Allgemeine Zeitung. Nr. 91. Augsburg, 31. März 1840.sey, irgend eine Aenderung der Korngesetze zu unterstützen. Lord Melbourne: "Ich bin allerdings noch derselben Meinung, die ich in voriger Session ausgesprochen, nämlich daß es unweise, im höchsten Grad unklug seyn würde, die Korngesetze ganz aufzuheben. (Hört!) Zugleich reservire ich mir aber meine Ansicht hinsichtlich etwaniger Modificationen der bestehenden Gesetze, welche künftighin als geeignet oder nützlich erscheinen möchten. Noch einmal, ich behaupte ganz meine frühere Meinung, und die Regierung, als Regierung, hat sicherlich nicht die Absicht, irgend eine Motion zur Aufhebung oder Veränderung der Korngesetze einzubringen oder zu unterstützen." (Hört! hört!) Die Vaccinationsbill wurde zum drittenmal gelesen und angenommen. Lord Duncannon legte mehrere auf Canada bezügliche Papiere vor, darunter die von der obercanadischen Legislatur angenommene Acte über Verkauf der dem Clerus reservirten Ländereien. Der Erzbischof von Canterbury machte über dieses Gesetz einige ungünstige Bemerkungen. Es ist dieß ein Punkt, der, nach einer Aeußerung Peels im Unterhaus, retardirend auf die Unionsbill einwirken dürfte. In der Oberhaussitzung am 24 März richtete Graf Aberdeen an den Premier einige Fragen über die Wirksamkeit des englischen Handelsvertrags mit Oesterreich, dessen Stipulationen zum Theil, behauptete er, von Seite der brittischen Regierung nicht ganz redlich vollzogen würden. Lord Melbourne antwortete, die berührten Punkte dieses Vertrags involvirten eine Verletzung der Navigationsgesetze, woraus sich im Vollzug des Tractats einige Schwierigkeiten ergeben. (M. Chronicle.) In der City geht das Gerücht, der Schatzkanzler habe den Plan, die bestehenden Steuern des Landes um 5 Proc. zu erhöhen, was ein Mehreinkommen von unfähr 2,000,000 Pf. St. ergeben würde. Auf diese Weise, glaubt man, werde die Regierung mit Hülfe der Bank - ohne eine besondere neue Steuer - im Stande sey, die vermehrten Staatsausgaben zu decken. Für das Fürstenthum Wales soll, heißt es, ein eigener Ritterorden gegründet werden, wie dergleichen für Irland und Schottland bestehen. Am 19 März präsidirte der Herzog von Sussex in der Freimaurer-Taberne einer Versammlung der "Freunde der religiösen Freiheit." Der Grundsatz dieses Vereins ist das in den Vereinigten Staaten von Nordamerika geltende Freiwilligkeitsprincip (voluntary principle), demgemäß jede Kirchengemeinde ihre Bedürfnisse selbst zu decken hat. Diesem Grundsatz zufolge wurden von der Versammlung mehrere Beschlüsse gefaßt gegen den von Seite der Tories nächstens im Parlament zu erwartenden Antrag, daß das Kirchenwesen ausgedehnt, und die Staatskirche zunächst im Bau neuer Gotteshäuser unterstützt werden soll. Der Herzog von Sussex sprach sich insbesondere für Aufhebung des aristokratischen Systems eigener Kirchenstühle aus. (Naval and Military Gazette.) Wir erfahren aus Gibraltar, daß die Franzosen im Begriff stehen, eine Escadre und Truppen nach Tanger zu senden, da der Kaiser von Marokko die entschiedene Absicht kund gegeben hat, gemeinsame Sache mit dem Emir gegen sie auf dem Gebiete von Algier zu machen. Die Consuln und andere Christen längs der Küste von Marokko sind in großer Unruhe, da die Moslems eine große Aufregung gegen sie an den Tag legen. Sollten die Franzosen Tanger besetzen, was sie leicht thun können, und es behalten, was sie ohne Zweifel thun wollen, wenn wir es zulassen, dann werden wir uns nicht mehr rühmen können, den Eingang ins Mittelmeer zu beherrschen. Der M. Herald will wissen, Lord Stuart de Decies (vormals Hr. Villiers Stuart) und ein irischer Richter, dessen Name nicht genannt wird, seyen zur katholischen Religion übergetreten. Es ist im Werk, unter dem Namen "Sanatorium" in London eine umfassende Heilanstalt zu gründen, deren Grundzüge Dr. Southword Smith entworfen hat. Frankreich. Paris, 26 März. Die 7te Kammer des Tribunals der Zuchtpolizei hat endlich nach mehrfachen, seit länger als einem Jahre erfolgten Vertagungen am 24 März ihr Urtheil in dem Processe der HH. Perier Söhne gegen die Europe monarchique, den National und den Corsaire gefällt. Die Europe monarchique und der National wurden zu 1000 Fr., der Corsaire zu 500 Fr. Geldbuße, und alle drei Journale zu allen Kosten und zur Einrückung des Urtheils in alle Pariser Journale verurtheilt. Die HH. Perier hatten für alle Kosten und Schaden von jedem der Journale eine Entschädigung von 100,000 Fr. verlangt. Das erstere Journal ward verurtheilt, weil es einen Umstand publicirt hatte, welcher das Andenken des Hrn. Perier Vater antaste; die zwei andern wegen Wiederholung desselben Artikels. Schluß der Rede des Hrn. Thiers in der Deputirtenkammer am 24 März. "Man sagt, das Cabinet habe mysteriöse Verträge, es wolle die Staatsgewalt dem Einflusse der alten Opposition preisgeben. Meine Herren, ich habe keine andern Verträge als diejenigen, die aus meinen Worten hervorgehen werden, den Worten, die ich gesagt habe, und noch sagen werde. Ich habe nur mir selbst und meinen Collegen etwas versprochen, ich habe versprochen, immer bei der Wahrheit zu bleiben, dabei muthig und kühn zu verharren, wie schwer dieß auch seyn möchte, und wenn ich auch morgen fallen sollte. (Beifall.) Ich habe die Unterstützung der alten Opposition, und danke ihr dafür; wenn sie mir diese gewährt, so will ich Ihnen sagen, unter welchen Bedingungen - Bedingungen, die Sie alle kennen. Als ich zur Staatsgewalt gehörte, hat man mich grausam, schmerzlich verletzend angegriffen, weil man glaubte, daß ich die Interessen meines Vaterlandes geopfert habe. Die Depeschen, die ich damals abgehen ließ, konnten Jedermann bekannt werden; sie wurden veröffentlicht. Man hat gesehen, daß ich, unter der Last von Verleumdungen aller Art, die Interessen meines Vaterlandes, ohne Geräusch, ohne Prunksucht vertheidigte, und daß ich da, wo ich die Interessen für compromittirt hielt, nachzugeben mich weigerte. (Bewegung.) An dem Tage, wo mich das Vertrauen des Königs zu verlassen schien, bin ich von der Staatsgewalt ausgetreten. Ich habe dreimal den Wiedereintritt abgelehnt, weil ich nicht bloß dem Buchstaben der Repräsentativregierung, sondern ihrem wahren Geiste gehorchen wollte. Ich dachte, man sey kein wahrhaft parlamentarischer Staatsmann, wenn man nicht die Kraft habe, seinen Ueberzeugungen zu folgen, von der Staatsgewalt mit ihnen auszutreten, und mit ihnen dahin wieder zurückzukehren. Dieß war die Ursache meiner Sympathien mit der Opposition. Ich habe auch noch ein anderes Motiv des Wohlwollens gegen sie. Soll ich es aussprechen? Ich hege kein Vorurtheil gegen irgend eine Partei. Vielleicht verletzt Sie, was ich Ihnen sagen werde. Ich glaube, es gibt hier keine Partei, die ausschließlich der Ordnung, keine, die nur der Unordnung ergeben wäre; ich glaube, es gibt hier nur Männer, welche die Ordnung wollen, sie aber auf verschiedene Art verstehen. Ich glaube, daß es zwischen beiden Parteien keine bestimmte Schranke gibt, und wenn Sie eine solche Schranke setzen wollen, würden Sie in den Fehler verfallen, der die Restauration sey, irgend eine Aenderung der Korngesetze zu unterstützen. Lord Melbourne: „Ich bin allerdings noch derselben Meinung, die ich in voriger Session ausgesprochen, nämlich daß es unweise, im höchsten Grad unklug seyn würde, die Korngesetze ganz aufzuheben. (Hört!) Zugleich reservire ich mir aber meine Ansicht hinsichtlich etwaniger Modificationen der bestehenden Gesetze, welche künftighin als geeignet oder nützlich erscheinen möchten. Noch einmal, ich behaupte ganz meine frühere Meinung, und die Regierung, als Regierung, hat sicherlich nicht die Absicht, irgend eine Motion zur Aufhebung oder Veränderung der Korngesetze einzubringen oder zu unterstützen.“ (Hört! hört!) Die Vaccinationsbill wurde zum drittenmal gelesen und angenommen. Lord Duncannon legte mehrere auf Canada bezügliche Papiere vor, darunter die von der obercanadischen Legislatur angenommene Acte über Verkauf der dem Clerus reservirten Ländereien. Der Erzbischof von Canterbury machte über dieses Gesetz einige ungünstige Bemerkungen. Es ist dieß ein Punkt, der, nach einer Aeußerung Peels im Unterhaus, retardirend auf die Unionsbill einwirken dürfte. In der Oberhaussitzung am 24 März richtete Graf Aberdeen an den Premier einige Fragen über die Wirksamkeit des englischen Handelsvertrags mit Oesterreich, dessen Stipulationen zum Theil, behauptete er, von Seite der brittischen Regierung nicht ganz redlich vollzogen würden. Lord Melbourne antwortete, die berührten Punkte dieses Vertrags involvirten eine Verletzung der Navigationsgesetze, woraus sich im Vollzug des Tractats einige Schwierigkeiten ergeben. (M. Chronicle.) In der City geht das Gerücht, der Schatzkanzler habe den Plan, die bestehenden Steuern des Landes um 5 Proc. zu erhöhen, was ein Mehreinkommen von unfähr 2,000,000 Pf. St. ergeben würde. Auf diese Weise, glaubt man, werde die Regierung mit Hülfe der Bank – ohne eine besondere neue Steuer – im Stande sey, die vermehrten Staatsausgaben zu decken. Für das Fürstenthum Wales soll, heißt es, ein eigener Ritterorden gegründet werden, wie dergleichen für Irland und Schottland bestehen. Am 19 März präsidirte der Herzog von Sussex in der Freimaurer-Taberne einer Versammlung der „Freunde der religiösen Freiheit.“ Der Grundsatz dieses Vereins ist das in den Vereinigten Staaten von Nordamerika geltende Freiwilligkeitsprincip (voluntary principle), demgemäß jede Kirchengemeinde ihre Bedürfnisse selbst zu decken hat. Diesem Grundsatz zufolge wurden von der Versammlung mehrere Beschlüsse gefaßt gegen den von Seite der Tories nächstens im Parlament zu erwartenden Antrag, daß das Kirchenwesen ausgedehnt, und die Staatskirche zunächst im Bau neuer Gotteshäuser unterstützt werden soll. Der Herzog von Sussex sprach sich insbesondere für Aufhebung des aristokratischen Systems eigener Kirchenstühle aus. (Naval and Military Gazette.) Wir erfahren aus Gibraltar, daß die Franzosen im Begriff stehen, eine Escadre und Truppen nach Tanger zu senden, da der Kaiser von Marokko die entschiedene Absicht kund gegeben hat, gemeinsame Sache mit dem Emir gegen sie auf dem Gebiete von Algier zu machen. Die Consuln und andere Christen längs der Küste von Marokko sind in großer Unruhe, da die Moslems eine große Aufregung gegen sie an den Tag legen. Sollten die Franzosen Tanger besetzen, was sie leicht thun können, und es behalten, was sie ohne Zweifel thun wollen, wenn wir es zulassen, dann werden wir uns nicht mehr rühmen können, den Eingang ins Mittelmeer zu beherrschen. Der M. Herald will wissen, Lord Stuart de Decies (vormals Hr. Villiers Stuart) und ein irischer Richter, dessen Name nicht genannt wird, seyen zur katholischen Religion übergetreten. Es ist im Werk, unter dem Namen „Sanatorium“ in London eine umfassende Heilanstalt zu gründen, deren Grundzüge Dr. Southword Smith entworfen hat. Frankreich. Paris, 26 März. Die 7te Kammer des Tribunals der Zuchtpolizei hat endlich nach mehrfachen, seit länger als einem Jahre erfolgten Vertagungen am 24 März ihr Urtheil in dem Processe der HH. Perier Söhne gegen die Europe monarchique, den National und den Corsaire gefällt. Die Europe monarchique und der National wurden zu 1000 Fr., der Corsaire zu 500 Fr. Geldbuße, und alle drei Journale zu allen Kosten und zur Einrückung des Urtheils in alle Pariser Journale verurtheilt. Die HH. Perier hatten für alle Kosten und Schaden von jedem der Journale eine Entschädigung von 100,000 Fr. verlangt. Das erstere Journal ward verurtheilt, weil es einen Umstand publicirt hatte, welcher das Andenken des Hrn. Perier Vater antaste; die zwei andern wegen Wiederholung desselben Artikels. Schluß der Rede des Hrn. Thiers in der Deputirtenkammer am 24 März. „Man sagt, das Cabinet habe mysteriöse Verträge, es wolle die Staatsgewalt dem Einflusse der alten Opposition preisgeben. Meine Herren, ich habe keine andern Verträge als diejenigen, die aus meinen Worten hervorgehen werden, den Worten, die ich gesagt habe, und noch sagen werde. Ich habe nur mir selbst und meinen Collegen etwas versprochen, ich habe versprochen, immer bei der Wahrheit zu bleiben, dabei muthig und kühn zu verharren, wie schwer dieß auch seyn möchte, und wenn ich auch morgen fallen sollte. (Beifall.) Ich habe die Unterstützung der alten Opposition, und danke ihr dafür; wenn sie mir diese gewährt, so will ich Ihnen sagen, unter welchen Bedingungen – Bedingungen, die Sie alle kennen. Als ich zur Staatsgewalt gehörte, hat man mich grausam, schmerzlich verletzend angegriffen, weil man glaubte, daß ich die Interessen meines Vaterlandes geopfert habe. Die Depeschen, die ich damals abgehen ließ, konnten Jedermann bekannt werden; sie wurden veröffentlicht. Man hat gesehen, daß ich, unter der Last von Verleumdungen aller Art, die Interessen meines Vaterlandes, ohne Geräusch, ohne Prunksucht vertheidigte, und daß ich da, wo ich die Interessen für compromittirt hielt, nachzugeben mich weigerte. (Bewegung.) An dem Tage, wo mich das Vertrauen des Königs zu verlassen schien, bin ich von der Staatsgewalt ausgetreten. Ich habe dreimal den Wiedereintritt abgelehnt, weil ich nicht bloß dem Buchstaben der Repräsentativregierung, sondern ihrem wahren Geiste gehorchen wollte. Ich dachte, man sey kein wahrhaft parlamentarischer Staatsmann, wenn man nicht die Kraft habe, seinen Ueberzeugungen zu folgen, von der Staatsgewalt mit ihnen auszutreten, und mit ihnen dahin wieder zurückzukehren. Dieß war die Ursache meiner Sympathien mit der Opposition. Ich habe auch noch ein anderes Motiv des Wohlwollens gegen sie. Soll ich es aussprechen? Ich hege kein Vorurtheil gegen irgend eine Partei. Vielleicht verletzt Sie, was ich Ihnen sagen werde. Ich glaube, es gibt hier keine Partei, die ausschließlich der Ordnung, keine, die nur der Unordnung ergeben wäre; ich glaube, es gibt hier nur Männer, welche die Ordnung wollen, sie aber auf verschiedene Art verstehen. Ich glaube, daß es zwischen beiden Parteien keine bestimmte Schranke gibt, und wenn Sie eine solche Schranke setzen wollen, würden Sie in den Fehler verfallen, der die Restauration <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0002" n="0722"/> sey, irgend eine Aenderung der Korngesetze zu unterstützen. Lord <hi rendition="#g">Melbourne</hi>: „Ich bin allerdings noch derselben Meinung, die ich in voriger Session ausgesprochen, nämlich daß es <hi rendition="#g">unweise</hi>, <hi rendition="#g">im höchsten Grad unklug seyn würde</hi>, <hi rendition="#g">die Korngesetze ganz aufzuheben</hi>. (Hört!) 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Ich habe die Unterstützung der alten Opposition, und danke ihr dafür; wenn sie mir diese gewährt, so will ich Ihnen sagen, unter welchen Bedingungen – Bedingungen, die Sie alle kennen. Als ich zur Staatsgewalt gehörte, hat man mich grausam, schmerzlich verletzend angegriffen, weil man glaubte, daß ich die Interessen meines Vaterlandes geopfert habe. Die Depeschen, die ich damals abgehen ließ, konnten Jedermann bekannt werden; sie wurden veröffentlicht. Man hat gesehen, daß ich, unter der Last von Verleumdungen aller Art, die Interessen meines Vaterlandes, ohne Geräusch, ohne Prunksucht vertheidigte, und daß ich da, wo ich die Interessen für compromittirt hielt, nachzugeben mich weigerte. (Bewegung.) An dem Tage, wo mich das Vertrauen des Königs zu verlassen schien, bin ich von der Staatsgewalt ausgetreten. Ich habe dreimal den Wiedereintritt abgelehnt, weil ich nicht bloß dem Buchstaben der Repräsentativregierung, sondern ihrem wahren Geiste gehorchen wollte. Ich dachte, man sey kein wahrhaft parlamentarischer Staatsmann, wenn man nicht die Kraft habe, seinen Ueberzeugungen zu folgen, von der Staatsgewalt mit ihnen auszutreten, und mit ihnen dahin wieder zurückzukehren. Dieß war die Ursache meiner Sympathien mit der Opposition. Ich habe auch noch ein anderes Motiv des Wohlwollens gegen sie. Soll ich es aussprechen? Ich hege kein Vorurtheil gegen irgend eine Partei. Vielleicht verletzt Sie, was ich Ihnen sagen werde. Ich glaube, es gibt hier keine Partei, die ausschließlich der Ordnung, keine, die nur der Unordnung ergeben wäre; ich glaube, es gibt hier nur Männer, welche die Ordnung wollen, sie aber auf verschiedene Art verstehen. Ich glaube, daß es zwischen beiden Parteien keine bestimmte Schranke gibt, und wenn Sie eine solche Schranke setzen wollen, würden Sie in den Fehler verfallen, der die Restauration<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0722/0002]
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In der Oberhaussitzung am 24 März richtete Graf Aberdeen an den Premier einige Fragen über die Wirksamkeit des englischen Handelsvertrags mit Oesterreich, dessen Stipulationen zum Theil, behauptete er, von Seite der brittischen Regierung nicht ganz redlich vollzogen würden. Lord Melbourne antwortete, die berührten Punkte dieses Vertrags involvirten eine Verletzung der Navigationsgesetze, woraus sich im Vollzug des Tractats einige Schwierigkeiten ergeben.
(M. Chronicle.) In der City geht das Gerücht, der Schatzkanzler habe den Plan, die bestehenden Steuern des Landes um 5 Proc. zu erhöhen, was ein Mehreinkommen von unfähr 2,000,000 Pf. St. ergeben würde. Auf diese Weise, glaubt man, werde die Regierung mit Hülfe der Bank – ohne eine besondere neue Steuer – im Stande sey, die vermehrten Staatsausgaben zu decken.
Für das Fürstenthum Wales soll, heißt es, ein eigener Ritterorden gegründet werden, wie dergleichen für Irland und Schottland bestehen.
Am 19 März präsidirte der Herzog von Sussex in der Freimaurer-Taberne einer Versammlung der „Freunde der religiösen Freiheit.“ Der Grundsatz dieses Vereins ist das in den Vereinigten Staaten von Nordamerika geltende Freiwilligkeitsprincip (voluntary principle), demgemäß jede Kirchengemeinde ihre Bedürfnisse selbst zu decken hat. Diesem Grundsatz zufolge wurden von der Versammlung mehrere Beschlüsse gefaßt gegen den von Seite der Tories nächstens im Parlament zu erwartenden Antrag, daß das Kirchenwesen ausgedehnt, und die Staatskirche zunächst im Bau neuer Gotteshäuser unterstützt werden soll. Der Herzog von Sussex sprach sich insbesondere für Aufhebung des aristokratischen Systems eigener Kirchenstühle aus.
(Naval and Military Gazette.) Wir erfahren aus Gibraltar, daß die Franzosen im Begriff stehen, eine Escadre und Truppen nach Tanger zu senden, da der Kaiser von Marokko die entschiedene Absicht kund gegeben hat, gemeinsame Sache mit dem Emir gegen sie auf dem Gebiete von Algier zu machen. Die Consuln und andere Christen längs der Küste von Marokko sind in großer Unruhe, da die Moslems eine große Aufregung gegen sie an den Tag legen. Sollten die Franzosen Tanger besetzen, was sie leicht thun können, und es behalten, was sie ohne Zweifel thun wollen, wenn wir es zulassen, dann werden wir uns nicht mehr rühmen können, den Eingang ins Mittelmeer zu beherrschen.
Der M. Herald will wissen, Lord Stuart de Decies (vormals Hr. Villiers Stuart) und ein irischer Richter, dessen Name nicht genannt wird, seyen zur katholischen Religion übergetreten.
Es ist im Werk, unter dem Namen „Sanatorium“ in London eine umfassende Heilanstalt zu gründen, deren Grundzüge Dr. Southword Smith entworfen hat.
Frankreich.
_ Paris, 26 März.
Die 7te Kammer des Tribunals der Zuchtpolizei hat endlich nach mehrfachen, seit länger als einem Jahre erfolgten Vertagungen am 24 März ihr Urtheil in dem Processe der HH. Perier Söhne gegen die Europe monarchique, den National und den Corsaire gefällt. Die Europe monarchique und der National wurden zu 1000 Fr., der Corsaire zu 500 Fr. Geldbuße, und alle drei Journale zu allen Kosten und zur Einrückung des Urtheils in alle Pariser Journale verurtheilt. Die HH. Perier hatten für alle Kosten und Schaden von jedem der Journale eine Entschädigung von 100,000 Fr. verlangt. Das erstere Journal ward verurtheilt, weil es einen Umstand publicirt hatte, welcher das Andenken des Hrn. Perier Vater antaste; die zwei andern wegen Wiederholung desselben Artikels.
Schluß der Rede des Hrn. Thiers in der Deputirtenkammer am 24 März.
„Man sagt, das Cabinet habe mysteriöse Verträge, es wolle die Staatsgewalt dem Einflusse der alten Opposition preisgeben. Meine Herren, ich habe keine andern Verträge als diejenigen, die aus meinen Worten hervorgehen werden, den Worten, die ich gesagt habe, und noch sagen werde. Ich habe nur mir selbst und meinen Collegen etwas versprochen, ich habe versprochen, immer bei der Wahrheit zu bleiben, dabei muthig und kühn zu verharren, wie schwer dieß auch seyn möchte, und wenn ich auch morgen fallen sollte. (Beifall.) Ich habe die Unterstützung der alten Opposition, und danke ihr dafür; wenn sie mir diese gewährt, so will ich Ihnen sagen, unter welchen Bedingungen – Bedingungen, die Sie alle kennen. Als ich zur Staatsgewalt gehörte, hat man mich grausam, schmerzlich verletzend angegriffen, weil man glaubte, daß ich die Interessen meines Vaterlandes geopfert habe. Die Depeschen, die ich damals abgehen ließ, konnten Jedermann bekannt werden; sie wurden veröffentlicht. Man hat gesehen, daß ich, unter der Last von Verleumdungen aller Art, die Interessen meines Vaterlandes, ohne Geräusch, ohne Prunksucht vertheidigte, und daß ich da, wo ich die Interessen für compromittirt hielt, nachzugeben mich weigerte. (Bewegung.) An dem Tage, wo mich das Vertrauen des Königs zu verlassen schien, bin ich von der Staatsgewalt ausgetreten. Ich habe dreimal den Wiedereintritt abgelehnt, weil ich nicht bloß dem Buchstaben der Repräsentativregierung, sondern ihrem wahren Geiste gehorchen wollte. Ich dachte, man sey kein wahrhaft parlamentarischer Staatsmann, wenn man nicht die Kraft habe, seinen Ueberzeugungen zu folgen, von der Staatsgewalt mit ihnen auszutreten, und mit ihnen dahin wieder zurückzukehren. Dieß war die Ursache meiner Sympathien mit der Opposition. Ich habe auch noch ein anderes Motiv des Wohlwollens gegen sie. Soll ich es aussprechen? Ich hege kein Vorurtheil gegen irgend eine Partei. Vielleicht verletzt Sie, was ich Ihnen sagen werde. Ich glaube, es gibt hier keine Partei, die ausschließlich der Ordnung, keine, die nur der Unordnung ergeben wäre; ich glaube, es gibt hier nur Männer, welche die Ordnung wollen, sie aber auf verschiedene Art verstehen. Ich glaube, daß es zwischen beiden Parteien keine bestimmte Schranke gibt, und wenn Sie eine solche Schranke setzen wollen, würden Sie in den Fehler verfallen, der die Restauration
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