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Allgemeine Zeitung. Nr. 31. Augsburg, 31. Januar 1840.

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mit der Wirksamkeit eines Grundgesetzes des Reiches bekleidet werden." - Der Referent begutachtete die unbedingte Annahme dieses Gesetzesentwurfs, und in der gemeinschaftlichen Sitzung des zweiten und ersten Ausschusses vom 21 d. stimmten sämmtliche Mitglieder dem Antrage bei. - In der heutigen Sitzung der Kammer fand die Berathung darüber statt. Der Gegenstand fand schon in der allgemeinen Discussion lebhafte Theilnahme unter den Kammermitgliedern, von denen mehrere die Abänderung des §. 6 Tit. VII hauptsächlich aus dem Grunde bedenklich fanden, weil ihnen der im Gesetzesentwurfe vorgeschlagene Termin von sechs Monaten etwas zu beengt schien; andere ertheilten dem Gesetzesentwurf unbedingt ihre Zustimmung. Für den Gesetzesentwurf äußerten sich namentlich die HH. Frhr. v. Freyberg, Lambert, v. Wening, Bayer, Windwart, eben so vertheidigte der Referent, Frhr. v. Rotenhan, wider die gegentheilige Meinung lebhaft seine im Referate niedergelegten Motive. Im Verlaufe der speciellen Debatte über die einzelnen Artikel wurden fünf Modificationen für den ersten Artikel in Vorschlag gebracht, wovon drei auf einen neunmonatlichen, eine auf einen achtmonatlichen Termin lautete, eine aber dahin ging, daß es statt "spätestens ein halbes Jahr etc." heißen sollte: "ein Jahr, spätestens aber ein halbes Jahr etc." Alle diese Modificationen wurden zwar unterstützt, und hiernach in die Berathung mit aufgenommen, allein zuletzt erklärte sich die Kammer gegen alle jene Amendements. Bei der definitiven Abstimmung zeigte sich, daß von den anwesenden 113 Mitgliedern 72 für den Gesetzesentwurf votirten, 41 aber dagegen stimmten, so daß, da nach Tit. X §. 7 Abschn. 3 eine Majorität von zwei Drittheilen für die Zustimmung zu diesem Gesetz erforderlich gewesen wäre, dasselbe als nicht angenommen erscheint. Es fehlten, wie man sieht, zu der gesetzlichen Zahl drei Stimmen.

Unser Senat hat einem der vier politischen Gefangenen auf der Citadelle in Mainz, einem ehemaligen Büchsenschützen, den mehrere Monate betragenden Rest seiner Strafe geschenkt. Er ist bereits auf freien Fuß gestellt worden. - In der letzten Sitzung der gesetzgebenden Versammlung hat dieselbe die Einführung einer Miethsteuer in unsrer Stadt beschlossen. Die Hälfte der Einkommensteuer wird dagegen erlassen. - Das Sturmwetter hält bei uns noch immer an. Fünf junge Leute wagten gestern auf dem ohnedieß hohen Main bei der stürmischen Witterung in einem Nachen zu fahren, wobei sie verunglückten. Drei davon konnten glücklicherweise gerettet werden, zwei sind ertrunken.

Gestern Nachmittag fand im großen Saale des hiesigen Residenzschlosses die Uebergabe des blauen Hosenbandordens durch die beiden Gesandten Ihrer Maj. der Königin von Großbritannien an ihren hohen Verlobten statt. Es waren dazu alle höheren Hof- und Staatsdiener, die Geistlichkeit der Stadt, die Professoren des Gymnasiums, die obersten Militärs etc. eingeladen. Deßgleichen hatten sich der Generalstab von Erfurt und höhere Officiere von Weimar und Meiningen, in Auftrag ihrer Fürsten, eingefunden. Die englischen Gesandten lasen zwei Briefe an Se. D. den regierenden Herzog und an den Prinzen Albert vor, deren Inhalt die Ordensverleihung aussprach. Die Uebersetzung dieser Diplome wurde von hiesigen Staatsdienern gelesen. Hierauf bekleideten der regierende Herzog und der Fürst Leiningen als Ordensritter den Prinzen mit den ihnen von den Gesandten überreichten Ordensinsignien, unter dem Donner der Geschütze. Während der Tafel verkündete abermals der Ruf der Kanonen die ausgebrachten Toaste. Abends wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Prinzen Albert, der gern noch eine deutsche Oper sehen wollte, der Freischütz gegeben. Heute hat der Herzog seine englischen Gäste auf die Jagd in eine der schönsten Gegenden des Thüringer Waldes bei Tambach geführt. (Frankf. O. P. A. Z.)

Die Universität Göttingen ist, wie es heißt, zur Wahl eines Deputirten zur gegenwärtigen Ständeversammlung aufgefordert worden, hat diese Wahl abgelehnt und erklärt, zu dieser Ständeversammlung in keinem Falle wählen zu können. - Am 21 fand hier die Wahl eines Magistratsmitgliedes (eines Senators) statt, zu welchem der Magistrat und das Bürgervorstehercollegium zu concurriren und drei Candidaten zu erwählen haben, von denen die Regierung dann einen aussucht. Gewählt wurden drei als eifrigste Anhänger des Staatsgrundgesetzes bekannte Bürger, man ist nun gespannt, welchen davon die Regierung bestätigen wird.

Preußen.

Wie elektrisch hier noch immer der Name Friedrichs wirkt, beweist die gestern stattgehabte Geburtstagsfeier des großen Königs, mit welcher der preußische Gewerbverein seit zwanzig Jahren sein Stiftungsfest zu verbinden pflegt. Nahe an 400 Personen, und darunter viele der höchsten Notabilitäten der Hauptstadt, hatten sich in den Räumen des Jagor'schen Locals versammelt, welches zur glänzenderen Bezeichnung des gegenwärtigen Säcularjahres, theils mit Hülfe der Kunst, theils durch reiche Beiträge des Berliner Gewerbfleißes so überraschend herrlich geschmückt war, daß der Besitzer des Locals dieses auch heute, morgen und übermorgen geöffnet hält, um die Schaulust des andringenden Publicums zu befriedigen. Die hier ausgelegten Proben unsrer Kunstindustrie wecken jedoch aufs neue das Bedauern, daß der Gewerbverein, an dessen Spitze bekanntlich der Director der Ministerialabtheilung für Handel und Gewerbe, Hr. Beuth, sich befindet, nicht von Zeit zu Zeit solche Landesindustrieausstellungen veranstaltet, wie sie in Wien, Paris, Petersburg und andern Hauptstädten Europa's stattzufinden pflegen, und wie auch hier bereits eine vor 15 Jahren, also vor dem Zustandekommen des Zollvereins, stattgefunden hat. Es wäre interessant, die Erzeugnisse der preußischen Industrie von heute mit denen von damals zu vergleichen. - Man sieht hier nächstens dem Erscheinen eines Gesetzes über die Publicirung von Briefen nach dem Tode ihrer Verfasser entgegen. Wie es heißt, soll es den Besitzern solcher Briefe, wenn sie nicht die Erlaubniß der nächsten Erbberechtigten beizubringen vermögen, erst dreißig Jahre nach dem Ableben der Verfasser gestattet seyn, solche Handschriften dem Druck zu übergeben. Die Bestimmung des preußischen Nachdrucksgesetzes gegen den Druck und die Herausgabe von Vorlesungen, Predigten und andern geistigen Emanationen ohne Zustimmung des Autors oder seiner Erben soll so auch auf Briefe Anwendung finden, mit deren Veröffentlichung man in neuerer Zeit, wiewohl oft zum Vortheile des Publicums und der Litteraturgeschichte, etwas indiscret umgegangen ist. Hoffentlich wird jedoch diese Bestimmung nicht auch schon den neuen Band von Bettina's Briefwechsel treffen, mit dessen Publication die geistreiche Frau v. Arnim in diesem Augenblick beschäftigt ist. - Der Vergleich, den einer Ihrer andern Berliner Correspondenten über die Zustände in den drei verschiedenen Gebieten angestellt, aus denen jetzt das ehemalige Polen besteht, hat hier bei allen Kundigen den Eindruck hervorgerufen, daß der Verfasser sämmtliche drei Gebiete, von denen er spricht, niemals mit einem Fuß betreten haben könne, sondern bloß nach den Mittheilungen einiger sich hier aufhaltenden jungen Polen berichtet, nach vorgefaßten Meinungen


mit der Wirksamkeit eines Grundgesetzes des Reiches bekleidet werden.“ – Der Referent begutachtete die unbedingte Annahme dieses Gesetzesentwurfs, und in der gemeinschaftlichen Sitzung des zweiten und ersten Ausschusses vom 21 d. stimmten sämmtliche Mitglieder dem Antrage bei. – In der heutigen Sitzung der Kammer fand die Berathung darüber statt. Der Gegenstand fand schon in der allgemeinen Discussion lebhafte Theilnahme unter den Kammermitgliedern, von denen mehrere die Abänderung des §. 6 Tit. VII hauptsächlich aus dem Grunde bedenklich fanden, weil ihnen der im Gesetzesentwurfe vorgeschlagene Termin von sechs Monaten etwas zu beengt schien; andere ertheilten dem Gesetzesentwurf unbedingt ihre Zustimmung. Für den Gesetzesentwurf äußerten sich namentlich die HH. Frhr. v. Freyberg, Lambert, v. Wening, Bayer, Windwart, eben so vertheidigte der Referent, Frhr. v. Rotenhan, wider die gegentheilige Meinung lebhaft seine im Referate niedergelegten Motive. Im Verlaufe der speciellen Debatte über die einzelnen Artikel wurden fünf Modificationen für den ersten Artikel in Vorschlag gebracht, wovon drei auf einen neunmonatlichen, eine auf einen achtmonatlichen Termin lautete, eine aber dahin ging, daß es statt „spätestens ein halbes Jahr etc.“ heißen sollte: „ein Jahr, spätestens aber ein halbes Jahr etc.“ Alle diese Modificationen wurden zwar unterstützt, und hiernach in die Berathung mit aufgenommen, allein zuletzt erklärte sich die Kammer gegen alle jene Amendements. Bei der definitiven Abstimmung zeigte sich, daß von den anwesenden 113 Mitgliedern 72 für den Gesetzesentwurf votirten, 41 aber dagegen stimmten, so daß, da nach Tit. X §. 7 Abschn. 3 eine Majorität von zwei Drittheilen für die Zustimmung zu diesem Gesetz erforderlich gewesen wäre, dasselbe als nicht angenommen erscheint. Es fehlten, wie man sieht, zu der gesetzlichen Zahl drei Stimmen.

Unser Senat hat einem der vier politischen Gefangenen auf der Citadelle in Mainz, einem ehemaligen Büchsenschützen, den mehrere Monate betragenden Rest seiner Strafe geschenkt. Er ist bereits auf freien Fuß gestellt worden. – In der letzten Sitzung der gesetzgebenden Versammlung hat dieselbe die Einführung einer Miethsteuer in unsrer Stadt beschlossen. Die Hälfte der Einkommensteuer wird dagegen erlassen. – Das Sturmwetter hält bei uns noch immer an. Fünf junge Leute wagten gestern auf dem ohnedieß hohen Main bei der stürmischen Witterung in einem Nachen zu fahren, wobei sie verunglückten. Drei davon konnten glücklicherweise gerettet werden, zwei sind ertrunken.

Gestern Nachmittag fand im großen Saale des hiesigen Residenzschlosses die Uebergabe des blauen Hosenbandordens durch die beiden Gesandten Ihrer Maj. der Königin von Großbritannien an ihren hohen Verlobten statt. Es waren dazu alle höheren Hof- und Staatsdiener, die Geistlichkeit der Stadt, die Professoren des Gymnasiums, die obersten Militärs etc. eingeladen. Deßgleichen hatten sich der Generalstab von Erfurt und höhere Officiere von Weimar und Meiningen, in Auftrag ihrer Fürsten, eingefunden. Die englischen Gesandten lasen zwei Briefe an Se. D. den regierenden Herzog und an den Prinzen Albert vor, deren Inhalt die Ordensverleihung aussprach. Die Uebersetzung dieser Diplome wurde von hiesigen Staatsdienern gelesen. Hierauf bekleideten der regierende Herzog und der Fürst Leiningen als Ordensritter den Prinzen mit den ihnen von den Gesandten überreichten Ordensinsignien, unter dem Donner der Geschütze. Während der Tafel verkündete abermals der Ruf der Kanonen die ausgebrachten Toaste. Abends wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Prinzen Albert, der gern noch eine deutsche Oper sehen wollte, der Freischütz gegeben. Heute hat der Herzog seine englischen Gäste auf die Jagd in eine der schönsten Gegenden des Thüringer Waldes bei Tambach geführt. (Frankf. O. P. A. Z.)

Die Universität Göttingen ist, wie es heißt, zur Wahl eines Deputirten zur gegenwärtigen Ständeversammlung aufgefordert worden, hat diese Wahl abgelehnt und erklärt, zu dieser Ständeversammlung in keinem Falle wählen zu können. – Am 21 fand hier die Wahl eines Magistratsmitgliedes (eines Senators) statt, zu welchem der Magistrat und das Bürgervorstehercollegium zu concurriren und drei Candidaten zu erwählen haben, von denen die Regierung dann einen aussucht. Gewählt wurden drei als eifrigste Anhänger des Staatsgrundgesetzes bekannte Bürger, man ist nun gespannt, welchen davon die Regierung bestätigen wird.

Preußen.

Wie elektrisch hier noch immer der Name Friedrichs wirkt, beweist die gestern stattgehabte Geburtstagsfeier des großen Königs, mit welcher der preußische Gewerbverein seit zwanzig Jahren sein Stiftungsfest zu verbinden pflegt. Nahe an 400 Personen, und darunter viele der höchsten Notabilitäten der Hauptstadt, hatten sich in den Räumen des Jagor'schen Locals versammelt, welches zur glänzenderen Bezeichnung des gegenwärtigen Säcularjahres, theils mit Hülfe der Kunst, theils durch reiche Beiträge des Berliner Gewerbfleißes so überraschend herrlich geschmückt war, daß der Besitzer des Locals dieses auch heute, morgen und übermorgen geöffnet hält, um die Schaulust des andringenden Publicums zu befriedigen. Die hier ausgelegten Proben unsrer Kunstindustrie wecken jedoch aufs neue das Bedauern, daß der Gewerbverein, an dessen Spitze bekanntlich der Director der Ministerialabtheilung für Handel und Gewerbe, Hr. Beuth, sich befindet, nicht von Zeit zu Zeit solche Landesindustrieausstellungen veranstaltet, wie sie in Wien, Paris, Petersburg und andern Hauptstädten Europa's stattzufinden pflegen, und wie auch hier bereits eine vor 15 Jahren, also vor dem Zustandekommen des Zollvereins, stattgefunden hat. Es wäre interessant, die Erzeugnisse der preußischen Industrie von heute mit denen von damals zu vergleichen. – Man sieht hier nächstens dem Erscheinen eines Gesetzes über die Publicirung von Briefen nach dem Tode ihrer Verfasser entgegen. Wie es heißt, soll es den Besitzern solcher Briefe, wenn sie nicht die Erlaubniß der nächsten Erbberechtigten beizubringen vermögen, erst dreißig Jahre nach dem Ableben der Verfasser gestattet seyn, solche Handschriften dem Druck zu übergeben. Die Bestimmung des preußischen Nachdrucksgesetzes gegen den Druck und die Herausgabe von Vorlesungen, Predigten und andern geistigen Emanationen ohne Zustimmung des Autors oder seiner Erben soll so auch auf Briefe Anwendung finden, mit deren Veröffentlichung man in neuerer Zeit, wiewohl oft zum Vortheile des Publicums und der Litteraturgeschichte, etwas indiscret umgegangen ist. Hoffentlich wird jedoch diese Bestimmung nicht auch schon den neuen Band von Bettina's Briefwechsel treffen, mit dessen Publication die geistreiche Frau v. Arnim in diesem Augenblick beschäftigt ist. – Der Vergleich, den einer Ihrer andern Berliner Correspondenten über die Zustände in den drei verschiedenen Gebieten angestellt, aus denen jetzt das ehemalige Polen besteht, hat hier bei allen Kundigen den Eindruck hervorgerufen, daß der Verfasser sämmtliche drei Gebiete, von denen er spricht, niemals mit einem Fuß betreten haben könne, sondern bloß nach den Mittheilungen einiger sich hier aufhaltenden jungen Polen berichtet, nach vorgefaßten Meinungen

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[0246/0006] mit der Wirksamkeit eines Grundgesetzes des Reiches bekleidet werden.“ – Der Referent begutachtete die unbedingte Annahme dieses Gesetzesentwurfs, und in der gemeinschaftlichen Sitzung des zweiten und ersten Ausschusses vom 21 d. stimmten sämmtliche Mitglieder dem Antrage bei. – In der heutigen Sitzung der Kammer fand die Berathung darüber statt. Der Gegenstand fand schon in der allgemeinen Discussion lebhafte Theilnahme unter den Kammermitgliedern, von denen mehrere die Abänderung des §. 6 Tit. VII hauptsächlich aus dem Grunde bedenklich fanden, weil ihnen der im Gesetzesentwurfe vorgeschlagene Termin von sechs Monaten etwas zu beengt schien; andere ertheilten dem Gesetzesentwurf unbedingt ihre Zustimmung. Für den Gesetzesentwurf äußerten sich namentlich die HH. Frhr. v. Freyberg, Lambert, v. Wening, Bayer, Windwart, eben so vertheidigte der Referent, Frhr. v. Rotenhan, wider die gegentheilige Meinung lebhaft seine im Referate niedergelegten Motive. Im Verlaufe der speciellen Debatte über die einzelnen Artikel wurden fünf Modificationen für den ersten Artikel in Vorschlag gebracht, wovon drei auf einen neunmonatlichen, eine auf einen achtmonatlichen Termin lautete, eine aber dahin ging, daß es statt „spätestens ein halbes Jahr etc.“ heißen sollte: „ein Jahr, spätestens aber ein halbes Jahr etc.“ Alle diese Modificationen wurden zwar unterstützt, und hiernach in die Berathung mit aufgenommen, allein zuletzt erklärte sich die Kammer gegen alle jene Amendements. Bei der definitiven Abstimmung zeigte sich, daß von den anwesenden 113 Mitgliedern 72 für den Gesetzesentwurf votirten, 41 aber dagegen stimmten, so daß, da nach Tit. X §. 7 Abschn. 3 eine Majorität von zwei Drittheilen für die Zustimmung zu diesem Gesetz erforderlich gewesen wäre, dasselbe als nicht angenommen erscheint. Es fehlten, wie man sieht, zu der gesetzlichen Zahl drei Stimmen. *✝ Frankfurt a. M., 27 Jan. Unser Senat hat einem der vier politischen Gefangenen auf der Citadelle in Mainz, einem ehemaligen Büchsenschützen, den mehrere Monate betragenden Rest seiner Strafe geschenkt. Er ist bereits auf freien Fuß gestellt worden. – In der letzten Sitzung der gesetzgebenden Versammlung hat dieselbe die Einführung einer Miethsteuer in unsrer Stadt beschlossen. Die Hälfte der Einkommensteuer wird dagegen erlassen. – Das Sturmwetter hält bei uns noch immer an. Fünf junge Leute wagten gestern auf dem ohnedieß hohen Main bei der stürmischen Witterung in einem Nachen zu fahren, wobei sie verunglückten. Drei davon konnten glücklicherweise gerettet werden, zwei sind ertrunken. Gotha, 24 Jan. Gestern Nachmittag fand im großen Saale des hiesigen Residenzschlosses die Uebergabe des blauen Hosenbandordens durch die beiden Gesandten Ihrer Maj. der Königin von Großbritannien an ihren hohen Verlobten statt. Es waren dazu alle höheren Hof- und Staatsdiener, die Geistlichkeit der Stadt, die Professoren des Gymnasiums, die obersten Militärs etc. eingeladen. Deßgleichen hatten sich der Generalstab von Erfurt und höhere Officiere von Weimar und Meiningen, in Auftrag ihrer Fürsten, eingefunden. Die englischen Gesandten lasen zwei Briefe an Se. D. den regierenden Herzog und an den Prinzen Albert vor, deren Inhalt die Ordensverleihung aussprach. Die Uebersetzung dieser Diplome wurde von hiesigen Staatsdienern gelesen. Hierauf bekleideten der regierende Herzog und der Fürst Leiningen als Ordensritter den Prinzen mit den ihnen von den Gesandten überreichten Ordensinsignien, unter dem Donner der Geschütze. Während der Tafel verkündete abermals der Ruf der Kanonen die ausgebrachten Toaste. Abends wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Prinzen Albert, der gern noch eine deutsche Oper sehen wollte, der Freischütz gegeben. Heute hat der Herzog seine englischen Gäste auf die Jagd in eine der schönsten Gegenden des Thüringer Waldes bei Tambach geführt. (Frankf. O. P. A. Z.) * Hannover, 24 Jan. Die Universität Göttingen ist, wie es heißt, zur Wahl eines Deputirten zur gegenwärtigen Ständeversammlung aufgefordert worden, hat diese Wahl abgelehnt und erklärt, zu dieser Ständeversammlung in keinem Falle wählen zu können. – Am 21 fand hier die Wahl eines Magistratsmitgliedes (eines Senators) statt, zu welchem der Magistrat und das Bürgervorstehercollegium zu concurriren und drei Candidaten zu erwählen haben, von denen die Regierung dann einen aussucht. Gewählt wurden drei als eifrigste Anhänger des Staatsgrundgesetzes bekannte Bürger, man ist nun gespannt, welchen davon die Regierung bestätigen wird. Preußen. △Berlin, 25 Jan. Wie elektrisch hier noch immer der Name Friedrichs wirkt, beweist die gestern stattgehabte Geburtstagsfeier des großen Königs, mit welcher der preußische Gewerbverein seit zwanzig Jahren sein Stiftungsfest zu verbinden pflegt. Nahe an 400 Personen, und darunter viele der höchsten Notabilitäten der Hauptstadt, hatten sich in den Räumen des Jagor'schen Locals versammelt, welches zur glänzenderen Bezeichnung des gegenwärtigen Säcularjahres, theils mit Hülfe der Kunst, theils durch reiche Beiträge des Berliner Gewerbfleißes so überraschend herrlich geschmückt war, daß der Besitzer des Locals dieses auch heute, morgen und übermorgen geöffnet hält, um die Schaulust des andringenden Publicums zu befriedigen. Die hier ausgelegten Proben unsrer Kunstindustrie wecken jedoch aufs neue das Bedauern, daß der Gewerbverein, an dessen Spitze bekanntlich der Director der Ministerialabtheilung für Handel und Gewerbe, Hr. Beuth, sich befindet, nicht von Zeit zu Zeit solche Landesindustrieausstellungen veranstaltet, wie sie in Wien, Paris, Petersburg und andern Hauptstädten Europa's stattzufinden pflegen, und wie auch hier bereits eine vor 15 Jahren, also vor dem Zustandekommen des Zollvereins, stattgefunden hat. Es wäre interessant, die Erzeugnisse der preußischen Industrie von heute mit denen von damals zu vergleichen. – Man sieht hier nächstens dem Erscheinen eines Gesetzes über die Publicirung von Briefen nach dem Tode ihrer Verfasser entgegen. Wie es heißt, soll es den Besitzern solcher Briefe, wenn sie nicht die Erlaubniß der nächsten Erbberechtigten beizubringen vermögen, erst dreißig Jahre nach dem Ableben der Verfasser gestattet seyn, solche Handschriften dem Druck zu übergeben. Die Bestimmung des preußischen Nachdrucksgesetzes gegen den Druck und die Herausgabe von Vorlesungen, Predigten und andern geistigen Emanationen ohne Zustimmung des Autors oder seiner Erben soll so auch auf Briefe Anwendung finden, mit deren Veröffentlichung man in neuerer Zeit, wiewohl oft zum Vortheile des Publicums und der Litteraturgeschichte, etwas indiscret umgegangen ist. Hoffentlich wird jedoch diese Bestimmung nicht auch schon den neuen Band von Bettina's Briefwechsel treffen, mit dessen Publication die geistreiche Frau v. Arnim in diesem Augenblick beschäftigt ist. – Der Vergleich, den einer Ihrer andern Berliner Correspondenten über die Zustände in den drei verschiedenen Gebieten angestellt, aus denen jetzt das ehemalige Polen besteht, hat hier bei allen Kundigen den Eindruck hervorgerufen, daß der Verfasser sämmtliche drei Gebiete, von denen er spricht, niemals mit einem Fuß betreten haben könne, sondern bloß nach den Mittheilungen einiger sich hier aufhaltenden jungen Polen berichtet, nach vorgefaßten Meinungen

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 31. Augsburg, 31. Januar 1840, S. 0246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_031_18400131/6>, abgerufen am 18.04.2024.