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Allgemeine Zeitung. Nr. 23. Augsburg, 23. Januar 1840.

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sich am 12 Jan. in Uniform, ohne Ringkragen, aber mit seinem Degen, ohne Befehl seiner Vorgesetzten mit andern ebenfalls in ihrer Uniform befindlichen Nationalgarden versammelt zu haben; in Erwägung, daß er überdieß erklärt, seinen Einfluß gebraucht zu haben, um die Nationalgarden aufzufordern, eine regelmäßige Ordnung zu beobachten, und sich nicht unter andere Bürger zu mischen; in Erwägung, daß diese Vereinigung offenbar den Character einer Versammlung im Dienst der Nationalgarden hatte, welcher Umstand eine ernste Ueberschreitung des Gesetzes vom 22 März 1831 bildet; haben wir beschlossen: Hr. Vallee ist auf zwei Monate von seinen Verrichtungen als Capitän suspendirt."

In der Sitzung des Pairshofes am 16 Jan. erklärte der Angeklagte Beasse, er habe seine Schwester in der Straße Grenetat besuchen wollen, sey plötzlich von einem Haufen Bewaffneter, gegen 200 Mann stark, überfallen und mit mehreren andern Personen mit Flintenkolbenstößen niedergeworfen worden. Er läugnet, eine Flinte genommen und an Barricaden gearbeitet zu haben. Er gehöre zu keiner politischen Association. Der Angeklagte Petermann will ebenfalls nur bei zufälligem Begegnen der Insurgenten verwundet worden seyn. Es werden dann mehrere Entlastungs- und Belastungszeugen wegen beider letztgenannten abgehört. Von den letztern will einer Munition bei ihm gefunden haben. Der Angeklagte Bordon läugnet Flinten und Patronen bei sich gehabt zu haben. Man müsse sie, wenn man solche bei ihm gefunden, ihm ohne sein Wissen in die Tasche gesteckt haben. Er läugnet ferner, dem Municipalgardisten, der ihn verhaftet, gesagt zu haben: "Schieß mich nieder, ich habe es wohl verdient." Der Angeklagte Leherezie will zufällig bei der Passage Beaufort gestanden seyn, als die Nationalgarde ihn und mehrere andere, die dort gestanden, verhaftet habe. Die Zeugenaussagen machen die Sache nicht klarer.

Das von dem Assisenhofe gegen den jungen Barthelemy wegen seines Mordversuchs gegen einen Stadtsergenten gefällte Urtheil ist dahin gemildert worden, daß die Ausstellung am Pranger, welche nach dem Ausspruche des Assisenhofs mit der gegen ihn erkannten lebenslänglichen Zwangsarbeitsstrafe verbunden werden sollte, wegfällt, weil der Gefangene erst 17 Jahr alt ist.

Der Moniteur meldet nun ebenfalls die zu Foix (Ariege) aus Anlaß der Erhebung einer neuen Marktsteuer vorgefallenen Unordnungen, wobei sich gegen 6000 Bauern der Umgegend dieser Erhebung widersetzt hätten. Er erzählt, daß mehr als 20 Soldaten bei dem Zusammenstoß schwer verwundet worden seyen, und bestätigt auch die Verwundung des Präfecten im Gesichte. Am folgenden Tage sey keine neue Ruhestörung eingetreten. Man spreche aber davon, daß die Landleute wieder kommen würden, um auf dem nächsten Markte neue strafbare Versuche zu machen. Es seyen Truppenverstärkungen von Perpignan und Carcassonne dahin abgegangen, um die Ruhe zu sichern und neues Unglück zu verhüten.

Der Proceß in Betreff der Unruhen von Mans vor den Assisen der Maine und Loire ging am 10 Jan. zu Ende. Die Debatten haben dessen Bedeutung sehr gemildert. Inzwischen ward doch einer der Angeklagten zu sechsjähriger und zwei andere zu fünfjähriger Haft verurtheilt. Die andern gegen 12 Verurtheilte verhängten Strafen sind milder.

Das Eigenthum des Moniteur ist durch den Tod der Wittwe Agasse an ihre Erben, den Buchhändler Panckouke (bekannt durch seine prachtvolle Ausgabe des berühmten Werkes über Aegypten und durch seine Uebersetzung des Tacitus), den Bankier Gandolphe und den Abgeordneten Dalloz übergegangen.

Aus Alexandrien sind wichtige Nachrichten eingegangen, da sie eine Schilderhebung Mehemed Ali's befürchten lassen, der ungeduldig geworden scheint, und von keiner Art Vormundschaft, wie er sich ausgedrückt haben soll, mehr hören will. Man ist über diesen Entschluß des alten Mehemed sehr betroffen, und wird Alles aufbieten, um ihn wieder zu beruhigen. Es heißt, daß ein junger Diplomat, der mit den Verhältnissen des Orients sehr vertraut ist, und einige Zeit in Aegypten gelebt hat, nach Alexandrien gesandt werden soll, um Mehemed Ali von einem Schritte abzuhalten, der die größten Verwicklungen nach sich ziehen kann. An den Grafen Sebastiani ist ein Courier abgesandt worden, der, wie versichert wird, auf einige von ihm gestellte Fragen die Antwort zu bringen hat. Graf Sebastiani soll jetzt zufriedener mit den Ansichten des englischen Cabinets seyn, als er es noch vor vierzehn Tagen war. - Was Don Carlos betrifft, so möchte man sich seiner gern entledigen, sieht sich aber durch die Vorgänge in Spanien gezwungen, ihn zurückzuhalten. Wäre Cabrera, wie man vermuthete, seiner Krankheit unterlegen, so würde ohne Zweifel Don Carlos bereits freigegeben seyn.

Man spricht von einem Heirathsproject zwischen dem Herzog von Bordeaux und einer der jüngern Schwestern des Königs beider Sicilien; besonders die Königin-Wittwe soll diesem Gedanken sehr geneigt seyn. Auf der andern Seite erneuert und bestärkt sich das Gerücht von einer bevorstehenden Vermählung des Herzogs von Nemours mit einer Prinzessin von Sachsen-Coburg, Tochter des als k. k. Feldmarschalllieutenant in Wien residirenden Prinzen Ferdinand, Schwester des Königs von Portugal und Cousine des Bräutigams der Königin Victoria. Die Prinzessin, im Jahr 1822 geboren, nunmehr nahe an 18 Jahren, in der katholischen Religion erzogen, soll eine der ersten Schönheiten der Kaiserstadt seyn. Ihre Mutter ist bekanntlich eine in Ungarn reich begüterte Fürstin Cohary, und der Herzog träte somit durch diese Verbindung nicht nur mit einigen Regentenhäusern, sondern auch mit mehreren ungarischen Magnaten in Verwandtschaft. König Louis Philipp soll gesonnen seyn, von den Kammern eine Apanage von 500,000 Fr. für seinen Sohn, den Herzog, zu verlangen.

Die Republicaner hatten auf morgen eine neue Demonstration der Nationalgarde zu Gunsten ihres Wahlrechts angekündigt, allein sie wird wahrscheinlich nicht stattfinden, da die Regierung wie die republicanische Partei ihre Gründe haben sie zu verhindern. Die letztere fürchtet nämlich, daß die Zahl der Nationalgardisten, welche sich einfinden würden, nicht groß genug wäre um ihr Ehre zu machen, und weil bei der großen politischen Indifferenz, welche gegenwärtig herrscht, jeder Versuch die Ruhe zu stören vom Publicum mit Ungunst aufgenommen wird. Daher haben auch die republicanischen Journale gestern eine Aufforderung erlassen, daß ihre Freunde nicht erscheinen sollen. Der Regierung ihrerseits ist jede Demonstration der Nationalgarde unangenehm, und obgleich sie bei der gegenwärtigen Stimmung nichts Gefährliches haben kann, so ist eine Vereinigung auch nur einiger hundert Nationalgardisten zum Behuf einer politischen Procession doch ein Beispiel, das in Zeiten größerer Aufregung nachgeahmt werden und die äußerste Gefahr hervorbringen könnte. - Die Krisis für das gegenwärtige Cabinet hat angefangen, sie kann vielleicht lange dauern, aber daß es unmodificirt bleibe, ist unmöglich. Die größte Schwierigkeit gegenwärtig scheint zu seyn, daß Mole und Thiers beide die auswärtigen Angelegenheiten verlangen.



sich am 12 Jan. in Uniform, ohne Ringkragen, aber mit seinem Degen, ohne Befehl seiner Vorgesetzten mit andern ebenfalls in ihrer Uniform befindlichen Nationalgarden versammelt zu haben; in Erwägung, daß er überdieß erklärt, seinen Einfluß gebraucht zu haben, um die Nationalgarden aufzufordern, eine regelmäßige Ordnung zu beobachten, und sich nicht unter andere Bürger zu mischen; in Erwägung, daß diese Vereinigung offenbar den Character einer Versammlung im Dienst der Nationalgarden hatte, welcher Umstand eine ernste Ueberschreitung des Gesetzes vom 22 März 1831 bildet; haben wir beschlossen: Hr. Vallée ist auf zwei Monate von seinen Verrichtungen als Capitän suspendirt.“

In der Sitzung des Pairshofes am 16 Jan. erklärte der Angeklagte Beasse, er habe seine Schwester in der Straße Grenetat besuchen wollen, sey plötzlich von einem Haufen Bewaffneter, gegen 200 Mann stark, überfallen und mit mehreren andern Personen mit Flintenkolbenstößen niedergeworfen worden. Er läugnet, eine Flinte genommen und an Barricaden gearbeitet zu haben. Er gehöre zu keiner politischen Association. Der Angeklagte Petermann will ebenfalls nur bei zufälligem Begegnen der Insurgenten verwundet worden seyn. Es werden dann mehrere Entlastungs- und Belastungszeugen wegen beider letztgenannten abgehört. Von den letztern will einer Munition bei ihm gefunden haben. Der Angeklagte Bordon läugnet Flinten und Patronen bei sich gehabt zu haben. Man müsse sie, wenn man solche bei ihm gefunden, ihm ohne sein Wissen in die Tasche gesteckt haben. Er läugnet ferner, dem Municipalgardisten, der ihn verhaftet, gesagt zu haben: „Schieß mich nieder, ich habe es wohl verdient.“ Der Angeklagte Leherezie will zufällig bei der Passage Beaufort gestanden seyn, als die Nationalgarde ihn und mehrere andere, die dort gestanden, verhaftet habe. Die Zeugenaussagen machen die Sache nicht klarer.

Das von dem Assisenhofe gegen den jungen Barthélemy wegen seines Mordversuchs gegen einen Stadtsergenten gefällte Urtheil ist dahin gemildert worden, daß die Ausstellung am Pranger, welche nach dem Ausspruche des Assisenhofs mit der gegen ihn erkannten lebenslänglichen Zwangsarbeitsstrafe verbunden werden sollte, wegfällt, weil der Gefangene erst 17 Jahr alt ist.

Der Moniteur meldet nun ebenfalls die zu Foix (Ariège) aus Anlaß der Erhebung einer neuen Marktsteuer vorgefallenen Unordnungen, wobei sich gegen 6000 Bauern der Umgegend dieser Erhebung widersetzt hätten. Er erzählt, daß mehr als 20 Soldaten bei dem Zusammenstoß schwer verwundet worden seyen, und bestätigt auch die Verwundung des Präfecten im Gesichte. Am folgenden Tage sey keine neue Ruhestörung eingetreten. Man spreche aber davon, daß die Landleute wieder kommen würden, um auf dem nächsten Markte neue strafbare Versuche zu machen. Es seyen Truppenverstärkungen von Perpignan und Carcassonne dahin abgegangen, um die Ruhe zu sichern und neues Unglück zu verhüten.

Der Proceß in Betreff der Unruhen von Mans vor den Assisen der Maine und Loire ging am 10 Jan. zu Ende. Die Debatten haben dessen Bedeutung sehr gemildert. Inzwischen ward doch einer der Angeklagten zu sechsjähriger und zwei andere zu fünfjähriger Haft verurtheilt. Die andern gegen 12 Verurtheilte verhängten Strafen sind milder.

Das Eigenthum des Moniteur ist durch den Tod der Wittwe Agasse an ihre Erben, den Buchhändler Panckouke (bekannt durch seine prachtvolle Ausgabe des berühmten Werkes über Aegypten und durch seine Uebersetzung des Tacitus), den Bankier Gandolphe und den Abgeordneten Dalloz übergegangen.

Aus Alexandrien sind wichtige Nachrichten eingegangen, da sie eine Schilderhebung Mehemed Ali's befürchten lassen, der ungeduldig geworden scheint, und von keiner Art Vormundschaft, wie er sich ausgedrückt haben soll, mehr hören will. Man ist über diesen Entschluß des alten Mehemed sehr betroffen, und wird Alles aufbieten, um ihn wieder zu beruhigen. Es heißt, daß ein junger Diplomat, der mit den Verhältnissen des Orients sehr vertraut ist, und einige Zeit in Aegypten gelebt hat, nach Alexandrien gesandt werden soll, um Mehemed Ali von einem Schritte abzuhalten, der die größten Verwicklungen nach sich ziehen kann. An den Grafen Sebastiani ist ein Courier abgesandt worden, der, wie versichert wird, auf einige von ihm gestellte Fragen die Antwort zu bringen hat. Graf Sebastiani soll jetzt zufriedener mit den Ansichten des englischen Cabinets seyn, als er es noch vor vierzehn Tagen war. – Was Don Carlos betrifft, so möchte man sich seiner gern entledigen, sieht sich aber durch die Vorgänge in Spanien gezwungen, ihn zurückzuhalten. Wäre Cabrera, wie man vermuthete, seiner Krankheit unterlegen, so würde ohne Zweifel Don Carlos bereits freigegeben seyn.

Man spricht von einem Heirathsproject zwischen dem Herzog von Bordeaux und einer der jüngern Schwestern des Königs beider Sicilien; besonders die Königin-Wittwe soll diesem Gedanken sehr geneigt seyn. Auf der andern Seite erneuert und bestärkt sich das Gerücht von einer bevorstehenden Vermählung des Herzogs von Nemours mit einer Prinzessin von Sachsen-Coburg, Tochter des als k. k. Feldmarschalllieutenant in Wien residirenden Prinzen Ferdinand, Schwester des Königs von Portugal und Cousine des Bräutigams der Königin Victoria. Die Prinzessin, im Jahr 1822 geboren, nunmehr nahe an 18 Jahren, in der katholischen Religion erzogen, soll eine der ersten Schönheiten der Kaiserstadt seyn. Ihre Mutter ist bekanntlich eine in Ungarn reich begüterte Fürstin Cohary, und der Herzog träte somit durch diese Verbindung nicht nur mit einigen Regentenhäusern, sondern auch mit mehreren ungarischen Magnaten in Verwandtschaft. König Louis Philipp soll gesonnen seyn, von den Kammern eine Apanage von 500,000 Fr. für seinen Sohn, den Herzog, zu verlangen.

Die Republicaner hatten auf morgen eine neue Demonstration der Nationalgarde zu Gunsten ihres Wahlrechts angekündigt, allein sie wird wahrscheinlich nicht stattfinden, da die Regierung wie die republicanische Partei ihre Gründe haben sie zu verhindern. Die letztere fürchtet nämlich, daß die Zahl der Nationalgardisten, welche sich einfinden würden, nicht groß genug wäre um ihr Ehre zu machen, und weil bei der großen politischen Indifferenz, welche gegenwärtig herrscht, jeder Versuch die Ruhe zu stören vom Publicum mit Ungunst aufgenommen wird. Daher haben auch die republicanischen Journale gestern eine Aufforderung erlassen, daß ihre Freunde nicht erscheinen sollen. Der Regierung ihrerseits ist jede Demonstration der Nationalgarde unangenehm, und obgleich sie bei der gegenwärtigen Stimmung nichts Gefährliches haben kann, so ist eine Vereinigung auch nur einiger hundert Nationalgardisten zum Behuf einer politischen Procession doch ein Beispiel, das in Zeiten größerer Aufregung nachgeahmt werden und die äußerste Gefahr hervorbringen könnte. – Die Krisis für das gegenwärtige Cabinet hat angefangen, sie kann vielleicht lange dauern, aber daß es unmodificirt bleibe, ist unmöglich. Die größte Schwierigkeit gegenwärtig scheint zu seyn, daß Molé und Thiers beide die auswärtigen Angelegenheiten verlangen.


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[0181/0005] sich am 12 Jan. in Uniform, ohne Ringkragen, aber mit seinem Degen, ohne Befehl seiner Vorgesetzten mit andern ebenfalls in ihrer Uniform befindlichen Nationalgarden versammelt zu haben; in Erwägung, daß er überdieß erklärt, seinen Einfluß gebraucht zu haben, um die Nationalgarden aufzufordern, eine regelmäßige Ordnung zu beobachten, und sich nicht unter andere Bürger zu mischen; in Erwägung, daß diese Vereinigung offenbar den Character einer Versammlung im Dienst der Nationalgarden hatte, welcher Umstand eine ernste Ueberschreitung des Gesetzes vom 22 März 1831 bildet; haben wir beschlossen: Hr. Vallée ist auf zwei Monate von seinen Verrichtungen als Capitän suspendirt.“ In der Sitzung des Pairshofes am 16 Jan. erklärte der Angeklagte Beasse, er habe seine Schwester in der Straße Grenetat besuchen wollen, sey plötzlich von einem Haufen Bewaffneter, gegen 200 Mann stark, überfallen und mit mehreren andern Personen mit Flintenkolbenstößen niedergeworfen worden. Er läugnet, eine Flinte genommen und an Barricaden gearbeitet zu haben. Er gehöre zu keiner politischen Association. Der Angeklagte Petermann will ebenfalls nur bei zufälligem Begegnen der Insurgenten verwundet worden seyn. Es werden dann mehrere Entlastungs- und Belastungszeugen wegen beider letztgenannten abgehört. Von den letztern will einer Munition bei ihm gefunden haben. Der Angeklagte Bordon läugnet Flinten und Patronen bei sich gehabt zu haben. Man müsse sie, wenn man solche bei ihm gefunden, ihm ohne sein Wissen in die Tasche gesteckt haben. Er läugnet ferner, dem Municipalgardisten, der ihn verhaftet, gesagt zu haben: „Schieß mich nieder, ich habe es wohl verdient.“ Der Angeklagte Leherezie will zufällig bei der Passage Beaufort gestanden seyn, als die Nationalgarde ihn und mehrere andere, die dort gestanden, verhaftet habe. Die Zeugenaussagen machen die Sache nicht klarer. Das von dem Assisenhofe gegen den jungen Barthélemy wegen seines Mordversuchs gegen einen Stadtsergenten gefällte Urtheil ist dahin gemildert worden, daß die Ausstellung am Pranger, welche nach dem Ausspruche des Assisenhofs mit der gegen ihn erkannten lebenslänglichen Zwangsarbeitsstrafe verbunden werden sollte, wegfällt, weil der Gefangene erst 17 Jahr alt ist. Der Moniteur meldet nun ebenfalls die zu Foix (Ariège) aus Anlaß der Erhebung einer neuen Marktsteuer vorgefallenen Unordnungen, wobei sich gegen 6000 Bauern der Umgegend dieser Erhebung widersetzt hätten. Er erzählt, daß mehr als 20 Soldaten bei dem Zusammenstoß schwer verwundet worden seyen, und bestätigt auch die Verwundung des Präfecten im Gesichte. Am folgenden Tage sey keine neue Ruhestörung eingetreten. Man spreche aber davon, daß die Landleute wieder kommen würden, um auf dem nächsten Markte neue strafbare Versuche zu machen. Es seyen Truppenverstärkungen von Perpignan und Carcassonne dahin abgegangen, um die Ruhe zu sichern und neues Unglück zu verhüten. Der Proceß in Betreff der Unruhen von Mans vor den Assisen der Maine und Loire ging am 10 Jan. zu Ende. Die Debatten haben dessen Bedeutung sehr gemildert. Inzwischen ward doch einer der Angeklagten zu sechsjähriger und zwei andere zu fünfjähriger Haft verurtheilt. Die andern gegen 12 Verurtheilte verhängten Strafen sind milder. Das Eigenthum des Moniteur ist durch den Tod der Wittwe Agasse an ihre Erben, den Buchhändler Panckouke (bekannt durch seine prachtvolle Ausgabe des berühmten Werkes über Aegypten und durch seine Uebersetzung des Tacitus), den Bankier Gandolphe und den Abgeordneten Dalloz übergegangen. △△Paris, 16 Jan. Aus Alexandrien sind wichtige Nachrichten eingegangen, da sie eine Schilderhebung Mehemed Ali's befürchten lassen, der ungeduldig geworden scheint, und von keiner Art Vormundschaft, wie er sich ausgedrückt haben soll, mehr hören will. Man ist über diesen Entschluß des alten Mehemed sehr betroffen, und wird Alles aufbieten, um ihn wieder zu beruhigen. Es heißt, daß ein junger Diplomat, der mit den Verhältnissen des Orients sehr vertraut ist, und einige Zeit in Aegypten gelebt hat, nach Alexandrien gesandt werden soll, um Mehemed Ali von einem Schritte abzuhalten, der die größten Verwicklungen nach sich ziehen kann. An den Grafen Sebastiani ist ein Courier abgesandt worden, der, wie versichert wird, auf einige von ihm gestellte Fragen die Antwort zu bringen hat. Graf Sebastiani soll jetzt zufriedener mit den Ansichten des englischen Cabinets seyn, als er es noch vor vierzehn Tagen war. – Was Don Carlos betrifft, so möchte man sich seiner gern entledigen, sieht sich aber durch die Vorgänge in Spanien gezwungen, ihn zurückzuhalten. Wäre Cabrera, wie man vermuthete, seiner Krankheit unterlegen, so würde ohne Zweifel Don Carlos bereits freigegeben seyn. *** Paris, 17 Jan. Man spricht von einem Heirathsproject zwischen dem Herzog von Bordeaux und einer der jüngern Schwestern des Königs beider Sicilien; besonders die Königin-Wittwe soll diesem Gedanken sehr geneigt seyn. Auf der andern Seite erneuert und bestärkt sich das Gerücht von einer bevorstehenden Vermählung des Herzogs von Nemours mit einer Prinzessin von Sachsen-Coburg, Tochter des als k. k. Feldmarschalllieutenant in Wien residirenden Prinzen Ferdinand, Schwester des Königs von Portugal und Cousine des Bräutigams der Königin Victoria. Die Prinzessin, im Jahr 1822 geboren, nunmehr nahe an 18 Jahren, in der katholischen Religion erzogen, soll eine der ersten Schönheiten der Kaiserstadt seyn. Ihre Mutter ist bekanntlich eine in Ungarn reich begüterte Fürstin Cohary, und der Herzog träte somit durch diese Verbindung nicht nur mit einigen Regentenhäusern, sondern auch mit mehreren ungarischen Magnaten in Verwandtschaft. König Louis Philipp soll gesonnen seyn, von den Kammern eine Apanage von 500,000 Fr. für seinen Sohn, den Herzog, zu verlangen. * Paris, 18 Jan. Die Republicaner hatten auf morgen eine neue Demonstration der Nationalgarde zu Gunsten ihres Wahlrechts angekündigt, allein sie wird wahrscheinlich nicht stattfinden, da die Regierung wie die republicanische Partei ihre Gründe haben sie zu verhindern. Die letztere fürchtet nämlich, daß die Zahl der Nationalgardisten, welche sich einfinden würden, nicht groß genug wäre um ihr Ehre zu machen, und weil bei der großen politischen Indifferenz, welche gegenwärtig herrscht, jeder Versuch die Ruhe zu stören vom Publicum mit Ungunst aufgenommen wird. Daher haben auch die republicanischen Journale gestern eine Aufforderung erlassen, daß ihre Freunde nicht erscheinen sollen. Der Regierung ihrerseits ist jede Demonstration der Nationalgarde unangenehm, und obgleich sie bei der gegenwärtigen Stimmung nichts Gefährliches haben kann, so ist eine Vereinigung auch nur einiger hundert Nationalgardisten zum Behuf einer politischen Procession doch ein Beispiel, das in Zeiten größerer Aufregung nachgeahmt werden und die äußerste Gefahr hervorbringen könnte. – Die Krisis für das gegenwärtige Cabinet hat angefangen, sie kann vielleicht lange dauern, aber daß es unmodificirt bleibe, ist unmöglich. Die größte Schwierigkeit gegenwärtig scheint zu seyn, daß Molé und Thiers beide die auswärtigen Angelegenheiten verlangen.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 23. Augsburg, 23. Januar 1840, S. 0181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_023_18400123/5>, abgerufen am 28.04.2024.