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Allgemeine Zeitung. Nr. 124. Augsburg, 3. Mai 1840.

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kamen, und zum Theil mit sehr reicher Ladung befrachtet waren, in der Nähe der Insel Procida beinahe im Angesicht der Stadt gecapert. Nach einigen sollen die Schiffe nach Malta gebracht worden, nach andern bloß auf hoher See zurückgehalten seyn, wahrscheinlich um zu sehen, welchen Eindruck diese Maaßregel hier machen wird. Unter der hiesigen Bevölkerung hat sie eine große Indignation hervorgebracht, und was unsere Regierung betrifft, so entfernt sie sich nicht von dem bisher England gegenüber beobachteten würdevollen Benehmen, um sich von ihren Rechten nichts zu vergeben. Sie hat noch vorgestern den strengen Ministerialbefehl ergehen lassen, alles englische Eigenthum, alle im Hafen liegenden englischen Schiffe, so wie die hier befindlichen Engländer mehr als je zu respectiren. Der englische Gesandte ist noch auf seinem Posten, und hat den Wappenschild noch vor seinem Hotel, gibt aber zu gleicher Zeit den hiesigen englischen Familien, die mehr oder weniger beängstigt sind, zu verstehen, zu ihrer größeren Beruhigung sich lieber von hier zu entfernen. Weder die Rente noch sonst ein Artikel wie Oel u. s. w. hat sich auf die Nachricht von dem Aufbringen der neapolitanischen Schiffe wesentlich verändert, was man in England wohl schwerlich vermuthete. Eines der englischen Kriegsdampfschiffe, welche auf hoher See die Jagd auf unsere Flagge machen, kam gestern mit mehreren neapolitanischen Matrosen von den genommenen Schiffen an Bord hierher, um Lebensmittel einzunehmen, die ihnen gereicht wurden. Was allein Mißfallen erregt, ist das unbegreifliche Stillschweigen über alle diese Vorgänge von Seite der Regierung, wodurch sich der Handel in nicht geringe Verlegenheit versetzt sieht. Die Verbindung mit Sicilien durch Dampf- und Segelschiffe ist ganz unterbrochen, denn kein Capitän wagt sich mehr in die offene See. - Gestern kam das französische Kriegsdampfschiff, der Vautour, von Toulon mit Depeschen hier an. Man will wissen, daß der Herzog v. Montebello vorerst noch nicht kommen wird.

Die Nachrichten aus Neapel lauten fortwährend bedenklich. Es hat sich dort ein schlimmes Geschwür gesammelt. Hr. Temple hatte die Ankunft eines englischen Kriegsschiffes benützt, um seine Forderungen noch mit mehr Ungestüm zu stellen. Doch man blieb unbeweglich, und es ward ihm erklärt, daß von einer Entschädigungssumme keine Rede seyn könne. Er hat darauf seinerseits erwiedert, wenn auch die andern Schiffe, die er erwarte, sich im Angesicht Neapels werden aufgestellt haben, wolle er sehen, ob man noch kühn genug seyn werde, England zu trotzen. Es scheint, daß dieß doch wohl geschehen wird. Der Geist in Neapel ist nicht sehr gut, in Sicilien sogar sehr schlecht, wozu die Presse in Malta das Ihrige beigetragen hat. Ein einziger Kanonenschuß kann Alles aus den Fugen bringen und dann Verwicklung auf Verwicklung fol[g]en. Von allen Seiten häuft sich brennbarer Stoff auf, und es wird seltene Vorsicht nöthig seyn, um das Uebelste abzuwenden. Im Römischen herrscht noch Ruhe; allein die Nachricht, daß auch französische Kriegsschiffe kommen, hat Besorgniß erregt.

Der Eigensinn des Hrn. v. Temple, der sich noch immer durch die Absendung eines eigens ernannten neapolitanischen Botschafters nach London, um die Sache des Schwefelmonopols daselbst in Ordnung zu bringen, verletzt fühlt, und sich alle erdenkliche Mühe gibt, durch Demüthigungen, die er der neapolitanischen Regierung auferlegen möchte, die Angelegenheit von einem erwünschten Resultate abzulenken, droht die Verhältnisse in immer weitern Kreisen zu verwirren. Man hat bereits in mehreren Ländern Italiens eine ungewöhnliche Aufregung der Gemüther wahrgenommen, die eine beunruhigende Natur annehmen, wenn man sie mit den vom polnischen Comite im Anfang dieses Jahres versuchten Aufregungen der Giovine Italia zusammenhält. Es ist eine thätige Partei von Unzufriedenen auf der italienischen Halbinsel, die trotz ihrer vorsichtigen Leitung zum Losschlagen verführt werden könnte, sobald sie auf eine ihr günstige Diversion von außen rechnen dürfte. Man ist daher nicht ohne Besorgniß, und eine große Continentalmacht soll deßhalb die energischsten Vorstellungen bei dem Cabinet von St. James gemacht haben. Daß diese Vorstellungen in London gewirkt haben, beweisen die Erklärungen des Lords J. Russell im brittischen Parlament. Diese gehen, wie Ihnen bekannt, dahin, daß wenn die neapolitanische Regierung sich zur Ausgleichung herbeilasse, die bis dahin weggenommenen Schiffe wieder freigegeben werden sollen. Die dem Admiral Stopford ursprünglich ertheilten Instructionen lauteten aber auf Wegnahme der neapolitanischen Schiffe und ihre unverzügliche Verweisung vor einen englischen Admiralitätshof. Der mildernde Beisatz, daß die detinirten Schiffe unter gewissen Umständen wieder freigegeben werden sollen, mag den Inhalt neuer Instructionen ausmachen, die auf dem Wege nach dem Mittelmeer begriffen sind, und insofern scheinen, wie gesagt, jene Vorstellungen nicht ohne Wirkung geblieben zu seyn. Andrerseits haben sich die meisten Regierungen Italiens an den König von Neapel gewendet, und ihn dringend zur Nachgiebigkeit ermahnt. Sowohl der österreichische als der sardinische Gesandte sollen in den letzten Tagen eine große Thätigkeit in Neapel entwickelt haben, und letzterer hat, wenn ich nicht irre, nach den fehlgeschlagenen Versuchen, den diplomatischen Verkehr zwischen dem englischen Repräsentanten und dem Fürsten von Scilla wieder herzustellen, den Vorschlag gemacht, zur Feststellung der von Großbritannien angesprochenen Entschädigung eine aus englischen und neapolitanischen Staatsbeamten zusammengesetzte Commission zu ernennen, so wie eine zweite aus neapolitanischen Commissarien bestehende, zur Regelung der von Tair und Compagnie zu erhebenden Ersatzansprüche. Dieß würde ohne Zweifel eine erwünschte Dilation der Entscheidung der Monopolsangelegenheit zur Folge haben; Hr. Temple schien indessen nicht geneigt, eine solche Phase in der Sache herbeiführen zu lassen.

Die neapolitanische Seemacht besteht aus 12 Kriegsschiffen, darunter 1 Linienschiff, der Vesuvio von 82 Kanonen, und 3 Fregatten: Parthenope von 60, Isabella von 48, und Urania von 46 Kanonen.

Deutschland.

Einer diesen Morgen am königl. Hofe bekannt gewordenen Bestimmung zufolge wird Se. Maj. der König am 17 Mai die hiesige Residenz verlassen, um sich nach Aschaffenburg zu begeben. - Der neue Finanzminister, Hr. Graf v. Seinsheim, hat bereits seine Function angetreten. - Gestern erhielt der jetzt hier anwesende k. bayerische Bevollmächtigte am Central-Zollbureau in Berlin, Hr. Bever, den Charakter eines Ministerialrathes. - Der erste Mai, der mit Excursionen und ländlichen Festen aller Art begangen wird, bringt uns, wie gewöhnlich, den Blumenmarkt, der sich von Jahr zu Jahr reicher und freundlicher gestaltet, dann die Eröffnung des Sommertheaters jenseits der Isar, das sich zahlreicher Freunde und Gönner erfreut. Für einen nicht kleinen Theil des Publicums ist auch die Eröffnung des Bockkellers ein langersehntes Ereigniß. Wie dieser Münchener Sorgenbrecher auch außer Bayern gekannt und beliebt ist, zeigen die vielen Bestellungen, die, wie ich höre, namentlich aus dem nördlichen Deutschland einlaufen, und nur zum Theil befriedigt werden können. Die Schilderungen der Vorliebe der Münchener zu

kamen, und zum Theil mit sehr reicher Ladung befrachtet waren, in der Nähe der Insel Procida beinahe im Angesicht der Stadt gecapert. Nach einigen sollen die Schiffe nach Malta gebracht worden, nach andern bloß auf hoher See zurückgehalten seyn, wahrscheinlich um zu sehen, welchen Eindruck diese Maaßregel hier machen wird. Unter der hiesigen Bevölkerung hat sie eine große Indignation hervorgebracht, und was unsere Regierung betrifft, so entfernt sie sich nicht von dem bisher England gegenüber beobachteten würdevollen Benehmen, um sich von ihren Rechten nichts zu vergeben. Sie hat noch vorgestern den strengen Ministerialbefehl ergehen lassen, alles englische Eigenthum, alle im Hafen liegenden englischen Schiffe, so wie die hier befindlichen Engländer mehr als je zu respectiren. Der englische Gesandte ist noch auf seinem Posten, und hat den Wappenschild noch vor seinem Hotel, gibt aber zu gleicher Zeit den hiesigen englischen Familien, die mehr oder weniger beängstigt sind, zu verstehen, zu ihrer größeren Beruhigung sich lieber von hier zu entfernen. Weder die Rente noch sonst ein Artikel wie Oel u. s. w. hat sich auf die Nachricht von dem Aufbringen der neapolitanischen Schiffe wesentlich verändert, was man in England wohl schwerlich vermuthete. Eines der englischen Kriegsdampfschiffe, welche auf hoher See die Jagd auf unsere Flagge machen, kam gestern mit mehreren neapolitanischen Matrosen von den genommenen Schiffen an Bord hierher, um Lebensmittel einzunehmen, die ihnen gereicht wurden. Was allein Mißfallen erregt, ist das unbegreifliche Stillschweigen über alle diese Vorgänge von Seite der Regierung, wodurch sich der Handel in nicht geringe Verlegenheit versetzt sieht. Die Verbindung mit Sicilien durch Dampf- und Segelschiffe ist ganz unterbrochen, denn kein Capitän wagt sich mehr in die offene See. – Gestern kam das französische Kriegsdampfschiff, der Vautour, von Toulon mit Depeschen hier an. Man will wissen, daß der Herzog v. Montebello vorerst noch nicht kommen wird.

Die Nachrichten aus Neapel lauten fortwährend bedenklich. Es hat sich dort ein schlimmes Geschwür gesammelt. Hr. Temple hatte die Ankunft eines englischen Kriegsschiffes benützt, um seine Forderungen noch mit mehr Ungestüm zu stellen. Doch man blieb unbeweglich, und es ward ihm erklärt, daß von einer Entschädigungssumme keine Rede seyn könne. Er hat darauf seinerseits erwiedert, wenn auch die andern Schiffe, die er erwarte, sich im Angesicht Neapels werden aufgestellt haben, wolle er sehen, ob man noch kühn genug seyn werde, England zu trotzen. Es scheint, daß dieß doch wohl geschehen wird. Der Geist in Neapel ist nicht sehr gut, in Sicilien sogar sehr schlecht, wozu die Presse in Malta das Ihrige beigetragen hat. Ein einziger Kanonenschuß kann Alles aus den Fugen bringen und dann Verwicklung auf Verwicklung fol[g]en. Von allen Seiten häuft sich brennbarer Stoff auf, und es wird seltene Vorsicht nöthig seyn, um das Uebelste abzuwenden. Im Römischen herrscht noch Ruhe; allein die Nachricht, daß auch französische Kriegsschiffe kommen, hat Besorgniß erregt.

Der Eigensinn des Hrn. v. Temple, der sich noch immer durch die Absendung eines eigens ernannten neapolitanischen Botschafters nach London, um die Sache des Schwefelmonopols daselbst in Ordnung zu bringen, verletzt fühlt, und sich alle erdenkliche Mühe gibt, durch Demüthigungen, die er der neapolitanischen Regierung auferlegen möchte, die Angelegenheit von einem erwünschten Resultate abzulenken, droht die Verhältnisse in immer weitern Kreisen zu verwirren. Man hat bereits in mehreren Ländern Italiens eine ungewöhnliche Aufregung der Gemüther wahrgenommen, die eine beunruhigende Natur annehmen, wenn man sie mit den vom polnischen Comité im Anfang dieses Jahres versuchten Aufregungen der Giovine Italia zusammenhält. Es ist eine thätige Partei von Unzufriedenen auf der italienischen Halbinsel, die trotz ihrer vorsichtigen Leitung zum Losschlagen verführt werden könnte, sobald sie auf eine ihr günstige Diversion von außen rechnen dürfte. Man ist daher nicht ohne Besorgniß, und eine große Continentalmacht soll deßhalb die energischsten Vorstellungen bei dem Cabinet von St. James gemacht haben. Daß diese Vorstellungen in London gewirkt haben, beweisen die Erklärungen des Lords J. Russell im brittischen Parlament. Diese gehen, wie Ihnen bekannt, dahin, daß wenn die neapolitanische Regierung sich zur Ausgleichung herbeilasse, die bis dahin weggenommenen Schiffe wieder freigegeben werden sollen. Die dem Admiral Stopford ursprünglich ertheilten Instructionen lauteten aber auf Wegnahme der neapolitanischen Schiffe und ihre unverzügliche Verweisung vor einen englischen Admiralitätshof. Der mildernde Beisatz, daß die detinirten Schiffe unter gewissen Umständen wieder freigegeben werden sollen, mag den Inhalt neuer Instructionen ausmachen, die auf dem Wege nach dem Mittelmeer begriffen sind, und insofern scheinen, wie gesagt, jene Vorstellungen nicht ohne Wirkung geblieben zu seyn. Andrerseits haben sich die meisten Regierungen Italiens an den König von Neapel gewendet, und ihn dringend zur Nachgiebigkeit ermahnt. Sowohl der österreichische als der sardinische Gesandte sollen in den letzten Tagen eine große Thätigkeit in Neapel entwickelt haben, und letzterer hat, wenn ich nicht irre, nach den fehlgeschlagenen Versuchen, den diplomatischen Verkehr zwischen dem englischen Repräsentanten und dem Fürsten von Scilla wieder herzustellen, den Vorschlag gemacht, zur Feststellung der von Großbritannien angesprochenen Entschädigung eine aus englischen und neapolitanischen Staatsbeamten zusammengesetzte Commission zu ernennen, so wie eine zweite aus neapolitanischen Commissarien bestehende, zur Regelung der von Tair und Compagnie zu erhebenden Ersatzansprüche. Dieß würde ohne Zweifel eine erwünschte Dilation der Entscheidung der Monopolsangelegenheit zur Folge haben; Hr. Temple schien indessen nicht geneigt, eine solche Phase in der Sache herbeiführen zu lassen.

Die neapolitanische Seemacht besteht aus 12 Kriegsschiffen, darunter 1 Linienschiff, der Vesuvio von 82 Kanonen, und 3 Fregatten: Parthenope von 60, Isabella von 48, und Urania von 46 Kanonen.

Deutschland.

Einer diesen Morgen am königl. Hofe bekannt gewordenen Bestimmung zufolge wird Se. Maj. der König am 17 Mai die hiesige Residenz verlassen, um sich nach Aschaffenburg zu begeben. – Der neue Finanzminister, Hr. Graf v. Seinsheim, hat bereits seine Function angetreten. – Gestern erhielt der jetzt hier anwesende k. bayerische Bevollmächtigte am Central-Zollbureau in Berlin, Hr. Bever, den Charakter eines Ministerialrathes. – Der erste Mai, der mit Excursionen und ländlichen Festen aller Art begangen wird, bringt uns, wie gewöhnlich, den Blumenmarkt, der sich von Jahr zu Jahr reicher und freundlicher gestaltet, dann die Eröffnung des Sommertheaters jenseits der Isar, das sich zahlreicher Freunde und Gönner erfreut. Für einen nicht kleinen Theil des Publicums ist auch die Eröffnung des Bockkellers ein langersehntes Ereigniß. Wie dieser Münchener Sorgenbrecher auch außer Bayern gekannt und beliebt ist, zeigen die vielen Bestellungen, die, wie ich höre, namentlich aus dem nördlichen Deutschland einlaufen, und nur zum Theil befriedigt werden können. Die Schilderungen der Vorliebe der Münchener zu

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[0989/0005] kamen, und zum Theil mit sehr reicher Ladung befrachtet waren, in der Nähe der Insel Procida beinahe im Angesicht der Stadt gecapert. Nach einigen sollen die Schiffe nach Malta gebracht worden, nach andern bloß auf hoher See zurückgehalten seyn, wahrscheinlich um zu sehen, welchen Eindruck diese Maaßregel hier machen wird. Unter der hiesigen Bevölkerung hat sie eine große Indignation hervorgebracht, und was unsere Regierung betrifft, so entfernt sie sich nicht von dem bisher England gegenüber beobachteten würdevollen Benehmen, um sich von ihren Rechten nichts zu vergeben. Sie hat noch vorgestern den strengen Ministerialbefehl ergehen lassen, alles englische Eigenthum, alle im Hafen liegenden englischen Schiffe, so wie die hier befindlichen Engländer mehr als je zu respectiren. Der englische Gesandte ist noch auf seinem Posten, und hat den Wappenschild noch vor seinem Hotel, gibt aber zu gleicher Zeit den hiesigen englischen Familien, die mehr oder weniger beängstigt sind, zu verstehen, zu ihrer größeren Beruhigung sich lieber von hier zu entfernen. Weder die Rente noch sonst ein Artikel wie Oel u. s. w. hat sich auf die Nachricht von dem Aufbringen der neapolitanischen Schiffe wesentlich verändert, was man in England wohl schwerlich vermuthete. Eines der englischen Kriegsdampfschiffe, welche auf hoher See die Jagd auf unsere Flagge machen, kam gestern mit mehreren neapolitanischen Matrosen von den genommenen Schiffen an Bord hierher, um Lebensmittel einzunehmen, die ihnen gereicht wurden. Was allein Mißfallen erregt, ist das unbegreifliche Stillschweigen über alle diese Vorgänge von Seite der Regierung, wodurch sich der Handel in nicht geringe Verlegenheit versetzt sieht. Die Verbindung mit Sicilien durch Dampf- und Segelschiffe ist ganz unterbrochen, denn kein Capitän wagt sich mehr in die offene See. – Gestern kam das französische Kriegsdampfschiff, der Vautour, von Toulon mit Depeschen hier an. Man will wissen, daß der Herzog v. Montebello vorerst noch nicht kommen wird. _ Von der italienischen Gränze, 24 April. Die Nachrichten aus Neapel lauten fortwährend bedenklich. Es hat sich dort ein schlimmes Geschwür gesammelt. Hr. Temple hatte die Ankunft eines englischen Kriegsschiffes benützt, um seine Forderungen noch mit mehr Ungestüm zu stellen. Doch man blieb unbeweglich, und es ward ihm erklärt, daß von einer Entschädigungssumme keine Rede seyn könne. Er hat darauf seinerseits erwiedert, wenn auch die andern Schiffe, die er erwarte, sich im Angesicht Neapels werden aufgestellt haben, wolle er sehen, ob man noch kühn genug seyn werde, England zu trotzen. Es scheint, daß dieß doch wohl geschehen wird. Der Geist in Neapel ist nicht sehr gut, in Sicilien sogar sehr schlecht, wozu die Presse in Malta das Ihrige beigetragen hat. Ein einziger Kanonenschuß kann Alles aus den Fugen bringen und dann Verwicklung auf Verwicklung folgen. Von allen Seiten häuft sich brennbarer Stoff auf, und es wird seltene Vorsicht nöthig seyn, um das Uebelste abzuwenden. Im Römischen herrscht noch Ruhe; allein die Nachricht, daß auch französische Kriegsschiffe kommen, hat Besorgniß erregt. _ Turin, 25 April. Der Eigensinn des Hrn. v. Temple, der sich noch immer durch die Absendung eines eigens ernannten neapolitanischen Botschafters nach London, um die Sache des Schwefelmonopols daselbst in Ordnung zu bringen, verletzt fühlt, und sich alle erdenkliche Mühe gibt, durch Demüthigungen, die er der neapolitanischen Regierung auferlegen möchte, die Angelegenheit von einem erwünschten Resultate abzulenken, droht die Verhältnisse in immer weitern Kreisen zu verwirren. Man hat bereits in mehreren Ländern Italiens eine ungewöhnliche Aufregung der Gemüther wahrgenommen, die eine beunruhigende Natur annehmen, wenn man sie mit den vom polnischen Comité im Anfang dieses Jahres versuchten Aufregungen der Giovine Italia zusammenhält. Es ist eine thätige Partei von Unzufriedenen auf der italienischen Halbinsel, die trotz ihrer vorsichtigen Leitung zum Losschlagen verführt werden könnte, sobald sie auf eine ihr günstige Diversion von außen rechnen dürfte. Man ist daher nicht ohne Besorgniß, und eine große Continentalmacht soll deßhalb die energischsten Vorstellungen bei dem Cabinet von St. James gemacht haben. Daß diese Vorstellungen in London gewirkt haben, beweisen die Erklärungen des Lords J. Russell im brittischen Parlament. Diese gehen, wie Ihnen bekannt, dahin, daß wenn die neapolitanische Regierung sich zur Ausgleichung herbeilasse, die bis dahin weggenommenen Schiffe wieder freigegeben werden sollen. 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Sowohl der österreichische als der sardinische Gesandte sollen in den letzten Tagen eine große Thätigkeit in Neapel entwickelt haben, und letzterer hat, wenn ich nicht irre, nach den fehlgeschlagenen Versuchen, den diplomatischen Verkehr zwischen dem englischen Repräsentanten und dem Fürsten von Scilla wieder herzustellen, den Vorschlag gemacht, zur Feststellung der von Großbritannien angesprochenen Entschädigung eine aus englischen und neapolitanischen Staatsbeamten zusammengesetzte Commission zu ernennen, so wie eine zweite aus neapolitanischen Commissarien bestehende, zur Regelung der von Tair und Compagnie zu erhebenden Ersatzansprüche. Dieß würde ohne Zweifel eine erwünschte Dilation der Entscheidung der Monopolsangelegenheit zur Folge haben; Hr. Temple schien indessen nicht geneigt, eine solche Phase in der Sache herbeiführen zu lassen. Die neapolitanische Seemacht besteht aus 12 Kriegsschiffen, darunter 1 Linienschiff, der Vesuvio von 82 Kanonen, und 3 Fregatten: Parthenope von 60, Isabella von 48, und Urania von 46 Kanonen. Deutschland. _ München, 1 Mai. Einer diesen Morgen am königl. Hofe bekannt gewordenen Bestimmung zufolge wird Se. Maj. der König am 17 Mai die hiesige Residenz verlassen, um sich nach Aschaffenburg zu begeben. – Der neue Finanzminister, Hr. Graf v. Seinsheim, hat bereits seine Function angetreten. – Gestern erhielt der jetzt hier anwesende k. bayerische Bevollmächtigte am Central-Zollbureau in Berlin, Hr. Bever, den Charakter eines Ministerialrathes. – Der erste Mai, der mit Excursionen und ländlichen Festen aller Art begangen wird, bringt uns, wie gewöhnlich, den Blumenmarkt, der sich von Jahr zu Jahr reicher und freundlicher gestaltet, dann die Eröffnung des Sommertheaters jenseits der Isar, das sich zahlreicher Freunde und Gönner erfreut. Für einen nicht kleinen Theil des Publicums ist auch die Eröffnung des Bockkellers ein langersehntes Ereigniß. Wie dieser Münchener Sorgenbrecher auch außer Bayern gekannt und beliebt ist, zeigen die vielen Bestellungen, die, wie ich höre, namentlich aus dem nördlichen Deutschland einlaufen, und nur zum Theil befriedigt werden können. Die Schilderungen der Vorliebe der Münchener zu

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 124. Augsburg, 3. Mai 1840, S. 0989. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_124_18400503/5>, abgerufen am 27.04.2024.