hinderlich ist,
dem Geist im Wege ist, bis wir über ihn hinaus sind;
und weil diese drei Dinge unedel sind, sowohl im Leben
wie im Handeln, wie im Geist. Es sind die Spuren
des Philisterthums im Geist.

Freier Geist verhält sich leidend zur Sprache und
so verhält sich auch die Sprache leidend zu dem
Geist, beide sind einander hingegeben ohne Rückhalt,
so wird auch keins das andre aufheben, sondern sie
werden sich einander aussprechen ganz und tief. --
Je vertrauungsvoller, um so inniger. -- Wie es in
der Liebe auch ist. -- Was sollte also die Sprache
am Geist zu kurz kommen? -- Liebe gleicht alles aus. --
Trete nicht zwischen ihre Liebkosungen sie werden einan¬
der so beseligen daß nur ewige Begeistrung aus beiden
strömt. -- Und hiermit wär Deine Ahnung von der Ge¬
walt des Rhythmus wohl auch berührt, beweisen wollen
wir ja nicht. --

will, auch in der unſcheinbarſten Form zu geben, um ſo
tiefer und unwiderſprechlicher iſts. Man muß nicht be¬
theuern weil das Mißtrauen gegen die eigne Eingebung
wär. — Nicht Begründen: weil es eingreift in die freie
Geiſteswendung, die nach Socrates, vielleicht Gegenwen¬
dung wird, und nicht Bezeugen oder Beweiſen wollen
in der Sprache weil der Beweis ſo lang hinderlich iſt,
dem Geiſt im Wege iſt, bis wir über ihn hinaus ſind;
und weil dieſe drei Dinge unedel ſind, ſowohl im Leben
wie im Handeln, wie im Geiſt. Es ſind die Spuren
des Philiſterthums im Geiſt.

Freier Geiſt verhält ſich leidend zur Sprache und
ſo verhält ſich auch die Sprache leidend zu dem
Geiſt, beide ſind einander hingegeben ohne Rückhalt,
ſo wird auch keins das andre aufheben, ſondern ſie
werden ſich einander ausſprechen ganz und tief. —
Je vertrauungsvoller, um ſo inniger. — Wie es in
der Liebe auch iſt. — Was ſollte alſo die Sprache
am Geiſt zu kurz kommen? — Liebe gleicht alles aus. —
Trete nicht zwiſchen ihre Liebkoſungen ſie werden einan¬
der ſo beſeligen daß nur ewige Begeiſtrung aus beiden
ſtrömt. — Und hiermit wär Deine Ahnung von der Ge¬
walt des Rhythmus wohl auch berührt, beweiſen wollen
wir ja nicht. —

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[20/0034] will, auch in der unſcheinbarſten Form zu geben, um ſo tiefer und unwiderſprechlicher iſts. Man muß nicht be¬ theuern weil das Mißtrauen gegen die eigne Eingebung wär. — Nicht Begründen: weil es eingreift in die freie Geiſteswendung, die nach Socrates, vielleicht Gegenwen¬ dung wird, und nicht Bezeugen oder Beweiſen wollen in der Sprache weil der Beweis ſo lang hinderlich iſt, dem Geiſt im Wege iſt, bis wir über ihn hinaus ſind; und weil dieſe drei Dinge unedel ſind, ſowohl im Leben wie im Handeln, wie im Geiſt. Es ſind die Spuren des Philiſterthums im Geiſt. Freier Geiſt verhält ſich leidend zur Sprache und ſo verhält ſich auch die Sprache leidend zu dem Geiſt, beide ſind einander hingegeben ohne Rückhalt, ſo wird auch keins das andre aufheben, ſondern ſie werden ſich einander ausſprechen ganz und tief. — Je vertrauungsvoller, um ſo inniger. — Wie es in der Liebe auch iſt. — Was ſollte alſo die Sprache am Geiſt zu kurz kommen? — Liebe gleicht alles aus. — Trete nicht zwiſchen ihre Liebkoſungen ſie werden einan¬ der ſo beſeligen daß nur ewige Begeiſtrung aus beiden ſtrömt. — Und hiermit wär Deine Ahnung von der Ge¬ walt des Rhythmus wohl auch berührt, beweiſen wollen wir ja nicht. —

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/34>, abgerufen am 25.04.2024.