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Allgemeine Zeitung. Nr. 68. Augsburg, 8. März 1840.

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Für die des Kronglases: Feinen weißen Sand 120 Kilogr., kohlensaures Kali 35 Kilogr., kohlensaures Natrum 20 Kilogr., Kreide 15 Kilogr., Arsenik 1 Kilogr.

Peltier gab eine Erklärung des Ereignisses, welches am 8 Julius vorigen Jahres in der Nähe von Boisemont statt hatte, indem ein Mensch unter einer Eiche vom Blitz getroffen und über hundert Fuß weit auf eine Gruppe Kastanienbäume geschleudert wurde. Peltier nimmt an, daß außer der an der Oberfläche der Gewitterwolken angesammelten freien Elektricität, die sich aber durch starke Blitze entladet, noch eine andere an die einzelnen Partikelchen (aus welchen die Wolken bestehen) gebundene Elektricität zurückbleibe, welche bloß Attraction und Repulsion bewirke, und in manchen Fällen oft die schwersten Gegenstände sich so weit annähern macht, bis eine neue Entladung stattfinden kann.

Pambour meldete von seinen Vorrichtungen an Eisenbahnen, wodurch die durch Ungleichheit des Niveau's der Bahn eintretenden Hindernisse großentheils beseitigt werden.

Flourens, Professor am naturhistorischen Museum, erst in die Academie francaise aufgenommen, übergab nebst sehr schönen anatomischen Präparaten ein Memoire über die Färbung der Knochen bei mit Färberröthe gefütterten Thieren. Seine Untersuchungen bieten, obgleich schon viele Erfahrungen darüber vorliegen, viel Interesse dar. Er will unter Anderm gefunden haben, daß die Färberröthe aus Elsaß die Knochen schneller und schöner färbe, als die aus andern Theilen Frankreichs, sowie, daß es bei ganz jungen Tauben öfters bloß 5 bis 6 Stunden nach der ersten Fütterung bedürfe, um die Knochen zu färben, während alte kaum erst nach 18 bis 20 Tagen anfangen.

Dieffenbach in Berlin zeigte der Akademie an, daß es ihm gelungen sey, mittelst Durchschneidung des innern geraden Augenmuskels, das Schielen in drei Fällen zu heilen.

Breschet übergab mit Rayer ein Memoire über die Rotzkrankheit der Pferde und deren Uebergang auf Menschen, wovon sich in Paris jeden Monat traurige Beispiele ereignen. Nichtsdestoweniger stellten sich ihrem Gutachten Magendie und Larrey geradezu entgegen, und läugneten schlechterdings die Ansteckbarkeit der chronischen Form dieses Uebels.

Velpeau setzte die Akademie von einem eben so seltenen als merkwürdigen Fall in Kenntniß. Ein junger Mann trug von seiner Geburt an eine Geschwulst mit sich herum, welche sich einige Zeit vergrößerte und deren Natur kein Arzt erkennen wollte. Velpeau schloß aus mehreren Erscheinungen, daß diese Geschwulst aus den Resten eines Foetus bestehe, und unterzog das Individuum in der That dieser neuen Art von Kaiserschnitt. Näher untersucht, bestätigte die herausgenommene Masse nicht bloß den Ausspruch Velpeau's, sondern gab auch die Ueberzeugung, daß der Foetus längere Zeit in dem Körper seines Bruders gelebt haben mußte.

Endlich erwählte die Akademie an die Stelle Dulongs: Babinet, Professor der Physik am College S. Louis.

Algier.

Die hiesige Fremdenlegion besteht aus vier Bataillonen, wovon drei in Afrika; jedes Bataillon wird so viel als möglich zu 800 Mann vollzählig erhalten, dieß gibt also einen Effectivstand von 3200 Mann. Das Elend dieser Leute ist nicht zu beschreiben. Will man den Gesundheitszustand irgend eines Orts der ausgedehnten Besitzungen erproben, so sendet man 3 bis 400 Mann der Fremdenlegion dorthin. Nach Maaßgabe der herrschenden Krankheiten und Sterblichkeit unter ihnen beurtheilt man die Salubrität des Orts, und dieß gibt den Barometer für die Franzosen. Nach Dschischelli wurden vorigen August 800 Mann der Fremdenlegion geschickt, allem Mangel und einem schlechten Klima preisgegeben. Auf vielfaches Ansuchen des Commandanten, mit der Drohung seinen Posten zu verlassen, wurde endlich am 14 Januar mit einem Dampfschiff ein frisches Bataillon desselben Corps zur Ablösung dorthin geschickt, und am 17 Jan. kamen die Reste des geopferten und vergessenen Bataillons hieher zurück. Allein wer beschreibt das jämmerliche Aussehen dieser Leute? Von 800 Mann waren nur noch 186 am Leben; diese glichen Skeletten und waren sämmtlich krank, so daß sie von dem Schiff in das Lazareth wanderten. Mit den Arabern, mit den Beduinen, mit Todfeinden gehen die Franzosen menschlicher um, und Europäer, civilisirte Menschen, Christen, die ihrer Sache dienen, die durch ein finsteres Geschick in ihre Reihen verschlagen wurden, werden von ihnen wie das Vieh, wie zu opfernde Sklaven behandelt. Wenn nur für diese Unglücklichen noch einige Belohnung da wäre; allein auch diese wird verweigert. Höchst selten bringt es einer zum Officier, und das Kreuz erhalten sie nie; nicht einmal einer ehrenwerthen Erwähnung hält man sie würdig, und doch stehen sie immer auf den gefährlichsten Posten. Bei den Tages- und Generalberichten heißt es wohl, zwei, drei oder vier Compagnien der Fremdenlegion haben am Kampfe Theil genommen, dieß ist aber auch Alles, während die Namen einzelner Soldaten und Unterofficiere der französischen Regimenter die Blätter füllen und Kreuze und Beförderungen auf sie herabregnen. Die in Dschischelli von der Ruhr befallenen Kranken bleiben bis zu ihrem Tod in denselben Betttüchern liegen und kommen im wahren Sinne des Worts im Schmutze um; sind Blutegel verordnet, so applicirt solche der Wärter den Kranken, ohne sich weiter um sie zu bekümmern, und man findet solche Unglückliche des Morgens todt und öfters verblutet. Die Leichen werden kaum mit einem Fuß Erde bedeckt.(Nordd. Bl.)

Portugal.

Der Correspondent der Times schreibt über die (vorgestern erwähnte) Vorlegung des portugiesischen Budgets: "Lissabon, 19 Febr. Aller Erwartung entgegen erstattete der Finanzminister am letzten Montag in der Deputirtenkammer seinen Bericht, dessen Ablesung fünf Viertelstunden dauerte, mit Aufmerksamkeit angehört, und einigemal mit Beifallsruf unterbrochen wurde. Das Deficit für das jetzige, mit dem nächsten Junius auslaufende Finanzjahr beträgt etwas über 2600 Contos de Reis, was gegen das vorige Jahr eine Zunahme der Ausgaben um 600 Contos (= 138,000 Pf. St.) ergibt. Der Vorschlag zur Zahlung der Zinsen von der auswärtigen Schuld bis Ende dieses Finanzjahrs soll zur Hälfte in baarem Geld, zur Hälfte in unverzinslichen Titulos (Regierungs-Schuldscheinen) geschehen. Dieser Plan läßt sich, nach des Ministers eigener Erklärung, nicht ausführen, ohne zu der angegebenen ruinösen Maaßregel die Zuflucht zu nehmen, da bei der unabsehbar fortdauernden kläglichen Finanznoth dieses zerrütteten Landes jeder Versuch eines Anlehens im In- oder Ausland nahebei unmöglich seyn würde, indem die Summe von 1200 Contos de Reis, als eines Theils des Vertrauensvotums der letzten Cortessession, noch immer zu negociiren bleibt. Zu andern rückständigen Items gehört auch die Erfüllung der Clausel des Heirathsvertrags mit König Ferdinand, worin Sr. k. Hoh. nach der Geburt des ersten Kindes der Dona Maria, als Nationaldank, eine Erhöhung seiner Apanage von 40 Contos

Für die des Kronglases: Feinen weißen Sand 120 Kilogr., kohlensaures Kali 35 Kilogr., kohlensaures Natrum 20 Kilogr., Kreide 15 Kilogr., Arsenik 1 Kilogr.

Peltier gab eine Erklärung des Ereignisses, welches am 8 Julius vorigen Jahres in der Nähe von Boisemont statt hatte, indem ein Mensch unter einer Eiche vom Blitz getroffen und über hundert Fuß weit auf eine Gruppe Kastanienbäume geschleudert wurde. Peltier nimmt an, daß außer der an der Oberfläche der Gewitterwolken angesammelten freien Elektricität, die sich aber durch starke Blitze entladet, noch eine andere an die einzelnen Partikelchen (aus welchen die Wolken bestehen) gebundene Elektricität zurückbleibe, welche bloß Attraction und Repulsion bewirke, und in manchen Fällen oft die schwersten Gegenstände sich so weit annähern macht, bis eine neue Entladung stattfinden kann.

Pambour meldete von seinen Vorrichtungen an Eisenbahnen, wodurch die durch Ungleichheit des Niveau's der Bahn eintretenden Hindernisse großentheils beseitigt werden.

Flourens, Professor am naturhistorischen Museum, erst in die Académie française aufgenommen, übergab nebst sehr schönen anatomischen Präparaten ein Memoire über die Färbung der Knochen bei mit Färberröthe gefütterten Thieren. Seine Untersuchungen bieten, obgleich schon viele Erfahrungen darüber vorliegen, viel Interesse dar. Er will unter Anderm gefunden haben, daß die Färberröthe aus Elsaß die Knochen schneller und schöner färbe, als die aus andern Theilen Frankreichs, sowie, daß es bei ganz jungen Tauben öfters bloß 5 bis 6 Stunden nach der ersten Fütterung bedürfe, um die Knochen zu färben, während alte kaum erst nach 18 bis 20 Tagen anfangen.

Dieffenbach in Berlin zeigte der Akademie an, daß es ihm gelungen sey, mittelst Durchschneidung des innern geraden Augenmuskels, das Schielen in drei Fällen zu heilen.

Breschet übergab mit Rayer ein Memoire über die Rotzkrankheit der Pferde und deren Uebergang auf Menschen, wovon sich in Paris jeden Monat traurige Beispiele ereignen. Nichtsdestoweniger stellten sich ihrem Gutachten Magendie und Larrey geradezu entgegen, und läugneten schlechterdings die Ansteckbarkeit der chronischen Form dieses Uebels.

Velpeau setzte die Akademie von einem eben so seltenen als merkwürdigen Fall in Kenntniß. Ein junger Mann trug von seiner Geburt an eine Geschwulst mit sich herum, welche sich einige Zeit vergrößerte und deren Natur kein Arzt erkennen wollte. Velpeau schloß aus mehreren Erscheinungen, daß diese Geschwulst aus den Resten eines Foetus bestehe, und unterzog das Individuum in der That dieser neuen Art von Kaiserschnitt. Näher untersucht, bestätigte die herausgenommene Masse nicht bloß den Ausspruch Velpeau's, sondern gab auch die Ueberzeugung, daß der Foetus längere Zeit in dem Körper seines Bruders gelebt haben mußte.

Endlich erwählte die Akademie an die Stelle Dulongs: Babinet, Professor der Physik am Collége S. Louis.

Algier.

Die hiesige Fremdenlegion besteht aus vier Bataillonen, wovon drei in Afrika; jedes Bataillon wird so viel als möglich zu 800 Mann vollzählig erhalten, dieß gibt also einen Effectivstand von 3200 Mann. Das Elend dieser Leute ist nicht zu beschreiben. Will man den Gesundheitszustand irgend eines Orts der ausgedehnten Besitzungen erproben, so sendet man 3 bis 400 Mann der Fremdenlegion dorthin. Nach Maaßgabe der herrschenden Krankheiten und Sterblichkeit unter ihnen beurtheilt man die Salubrität des Orts, und dieß gibt den Barometer für die Franzosen. Nach Dschischelli wurden vorigen August 800 Mann der Fremdenlegion geschickt, allem Mangel und einem schlechten Klima preisgegeben. Auf vielfaches Ansuchen des Commandanten, mit der Drohung seinen Posten zu verlassen, wurde endlich am 14 Januar mit einem Dampfschiff ein frisches Bataillon desselben Corps zur Ablösung dorthin geschickt, und am 17 Jan. kamen die Reste des geopferten und vergessenen Bataillons hieher zurück. Allein wer beschreibt das jämmerliche Aussehen dieser Leute? Von 800 Mann waren nur noch 186 am Leben; diese glichen Skeletten und waren sämmtlich krank, so daß sie von dem Schiff in das Lazareth wanderten. Mit den Arabern, mit den Beduinen, mit Todfeinden gehen die Franzosen menschlicher um, und Europäer, civilisirte Menschen, Christen, die ihrer Sache dienen, die durch ein finsteres Geschick in ihre Reihen verschlagen wurden, werden von ihnen wie das Vieh, wie zu opfernde Sklaven behandelt. Wenn nur für diese Unglücklichen noch einige Belohnung da wäre; allein auch diese wird verweigert. Höchst selten bringt es einer zum Officier, und das Kreuz erhalten sie nie; nicht einmal einer ehrenwerthen Erwähnung hält man sie würdig, und doch stehen sie immer auf den gefährlichsten Posten. Bei den Tages- und Generalberichten heißt es wohl, zwei, drei oder vier Compagnien der Fremdenlegion haben am Kampfe Theil genommen, dieß ist aber auch Alles, während die Namen einzelner Soldaten und Unterofficiere der französischen Regimenter die Blätter füllen und Kreuze und Beförderungen auf sie herabregnen. Die in Dschischelli von der Ruhr befallenen Kranken bleiben bis zu ihrem Tod in denselben Betttüchern liegen und kommen im wahren Sinne des Worts im Schmutze um; sind Blutegel verordnet, so applicirt solche der Wärter den Kranken, ohne sich weiter um sie zu bekümmern, und man findet solche Unglückliche des Morgens todt und öfters verblutet. Die Leichen werden kaum mit einem Fuß Erde bedeckt.(Nordd. Bl.)

Portugal.

Der Correspondent der Times schreibt über die (vorgestern erwähnte) Vorlegung des portugiesischen Budgets: „Lissabon, 19 Febr. Aller Erwartung entgegen erstattete der Finanzminister am letzten Montag in der Deputirtenkammer seinen Bericht, dessen Ablesung fünf Viertelstunden dauerte, mit Aufmerksamkeit angehört, und einigemal mit Beifallsruf unterbrochen wurde. Das Deficit für das jetzige, mit dem nächsten Junius auslaufende Finanzjahr beträgt etwas über 2600 Contos de Reis, was gegen das vorige Jahr eine Zunahme der Ausgaben um 600 Contos (= 138,000 Pf. St.) ergibt. Der Vorschlag zur Zahlung der Zinsen von der auswärtigen Schuld bis Ende dieses Finanzjahrs soll zur Hälfte in baarem Geld, zur Hälfte in unverzinslichen Titulos (Regierungs-Schuldscheinen) geschehen. Dieser Plan läßt sich, nach des Ministers eigener Erklärung, nicht ausführen, ohne zu der angegebenen ruinösen Maaßregel die Zuflucht zu nehmen, da bei der unabsehbar fortdauernden kläglichen Finanznoth dieses zerrütteten Landes jeder Versuch eines Anlehens im In- oder Ausland nahebei unmöglich seyn würde, indem die Summe von 1200 Contos de Reis, als eines Theils des Vertrauensvotums der letzten Cortessession, noch immer zu negociiren bleibt. Zu andern rückständigen Items gehört auch die Erfüllung der Clausel des Heirathsvertrags mit König Ferdinand, worin Sr. k. Hoh. nach der Geburt des ersten Kindes der Dona Maria, als Nationaldank, eine Erhöhung seiner Apanage von 40 Contos

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[0539/0011] Für die des Kronglases: Feinen weißen Sand 120 Kilogr., kohlensaures Kali 35 Kilogr., kohlensaures Natrum 20 Kilogr., Kreide 15 Kilogr., Arsenik 1 Kilogr. Peltier gab eine Erklärung des Ereignisses, welches am 8 Julius vorigen Jahres in der Nähe von Boisemont statt hatte, indem ein Mensch unter einer Eiche vom Blitz getroffen und über hundert Fuß weit auf eine Gruppe Kastanienbäume geschleudert wurde. Peltier nimmt an, daß außer der an der Oberfläche der Gewitterwolken angesammelten freien Elektricität, die sich aber durch starke Blitze entladet, noch eine andere an die einzelnen Partikelchen (aus welchen die Wolken bestehen) gebundene Elektricität zurückbleibe, welche bloß Attraction und Repulsion bewirke, und in manchen Fällen oft die schwersten Gegenstände sich so weit annähern macht, bis eine neue Entladung stattfinden kann. Pambour meldete von seinen Vorrichtungen an Eisenbahnen, wodurch die durch Ungleichheit des Niveau's der Bahn eintretenden Hindernisse großentheils beseitigt werden. Flourens, Professor am naturhistorischen Museum, erst in die Académie française aufgenommen, übergab nebst sehr schönen anatomischen Präparaten ein Memoire über die Färbung der Knochen bei mit Färberröthe gefütterten Thieren. Seine Untersuchungen bieten, obgleich schon viele Erfahrungen darüber vorliegen, viel Interesse dar. Er will unter Anderm gefunden haben, daß die Färberröthe aus Elsaß die Knochen schneller und schöner färbe, als die aus andern Theilen Frankreichs, sowie, daß es bei ganz jungen Tauben öfters bloß 5 bis 6 Stunden nach der ersten Fütterung bedürfe, um die Knochen zu färben, während alte kaum erst nach 18 bis 20 Tagen anfangen. Dieffenbach in Berlin zeigte der Akademie an, daß es ihm gelungen sey, mittelst Durchschneidung des innern geraden Augenmuskels, das Schielen in drei Fällen zu heilen. Breschet übergab mit Rayer ein Memoire über die Rotzkrankheit der Pferde und deren Uebergang auf Menschen, wovon sich in Paris jeden Monat traurige Beispiele ereignen. Nichtsdestoweniger stellten sich ihrem Gutachten Magendie und Larrey geradezu entgegen, und läugneten schlechterdings die Ansteckbarkeit der chronischen Form dieses Uebels. Velpeau setzte die Akademie von einem eben so seltenen als merkwürdigen Fall in Kenntniß. Ein junger Mann trug von seiner Geburt an eine Geschwulst mit sich herum, welche sich einige Zeit vergrößerte und deren Natur kein Arzt erkennen wollte. Velpeau schloß aus mehreren Erscheinungen, daß diese Geschwulst aus den Resten eines Foetus bestehe, und unterzog das Individuum in der That dieser neuen Art von Kaiserschnitt. Näher untersucht, bestätigte die herausgenommene Masse nicht bloß den Ausspruch Velpeau's, sondern gab auch die Ueberzeugung, daß der Foetus längere Zeit in dem Körper seines Bruders gelebt haben mußte. Endlich erwählte die Akademie an die Stelle Dulongs: Babinet, Professor der Physik am Collége S. Louis. Algier. Algier, 24 Januar. Die hiesige Fremdenlegion besteht aus vier Bataillonen, wovon drei in Afrika; jedes Bataillon wird so viel als möglich zu 800 Mann vollzählig erhalten, dieß gibt also einen Effectivstand von 3200 Mann. Das Elend dieser Leute ist nicht zu beschreiben. Will man den Gesundheitszustand irgend eines Orts der ausgedehnten Besitzungen erproben, so sendet man 3 bis 400 Mann der Fremdenlegion dorthin. Nach Maaßgabe der herrschenden Krankheiten und Sterblichkeit unter ihnen beurtheilt man die Salubrität des Orts, und dieß gibt den Barometer für die Franzosen. Nach Dschischelli wurden vorigen August 800 Mann der Fremdenlegion geschickt, allem Mangel und einem schlechten Klima preisgegeben. 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Höchst selten bringt es einer zum Officier, und das Kreuz erhalten sie nie; nicht einmal einer ehrenwerthen Erwähnung hält man sie würdig, und doch stehen sie immer auf den gefährlichsten Posten. Bei den Tages- und Generalberichten heißt es wohl, zwei, drei oder vier Compagnien der Fremdenlegion haben am Kampfe Theil genommen, dieß ist aber auch Alles, während die Namen einzelner Soldaten und Unterofficiere der französischen Regimenter die Blätter füllen und Kreuze und Beförderungen auf sie herabregnen. Die in Dschischelli von der Ruhr befallenen Kranken bleiben bis zu ihrem Tod in denselben Betttüchern liegen und kommen im wahren Sinne des Worts im Schmutze um; sind Blutegel verordnet, so applicirt solche der Wärter den Kranken, ohne sich weiter um sie zu bekümmern, und man findet solche Unglückliche des Morgens todt und öfters verblutet. Die Leichen werden kaum mit einem Fuß Erde bedeckt.(Nordd. Bl.) Portugal. Der Correspondent der Times schreibt über die (vorgestern erwähnte) Vorlegung des portugiesischen Budgets: „Lissabon, 19 Febr. Aller Erwartung entgegen erstattete der Finanzminister am letzten Montag in der Deputirtenkammer seinen Bericht, dessen Ablesung fünf Viertelstunden dauerte, mit Aufmerksamkeit angehört, und einigemal mit Beifallsruf unterbrochen wurde. Das Deficit für das jetzige, mit dem nächsten Junius auslaufende Finanzjahr beträgt etwas über 2600 Contos de Reis, was gegen das vorige Jahr eine Zunahme der Ausgaben um 600 Contos (= 138,000 Pf. St.) ergibt. Der Vorschlag zur Zahlung der Zinsen von der auswärtigen Schuld bis Ende dieses Finanzjahrs soll zur Hälfte in baarem Geld, zur Hälfte in unverzinslichen Titulos (Regierungs-Schuldscheinen) geschehen. Dieser Plan läßt sich, nach des Ministers eigener Erklärung, nicht ausführen, ohne zu der angegebenen ruinösen Maaßregel die Zuflucht zu nehmen, da bei der unabsehbar fortdauernden kläglichen Finanznoth dieses zerrütteten Landes jeder Versuch eines Anlehens im In- oder Ausland nahebei unmöglich seyn würde, indem die Summe von 1200 Contos de Reis, als eines Theils des Vertrauensvotums der letzten Cortessession, noch immer zu negociiren bleibt. Zu andern rückständigen Items gehört auch die Erfüllung der Clausel des Heirathsvertrags mit König Ferdinand, worin Sr. k. Hoh. nach der Geburt des ersten Kindes der Dona Maria, als Nationaldank, eine Erhöhung seiner Apanage von 40 Contos

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 68. Augsburg, 8. März 1840, S. 0539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_068_18400308/11>, abgerufen am 28.04.2024.