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Allgemeine Zeitung. Nr. 84. Augsburg, 24. März 1840.

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Lansdowne antwortete, die Regierung hat sich noch gar nicht darüber entschieden, ob sie in dieser Sache eine Bill vorschlagen solle, oder nicht. Nach Entgegennahme mehrerer Petitionen wurde die Sitzung aufgehoben. - Im Hause der Gemeinen übergab Hr. M. Phillips eine Petition der Handelskammer von Manchester um schleunige und gänzliche Aufhebung der Korngesetze. Zur Entkräftung der gewöhnlich zu Gunsten der Korngesetze vorgebrachten Argumente bemerkten die Bittsteller unter Anderm, jetzt werde nur noch der vierte Theil der in England fabricirten Baumwollenzeuge im Lande verbraucht, die Zeit sey also vorbei, wo man sagen könne, der einheimische Kunde sey der beste. Um aber die Kundschaft des Continents, der jetzt in der Industrie so beunruhigende Fortschritte mache, den englischen Manufacturen zu erhalten, müsse England der Kornexportation desselben mit einer billigen Reciprocität entgegen kommen. Lord Morpeth übergab ähnliche Petitionen aus York und Lancaster, deßgleichen eine aus Irland in Versen, die von der Noth des dortigen Landvolkes eine traurige Schilderung machte. Hr. Freshfield überreichte eine Petition von 757 Advocaten, welche mit Hinblick auf den Fall Hrn. Howards, des Rechtsanwaltes von Stockdale, baten, daß Anwälte, während sie gesetzlich nach der Weisung eines Gerichtshofs verfahren, vor solchen Verfolgungen geschützt seyn möchten. Ein einschlägiges Gesuch hatte Sir R. Inglis von den Eigenthümern der Toryzeitungen Times und Morning Post einzureichen. Dieselben baten, doch keine Bill anzunehmen, welche den amtlichen Druckern von Parlamentspapieren ausschließlichen Schutz gewähre, sondern diesen Schutz zugleich auf die solche parlamentarische Berichte abdruckenden Zeitungen auszudehnen, welche außerdem vor Libellklagen keine Ruhe haben würden. Der Committeebericht über die betreffende Russell'sche Bill ward eingebracht, nach einem vergeblichen Versuch Sir Ed. Sugdens, noch ein Amendement einzurücken, angenommen, und die dritte Lesung der Bill auf den 20 anberaumt. Hr. Wallace rügte es als eine Ungebühr, daß unter den Studenten der Universität Glasgow seit drei bis vier Jahren politische Clubs - ein "Peel-Club" und ein "liberaler Club" - bestehen, an denen auch mehrere Professoren Theil nehmen. Das sey eine gefährliche Unsitte für die Jugend, welche auf die Universität geschickt sey, um zu studiren, nicht aber um die Hochschule zu einer politischen Arena zu machen. Hr. Wallace schloß mit dem Antrag auf Vorlegung einiger bezüglichen Papiere. Sir J. Graham (derzeitiger Rector der Universität Glasgow) bezeichnete die Motion als eine frivole, gab jedoch zu, daß die genannten Clubs politischer Natur seyen. Sir R. Peel (früherer Rector) bemerkte, die Herren gegenüber bekümmerten sich um die politische Gesinnung der Glasgower Studenten erst, seitdem dieselbe vorwiegend conservativ geworden. Er bestreite die Motion, weil ihre Bewilligung einen gehässigen inquisitorischen Vorgang bilden würde; übrigens könnte er sich die Untersuchung wohl gefallen lassen, denn sie würde nur die große Ueberlegenheit des Peel-Club beweisen. (Beifall und Lachen von den Torybänken.) Hr. Wallace nahm seinen Antrag zurück auf den Rath Hrn. Fox Maule's, des Unterstaatssecretärs des Innern, der es jedoch gleichfalls nicht in der Ordnung fand, daß Professoren sich mit Studenten in politischen Clubs verbinden. Politik, sagte er, müsse überhaupt den Schulen fern bleiben. - Lord C. Fitzeroy wünscht die Vorlegung der Depesche des Colonialamtes an den Lord Obercommissär der jonischen Inseln vom October v. J., worin ihm die Auflösung der dortigen legislativen Versammlung befohlen worden, weil diese, gestützt auf Art. 8, Sect. 3, Cap. 6 der jonischen Verfassung, eine unabhängige Stellung vom Senat angesprochen hatte, und darüber mit diesem in Streit gerathen war. Der edle Lord erinnerte an die Wichtigkeit der jonischen Inseln für England, und behauptete, eine Versammlung von Volksrepräsentanten dürfe keinen so argwöhnischen und Argwohn erregenden Behinderungen ausgesetzt werden. Hr. Vernon Smith, Unterstaatssecretär der Colonien, entgegnete, das sey eine ganz neue Doctrin, daß eine Parlamentsauflösung als eine Handlung der Mißachtung gegen den demokratischen Theil der Legislatur zu betrachten sey. Eine Abschrift des Geheimenrathsbefehls, nach welchem die Auflösung geschehen, könne ohne Anstand mitgetheilt werden, und wolle man dann eine nähere Discussion der Sache belieben, so sey er bereit, das Verfahren der Regierung zu vertheidigen. Die Bill zur Verbesserung der Zehntenumwandlungsacte ging durch die Committee. Schon um halb 9 Uhr vertagte sich das Haus.

Lord Durham, dessen Krankheit - ein gefährlicher Anfall von Influenza - bei allen Parteien Theilnahme erregte, ist fast hergestellt, und wird zu seiner völligen Erholung einige Zeit in der angenehmen Umgebung von Putney an der Themse (Surry) wohnen.

(Times.) Nach Woolwich ist der Befehl ergangen zum schleunigen Ausbau des vor zwölf Jahren angefangenen, für 120 Kanonen gebohrten Linienschiffes Trafalgar. Es soll im Laufe des nächsten Sommers, in Gegenwart der Königin und ihres erlauchten Gemahls, vom Stapel laufen. Auch soll sogleich mit dem Bau eines großen Kriegsdampfboots von 900 Tonnen Gehalt begonnen werden.

In einigen Blättern erschien neulich die Anzeige eines Bands "Gedichte von Lord Brougham." Die Buchhandlung, welche die staatsmännischen und philosophischen Schriften des edlen und gelehrten Lords gewöhnlich verlegt, erklärt nun jene Annonce für einen "hoax" - einen schlechten Spaß.

Wie bis zur Lächerlichkeit weit der Sectenhaß in England mitunter getrieben wird, erhellt z. B. aus dem Umstand, daß der Examiner sich veranlaßt findet, die Sängerin Miß Delcy gegen die inquisitorische Anklage einiger hochkirchlichen Blätter mit der Versicherung in Schutz zu nehmen, dieselbe habe niemals in einer der katholischen Capellen von London, sondern immer nur (in majorem Dei gloriam) im Drurylane-Theater gesungen.

In New-York ging, den letzten Nachrichten zufolge, das Gerücht, General Samuel Houston, der vorige Präsident der Republik Texas, sey von einem Mitgliede des dortigen Congresses in einem Streithandel erschlagen worden.

Frankreich.

Graf St. Aulaire ist von Wien in Paris eingetroffen.

(Messager.) Der Conseilpräsident und der Minister des Innern haben sich am 18 März in den Schooß der Commission der geheimen Fonds begeben. Die Erörterung, die sich fast bis 6 Uhr verlängerte, betraf hauptsächlich die innern und äußere Angelegenheiten des Landes. Interpellirt von der Minorität der Commission über die Politik, die sie nach innen zu befolgen gesonnen wären, haben die beiden Minister nach einander sehr umständliche Erläuterungen gegeben, die sehr befriedigend schienen. (Der National fragt bei dieser Anzeige: "Für wen aber befriedigend? Etwa für die Mehrheit der Majorität des linken Centrums der Commission, oder für die Minorität der 221? oder gar für alle beide?")

Lansdowne antwortete, die Regierung hat sich noch gar nicht darüber entschieden, ob sie in dieser Sache eine Bill vorschlagen solle, oder nicht. Nach Entgegennahme mehrerer Petitionen wurde die Sitzung aufgehoben. – Im Hause der Gemeinen übergab Hr. M. Phillips eine Petition der Handelskammer von Manchester um schleunige und gänzliche Aufhebung der Korngesetze. Zur Entkräftung der gewöhnlich zu Gunsten der Korngesetze vorgebrachten Argumente bemerkten die Bittsteller unter Anderm, jetzt werde nur noch der vierte Theil der in England fabricirten Baumwollenzeuge im Lande verbraucht, die Zeit sey also vorbei, wo man sagen könne, der einheimische Kunde sey der beste. Um aber die Kundschaft des Continents, der jetzt in der Industrie so beunruhigende Fortschritte mache, den englischen Manufacturen zu erhalten, müsse England der Kornexportation desselben mit einer billigen Reciprocität entgegen kommen. Lord Morpeth übergab ähnliche Petitionen aus York und Lancaster, deßgleichen eine aus Irland in Versen, die von der Noth des dortigen Landvolkes eine traurige Schilderung machte. Hr. Freshfield überreichte eine Petition von 757 Advocaten, welche mit Hinblick auf den Fall Hrn. Howards, des Rechtsanwaltes von Stockdale, baten, daß Anwälte, während sie gesetzlich nach der Weisung eines Gerichtshofs verfahren, vor solchen Verfolgungen geschützt seyn möchten. Ein einschlägiges Gesuch hatte Sir R. Inglis von den Eigenthümern der Toryzeitungen Times und Morning Post einzureichen. Dieselben baten, doch keine Bill anzunehmen, welche den amtlichen Druckern von Parlamentspapieren ausschließlichen Schutz gewähre, sondern diesen Schutz zugleich auf die solche parlamentarische Berichte abdruckenden Zeitungen auszudehnen, welche außerdem vor Libellklagen keine Ruhe haben würden. Der Committeebericht über die betreffende Russell'sche Bill ward eingebracht, nach einem vergeblichen Versuch Sir Ed. Sugdens, noch ein Amendement einzurücken, angenommen, und die dritte Lesung der Bill auf den 20 anberaumt. Hr. Wallace rügte es als eine Ungebühr, daß unter den Studenten der Universität Glasgow seit drei bis vier Jahren politische Clubs – ein „Peel-Club“ und ein „liberaler Club“ – bestehen, an denen auch mehrere Professoren Theil nehmen. Das sey eine gefährliche Unsitte für die Jugend, welche auf die Universität geschickt sey, um zu studiren, nicht aber um die Hochschule zu einer politischen Arena zu machen. Hr. Wallace schloß mit dem Antrag auf Vorlegung einiger bezüglichen Papiere. Sir J. Graham (derzeitiger Rector der Universität Glasgow) bezeichnete die Motion als eine frivole, gab jedoch zu, daß die genannten Clubs politischer Natur seyen. Sir R. Peel (früherer Rector) bemerkte, die Herren gegenüber bekümmerten sich um die politische Gesinnung der Glasgower Studenten erst, seitdem dieselbe vorwiegend conservativ geworden. Er bestreite die Motion, weil ihre Bewilligung einen gehässigen inquisitorischen Vorgang bilden würde; übrigens könnte er sich die Untersuchung wohl gefallen lassen, denn sie würde nur die große Ueberlegenheit des Peel-Club beweisen. (Beifall und Lachen von den Torybänken.) Hr. Wallace nahm seinen Antrag zurück auf den Rath Hrn. Fox Maule's, des Unterstaatssecretärs des Innern, der es jedoch gleichfalls nicht in der Ordnung fand, daß Professoren sich mit Studenten in politischen Clubs verbinden. Politik, sagte er, müsse überhaupt den Schulen fern bleiben. – Lord C. Fitzeroy wünscht die Vorlegung der Depesche des Colonialamtes an den Lord Obercommissär der jonischen Inseln vom October v. J., worin ihm die Auflösung der dortigen legislativen Versammlung befohlen worden, weil diese, gestützt auf Art. 8, Sect. 3, Cap. 6 der jonischen Verfassung, eine unabhängige Stellung vom Senat angesprochen hatte, und darüber mit diesem in Streit gerathen war. Der edle Lord erinnerte an die Wichtigkeit der jonischen Inseln für England, und behauptete, eine Versammlung von Volksrepräsentanten dürfe keinen so argwöhnischen und Argwohn erregenden Behinderungen ausgesetzt werden. Hr. Vernon Smith, Unterstaatssecretär der Colonien, entgegnete, das sey eine ganz neue Doctrin, daß eine Parlamentsauflösung als eine Handlung der Mißachtung gegen den demokratischen Theil der Legislatur zu betrachten sey. Eine Abschrift des Geheimenrathsbefehls, nach welchem die Auflösung geschehen, könne ohne Anstand mitgetheilt werden, und wolle man dann eine nähere Discussion der Sache belieben, so sey er bereit, das Verfahren der Regierung zu vertheidigen. Die Bill zur Verbesserung der Zehntenumwandlungsacte ging durch die Committee. Schon um halb 9 Uhr vertagte sich das Haus.

Lord Durham, dessen Krankheit – ein gefährlicher Anfall von Influenza – bei allen Parteien Theilnahme erregte, ist fast hergestellt, und wird zu seiner völligen Erholung einige Zeit in der angenehmen Umgebung von Putney an der Themse (Surry) wohnen.

(Times.) Nach Woolwich ist der Befehl ergangen zum schleunigen Ausbau des vor zwölf Jahren angefangenen, für 120 Kanonen gebohrten Linienschiffes Trafalgar. Es soll im Laufe des nächsten Sommers, in Gegenwart der Königin und ihres erlauchten Gemahls, vom Stapel laufen. Auch soll sogleich mit dem Bau eines großen Kriegsdampfboots von 900 Tonnen Gehalt begonnen werden.

In einigen Blättern erschien neulich die Anzeige eines Bands „Gedichte von Lord Brougham.“ Die Buchhandlung, welche die staatsmännischen und philosophischen Schriften des edlen und gelehrten Lords gewöhnlich verlegt, erklärt nun jene Annonce für einen „hoax“ – einen schlechten Spaß.

Wie bis zur Lächerlichkeit weit der Sectenhaß in England mitunter getrieben wird, erhellt z. B. aus dem Umstand, daß der Examiner sich veranlaßt findet, die Sängerin Miß Delcy gegen die inquisitorische Anklage einiger hochkirchlichen Blätter mit der Versicherung in Schutz zu nehmen, dieselbe habe niemals in einer der katholischen Capellen von London, sondern immer nur (in majorem Dei gloriam) im Drurylane-Theater gesungen.

In New-York ging, den letzten Nachrichten zufolge, das Gerücht, General Samuel Houston, der vorige Präsident der Republik Texas, sey von einem Mitgliede des dortigen Congresses in einem Streithandel erschlagen worden.

Frankreich.

Graf St. Aulaire ist von Wien in Paris eingetroffen.

(Messager.) Der Conseilpräsident und der Minister des Innern haben sich am 18 März in den Schooß der Commission der geheimen Fonds begeben. Die Erörterung, die sich fast bis 6 Uhr verlängerte, betraf hauptsächlich die innern und äußere Angelegenheiten des Landes. Interpellirt von der Minorität der Commission über die Politik, die sie nach innen zu befolgen gesonnen wären, haben die beiden Minister nach einander sehr umständliche Erläuterungen gegeben, die sehr befriedigend schienen. (Der National fragt bei dieser Anzeige: „Für wen aber befriedigend? Etwa für die Mehrheit der Majorität des linken Centrums der Commission, oder für die Minorität der 221? oder gar für alle beide?“)

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[0666/0002] Lansdowne antwortete, die Regierung hat sich noch gar nicht darüber entschieden, ob sie in dieser Sache eine Bill vorschlagen solle, oder nicht. Nach Entgegennahme mehrerer Petitionen wurde die Sitzung aufgehoben. – Im Hause der Gemeinen übergab Hr. M. Phillips eine Petition der Handelskammer von Manchester um schleunige und gänzliche Aufhebung der Korngesetze. Zur Entkräftung der gewöhnlich zu Gunsten der Korngesetze vorgebrachten Argumente bemerkten die Bittsteller unter Anderm, jetzt werde nur noch der vierte Theil der in England fabricirten Baumwollenzeuge im Lande verbraucht, die Zeit sey also vorbei, wo man sagen könne, der einheimische Kunde sey der beste. Um aber die Kundschaft des Continents, der jetzt in der Industrie so beunruhigende Fortschritte mache, den englischen Manufacturen zu erhalten, müsse England der Kornexportation desselben mit einer billigen Reciprocität entgegen kommen. Lord Morpeth übergab ähnliche Petitionen aus York und Lancaster, deßgleichen eine aus Irland in Versen, die von der Noth des dortigen Landvolkes eine traurige Schilderung machte. Hr. Freshfield überreichte eine Petition von 757 Advocaten, welche mit Hinblick auf den Fall Hrn. Howards, des Rechtsanwaltes von Stockdale, baten, daß Anwälte, während sie gesetzlich nach der Weisung eines Gerichtshofs verfahren, vor solchen Verfolgungen geschützt seyn möchten. Ein einschlägiges Gesuch hatte Sir R. Inglis von den Eigenthümern der Toryzeitungen Times und Morning Post einzureichen. Dieselben baten, doch keine Bill anzunehmen, welche den amtlichen Druckern von Parlamentspapieren ausschließlichen Schutz gewähre, sondern diesen Schutz zugleich auf die solche parlamentarische Berichte abdruckenden Zeitungen auszudehnen, welche außerdem vor Libellklagen keine Ruhe haben würden. Der Committeebericht über die betreffende Russell'sche Bill ward eingebracht, nach einem vergeblichen Versuch Sir Ed. Sugdens, noch ein Amendement einzurücken, angenommen, und die dritte Lesung der Bill auf den 20 anberaumt. Hr. Wallace rügte es als eine Ungebühr, daß unter den Studenten der Universität Glasgow seit drei bis vier Jahren politische Clubs – ein „Peel-Club“ und ein „liberaler Club“ – bestehen, an denen auch mehrere Professoren Theil nehmen. Das sey eine gefährliche Unsitte für die Jugend, welche auf die Universität geschickt sey, um zu studiren, nicht aber um die Hochschule zu einer politischen Arena zu machen. Hr. Wallace schloß mit dem Antrag auf Vorlegung einiger bezüglichen Papiere. Sir J. Graham (derzeitiger Rector der Universität Glasgow) bezeichnete die Motion als eine frivole, gab jedoch zu, daß die genannten Clubs politischer Natur seyen. Sir R. Peel (früherer Rector) bemerkte, die Herren gegenüber bekümmerten sich um die politische Gesinnung der Glasgower Studenten erst, seitdem dieselbe vorwiegend conservativ geworden. Er bestreite die Motion, weil ihre Bewilligung einen gehässigen inquisitorischen Vorgang bilden würde; übrigens könnte er sich die Untersuchung wohl gefallen lassen, denn sie würde nur die große Ueberlegenheit des Peel-Club beweisen. (Beifall und Lachen von den Torybänken.) Hr. Wallace nahm seinen Antrag zurück auf den Rath Hrn. Fox Maule's, des Unterstaatssecretärs des Innern, der es jedoch gleichfalls nicht in der Ordnung fand, daß Professoren sich mit Studenten in politischen Clubs verbinden. Politik, sagte er, müsse überhaupt den Schulen fern bleiben. – Lord C. Fitzeroy wünscht die Vorlegung der Depesche des Colonialamtes an den Lord Obercommissär der jonischen Inseln vom October v. J., worin ihm die Auflösung der dortigen legislativen Versammlung befohlen worden, weil diese, gestützt auf Art. 8, Sect. 3, Cap. 6 der jonischen Verfassung, eine unabhängige Stellung vom Senat angesprochen hatte, und darüber mit diesem in Streit gerathen war. Der edle Lord erinnerte an die Wichtigkeit der jonischen Inseln für England, und behauptete, eine Versammlung von Volksrepräsentanten dürfe keinen so argwöhnischen und Argwohn erregenden Behinderungen ausgesetzt werden. Hr. Vernon Smith, Unterstaatssecretär der Colonien, entgegnete, das sey eine ganz neue Doctrin, daß eine Parlamentsauflösung als eine Handlung der Mißachtung gegen den demokratischen Theil der Legislatur zu betrachten sey. Eine Abschrift des Geheimenrathsbefehls, nach welchem die Auflösung geschehen, könne ohne Anstand mitgetheilt werden, und wolle man dann eine nähere Discussion der Sache belieben, so sey er bereit, das Verfahren der Regierung zu vertheidigen. Die Bill zur Verbesserung der Zehntenumwandlungsacte ging durch die Committee. Schon um halb 9 Uhr vertagte sich das Haus. Lord Durham, dessen Krankheit – ein gefährlicher Anfall von Influenza – bei allen Parteien Theilnahme erregte, ist fast hergestellt, und wird zu seiner völligen Erholung einige Zeit in der angenehmen Umgebung von Putney an der Themse (Surry) wohnen. (Times.) Nach Woolwich ist der Befehl ergangen zum schleunigen Ausbau des vor zwölf Jahren angefangenen, für 120 Kanonen gebohrten Linienschiffes Trafalgar. Es soll im Laufe des nächsten Sommers, in Gegenwart der Königin und ihres erlauchten Gemahls, vom Stapel laufen. Auch soll sogleich mit dem Bau eines großen Kriegsdampfboots von 900 Tonnen Gehalt begonnen werden. In einigen Blättern erschien neulich die Anzeige eines Bands „Gedichte von Lord Brougham.“ Die Buchhandlung, welche die staatsmännischen und philosophischen Schriften des edlen und gelehrten Lords gewöhnlich verlegt, erklärt nun jene Annonce für einen „hoax“ – einen schlechten Spaß. Wie bis zur Lächerlichkeit weit der Sectenhaß in England mitunter getrieben wird, erhellt z. B. aus dem Umstand, daß der Examiner sich veranlaßt findet, die Sängerin Miß Delcy gegen die inquisitorische Anklage einiger hochkirchlichen Blätter mit der Versicherung in Schutz zu nehmen, dieselbe habe niemals in einer der katholischen Capellen von London, sondern immer nur (in majorem Dei gloriam) im Drurylane-Theater gesungen. In New-York ging, den letzten Nachrichten zufolge, das Gerücht, General Samuel Houston, der vorige Präsident der Republik Texas, sey von einem Mitgliede des dortigen Congresses in einem Streithandel erschlagen worden. Frankreich. _ Paris, 19 März. Graf St. Aulaire ist von Wien in Paris eingetroffen. (Messager.) Der Conseilpräsident und der Minister des Innern haben sich am 18 März in den Schooß der Commission der geheimen Fonds begeben. Die Erörterung, die sich fast bis 6 Uhr verlängerte, betraf hauptsächlich die innern und äußere Angelegenheiten des Landes. Interpellirt von der Minorität der Commission über die Politik, die sie nach innen zu befolgen gesonnen wären, haben die beiden Minister nach einander sehr umständliche Erläuterungen gegeben, die sehr befriedigend schienen. (Der National fragt bei dieser Anzeige: „Für wen aber befriedigend? Etwa für die Mehrheit der Majorität des linken Centrums der Commission, oder für die Minorität der 221? oder gar für alle beide?“)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 84. Augsburg, 24. März 1840, S. 0666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_084_18400324/2>, abgerufen am 28.04.2024.