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Allgemeine Zeitung. Nr. 96. Augsburg, 5. April 1840.

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gewesen, und es bei den großen Distanzen in Rußland keine kleine Aufgabe sey, Vorkehrungen zu treffen, die ein Unternehmen wie der Marsch nach Chiwa erfordern. Der General Perowsky soll einer der ausgezeichnetsten und talentvollsten Officiere der russischen Armee seyn, und es dürfte daher um so mehr bedauert werden, daß ihm das Glück nicht hold war. Er hat insofern gleiches Schicksal mit dem Marschall Clauzel, der gewiß zu den tapfersten und hervorragendsten Generalen Frankreichs gehört, dennoch vor Constantine keine Lorbeern sammeln sollte, und den Ruhm diesen Platz zu nehmen einem andern überlassen mußte. Es soll damit nicht gesagt seyn, daß General Perowsky einem andern Platz zu machen, und einen Nachfolger im Commando zu erwarten hat; davon wird wenigstens nicht geschrieben; allein da gewöhnlich Alles nach dem Erfolg beurtheilt und belohnt wird, so ist zu vermuthen, daß er von dem Vertrauen, welches er genoß, bedeutend verlieren werde.

Aus St. Petersburg ist die officielle Anzeige hier eingegangen, daß die Expedition gegen Chiwa vorerst aufgegeben, und General Perowsky mit seinem Armeecorps in vollem Rückmarsch nach Orenburg begriffen ist. Die Schwierigkeiten, welche das großentheils unbewohnte Land an sich schon bietet, durch die Beschwerden eines äußerst strengen Winters aufs Unerhörte gesteigert, sind die natürlichen Ursachen dieses unerwarteten Entschlusses. Der größte Theil der Transportthiere soll ein Opfer der allgemeinen Drangsale geworden seyn.

Am Dienstag Abend beehrte der Großfürst-Thronfolger eine vom Fürsten-Statthalter gegebene glänzende Soiree mit seiner Gegenwart. Es wurde von den vornehmsten Personen eine Reihe lebender Bilder dargestellt. Vorgestern früh besuchte Se. kaiserl. Hoh. das Militärlazareth von Ujasdow. Abends erschien der Thronfolger im großen Theater, wo er mit wiederholten Vivats empfangen wurde. Gestern nahm derselbe die ihm zu Ehren hier veranstaltete Kunst- und Industrie-Ausstellung in den Rathhaussälen in Augenschein, welche über tausend Nummern zählt, darunter 100 Gemälde und 17 Sculpturwerke inländischer Künstler und Dilettanten. Dann begab der Großfürst sich nach der Citadelle, und von da nach dem Schlachtfeld von Wola. Heute früh um halb 8 Uhr ist der Thronfolger wieder von hier abgereist; er hat seinen Weg über Kalisch genommen. (Warsch. Bl.)

Oesterreich.

Man spricht von weitern nahe bevorstehenden wesentlichen Reductionen in der k. k. Armee. Namentlich soll ein die Auflösung von 35 Landwehrbataillonen bezweckender Antrag allerhöchsten Orts unterbreitet und eine entsprechende Resolution demnächst zu erwarten seyn.

Die letzten Sitzungen des ungarischen Landtags waren in mancher Beziehung von besonderem Interesse. In der Ständetafel kam das von der Regierung unterstützte Ansuchen des Ordens der Gesellschaft Jesu um Wiederaufnahme in Ungarn zur Sprache, wurde aber nach kurzer Berathung, nachdem sich insbesondere auch die meisten Bischöfe dagegen ausgesprochen hatten, mit großer Mehrheit zurückgewiesen. Unmittelbar hierauf wurde dieser Gegenstand auch in der Magnatentafel zur Tagesordnung gebracht, und dort ebenfalls mit großer Mehrheit entschieden, sich dem Beschlusse der Ständetafel anzuschließen, worauf Se. kais. H. der Erzherzog Palatinus, welcher präsidirte, den Antrag stellte, da beide Tafeln dem Gesuche keine Folge zu geben beschlossen haben, dasselbe einfach ad acta zu legen, was so viel ist, als darüber zur Tagesordnung überzugehen, welcher Antrag allgemeine Annahme fand. Ferner wurde über eine gemachte Anzeige, daß sich die bekannte Secte der Unitarier auch in Ungarn zeige, in der Ständetafel eine kurze Berathung gepflogen und hierauf der Beschluß gefaßt, daß diese neue Religionssecte nicht geduldet werden solle. - Sofort wurde in Anbetracht der großen Masse von Geschäften, deren Erledigung dem Landtag obliege, wozu es aber in dem festgesetzten, nur bis 2 Mai dauernden Termin durchaus an Zeit fehle, der Antrag gestellt und angenommen: an die Regierung die Bitte um Prolongation von einigen Wochen zu richten. Endlich ertheilte die Ständetafel dem Pesther Brückenbau-Unternehmen durch Baron Sina ihre definitive Sanction.

An den Reichstag ist folgendes k. Rescript gelangt: Ferdinand etc. etc. "Durchlauchtigster etc. Was Wir einst feierlich gelobten: Unser geliebtes Königreich Ungarn und die mit ihm verbundenen Lande nach den Gesetzen und den altherkömmlichen und bestätigten Gewohnheiten zu regieren, dieß haben Wir nach Unserer gewissenhaften Anhänglichkeit an dieselben und Unserm festen Vorsatze, das Rechte zu schützen, beständig befolgt. Nunmehr vernehmen Wir, daß die wegen der Redefreiheit erregte Besorgniß eine Ursache der Verzögerung dieses Reichstags sey. Wie hierüber Unsere Absicht laute, dieß glauben Wir - geleitet von Unserer aufrichtigen und unwandelbaren Willensmeinung: die Rechte des Königs und des Reichs, die unter sich durch das innigste Band verbunden sind, unversehrt zu erhalten - Euerer Liebden und Euch Unsern Getreuen gnädigst erklären zu müssen. Wir wollen die gesetzliche Freiheit des öffentlichen Wortes, als welche unter dem Schutze der ererbten Verfassung steht, sowohl den Gerichtsbarkeiten, als den Einzelnen, denen sie zusteht, vollständig und unverletzt erhalten; dagegen erachten Wir es aber für Unsere heilige Regierungspflicht, die geeigneten Maaßregeln zu treffen, daß jene Individuen, welche die Gränzen überschritten haben, die zwischen dieser Freiheit und der regelmäßigen Ausübung derselben, und zwischen einer Zügellosigkeit gezogen sind, welche eine Feindin dieser Regelmäßigkeit und der guten Ordnung ist, die ohne jene nicht bestehen kann, vor den zuständigen Gerichten belangt werden. Es ist Unsere innigste Ueberzeugung, daß der Aufrechthaltung des Staats und den Grundgesetzen des Reichs, die dessen Palladium sind, nichts gefährlicher sey, als Angriffe auf die gesetzliche Unabhängigkeit der Richter. Aus diesem Grunde halten Wir es für die vornehmste Uns obliegende Sorge Unserer königlichen Würde, zu allen Zeiten angelegentlich darüber zu wachen, daß jene gesetzliche Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt werde. Wir wollen deßhalb auch insbesondere in Beziehung auf die gegen die oben berührten Individuen gefällten Urtheil dieses gesetzliche Ansehen der Gerichte auf das strengste aufrecht erhalten. Da Wir jedoch nur des Staates wegen streng, übrigens aber, sobald der rechte Zeitpunkt gekommen ist, geneigter sind zu verzeihen, als auf strenger Ahndung zu bestehen, so können Euere Liebden und Ihr Unsere Getreuen kraft dieser Unserer bekannten Milde versichert seyn, daß Wir Uns auch in dieser Hinsicht gleich bleiben werden. Denen Wir im Uebrigen etc.

Jonische Inseln.

Der Oesterreichische Beobachter schreibt: "Bereits vor einiger Zeit waren der Regierung der jonischen Inseln und den österreichischen Gränzbehörden über eine von Mehemed Ali beabsichtigte Truppenwerbung in Türkisch-Albanien sichere Anzeigen zugekommen, welche die Aufmerksamkeit beider der hohen Pforte befreundeten Mächte auf sich zogen. Den neuesten Nachrichten aus Corfu vom 16 März zufolge hat dieser Werbungsversuch

gewesen, und es bei den großen Distanzen in Rußland keine kleine Aufgabe sey, Vorkehrungen zu treffen, die ein Unternehmen wie der Marsch nach Chiwa erfordern. Der General Perowsky soll einer der ausgezeichnetsten und talentvollsten Officiere der russischen Armee seyn, und es dürfte daher um so mehr bedauert werden, daß ihm das Glück nicht hold war. Er hat insofern gleiches Schicksal mit dem Marschall Clauzel, der gewiß zu den tapfersten und hervorragendsten Generalen Frankreichs gehört, dennoch vor Constantine keine Lorbeern sammeln sollte, und den Ruhm diesen Platz zu nehmen einem andern überlassen mußte. Es soll damit nicht gesagt seyn, daß General Perowsky einem andern Platz zu machen, und einen Nachfolger im Commando zu erwarten hat; davon wird wenigstens nicht geschrieben; allein da gewöhnlich Alles nach dem Erfolg beurtheilt und belohnt wird, so ist zu vermuthen, daß er von dem Vertrauen, welches er genoß, bedeutend verlieren werde.

Aus St. Petersburg ist die officielle Anzeige hier eingegangen, daß die Expedition gegen Chiwa vorerst aufgegeben, und General Perowsky mit seinem Armeecorps in vollem Rückmarsch nach Orenburg begriffen ist. Die Schwierigkeiten, welche das großentheils unbewohnte Land an sich schon bietet, durch die Beschwerden eines äußerst strengen Winters aufs Unerhörte gesteigert, sind die natürlichen Ursachen dieses unerwarteten Entschlusses. Der größte Theil der Transportthiere soll ein Opfer der allgemeinen Drangsale geworden seyn.

Am Dienstag Abend beehrte der Großfürst-Thronfolger eine vom Fürsten-Statthalter gegebene glänzende Soirée mit seiner Gegenwart. Es wurde von den vornehmsten Personen eine Reihe lebender Bilder dargestellt. Vorgestern früh besuchte Se. kaiserl. Hoh. das Militärlazareth von Ujasdow. Abends erschien der Thronfolger im großen Theater, wo er mit wiederholten Vivats empfangen wurde. Gestern nahm derselbe die ihm zu Ehren hier veranstaltete Kunst- und Industrie-Ausstellung in den Rathhaussälen in Augenschein, welche über tausend Nummern zählt, darunter 100 Gemälde und 17 Sculpturwerke inländischer Künstler und Dilettanten. Dann begab der Großfürst sich nach der Citadelle, und von da nach dem Schlachtfeld von Wola. Heute früh um halb 8 Uhr ist der Thronfolger wieder von hier abgereist; er hat seinen Weg über Kalisch genommen. (Warsch. Bl.)

Oesterreich.

Man spricht von weitern nahe bevorstehenden wesentlichen Reductionen in der k. k. Armee. Namentlich soll ein die Auflösung von 35 Landwehrbataillonen bezweckender Antrag allerhöchsten Orts unterbreitet und eine entsprechende Resolution demnächst zu erwarten seyn.

Die letzten Sitzungen des ungarischen Landtags waren in mancher Beziehung von besonderem Interesse. In der Ständetafel kam das von der Regierung unterstützte Ansuchen des Ordens der Gesellschaft Jesu um Wiederaufnahme in Ungarn zur Sprache, wurde aber nach kurzer Berathung, nachdem sich insbesondere auch die meisten Bischöfe dagegen ausgesprochen hatten, mit großer Mehrheit zurückgewiesen. Unmittelbar hierauf wurde dieser Gegenstand auch in der Magnatentafel zur Tagesordnung gebracht, und dort ebenfalls mit großer Mehrheit entschieden, sich dem Beschlusse der Ständetafel anzuschließen, worauf Se. kais. H. der Erzherzog Palatinus, welcher präsidirte, den Antrag stellte, da beide Tafeln dem Gesuche keine Folge zu geben beschlossen haben, dasselbe einfach ad acta zu legen, was so viel ist, als darüber zur Tagesordnung überzugehen, welcher Antrag allgemeine Annahme fand. Ferner wurde über eine gemachte Anzeige, daß sich die bekannte Secte der Unitarier auch in Ungarn zeige, in der Ständetafel eine kurze Berathung gepflogen und hierauf der Beschluß gefaßt, daß diese neue Religionssecte nicht geduldet werden solle. – Sofort wurde in Anbetracht der großen Masse von Geschäften, deren Erledigung dem Landtag obliege, wozu es aber in dem festgesetzten, nur bis 2 Mai dauernden Termin durchaus an Zeit fehle, der Antrag gestellt und angenommen: an die Regierung die Bitte um Prolongation von einigen Wochen zu richten. Endlich ertheilte die Ständetafel dem Pesther Brückenbau-Unternehmen durch Baron Sina ihre definitive Sanction.

An den Reichstag ist folgendes k. Rescript gelangt: Ferdinand etc. etc. „Durchlauchtigster etc. Was Wir einst feierlich gelobten: Unser geliebtes Königreich Ungarn und die mit ihm verbundenen Lande nach den Gesetzen und den altherkömmlichen und bestätigten Gewohnheiten zu regieren, dieß haben Wir nach Unserer gewissenhaften Anhänglichkeit an dieselben und Unserm festen Vorsatze, das Rechte zu schützen, beständig befolgt. Nunmehr vernehmen Wir, daß die wegen der Redefreiheit erregte Besorgniß eine Ursache der Verzögerung dieses Reichstags sey. Wie hierüber Unsere Absicht laute, dieß glauben Wir – geleitet von Unserer aufrichtigen und unwandelbaren Willensmeinung: die Rechte des Königs und des Reichs, die unter sich durch das innigste Band verbunden sind, unversehrt zu erhalten – Euerer Liebden und Euch Unsern Getreuen gnädigst erklären zu müssen. Wir wollen die gesetzliche Freiheit des öffentlichen Wortes, als welche unter dem Schutze der ererbten Verfassung steht, sowohl den Gerichtsbarkeiten, als den Einzelnen, denen sie zusteht, vollständig und unverletzt erhalten; dagegen erachten Wir es aber für Unsere heilige Regierungspflicht, die geeigneten Maaßregeln zu treffen, daß jene Individuen, welche die Gränzen überschritten haben, die zwischen dieser Freiheit und der regelmäßigen Ausübung derselben, und zwischen einer Zügellosigkeit gezogen sind, welche eine Feindin dieser Regelmäßigkeit und der guten Ordnung ist, die ohne jene nicht bestehen kann, vor den zuständigen Gerichten belangt werden. Es ist Unsere innigste Ueberzeugung, daß der Aufrechthaltung des Staats und den Grundgesetzen des Reichs, die dessen Palladium sind, nichts gefährlicher sey, als Angriffe auf die gesetzliche Unabhängigkeit der Richter. Aus diesem Grunde halten Wir es für die vornehmste Uns obliegende Sorge Unserer königlichen Würde, zu allen Zeiten angelegentlich darüber zu wachen, daß jene gesetzliche Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt werde. Wir wollen deßhalb auch insbesondere in Beziehung auf die gegen die oben berührten Individuen gefällten Urtheil dieses gesetzliche Ansehen der Gerichte auf das strengste aufrecht erhalten. Da Wir jedoch nur des Staates wegen streng, übrigens aber, sobald der rechte Zeitpunkt gekommen ist, geneigter sind zu verzeihen, als auf strenger Ahndung zu bestehen, so können Euere Liebden und Ihr Unsere Getreuen kraft dieser Unserer bekannten Milde versichert seyn, daß Wir Uns auch in dieser Hinsicht gleich bleiben werden. Denen Wir im Uebrigen etc.

Jonische Inseln.

Der Oesterreichische Beobachter schreibt: „Bereits vor einiger Zeit waren der Regierung der jonischen Inseln und den österreichischen Gränzbehörden über eine von Mehemed Ali beabsichtigte Truppenwerbung in Türkisch-Albanien sichere Anzeigen zugekommen, welche die Aufmerksamkeit beider der hohen Pforte befreundeten Mächte auf sich zogen. Den neuesten Nachrichten aus Corfu vom 16 März zufolge hat dieser Werbungsversuch

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Aus St. Petersburg ist die officielle Anzeige hier eingegangen, daß die Expedition gegen Chiwa vorerst aufgegeben, und General Perowsky mit seinem Armeecorps in vollem Rückmarsch nach Orenburg begriffen ist. Die Schwierigkeiten, welche das großentheils unbewohnte Land an sich schon bietet, durch die Beschwerden eines äußerst strengen Winters aufs Unerhörte gesteigert, sind die natürlichen Ursachen dieses unerwarteten Entschlusses. Der größte Theil der Transportthiere soll ein Opfer der allgemeinen Drangsale geworden seyn. _ Warschau, 27 März. Am Dienstag Abend beehrte der Großfürst-Thronfolger eine vom Fürsten-Statthalter gegebene glänzende Soirée mit seiner Gegenwart. Es wurde von den vornehmsten Personen eine Reihe lebender Bilder dargestellt. Vorgestern früh besuchte Se. kaiserl. Hoh. das Militärlazareth von Ujasdow. Abends erschien der Thronfolger im großen Theater, wo er mit wiederholten Vivats empfangen wurde. Gestern nahm derselbe die ihm zu Ehren hier veranstaltete Kunst- und Industrie-Ausstellung in den Rathhaussälen in Augenschein, welche über tausend Nummern zählt, darunter 100 Gemälde und 17 Sculpturwerke inländischer Künstler und Dilettanten. Dann begab der Großfürst sich nach der Citadelle, und von da nach dem Schlachtfeld von Wola. Heute früh um halb 8 Uhr ist der Thronfolger wieder von hier abgereist; er hat seinen Weg über Kalisch genommen. (Warsch. Bl.) Oesterreich. _ Wien, 31 März. Man spricht von weitern nahe bevorstehenden wesentlichen Reductionen in der k. k. Armee. Namentlich soll ein die Auflösung von 35 Landwehrbataillonen bezweckender Antrag allerhöchsten Orts unterbreitet und eine entsprechende Resolution demnächst zu erwarten seyn. _ Wien, 31 März. Die letzten Sitzungen des ungarischen Landtags waren in mancher Beziehung von besonderem Interesse. In der Ständetafel kam das von der Regierung unterstützte Ansuchen des Ordens der Gesellschaft Jesu um Wiederaufnahme in Ungarn zur Sprache, wurde aber nach kurzer Berathung, nachdem sich insbesondere auch die meisten Bischöfe dagegen ausgesprochen hatten, mit großer Mehrheit zurückgewiesen. Unmittelbar hierauf wurde dieser Gegenstand auch in der Magnatentafel zur Tagesordnung gebracht, und dort ebenfalls mit großer Mehrheit entschieden, sich dem Beschlusse der Ständetafel anzuschließen, worauf Se. kais. H. der Erzherzog Palatinus, welcher präsidirte, den Antrag stellte, da beide Tafeln dem Gesuche keine Folge zu geben beschlossen haben, dasselbe einfach ad acta zu legen, was so viel ist, als darüber zur Tagesordnung überzugehen, welcher Antrag allgemeine Annahme fand. 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Rescript gelangt: Ferdinand etc. etc. „Durchlauchtigster etc. Was Wir einst feierlich gelobten: Unser geliebtes Königreich Ungarn und die mit ihm verbundenen Lande nach den Gesetzen und den altherkömmlichen und bestätigten Gewohnheiten zu regieren, dieß haben Wir nach Unserer gewissenhaften Anhänglichkeit an dieselben und Unserm festen Vorsatze, das Rechte zu schützen, beständig befolgt. Nunmehr vernehmen Wir, daß die wegen der Redefreiheit erregte Besorgniß eine Ursache der Verzögerung dieses Reichstags sey. Wie hierüber Unsere Absicht laute, dieß glauben Wir – geleitet von Unserer aufrichtigen und unwandelbaren Willensmeinung: die Rechte des Königs und des Reichs, die unter sich durch das innigste Band verbunden sind, unversehrt zu erhalten – Euerer Liebden und Euch Unsern Getreuen gnädigst erklären zu müssen. Wir wollen die gesetzliche Freiheit des öffentlichen Wortes, als welche unter dem Schutze der ererbten Verfassung steht, sowohl den Gerichtsbarkeiten, als den Einzelnen, denen sie zusteht, vollständig und unverletzt erhalten; dagegen erachten Wir es aber für Unsere heilige Regierungspflicht, die geeigneten Maaßregeln zu treffen, daß jene Individuen, welche die Gränzen überschritten haben, die zwischen dieser Freiheit und der regelmäßigen Ausübung derselben, und zwischen einer Zügellosigkeit gezogen sind, welche eine Feindin dieser Regelmäßigkeit und der guten Ordnung ist, die ohne jene nicht bestehen kann, vor den zuständigen Gerichten belangt werden. Es ist Unsere innigste Ueberzeugung, daß der Aufrechthaltung des Staats und den Grundgesetzen des Reichs, die dessen Palladium sind, nichts gefährlicher sey, als Angriffe auf die gesetzliche Unabhängigkeit der Richter. Aus diesem Grunde halten Wir es für die vornehmste Uns obliegende Sorge Unserer königlichen Würde, zu allen Zeiten angelegentlich darüber zu wachen, daß jene gesetzliche Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt werde. Wir wollen deßhalb auch insbesondere in Beziehung auf die gegen die oben berührten Individuen gefällten Urtheil dieses gesetzliche Ansehen der Gerichte auf das strengste aufrecht erhalten. Da Wir jedoch nur des Staates wegen streng, übrigens aber, sobald der rechte Zeitpunkt gekommen ist, geneigter sind zu verzeihen, als auf strenger Ahndung zu bestehen, so können Euere Liebden und Ihr Unsere Getreuen kraft dieser Unserer bekannten Milde versichert seyn, daß Wir Uns auch in dieser Hinsicht gleich bleiben werden. Denen Wir im Uebrigen etc. Jonische Inseln. Der Oesterreichische Beobachter schreibt: „Bereits vor einiger Zeit waren der Regierung der jonischen Inseln und den österreichischen Gränzbehörden über eine von Mehemed Ali beabsichtigte Truppenwerbung in Türkisch-Albanien sichere Anzeigen zugekommen, welche die Aufmerksamkeit beider der hohen Pforte befreundeten Mächte auf sich zogen. Den neuesten Nachrichten aus Corfu vom 16 März zufolge hat dieser Werbungsversuch

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 96. Augsburg, 5. April 1840, S. 0767. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_096_18400405/7>, abgerufen am 27.04.2024.