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Allgemeine Zeitung. Nr. 82. Augsburg, 22. März 1840.

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über den festen Punkt Balmaseda zu entscheiden, eigentlich aber um die Unterhandlungen mit Espartero förmlicher einzuleiten. Maroto, Eguia, Simon de la Torre, Villareal, Montenegro waren zugegen; man verhandelte die Sache unter den Augen des Königs. Balmaseda wurde aufgegeben. Die Partei der Apostolischen schlug Lärm; Maroto erließ eine Proclamation, um zu beschwichtigen. Beide Heerführer verschanzten sich in den Lagern von Amurrio und Arreta; man blieb sich kampfgerüstet gegenüber, und suchte Zeit zu gewinnen, um von Seiten Englands, Frankreichs und der Regierung von Madrid genauere Bestimmungen zu erwarten. Endlich (27 Jul.) erschien Lord John Hay, von mehreren Officieren begleitet im Hauptquartier Maroto's; man lud ihn nach Miravalles ein, wohin sich um 11 Morgens Maroto und Simon de la Torre nebst mehrern andern Oberofficieren begaben. Lord John Hay hatte eigentlich nur Vorschläge, die mehr das Materielle der Armee betrafen, zu machen. Die Frage wurde im Allgemeinen discutirt und nichts entschieden; übrigens bot der Lord sich an, die Garantien für die Privilegien der Provinzen möglichst zu sichern. Man verließ sich unbefriedigt. Espartero zog sich nach der Ebene Vitoria's; Maroto bezog die Stellungen von Arlaban; la Torre setzte sich an die Spitze der Vizcayischen Division, und blieb in Arreta zurück.

Bis jetzt war Alles nur unbestimmt und im weiten Felde; nun aber trat ein Ereigniß ein, das die bestimmtesten Folgen trug und den Schluß des Drama's beschleunigte. Durch den Einfluß Teixeiro's und seiner Helfer hatten sich in dem Thale Bastan nächst der französischen Gränze das 5te und 6te Bataillon von Navarra mit dem Schrei Muera Maroto! erhoben. Elio eilte herbei, um den Aufstand zu unterdrücken; der König selbst machte sich auf den Weg. Vom Hofe wurde dem Chef des Generalstabs der guipuscoanischen Division der Befehl ertheilt, Truppen, angeblich gegen die Aufrührer, zur Disposition des Hofs zu stellen, und der Chef des Generalstabs, vielleicht aus Plan, vielleicht aus Zufall, commandirte von allen Bataillonen starke Detaschements; die guipuscoanischen Chefs, die den Zweck des Manöuvre's im Bastan kannten, die wußten, daß es vom Hofe selbst dirigirt wurde, und deren Division sich für den Frieden und Maroto am stärksten compromittirt hatte, sahen in diesem Zerstückeln der Bataillone gefährliche Absichten; sie versammelten sich, entsetzten den Chef des Generalstabs, General Vargas, seines Amtes und schickten ihn nebst den Adjutanten des Generalstabs gefangen nach dem Hauptquartier.

Karl V ließ sich hinreißen, dem Cura Echevarria und Don Basilio eine Unterredung zuzugestehen, und in deren Folge jedes ernstliche Einschreiten gegen die aufgelehnten Bataillone zu untersagen, während gegen die guipuscoanischen Chefs die strengste Bestrafung ausgesprochen wurde. Die Nachricht von diesem Ereigniß ging wie ein Lauffeuer durch die Provinzen und das Heer; die Bewohner zitterten, denn sie sahen schon wieder im Geiste sich unter die Schreckensherrschaft Arias Teixeiro's versetzt. Die Chefs des Heeres, die sich alle in den Ereignissen von Estella bloßgestellt hatten, wären gewiß erschossen worden, sobald Teixeiro siegte. Es blieb keine Wahl. Die Guipuscoaner weigerten sich offen, ihre Chefs zu bestrafen und den dießfallsigen königlichen Ordren in dieser Beziehung zu gehorchen.

Maroto setzte sich (18 August) mit 6 Bataillonen, 2 Schwadronen, den Sapeuren und der Artillerie in Marsch, um die aufgelehnten Bataillone zur Ordnung zurückzuführen und in Navarra die Ruhe zu sichern. Auf dem Marsch erhielt man ganz unerwartet die Nachricht, daß der König sich gegen das Hauptquartier bewege. Wirklich, als die Colonne in Zumarraga ankam, war der König und die Königin bereits eingetroffen. In ihrer Begleitung befanden sich der Prinz von Asturien und der Infant Don Sebastian, die Generale Villareal, Eguia und Montenegro nebst einem zahlreichen Gefolge. Die Truppen wurden einquartirt, die Chefs zum Handkuß zugelassen. Um 3 Uhr Nachmittags hatte General Maroto eine geheime Audienz, in deren Folge ihm befohlen wurde, nicht nach Navarra zu marschiren, indem Se. Maj. selbst übernehmen wolle, die aufgelehnten Bataillone zur Pflicht zurückzubringen.

Die Feinde waren unterdessen bis Durango vorgerückt; der Graf Negri hatte sich nach Elorrio zurückgezogen, Simon de la Torre hatte die feste Stellung von Arreta aufgegeben und war mit der vizcayischen Division bis in die Gegend von Guernica zurückgegangen. Maroto vereinigte sich mit dem Grafen Negri, und die starke Position von Elgeta wurde, im Fall eines weitern Vordringens des Feindes, als Schlachtfeld bezeichnet. Das königliche Hauptquartier war in Bergara. Maroto verlegte sein Hauptquartier nach Elgeta und empfing dort (24 Aug. Abends 5 Uhr) den Christinischen General Zabala, der von Seite Espartero's officielle Vorschläge brachte. Nach diesen sollte die Basis der Unterhandlungen seyn: 1) die Anerkennung des Don Carlos als Infanten von Spanien; 2) die Genehmigung der Fueros der Provinzen und Navarra's; 3) die Garantirung der militärischen Chargen, Decorationen etc. Maroto benachrichtigte den König von dem Eintreffen des feindlichen Generals. Am nächsten Morgen (25 Aug. 11 Uhr) erschienen der König und die Königin, der Prinz von Asturien und der Infant Don Sebastian; in ihrem zahlreichen Gefolge bemerkte man den Bischof von Cuba, den Kriegsminister, die Generale Eguia, Villareal, Cabannas, Zariategui und andere höhere Officiere. General Maroto machte den König in einer langen Unterredung mit dem Inhalt der überbrachten Depeschen bekannt. Se. Maj. setzt sich in Marsch nach Elorrio und läßt die Truppen die Revue passiren. Abends (4 Uhr) kehrt der Hof nach Bergara zurück. Niemand wußte, was beschlossen war. Der König hatte nichts Bestimmtes geäußert, und nur einige Chefs gefragt, ob sie seinen Befehlen gehorchen wollten, was einen sehr üblen Eindruck machte, da noch Niemand an das Gegentheil eigentlich gedacht hatte. Maroto traf etwas später mit der castilischen Division und dem 2ten und 4ten guipuscoanischen Bataillon in Elgeta ein.

Es schlägt sechs ein halb Uhr. Der General Iturbe an der Spitze der versammelten Bataillone ruft: "Es lebe der Friede, es lebe der General Maroto!" und wie Sturmeswehen braust es durch die Bataillone: "Friede, Friede, Friede!" Es war geschehen, der entscheidende Schritt gethan!

Die Bataillone gehen nach Elorrio zurück, Maroto ertheilt hier den navarresischen Bataillonen und der Cavallerie den Befehl, nach ihren Provinzen zurückzukehren, und in Elgeta, zwischen dem königlichen und dem Hauptquartier der Armee, wurde eine starke Brigade eingeschoben. Der Graf Negri mit dem Generalstab befindet sich ebenfalls daselbst. Denselben Abend (8 Uhr) erhält der Commandant der Truppen in Elgeta den Befehl, mit dem Hauptcorps sich zu vereinigen. Graf Negri widersetzt sich, eine Ordre des Ministers vorschützend, worin man sagte, der König habe die Entlassung des Generals Maroto angenommen und dem Grafen Negri den Oberbefehl des Heeres übertragen. Man wußte, daß General Maroto nicht um seine Entlassung gebeten, man kannte die Intriguen und man erinnerte sich der Affaire bei Estella, wo widersprechende Ordren das Leben und die Ehre verdienstvoller Chefs gefährdet hatten. Es war ein kritischer Moment; es mußte Blutvergießen vermieden werden. Maroto war in Kenntniß

über den festen Punkt Balmaseda zu entscheiden, eigentlich aber um die Unterhandlungen mit Espartero förmlicher einzuleiten. Maroto, Eguia, Simon de la Torre, Villareal, Montenegro waren zugegen; man verhandelte die Sache unter den Augen des Königs. Balmaseda wurde aufgegeben. Die Partei der Apostolischen schlug Lärm; Maroto erließ eine Proclamation, um zu beschwichtigen. Beide Heerführer verschanzten sich in den Lagern von Amurrio und Arreta; man blieb sich kampfgerüstet gegenüber, und suchte Zeit zu gewinnen, um von Seiten Englands, Frankreichs und der Regierung von Madrid genauere Bestimmungen zu erwarten. Endlich (27 Jul.) erschien Lord John Hay, von mehreren Officieren begleitet im Hauptquartier Maroto's; man lud ihn nach Miravalles ein, wohin sich um 11 Morgens Maroto und Simon de la Torre nebst mehrern andern Oberofficieren begaben. Lord John Hay hatte eigentlich nur Vorschläge, die mehr das Materielle der Armee betrafen, zu machen. Die Frage wurde im Allgemeinen discutirt und nichts entschieden; übrigens bot der Lord sich an, die Garantien für die Privilegien der Provinzen möglichst zu sichern. Man verließ sich unbefriedigt. Espartero zog sich nach der Ebene Vitoria's; Maroto bezog die Stellungen von Arlaban; la Torre setzte sich an die Spitze der Vizcayischen Division, und blieb in Arreta zurück.

Bis jetzt war Alles nur unbestimmt und im weiten Felde; nun aber trat ein Ereigniß ein, das die bestimmtesten Folgen trug und den Schluß des Drama's beschleunigte. Durch den Einfluß Teixeiro's und seiner Helfer hatten sich in dem Thale Bastan nächst der französischen Gränze das 5te und 6te Bataillon von Navarra mit dem Schrei Muera Maroto! erhoben. Elio eilte herbei, um den Aufstand zu unterdrücken; der König selbst machte sich auf den Weg. Vom Hofe wurde dem Chef des Generalstabs der guipuscoanischen Division der Befehl ertheilt, Truppen, angeblich gegen die Aufrührer, zur Disposition des Hofs zu stellen, und der Chef des Generalstabs, vielleicht aus Plan, vielleicht aus Zufall, commandirte von allen Bataillonen starke Detaschements; die guipuscoanischen Chefs, die den Zweck des Manöuvre's im Bastan kannten, die wußten, daß es vom Hofe selbst dirigirt wurde, und deren Division sich für den Frieden und Maroto am stärksten compromittirt hatte, sahen in diesem Zerstückeln der Bataillone gefährliche Absichten; sie versammelten sich, entsetzten den Chef des Generalstabs, General Vargas, seines Amtes und schickten ihn nebst den Adjutanten des Generalstabs gefangen nach dem Hauptquartier.

Karl V ließ sich hinreißen, dem Cura Echevarria und Don Basilio eine Unterredung zuzugestehen, und in deren Folge jedes ernstliche Einschreiten gegen die aufgelehnten Bataillone zu untersagen, während gegen die guipuscoanischen Chefs die strengste Bestrafung ausgesprochen wurde. Die Nachricht von diesem Ereigniß ging wie ein Lauffeuer durch die Provinzen und das Heer; die Bewohner zitterten, denn sie sahen schon wieder im Geiste sich unter die Schreckensherrschaft Arias Teixeiro's versetzt. Die Chefs des Heeres, die sich alle in den Ereignissen von Estella bloßgestellt hatten, wären gewiß erschossen worden, sobald Teixeiro siegte. Es blieb keine Wahl. Die Guipuscoaner weigerten sich offen, ihre Chefs zu bestrafen und den dießfallsigen königlichen Ordren in dieser Beziehung zu gehorchen.

Maroto setzte sich (18 August) mit 6 Bataillonen, 2 Schwadronen, den Sapeuren und der Artillerie in Marsch, um die aufgelehnten Bataillone zur Ordnung zurückzuführen und in Navarra die Ruhe zu sichern. Auf dem Marsch erhielt man ganz unerwartet die Nachricht, daß der König sich gegen das Hauptquartier bewege. Wirklich, als die Colonne in Zumarraga ankam, war der König und die Königin bereits eingetroffen. In ihrer Begleitung befanden sich der Prinz von Asturien und der Infant Don Sebastian, die Generale Villareal, Eguia und Montenegro nebst einem zahlreichen Gefolge. Die Truppen wurden einquartirt, die Chefs zum Handkuß zugelassen. Um 3 Uhr Nachmittags hatte General Maroto eine geheime Audienz, in deren Folge ihm befohlen wurde, nicht nach Navarra zu marschiren, indem Se. Maj. selbst übernehmen wolle, die aufgelehnten Bataillone zur Pflicht zurückzubringen.

Die Feinde waren unterdessen bis Durango vorgerückt; der Graf Negri hatte sich nach Elorrio zurückgezogen, Simon de la Torre hatte die feste Stellung von Arreta aufgegeben und war mit der vizcayischen Division bis in die Gegend von Guernica zurückgegangen. Maroto vereinigte sich mit dem Grafen Negri, und die starke Position von Elgeta wurde, im Fall eines weitern Vordringens des Feindes, als Schlachtfeld bezeichnet. Das königliche Hauptquartier war in Bergara. Maroto verlegte sein Hauptquartier nach Elgeta und empfing dort (24 Aug. Abends 5 Uhr) den Christinischen General Zabala, der von Seite Espartero's officielle Vorschläge brachte. Nach diesen sollte die Basis der Unterhandlungen seyn: 1) die Anerkennung des Don Carlos als Infanten von Spanien; 2) die Genehmigung der Fueros der Provinzen und Navarra's; 3) die Garantirung der militärischen Chargen, Decorationen etc. Maroto benachrichtigte den König von dem Eintreffen des feindlichen Generals. Am nächsten Morgen (25 Aug. 11 Uhr) erschienen der König und die Königin, der Prinz von Asturien und der Infant Don Sebastian; in ihrem zahlreichen Gefolge bemerkte man den Bischof von Cuba, den Kriegsminister, die Generale Eguia, Villareal, Cabañas, Zariategui und andere höhere Officiere. General Maroto machte den König in einer langen Unterredung mit dem Inhalt der überbrachten Depeschen bekannt. Se. Maj. setzt sich in Marsch nach Elorrio und läßt die Truppen die Revue passiren. Abends (4 Uhr) kehrt der Hof nach Bergara zurück. Niemand wußte, was beschlossen war. Der König hatte nichts Bestimmtes geäußert, und nur einige Chefs gefragt, ob sie seinen Befehlen gehorchen wollten, was einen sehr üblen Eindruck machte, da noch Niemand an das Gegentheil eigentlich gedacht hatte. Maroto traf etwas später mit der castilischen Division und dem 2ten und 4ten guipuscoanischen Bataillon in Elgeta ein.

Es schlägt sechs ein halb Uhr. Der General Iturbe an der Spitze der versammelten Bataillone ruft: „Es lebe der Friede, es lebe der General Maroto!“ und wie Sturmeswehen braust es durch die Bataillone: „Friede, Friede, Friede!“ Es war geschehen, der entscheidende Schritt gethan!

Die Bataillone gehen nach Elorrio zurück, Maroto ertheilt hier den navarresischen Bataillonen und der Cavallerie den Befehl, nach ihren Provinzen zurückzukehren, und in Elgeta, zwischen dem königlichen und dem Hauptquartier der Armee, wurde eine starke Brigade eingeschoben. Der Graf Negri mit dem Generalstab befindet sich ebenfalls daselbst. Denselben Abend (8 Uhr) erhält der Commandant der Truppen in Elgeta den Befehl, mit dem Hauptcorps sich zu vereinigen. Graf Negri widersetzt sich, eine Ordre des Ministers vorschützend, worin man sagte, der König habe die Entlassung des Generals Maroto angenommen und dem Grafen Negri den Oberbefehl des Heeres übertragen. Man wußte, daß General Maroto nicht um seine Entlassung gebeten, man kannte die Intriguen und man erinnerte sich der Affaire bei Estella, wo widersprechende Ordren das Leben und die Ehre verdienstvoller Chefs gefährdet hatten. Es war ein kritischer Moment; es mußte Blutvergießen vermieden werden. Maroto war in Kenntniß

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Die Frage wurde im Allgemeinen discutirt und nichts entschieden; übrigens bot der Lord sich an, die Garantien für die Privilegien der Provinzen möglichst zu sichern. Man verließ sich unbefriedigt. Espartero zog sich nach der Ebene Vitoria's; Maroto bezog die Stellungen von Arlaban; la Torre setzte sich an die Spitze der Vizcayischen Division, und blieb in Arreta zurück. Bis jetzt war Alles nur unbestimmt und im weiten Felde; nun aber trat ein Ereigniß ein, das die bestimmtesten Folgen trug und den Schluß des Drama's beschleunigte. Durch den Einfluß Teixeiro's und seiner Helfer hatten sich in dem Thale Bastan nächst der französischen Gränze das 5te und 6te Bataillon von Navarra mit dem Schrei Muera Maroto! erhoben. Elio eilte herbei, um den Aufstand zu unterdrücken; der König selbst machte sich auf den Weg. Vom Hofe wurde dem Chef des Generalstabs der guipuscoanischen Division der Befehl ertheilt, Truppen, angeblich gegen die Aufrührer, zur Disposition des Hofs zu stellen, und der Chef des Generalstabs, vielleicht aus Plan, vielleicht aus Zufall, commandirte von allen Bataillonen starke Detaschements; die guipuscoanischen Chefs, die den Zweck des Manöuvre's im Bastan kannten, die wußten, daß es vom Hofe selbst dirigirt wurde, und deren Division sich für den Frieden und Maroto am stärksten compromittirt hatte, sahen in diesem Zerstückeln der Bataillone gefährliche Absichten; sie versammelten sich, entsetzten den Chef des Generalstabs, General Vargas, seines Amtes und schickten ihn nebst den Adjutanten des Generalstabs gefangen nach dem Hauptquartier. Karl V ließ sich hinreißen, dem Cura Echevarria und Don Basilio eine Unterredung zuzugestehen, und in deren Folge jedes ernstliche Einschreiten gegen die aufgelehnten Bataillone zu untersagen, während gegen die guipuscoanischen Chefs die strengste Bestrafung ausgesprochen wurde. Die Nachricht von diesem Ereigniß ging wie ein Lauffeuer durch die Provinzen und das Heer; die Bewohner zitterten, denn sie sahen schon wieder im Geiste sich unter die Schreckensherrschaft Arias Teixeiro's versetzt. Die Chefs des Heeres, die sich alle in den Ereignissen von Estella bloßgestellt hatten, wären gewiß erschossen worden, sobald Teixeiro siegte. Es blieb keine Wahl. Die Guipuscoaner weigerten sich offen, ihre Chefs zu bestrafen und den dießfallsigen königlichen Ordren in dieser Beziehung zu gehorchen. Maroto setzte sich (18 August) mit 6 Bataillonen, 2 Schwadronen, den Sapeuren und der Artillerie in Marsch, um die aufgelehnten Bataillone zur Ordnung zurückzuführen und in Navarra die Ruhe zu sichern. Auf dem Marsch erhielt man ganz unerwartet die Nachricht, daß der König sich gegen das Hauptquartier bewege. Wirklich, als die Colonne in Zumarraga ankam, war der König und die Königin bereits eingetroffen. In ihrer Begleitung befanden sich der Prinz von Asturien und der Infant Don Sebastian, die Generale Villareal, Eguia und Montenegro nebst einem zahlreichen Gefolge. Die Truppen wurden einquartirt, die Chefs zum Handkuß zugelassen. Um 3 Uhr Nachmittags hatte General Maroto eine geheime Audienz, in deren Folge ihm befohlen wurde, nicht nach Navarra zu marschiren, indem Se. Maj. selbst übernehmen wolle, die aufgelehnten Bataillone zur Pflicht zurückzubringen. Die Feinde waren unterdessen bis Durango vorgerückt; der Graf Negri hatte sich nach Elorrio zurückgezogen, Simon de la Torre hatte die feste Stellung von Arreta aufgegeben und war mit der vizcayischen Division bis in die Gegend von Guernica zurückgegangen. Maroto vereinigte sich mit dem Grafen Negri, und die starke Position von Elgeta wurde, im Fall eines weitern Vordringens des Feindes, als Schlachtfeld bezeichnet. Das königliche Hauptquartier war in Bergara. Maroto verlegte sein Hauptquartier nach Elgeta und empfing dort (24 Aug. Abends 5 Uhr) den Christinischen General Zabala, der von Seite Espartero's officielle Vorschläge brachte. Nach diesen sollte die Basis der Unterhandlungen seyn: 1) die Anerkennung des Don Carlos als Infanten von Spanien; 2) die Genehmigung der Fueros der Provinzen und Navarra's; 3) die Garantirung der militärischen Chargen, Decorationen etc. Maroto benachrichtigte den König von dem Eintreffen des feindlichen Generals. Am nächsten Morgen (25 Aug. 11 Uhr) erschienen der König und die Königin, der Prinz von Asturien und der Infant Don Sebastian; in ihrem zahlreichen Gefolge bemerkte man den Bischof von Cuba, den Kriegsminister, die Generale Eguia, Villareal, Cabañas, Zariategui und andere höhere Officiere. General Maroto machte den König in einer langen Unterredung mit dem Inhalt der überbrachten Depeschen bekannt. Se. Maj. setzt sich in Marsch nach Elorrio und läßt die Truppen die Revue passiren. Abends (4 Uhr) kehrt der Hof nach Bergara zurück. Niemand wußte, was beschlossen war. Der König hatte nichts Bestimmtes geäußert, und nur einige Chefs gefragt, ob sie seinen Befehlen gehorchen wollten, was einen sehr üblen Eindruck machte, da noch Niemand an das Gegentheil eigentlich gedacht hatte. Maroto traf etwas später mit der castilischen Division und dem 2ten und 4ten guipuscoanischen Bataillon in Elgeta ein. Es schlägt sechs ein halb Uhr. Der General Iturbe an der Spitze der versammelten Bataillone ruft: „Es lebe der Friede, es lebe der General Maroto!“ und wie Sturmeswehen braust es durch die Bataillone: „Friede, Friede, Friede!“ Es war geschehen, der entscheidende Schritt gethan! Die Bataillone gehen nach Elorrio zurück, Maroto ertheilt hier den navarresischen Bataillonen und der Cavallerie den Befehl, nach ihren Provinzen zurückzukehren, und in Elgeta, zwischen dem königlichen und dem Hauptquartier der Armee, wurde eine starke Brigade eingeschoben. Der Graf Negri mit dem Generalstab befindet sich ebenfalls daselbst. Denselben Abend (8 Uhr) erhält der Commandant der Truppen in Elgeta den Befehl, mit dem Hauptcorps sich zu vereinigen. Graf Negri widersetzt sich, eine Ordre des Ministers vorschützend, worin man sagte, der König habe die Entlassung des Generals Maroto angenommen und dem Grafen Negri den Oberbefehl des Heeres übertragen. Man wußte, daß General Maroto nicht um seine Entlassung gebeten, man kannte die Intriguen und man erinnerte sich der Affaire bei Estella, wo widersprechende Ordren das Leben und die Ehre verdienstvoller Chefs gefährdet hatten. Es war ein kritischer Moment; es mußte Blutvergießen vermieden werden. Maroto war in Kenntniß

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 82. Augsburg, 22. März 1840, S. 0652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_082_18400322/12>, abgerufen am 30.04.2024.