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Allgemeine Zeitung. Nr. 60. Augsburg, 29. Februar 1840.

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Fall entgehen wir der Verantwortlichkeit unserer Handlungen." Hr. Dugabe beharrte auf seinem Antrag, die Kammer möge einen Tag für die Interpellationen festsetzen; mit großer Majorität entschied sich aber die Kammer dagegen. Hr. Mauguin protestirte gegen diesen Beschluß und wurde von mehreren Deputirten der Linken unterstützt. Die Kammer sprach sich aber wiederholt für die Tagesordnung aus.

Die Pairskammer war am 22 Febr. beisammen. Hr. v. Mole hielt die Trauerrede auf den General Bernard, die über eine Stunde dauerte. "Die Verwaltung, sagte er darin, an der General Bernard Theil genommen, und zu welcher ich, wie ich mit Stolz sagen darf, das Meinige beigetragen habe, wußte alle Parteien zu versöhnen; sie hat die Emeuten niedergeschlagen, und dem Lande seinen Flor wieder gegeben.."

Die neueste Liste der Subscription für die Medaille für Hrn. v. Cormenin gibt die Totalsumme von 915 Fr. an. Darin kommen Gaben von 25 Centimes bis höchstens 3 Fr. vor. Auch der Courier des Niederrheins hat eine Subscription zu demselben Zweck eröffnet, wobei die Gaben höchst selten mehr als 10 Centimes (zwei Sous) betragen.

In einem von den Pariser Blättern wiedergegebenen Schreiben der M. Post aus Paris vom 19 Febr. heißt es: "Bei der Verhaftung des Hrn. Durand, Oberredacteurs des Capitole, nahm man in dessen Wohnung Papiere in Beschlag, welche bewiesen, daß er in Correspondenz mit Rußland war. Der Inhalt dieser Documente ist mir nicht bekannt; gewiß aber ist, daß man in den Tuilerien sich nicht enthielt, mit mehreren Gesandten, namentlich mit Hrn. v. Appony, davon zu sprechen und zu versichern, jene Documente enthielten den Beweis, daß das St. Petersburger Cabinet sich mit in eine Verschwörung eingelassen, welche den Umsturz der Juliusmonarchie zum Zweck gehabt. Graf Pahlen war abwesend. Hr. v. Medem achtete nicht auf diese Gerüchte, und sah den gerichtlichen Debatten über den Proceß gegen Durand entgegen. Nachdem letzterer aber in Freiheit gesetzt worden, erklärte man bei Hofe mit Ostentation, daß man den Scandal eines solchen Processes habe vermeiden wollen. Man versicherte sogar Mitgliedern des diplomatischen Corps, daß das Ministerium darauf beharrt habe, Hrn. Durand in Anklagestand zu versetzen, daß aber das Staatsoberhaupt sich dagegen gesetzt, weil das Bekanntwerden des Benehmens Rußlands mehr geschadet, als genützt haben würde. Auf dieses hin verlangte Hr. v. Medem vom Marschall Soult Erklärungen; dieser gab ihm die gewünschte Genugthuung."

(Journal des Debats.) Die Namen der Akademiker, welche für Hrn. Victor Hugo votirt haben, waren, wenn wir gut unterrichtet sind, folgende: die HH. v. Chateaubriand, v. Lacretelle, Villemain, Lebrun, Segur, Pongerville, Felletz, Lamartine, Thiers, Ch. Nodier, Viennet, Dupin, v. Salvandy, Guizot, Cousin und Mignet. Weiße Billets: die HH. v. Cessac und Royer Collard. Man wird daraus ersehen, ob wir Unrecht hatten, zu sagen, daß sie den wahren Glanz der französischen Akademie repräsentiren.

(Courrier francais.) Hr. Flourens ist allerdings ein in jeder Hinsicht ausgezeichneter Mann, und er ward nicht ohne gerechte Ansprüche berufen, mit Hrn. Arago die Verrichtungen eines beständigen Secretärs der Akademie der Wissen schaften zu theilen. Gleichwohl schien uns ein so ehrenwerther Posten seinem Ehrgeize oder vielmehr seinem Verdienste genügen zu dürfen, und wir glauben, er hätte besser gethan, sich dem kleinlichen Groll der Ultra-Classiker der französischen Akademie nicht zu überlassen. Wir haben schon genug politische Aemterhäufungen, ohne daß wir ihnen trotz des von einigen Mitgliedern des Instituts gegebenen Beispiels noch akademische beifügen sollten. (Dr. Flourens ist nämlich bereits Mitglied des Instituts in seiner Eigenschaft als beständiger Secretär der Akademie für die physikalischen Wissenschaften. Er ist überdieß Verwalter und Professor der vergleichenden Physiologie bei dem Museum der Naturgeschichte.) Hr. Flourens hat hier einen etwas unpassenden Erfolg errungen. Wie groß auch sein wissenschaftlicher Werth seyn mag, so kann er doch nicht auf den von Hrn. Victor Hugo mit vollem Recht erworbenen litterarischen Rang Anspruch machen, und der durch die letzte Wahl hervorgebrachte peinliche Eindruck dürfte ihn wohl jetzt bedauern lassen, bei der Wahl glücklich gewesen zu seyn.

Das Schreiben eines französischen Officiers aus Algier vom 15 Febr. im Semaphore meldet, daß dem Marschall Valee der Befehl zugekommen, baldmöglichst ins Feld zu rücken, und daß der Monat März zum Aufbruch der Armee bestimmt ist. Die erste Division soll, 8000 Mann stark, vom Herzog von Orleans befehligt werden, unter ihm sollen die Generale d'Houdetot und Duvivier Brigaden commandiren. Von Belida wird diese Colonne nach dem Westen aufbrechen, während die zweite Division unter den Befehlen des Generals Schramm in östlicher Richtung von Algier operiren wird. Ein Reservecorps von 10,000 Mann bleibt in den Umgebungen Algiers stehen. Die Militärintendanz hat Befehl erhalten, Alles bereit zu halten, damit die beiden Divisionen in den ersten Tagen des März ihren Marsch antreten können.

Es wird hier viel und mit großer Bitterkeit über das Dotationsgesetz und seine Folgen geschrieben, aber das Einzige, was die öffentliche Stimmung getreu gibt, ist der Brief des Deputirten Victor Grandin, den Sie in den Journalen gefunden haben werden, und in welchem er erklärt, daß er für die Discussion gestimmt habe, um das Gesetz, das er unklug findet, modificiren lassen zu können, um eine Krisis zu verhindern. Hätte Niemand als die Minister darunter zu leiden, so wäre nichts gegen ihren Fall zu sagen, denn sie haben ihn reichlich verdient. Man konnte vielleicht am Hof nicht wissen, daß dieser Vorschlag, er mochte durchgehen oder nicht, ein Unglück und ein großer Fehler sey, aber die Minister hätten es wissen können und sagen sollen. Die Krisis ist ein großes Unglück, denn man hat es hier durch den ewigen Wechsel so weit gebracht, daß man es für eine Wohlthat halten muß, wenn irgend eines, auch das schlechteste Ministerium sich hielte. Es ist kaum möglich, daß die Krisis lange dauert: die Masse wichtiger Gesetze, welche sich nicht aufschieben lassen, die Complication der auswärtigen Angelegenheiten und im Innern die Theurung und der schlechte Zustand des Handels, sind der Art, daß man sich durchaus das gewöhnliche Vergnügen zweimonatlicher Intriguen nicht machen kann. Man sieht freilich noch nicht klar. Vorgestern war Graf Mole, gestern der Herzog v. Broglie mit der Bildung eines Cabinets beauftragt, heute ist es vielleicht Thiers, da Broglie oft und laut erklärt, daß er kein Ministerium mehr wünsche. Dieß ist leicht begreiflich, wenn man zwei- bis dreimal Minister war, und eine unabhängige Stellung hat. Doch hat man gestern Abend in den Salons die Liste eines von ihm zusammengesetzten Cabinets herumgetragen. Aber es ist der Mühe nicht werth, diese Listen mitzutheilen; jede Partei und jede Fraction ihrer Partei hat die ihrigen, und man sieht dabei ganz unwahrscheinliche Namen erscheinen, wie z. B. Pelet de la Lozere, von dem gestern für den öffentlichen Unterricht die Rede war. Wie man glauben kann, daß ein Centralisationssystem wie das hiesige bei einem solchen Wechsel bestehen könne, ist unbegreiflich. Die ehemalige Majorität, welche durch die Coalition aufgelöst worden ist, hat gestern einen Versuch gemacht, sich wieder zu constituiren,

Fall entgehen wir der Verantwortlichkeit unserer Handlungen.“ Hr. Dugabé beharrte auf seinem Antrag, die Kammer möge einen Tag für die Interpellationen festsetzen; mit großer Majorität entschied sich aber die Kammer dagegen. Hr. Mauguin protestirte gegen diesen Beschluß und wurde von mehreren Deputirten der Linken unterstützt. Die Kammer sprach sich aber wiederholt für die Tagesordnung aus.

Die Pairskammer war am 22 Febr. beisammen. Hr. v. Molé hielt die Trauerrede auf den General Bernard, die über eine Stunde dauerte. „Die Verwaltung, sagte er darin, an der General Bernard Theil genommen, und zu welcher ich, wie ich mit Stolz sagen darf, das Meinige beigetragen habe, wußte alle Parteien zu versöhnen; sie hat die Emeuten niedergeschlagen, und dem Lande seinen Flor wieder gegeben..“

Die neueste Liste der Subscription für die Medaille für Hrn. v. Cormenin gibt die Totalsumme von 915 Fr. an. Darin kommen Gaben von 25 Centimes bis höchstens 3 Fr. vor. Auch der Courier des Niederrheins hat eine Subscription zu demselben Zweck eröffnet, wobei die Gaben höchst selten mehr als 10 Centimes (zwei Sous) betragen.

In einem von den Pariser Blättern wiedergegebenen Schreiben der M. Post aus Paris vom 19 Febr. heißt es: „Bei der Verhaftung des Hrn. Durand, Oberredacteurs des Capitole, nahm man in dessen Wohnung Papiere in Beschlag, welche bewiesen, daß er in Correspondenz mit Rußland war. Der Inhalt dieser Documente ist mir nicht bekannt; gewiß aber ist, daß man in den Tuilerien sich nicht enthielt, mit mehreren Gesandten, namentlich mit Hrn. v. Appony, davon zu sprechen und zu versichern, jene Documente enthielten den Beweis, daß das St. Petersburger Cabinet sich mit in eine Verschwörung eingelassen, welche den Umsturz der Juliusmonarchie zum Zweck gehabt. Graf Pahlen war abwesend. Hr. v. Medem achtete nicht auf diese Gerüchte, und sah den gerichtlichen Debatten über den Proceß gegen Durand entgegen. Nachdem letzterer aber in Freiheit gesetzt worden, erklärte man bei Hofe mit Ostentation, daß man den Scandal eines solchen Processes habe vermeiden wollen. Man versicherte sogar Mitgliedern des diplomatischen Corps, daß das Ministerium darauf beharrt habe, Hrn. Durand in Anklagestand zu versetzen, daß aber das Staatsoberhaupt sich dagegen gesetzt, weil das Bekanntwerden des Benehmens Rußlands mehr geschadet, als genützt haben würde. Auf dieses hin verlangte Hr. v. Medem vom Marschall Soult Erklärungen; dieser gab ihm die gewünschte Genugthuung.“

(Journal des Débats.) Die Namen der Akademiker, welche für Hrn. Victor Hugo votirt haben, waren, wenn wir gut unterrichtet sind, folgende: die HH. v. Chateaubriand, v. Lacretelle, Villemain, Lebrun, Ségur, Pongerville, Felletz, Lamartine, Thiers, Ch. Nodier, Viennet, Dupin, v. Salvandy, Guizot, Cousin und Mignet. Weiße Billets: die HH. v. Cessac und Royer Collard. Man wird daraus ersehen, ob wir Unrecht hatten, zu sagen, daß sie den wahren Glanz der französischen Akademie repräsentiren.

(Courrier français.) Hr. Flourens ist allerdings ein in jeder Hinsicht ausgezeichneter Mann, und er ward nicht ohne gerechte Ansprüche berufen, mit Hrn. Arago die Verrichtungen eines beständigen Secretärs der Akademie der Wissen schaften zu theilen. Gleichwohl schien uns ein so ehrenwerther Posten seinem Ehrgeize oder vielmehr seinem Verdienste genügen zu dürfen, und wir glauben, er hätte besser gethan, sich dem kleinlichen Groll der Ultra-Classiker der französischen Akademie nicht zu überlassen. Wir haben schon genug politische Aemterhäufungen, ohne daß wir ihnen trotz des von einigen Mitgliedern des Instituts gegebenen Beispiels noch akademische beifügen sollten. (Dr. Flourens ist nämlich bereits Mitglied des Instituts in seiner Eigenschaft als beständiger Secretär der Akademie für die physikalischen Wissenschaften. Er ist überdieß Verwalter und Professor der vergleichenden Physiologie bei dem Museum der Naturgeschichte.) Hr. Flourens hat hier einen etwas unpassenden Erfolg errungen. Wie groß auch sein wissenschaftlicher Werth seyn mag, so kann er doch nicht auf den von Hrn. Victor Hugo mit vollem Recht erworbenen litterarischen Rang Anspruch machen, und der durch die letzte Wahl hervorgebrachte peinliche Eindruck dürfte ihn wohl jetzt bedauern lassen, bei der Wahl glücklich gewesen zu seyn.

Das Schreiben eines französischen Officiers aus Algier vom 15 Febr. im Sémaphore meldet, daß dem Marschall Valée der Befehl zugekommen, baldmöglichst ins Feld zu rücken, und daß der Monat März zum Aufbruch der Armee bestimmt ist. Die erste Division soll, 8000 Mann stark, vom Herzog von Orleans befehligt werden, unter ihm sollen die Generale d'Houdetot und Duvivier Brigaden commandiren. Von Belida wird diese Colonne nach dem Westen aufbrechen, während die zweite Division unter den Befehlen des Generals Schramm in östlicher Richtung von Algier operiren wird. Ein Reservecorps von 10,000 Mann bleibt in den Umgebungen Algiers stehen. Die Militärintendanz hat Befehl erhalten, Alles bereit zu halten, damit die beiden Divisionen in den ersten Tagen des März ihren Marsch antreten können.

Es wird hier viel und mit großer Bitterkeit über das Dotationsgesetz und seine Folgen geschrieben, aber das Einzige, was die öffentliche Stimmung getreu gibt, ist der Brief des Deputirten Victor Grandin, den Sie in den Journalen gefunden haben werden, und in welchem er erklärt, daß er für die Discussion gestimmt habe, um das Gesetz, das er unklug findet, modificiren lassen zu können, um eine Krisis zu verhindern. Hätte Niemand als die Minister darunter zu leiden, so wäre nichts gegen ihren Fall zu sagen, denn sie haben ihn reichlich verdient. Man konnte vielleicht am Hof nicht wissen, daß dieser Vorschlag, er mochte durchgehen oder nicht, ein Unglück und ein großer Fehler sey, aber die Minister hätten es wissen können und sagen sollen. Die Krisis ist ein großes Unglück, denn man hat es hier durch den ewigen Wechsel so weit gebracht, daß man es für eine Wohlthat halten muß, wenn irgend eines, auch das schlechteste Ministerium sich hielte. Es ist kaum möglich, daß die Krisis lange dauert: die Masse wichtiger Gesetze, welche sich nicht aufschieben lassen, die Complication der auswärtigen Angelegenheiten und im Innern die Theurung und der schlechte Zustand des Handels, sind der Art, daß man sich durchaus das gewöhnliche Vergnügen zweimonatlicher Intriguen nicht machen kann. Man sieht freilich noch nicht klar. Vorgestern war Graf Molé, gestern der Herzog v. Broglie mit der Bildung eines Cabinets beauftragt, heute ist es vielleicht Thiers, da Broglie oft und laut erklärt, daß er kein Ministerium mehr wünsche. Dieß ist leicht begreiflich, wenn man zwei- bis dreimal Minister war, und eine unabhängige Stellung hat. Doch hat man gestern Abend in den Salons die Liste eines von ihm zusammengesetzten Cabinets herumgetragen. Aber es ist der Mühe nicht werth, diese Listen mitzutheilen; jede Partei und jede Fraction ihrer Partei hat die ihrigen, und man sieht dabei ganz unwahrscheinliche Namen erscheinen, wie z. B. Pelet de la Lozère, von dem gestern für den öffentlichen Unterricht die Rede war. Wie man glauben kann, daß ein Centralisationssystem wie das hiesige bei einem solchen Wechsel bestehen könne, ist unbegreiflich. Die ehemalige Majorität, welche durch die Coalition aufgelöst worden ist, hat gestern einen Versuch gemacht, sich wieder zu constituiren,

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[0476/0004] Fall entgehen wir der Verantwortlichkeit unserer Handlungen.“ Hr. Dugabé beharrte auf seinem Antrag, die Kammer möge einen Tag für die Interpellationen festsetzen; mit großer Majorität entschied sich aber die Kammer dagegen. Hr. Mauguin protestirte gegen diesen Beschluß und wurde von mehreren Deputirten der Linken unterstützt. Die Kammer sprach sich aber wiederholt für die Tagesordnung aus. Die Pairskammer war am 22 Febr. beisammen. Hr. v. Molé hielt die Trauerrede auf den General Bernard, die über eine Stunde dauerte. „Die Verwaltung, sagte er darin, an der General Bernard Theil genommen, und zu welcher ich, wie ich mit Stolz sagen darf, das Meinige beigetragen habe, wußte alle Parteien zu versöhnen; sie hat die Emeuten niedergeschlagen, und dem Lande seinen Flor wieder gegeben..“ Die neueste Liste der Subscription für die Medaille für Hrn. v. Cormenin gibt die Totalsumme von 915 Fr. an. Darin kommen Gaben von 25 Centimes bis höchstens 3 Fr. vor. Auch der Courier des Niederrheins hat eine Subscription zu demselben Zweck eröffnet, wobei die Gaben höchst selten mehr als 10 Centimes (zwei Sous) betragen. In einem von den Pariser Blättern wiedergegebenen Schreiben der M. Post aus Paris vom 19 Febr. heißt es: „Bei der Verhaftung des Hrn. Durand, Oberredacteurs des Capitole, nahm man in dessen Wohnung Papiere in Beschlag, welche bewiesen, daß er in Correspondenz mit Rußland war. Der Inhalt dieser Documente ist mir nicht bekannt; gewiß aber ist, daß man in den Tuilerien sich nicht enthielt, mit mehreren Gesandten, namentlich mit Hrn. v. Appony, davon zu sprechen und zu versichern, jene Documente enthielten den Beweis, daß das St. Petersburger Cabinet sich mit in eine Verschwörung eingelassen, welche den Umsturz der Juliusmonarchie zum Zweck gehabt. Graf Pahlen war abwesend. Hr. v. Medem achtete nicht auf diese Gerüchte, und sah den gerichtlichen Debatten über den Proceß gegen Durand entgegen. Nachdem letzterer aber in Freiheit gesetzt worden, erklärte man bei Hofe mit Ostentation, daß man den Scandal eines solchen Processes habe vermeiden wollen. Man versicherte sogar Mitgliedern des diplomatischen Corps, daß das Ministerium darauf beharrt habe, Hrn. Durand in Anklagestand zu versetzen, daß aber das Staatsoberhaupt sich dagegen gesetzt, weil das Bekanntwerden des Benehmens Rußlands mehr geschadet, als genützt haben würde. Auf dieses hin verlangte Hr. v. Medem vom Marschall Soult Erklärungen; dieser gab ihm die gewünschte Genugthuung.“ (Journal des Débats.) Die Namen der Akademiker, welche für Hrn. Victor Hugo votirt haben, waren, wenn wir gut unterrichtet sind, folgende: die HH. v. Chateaubriand, v. Lacretelle, Villemain, Lebrun, Ségur, Pongerville, Felletz, Lamartine, Thiers, Ch. Nodier, Viennet, Dupin, v. Salvandy, Guizot, Cousin und Mignet. Weiße Billets: die HH. v. Cessac und Royer Collard. Man wird daraus ersehen, ob wir Unrecht hatten, zu sagen, daß sie den wahren Glanz der französischen Akademie repräsentiren. (Courrier français.) Hr. Flourens ist allerdings ein in jeder Hinsicht ausgezeichneter Mann, und er ward nicht ohne gerechte Ansprüche berufen, mit Hrn. Arago die Verrichtungen eines beständigen Secretärs der Akademie der Wissen schaften zu theilen. Gleichwohl schien uns ein so ehrenwerther Posten seinem Ehrgeize oder vielmehr seinem Verdienste genügen zu dürfen, und wir glauben, er hätte besser gethan, sich dem kleinlichen Groll der Ultra-Classiker der französischen Akademie nicht zu überlassen. Wir haben schon genug politische Aemterhäufungen, ohne daß wir ihnen trotz des von einigen Mitgliedern des Instituts gegebenen Beispiels noch akademische beifügen sollten. (Dr. Flourens ist nämlich bereits Mitglied des Instituts in seiner Eigenschaft als beständiger Secretär der Akademie für die physikalischen Wissenschaften. Er ist überdieß Verwalter und Professor der vergleichenden Physiologie bei dem Museum der Naturgeschichte.) Hr. Flourens hat hier einen etwas unpassenden Erfolg errungen. Wie groß auch sein wissenschaftlicher Werth seyn mag, so kann er doch nicht auf den von Hrn. Victor Hugo mit vollem Recht erworbenen litterarischen Rang Anspruch machen, und der durch die letzte Wahl hervorgebrachte peinliche Eindruck dürfte ihn wohl jetzt bedauern lassen, bei der Wahl glücklich gewesen zu seyn. Das Schreiben eines französischen Officiers aus Algier vom 15 Febr. im Sémaphore meldet, daß dem Marschall Valée der Befehl zugekommen, baldmöglichst ins Feld zu rücken, und daß der Monat März zum Aufbruch der Armee bestimmt ist. Die erste Division soll, 8000 Mann stark, vom Herzog von Orleans befehligt werden, unter ihm sollen die Generale d'Houdetot und Duvivier Brigaden commandiren. Von Belida wird diese Colonne nach dem Westen aufbrechen, während die zweite Division unter den Befehlen des Generals Schramm in östlicher Richtung von Algier operiren wird. Ein Reservecorps von 10,000 Mann bleibt in den Umgebungen Algiers stehen. Die Militärintendanz hat Befehl erhalten, Alles bereit zu halten, damit die beiden Divisionen in den ersten Tagen des März ihren Marsch antreten können. _ Paris, 24 Febr. Es wird hier viel und mit großer Bitterkeit über das Dotationsgesetz und seine Folgen geschrieben, aber das Einzige, was die öffentliche Stimmung getreu gibt, ist der Brief des Deputirten Victor Grandin, den Sie in den Journalen gefunden haben werden, und in welchem er erklärt, daß er für die Discussion gestimmt habe, um das Gesetz, das er unklug findet, modificiren lassen zu können, um eine Krisis zu verhindern. Hätte Niemand als die Minister darunter zu leiden, so wäre nichts gegen ihren Fall zu sagen, denn sie haben ihn reichlich verdient. Man konnte vielleicht am Hof nicht wissen, daß dieser Vorschlag, er mochte durchgehen oder nicht, ein Unglück und ein großer Fehler sey, aber die Minister hätten es wissen können und sagen sollen. Die Krisis ist ein großes Unglück, denn man hat es hier durch den ewigen Wechsel so weit gebracht, daß man es für eine Wohlthat halten muß, wenn irgend eines, auch das schlechteste Ministerium sich hielte. Es ist kaum möglich, daß die Krisis lange dauert: die Masse wichtiger Gesetze, welche sich nicht aufschieben lassen, die Complication der auswärtigen Angelegenheiten und im Innern die Theurung und der schlechte Zustand des Handels, sind der Art, daß man sich durchaus das gewöhnliche Vergnügen zweimonatlicher Intriguen nicht machen kann. Man sieht freilich noch nicht klar. Vorgestern war Graf Molé, gestern der Herzog v. Broglie mit der Bildung eines Cabinets beauftragt, heute ist es vielleicht Thiers, da Broglie oft und laut erklärt, daß er kein Ministerium mehr wünsche. Dieß ist leicht begreiflich, wenn man zwei- bis dreimal Minister war, und eine unabhängige Stellung hat. Doch hat man gestern Abend in den Salons die Liste eines von ihm zusammengesetzten Cabinets herumgetragen. Aber es ist der Mühe nicht werth, diese Listen mitzutheilen; jede Partei und jede Fraction ihrer Partei hat die ihrigen, und man sieht dabei ganz unwahrscheinliche Namen erscheinen, wie z. B. Pelet de la Lozère, von dem gestern für den öffentlichen Unterricht die Rede war. Wie man glauben kann, daß ein Centralisationssystem wie das hiesige bei einem solchen Wechsel bestehen könne, ist unbegreiflich. Die ehemalige Majorität, welche durch die Coalition aufgelöst worden ist, hat gestern einen Versuch gemacht, sich wieder zu constituiren,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 60. Augsburg, 29. Februar 1840, S. 0476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_060_18400229/4>, abgerufen am 16.04.2024.