Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

schaumänner, der Metzger und selbst der Waldhornwirth redeten Diethelm zu, er möge doch versichern, da sei man für alle Gefahren geborgen, und der Zins sei so gering. Gäbler faßte schnell den Waldhornwirth beim Wort und hatte ihn bald gewonnen. Während nun die Fahrniß im Wirthshaus aufgenommen wurde, eilte Diethelm heim, um seine Frau gütlich vorzubereiten. Er übergab ihr zuerst das eingenommene Geld für die Hämmel und zeigte ihr zum Erstenmal in seiner rothen Schreibtafel den Einkaufspreis und ließ sie den Gewinnst selber ausrechnen. Die Frau nickte zufrieden und verschloß eben das Geld in ihren Schrank, als Diethelm von der bald ankommenden Feuerschau und der Fahrnißversicherung sprach. Wie gewaltsam gepackt kehrte sich Martha um und sah ihrem Manne, der am Fenster stand, starr ins Gesicht, dann setzte sie sich rasch auf einen Stuhl, legte die Hände gefaltet in den Schooß und jammerte vor sich nieder: Ist's so weit?

Was meinst? Was hast? fragte Diethelm.

Mußt du anzünden? fragte Martha ohne aufzuschauen, und wild auffahrend erwiderte Diethelm:

Weib, daß du mich für so schlecht hältst, hätt' ich doch nie geglaubt. Guck, aber nein, du traust mir ja nicht aufs Wort. Guck, mich soll die Sonn', wie sie jetzt am Himmel steht, nie mehr bescheinen, nie mehr warm machen, wenn ich nur einen Gedanken an so was hab'.

Und plötzlich fühlte Diethelm, wie es ihm frostig den Rücken hinablief, als wären die Sonnenstrahlen auf Einmal eiskalt, er schaute sich um und verschloß lächelnd das Fenster, das er in der Heftigkeit aufgestoßen hatte, so daß durch die offen stehende Thür ein Luftzug strömte.

Verzeih mir, was ich gesagt hab', und glaub mir, ich hab's nie gedacht, sagte die Frau aufstehend, ich will nur ein bisle Ordnung machen, daß nicht Alles so unters über sich aussieht, wenn die Herren kommen.

Rasch veränderte sich der leidmüthige Ausdruck ihres

schaumänner, der Metzger und selbst der Waldhornwirth redeten Diethelm zu, er möge doch versichern, da sei man für alle Gefahren geborgen, und der Zins sei so gering. Gäbler faßte schnell den Waldhornwirth beim Wort und hatte ihn bald gewonnen. Während nun die Fahrniß im Wirthshaus aufgenommen wurde, eilte Diethelm heim, um seine Frau gütlich vorzubereiten. Er übergab ihr zuerst das eingenommene Geld für die Hämmel und zeigte ihr zum Erstenmal in seiner rothen Schreibtafel den Einkaufspreis und ließ sie den Gewinnst selber ausrechnen. Die Frau nickte zufrieden und verschloß eben das Geld in ihren Schrank, als Diethelm von der bald ankommenden Feuerschau und der Fahrnißversicherung sprach. Wie gewaltsam gepackt kehrte sich Martha um und sah ihrem Manne, der am Fenster stand, starr ins Gesicht, dann setzte sie sich rasch auf einen Stuhl, legte die Hände gefaltet in den Schooß und jammerte vor sich nieder: Ist's so weit?

Was meinst? Was hast? fragte Diethelm.

Mußt du anzünden? fragte Martha ohne aufzuschauen, und wild auffahrend erwiderte Diethelm:

Weib, daß du mich für so schlecht hältst, hätt' ich doch nie geglaubt. Guck, aber nein, du traust mir ja nicht aufs Wort. Guck, mich soll die Sonn', wie sie jetzt am Himmel steht, nie mehr bescheinen, nie mehr warm machen, wenn ich nur einen Gedanken an so was hab'.

Und plötzlich fühlte Diethelm, wie es ihm frostig den Rücken hinablief, als wären die Sonnenstrahlen auf Einmal eiskalt, er schaute sich um und verschloß lächelnd das Fenster, das er in der Heftigkeit aufgestoßen hatte, so daß durch die offen stehende Thür ein Luftzug strömte.

Verzeih mir, was ich gesagt hab', und glaub mir, ich hab's nie gedacht, sagte die Frau aufstehend, ich will nur ein bisle Ordnung machen, daß nicht Alles so unters über sich aussieht, wenn die Herren kommen.

Rasch veränderte sich der leidmüthige Ausdruck ihres

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="10">
        <p><pb facs="#f0065"/>
schaumänner, der Metzger und selbst der Waldhornwirth redeten Diethelm zu, er                möge doch versichern, da sei man für alle Gefahren geborgen, und der Zins sei so                gering. Gäbler faßte schnell den Waldhornwirth beim Wort und hatte ihn bald gewonnen.                Während nun die Fahrniß im Wirthshaus aufgenommen wurde, eilte Diethelm heim, um                seine Frau gütlich vorzubereiten. Er übergab ihr zuerst das eingenommene Geld für die                Hämmel und zeigte ihr zum Erstenmal in seiner rothen Schreibtafel den Einkaufspreis                und ließ sie den Gewinnst selber ausrechnen. Die Frau nickte zufrieden und verschloß                eben das Geld in ihren Schrank, als Diethelm von der bald ankommenden Feuerschau und                der Fahrnißversicherung sprach. Wie gewaltsam gepackt kehrte sich Martha um und sah                ihrem Manne, der am Fenster stand, starr ins Gesicht, dann setzte sie sich rasch auf                einen Stuhl, legte die Hände gefaltet in den Schooß und jammerte vor sich nieder:                Ist's so weit?</p><lb/>
        <p>Was meinst? Was hast? fragte Diethelm.</p><lb/>
        <p>Mußt du anzünden? fragte Martha ohne aufzuschauen, und wild auffahrend erwiderte                Diethelm:</p><lb/>
        <p>Weib, daß du mich für so schlecht hältst, hätt' ich doch nie geglaubt. Guck, aber                nein, du traust mir ja nicht aufs Wort. Guck, mich soll die Sonn', wie sie jetzt am                Himmel steht, nie mehr bescheinen, nie mehr warm machen, wenn ich nur einen Gedanken                an so was hab'.</p><lb/>
        <p>Und plötzlich fühlte Diethelm, wie es ihm frostig den Rücken hinablief, als wären die                Sonnenstrahlen auf Einmal eiskalt, er schaute sich um und verschloß lächelnd das                Fenster, das er in der Heftigkeit aufgestoßen hatte, so daß durch die offen stehende                Thür ein Luftzug strömte.</p><lb/>
        <p>Verzeih mir, was ich gesagt hab', und glaub mir, ich hab's nie gedacht, sagte die                Frau aufstehend, ich will nur ein bisle Ordnung machen, daß nicht Alles so unters                über sich aussieht, wenn die Herren kommen.</p><lb/>
        <p>Rasch veränderte sich der leidmüthige Ausdruck ihres<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0065] schaumänner, der Metzger und selbst der Waldhornwirth redeten Diethelm zu, er möge doch versichern, da sei man für alle Gefahren geborgen, und der Zins sei so gering. Gäbler faßte schnell den Waldhornwirth beim Wort und hatte ihn bald gewonnen. Während nun die Fahrniß im Wirthshaus aufgenommen wurde, eilte Diethelm heim, um seine Frau gütlich vorzubereiten. Er übergab ihr zuerst das eingenommene Geld für die Hämmel und zeigte ihr zum Erstenmal in seiner rothen Schreibtafel den Einkaufspreis und ließ sie den Gewinnst selber ausrechnen. Die Frau nickte zufrieden und verschloß eben das Geld in ihren Schrank, als Diethelm von der bald ankommenden Feuerschau und der Fahrnißversicherung sprach. Wie gewaltsam gepackt kehrte sich Martha um und sah ihrem Manne, der am Fenster stand, starr ins Gesicht, dann setzte sie sich rasch auf einen Stuhl, legte die Hände gefaltet in den Schooß und jammerte vor sich nieder: Ist's so weit? Was meinst? Was hast? fragte Diethelm. Mußt du anzünden? fragte Martha ohne aufzuschauen, und wild auffahrend erwiderte Diethelm: Weib, daß du mich für so schlecht hältst, hätt' ich doch nie geglaubt. Guck, aber nein, du traust mir ja nicht aufs Wort. Guck, mich soll die Sonn', wie sie jetzt am Himmel steht, nie mehr bescheinen, nie mehr warm machen, wenn ich nur einen Gedanken an so was hab'. Und plötzlich fühlte Diethelm, wie es ihm frostig den Rücken hinablief, als wären die Sonnenstrahlen auf Einmal eiskalt, er schaute sich um und verschloß lächelnd das Fenster, das er in der Heftigkeit aufgestoßen hatte, so daß durch die offen stehende Thür ein Luftzug strömte. Verzeih mir, was ich gesagt hab', und glaub mir, ich hab's nie gedacht, sagte die Frau aufstehend, ich will nur ein bisle Ordnung machen, daß nicht Alles so unters über sich aussieht, wenn die Herren kommen. Rasch veränderte sich der leidmüthige Ausdruck ihres

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:04:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: nicht gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/65
Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/65>, abgerufen am 23.04.2024.