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Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840.

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getäuscht ist, um wie viel mehr ein freigelassener, hungernder Sklave ist gewiß der schlechteste Colonist, besonders wenn Krankheit und Hunger an seinem Körper nagen. Es ist nichts natürlicher, als daß der Sklave alle Laster seines frühern Herrn in seine neue Heimath hinüberträgt, daß er daher gern dem Müßiggang, der Wollust und der Trunkenheit sich ergibt, und daß er durch diese Laster, die ihn keine höhere, geistige Cultur zu fliehen und zu beherrschen lehrt, endlich untergeht. Wenn es diesen Emancipatoren um die gute rein menschliche Sache Ernst wäre, so müßten sie mit der Civilisation der Neger in Amerika anfangen, und den Samen, den sie in Afrika ausstreuen wollen, schon vor seiner Ueberfahrt auf den dortigen Boden vorzubereiten suchen. Die ihnen von den Missionären erst dort gelehrten Dinge treffen sie schon mit dem Elend ringend an, wenn der Keim des Geistigen in ihnen bereits verwelkt ist. Bis dahin aber erstreckt sich nicht leicht die Menschenliebe der Phönicier der neuen Welt, und doch ist dieß der einzige Weg, auf den man zu einem Resultat gelangen kann, das uns für die Zukunft zur Richtschnur dienen könnte.

Bis jetzt hat die Colonie von Liberia noch nichts ausgeführt als Kammholz, Palmöl und Elephantenzähne, lauter aus dem Innern von Afrika geholte Producte, welche die Eingebornen auf den Markt brachten, und selbst hiervon erstreckt sich der Werth nur auf 250,000 Thaler. Hiezu kommt noch die gänzliche Armuth und Hülflosigkeit der neuen Ankömmlinge und die ungeheure Theurung und der geringe Vorrath der meistens aus Amerika oder von dem grünen Vorgebirge in amerikanischen Schiffen geholten Lebensmittel. Nach einem vor mir liegenden Preiscourant, aus dem von einem Neger redigirten "Liberia Herald" entnommen, kostete das Pfund Fleisch 12 1/2 Cents,
Schweinefleisch 16 Cents (18 und 24 kr.), das Bushel Erdäpfel einen Thaler und zwölf Wälschkornähren 25 Cents oder einen Viertelthaler! Womit, frage ich, sollen sich denn die armen Einwanderer aus Amerika ernähren, wenn sie nicht bei den bereits dort einheimischen begüterten Negern um Lohn dienen wollen, was nach ihren Begriffen entehrender wäre, als der Sklave eines Weißen zu seyn? Freilich erhalten sie eine gewisse Anzahl Morgen Landes, aber wo finden sie das Beispiel von Cultur, und wo die reichen Speculanten, welche so etwas auf Speculation anfingen und die wenigen Begüterten daran Antheil nehmen ließen, wie dieß in Amerika der Fall ist? Wohin sollten sie die Erzeugnisse ihres Bodens ausführen? So lange Farb- und Bauhölzer, Elfenbein, Harze und Oele, welche die Eingebornen auf den Markt bringen, zu besseren Preisen abgehen als jedes andere dort erzeugte Product, und so lange der Handel der Colonie gänzlich in den Händen der Amerikaner sich befindet, kann man nicht hoffen, daß Getreide, Früchte oder Baumwolle dort gebaut werden, wodurch die Colonisten mit den Erzeugnissen der Amerikaner in Collision kommen müßten. Was die Tropenfrüchte betrifft, so liefern diese West- und Ostindien bereits zu Preisen, die der afrikanischen Niederlassung jede Aussicht auf Concurrenz benehmen müssen, wenn der Boden sie auch noch so schön und reichlich hervorbrächte; auch wären zu dergleichen Versuchen Capitalien nöthig, wie sie die Colonie und die Colonisationsgesellschaft noch nie besessen, und die, wenn die Gesellschaft sie auch zusammenbrächte, von ihr doch lieber und vortheilhafter zum Besten der Missionäre verwendet werden würden. So lange diese Fragen unbeantwortet bleiben, bleibt die Colonisation von Liberia nichts als ein Mittel, Afrika zu civilisiren und durch die dahin gesandten Religionsprediger einen für Amerika äußerst bedeutenden Handel einzuleiten, der vielleicht erst nach einem Jahrhundert dem Negerhandel an der Westküste dieses Welttheils ein Ende machen und diesen abscheulichen Verkehr gänzlich den Amerikanern - auf dem Boden der Freiheit überlassen wird.

Auf den westindischen Inseln geht die Emancipation der Neger, wie ich mit eigenen Augen zu sehen Gelegenheit hatte, einen ganz andern Gang. Dort hat die Natur für den Unterhalt der freigelassenen Sklaven gesorgt, und das Klima, das für den Weißen tödtlich ist, scheint von der Vorsehung zum bleibenden Wohnort der afrikanischen Menschheit bestimmt, die aber gänzlich von der europäischen getrennt seyn muß, wenn sie nicht durch die auf sie verpflanzten Laster zu jeder höheren geistigen Cultur unfähig gemacht werden soll. Es ist nicht genug, daß man den Sklaven von der Peitsche seines Herrn erlöst, man muß ihm auch die Mittel an die Hand geben selbstständig zu werden, und diese werden ihm selbst auf den westindischen Inseln nur mit kärglicher Hand zugemessen. Auf den Bermudischen Inseln z. B., wo die Natur gerade nicht besonders für den Unterhalt der Menschen gesorgt hat, arbeiten die Neger oft ganze Tage lang um den Sündenlohn von einem Glase Branntwein und sind selbst als Piloten, Schiffer und Fischer nicht im Stande ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Garnison und die Matrosen der Marine bringen wenigstens den weiblichen Theil vollends um seinen moralischen Werth, der durch die vielen Missionsgesellschaften, namentlich aber durch Methodisten und Baptisten nicht so leicht wieder gehoben werden dürfte. Alles stimmt damit überein, daß die Neger, seit sie frei sind, weniger zufrieden und glücklich leben als vorher, und daß, um sie geistig zu heben, man billigerweise auch für ihren Körper Sorge tragen müsse. Auch ist der Haß zwischen den Weißen und Farbigen bedeutend gestiegen, so daß an eine friedliche Gleichstellung dieser Racen vor der Hand gar nicht zu denken ist. Ein scheußlicher Schleichhandel mit Negern von den westindischen Inseln nach Florida und Texas scheint vollends den letzten Funken von Menschlichkeit in der Brust der ehemaligen Sklavenbesitzer zu ersticken. Es treiben jetzt nicht weniger als vier zu diesem Zwecke eigens in Baltimore erbaute Schiffe diesen schändlichen Verkehr mit freien zum Behufe der erneuten Knechtschaft heimlich aufgefangenen und an Bord geschmuggelten Schwarzen und Mulatten. Ein Officier in der amerikanischen Armee gestand mir offenherzig, daß damit ein bedeutendes Stück Geld zu verdienen sey, und daß die Einwohner von Florida (wovon er selber einer) damit reich geworden wären, wenn der Krieg mit den Indianern diesem vortheilhaften Handel nicht ein Ende gemacht hätte. Auf die Frage, warum man die dabei betheiligten Kaufleute und Schiffsmeister, welche alle Welt kennt, nicht den Händen der Gerechtigkeit überliefere, antwortete er: wenn sich Jemand fände, der die Gerichte hievon in Kenntniß setzte, so würde er diese seine Denunciation gewiß keine 24 Stunden überleben, denn es sey ein Hauptpfiff der Advocaten in allen solchen Rechtsfällen, die Zeugen sogleich aus dem Wege zu räumen. Die Art, wie man Schleichhandel mit den Negern treibt, ist wirklich merkwürdig und macht der Schlauheit der Amerikaner, welche den eigentlichen Räubern nur in die Hände arbeiten, alle Ehre. Ein Agent der damit sich beschäftigenden Gesellschaft oder des damit beauftragten Handelshauses schreibt nach Baltimore, läßt dort ein zu diesem Behufe eigens erbautes schnelles Fahrzeug, einen sogenannten Baltimore Clipper, ausrüsten, wirbt eine Anzahl amerikanischer Matrosen an und übergibt die Anführung ebenfalls einem amerikanischen Capitän, der dann gewöhnlich eine Ladung Mehl, Korn oder eingesalzenes Schweinfleisch nach Cuba führt, und dahin auch von der nordamerikanischen Regierung die gehörigen Pässe und Ausweise mitbringt. Außer seiner Equipage hat er nichts als einen Cajüten-Passagier an

getäuscht ist, um wie viel mehr ein freigelassener, hungernder Sklave ist gewiß der schlechteste Colonist, besonders wenn Krankheit und Hunger an seinem Körper nagen. Es ist nichts natürlicher, als daß der Sklave alle Laster seines frühern Herrn in seine neue Heimath hinüberträgt, daß er daher gern dem Müßiggang, der Wollust und der Trunkenheit sich ergibt, und daß er durch diese Laster, die ihn keine höhere, geistige Cultur zu fliehen und zu beherrschen lehrt, endlich untergeht. Wenn es diesen Emancipatoren um die gute rein menschliche Sache Ernst wäre, so müßten sie mit der Civilisation der Neger in Amerika anfangen, und den Samen, den sie in Afrika ausstreuen wollen, schon vor seiner Ueberfahrt auf den dortigen Boden vorzubereiten suchen. Die ihnen von den Missionären erst dort gelehrten Dinge treffen sie schon mit dem Elend ringend an, wenn der Keim des Geistigen in ihnen bereits verwelkt ist. Bis dahin aber erstreckt sich nicht leicht die Menschenliebe der Phönicier der neuen Welt, und doch ist dieß der einzige Weg, auf den man zu einem Resultat gelangen kann, das uns für die Zukunft zur Richtschnur dienen könnte.

Bis jetzt hat die Colonie von Liberia noch nichts ausgeführt als Kammholz, Palmöl und Elephantenzähne, lauter aus dem Innern von Afrika geholte Producte, welche die Eingebornen auf den Markt brachten, und selbst hiervon erstreckt sich der Werth nur auf 250,000 Thaler. Hiezu kommt noch die gänzliche Armuth und Hülflosigkeit der neuen Ankömmlinge und die ungeheure Theurung und der geringe Vorrath der meistens aus Amerika oder von dem grünen Vorgebirge in amerikanischen Schiffen geholten Lebensmittel. Nach einem vor mir liegenden Preiscourant, aus dem von einem Neger redigirten „Liberia Herald“ entnommen, kostete das Pfund Fleisch 12 1/2 Cents,
Schweinefleisch 16 Cents (18 und 24 kr.), das Bushel Erdäpfel einen Thaler und zwölf Wälschkornähren 25 Cents oder einen Viertelthaler! Womit, frage ich, sollen sich denn die armen Einwanderer aus Amerika ernähren, wenn sie nicht bei den bereits dort einheimischen begüterten Negern um Lohn dienen wollen, was nach ihren Begriffen entehrender wäre, als der Sklave eines Weißen zu seyn? Freilich erhalten sie eine gewisse Anzahl Morgen Landes, aber wo finden sie das Beispiel von Cultur, und wo die reichen Speculanten, welche so etwas auf Speculation anfingen und die wenigen Begüterten daran Antheil nehmen ließen, wie dieß in Amerika der Fall ist? Wohin sollten sie die Erzeugnisse ihres Bodens ausführen? So lange Farb- und Bauhölzer, Elfenbein, Harze und Oele, welche die Eingebornen auf den Markt bringen, zu besseren Preisen abgehen als jedes andere dort erzeugte Product, und so lange der Handel der Colonie gänzlich in den Händen der Amerikaner sich befindet, kann man nicht hoffen, daß Getreide, Früchte oder Baumwolle dort gebaut werden, wodurch die Colonisten mit den Erzeugnissen der Amerikaner in Collision kommen müßten. Was die Tropenfrüchte betrifft, so liefern diese West- und Ostindien bereits zu Preisen, die der afrikanischen Niederlassung jede Aussicht auf Concurrenz benehmen müssen, wenn der Boden sie auch noch so schön und reichlich hervorbrächte; auch wären zu dergleichen Versuchen Capitalien nöthig, wie sie die Colonie und die Colonisationsgesellschaft noch nie besessen, und die, wenn die Gesellschaft sie auch zusammenbrächte, von ihr doch lieber und vortheilhafter zum Besten der Missionäre verwendet werden würden. So lange diese Fragen unbeantwortet bleiben, bleibt die Colonisation von Liberia nichts als ein Mittel, Afrika zu civilisiren und durch die dahin gesandten Religionsprediger einen für Amerika äußerst bedeutenden Handel einzuleiten, der vielleicht erst nach einem Jahrhundert dem Negerhandel an der Westküste dieses Welttheils ein Ende machen und diesen abscheulichen Verkehr gänzlich den Amerikanern – auf dem Boden der Freiheit überlassen wird.

Auf den westindischen Inseln geht die Emancipation der Neger, wie ich mit eigenen Augen zu sehen Gelegenheit hatte, einen ganz andern Gang. Dort hat die Natur für den Unterhalt der freigelassenen Sklaven gesorgt, und das Klima, das für den Weißen tödtlich ist, scheint von der Vorsehung zum bleibenden Wohnort der afrikanischen Menschheit bestimmt, die aber gänzlich von der europäischen getrennt seyn muß, wenn sie nicht durch die auf sie verpflanzten Laster zu jeder höheren geistigen Cultur unfähig gemacht werden soll. Es ist nicht genug, daß man den Sklaven von der Peitsche seines Herrn erlöst, man muß ihm auch die Mittel an die Hand geben selbstständig zu werden, und diese werden ihm selbst auf den westindischen Inseln nur mit kärglicher Hand zugemessen. Auf den Bermudischen Inseln z. B., wo die Natur gerade nicht besonders für den Unterhalt der Menschen gesorgt hat, arbeiten die Neger oft ganze Tage lang um den Sündenlohn von einem Glase Branntwein und sind selbst als Piloten, Schiffer und Fischer nicht im Stande ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Garnison und die Matrosen der Marine bringen wenigstens den weiblichen Theil vollends um seinen moralischen Werth, der durch die vielen Missionsgesellschaften, namentlich aber durch Methodisten und Baptisten nicht so leicht wieder gehoben werden dürfte. Alles stimmt damit überein, daß die Neger, seit sie frei sind, weniger zufrieden und glücklich leben als vorher, und daß, um sie geistig zu heben, man billigerweise auch für ihren Körper Sorge tragen müsse. Auch ist der Haß zwischen den Weißen und Farbigen bedeutend gestiegen, so daß an eine friedliche Gleichstellung dieser Racen vor der Hand gar nicht zu denken ist. Ein scheußlicher Schleichhandel mit Negern von den westindischen Inseln nach Florida und Texas scheint vollends den letzten Funken von Menschlichkeit in der Brust der ehemaligen Sklavenbesitzer zu ersticken. Es treiben jetzt nicht weniger als vier zu diesem Zwecke eigens in Baltimore erbaute Schiffe diesen schändlichen Verkehr mit freien zum Behufe der erneuten Knechtschaft heimlich aufgefangenen und an Bord geschmuggelten Schwarzen und Mulatten. Ein Officier in der amerikanischen Armee gestand mir offenherzig, daß damit ein bedeutendes Stück Geld zu verdienen sey, und daß die Einwohner von Florida (wovon er selber einer) damit reich geworden wären, wenn der Krieg mit den Indianern diesem vortheilhaften Handel nicht ein Ende gemacht hätte. Auf die Frage, warum man die dabei betheiligten Kaufleute und Schiffsmeister, welche alle Welt kennt, nicht den Händen der Gerechtigkeit überliefere, antwortete er: wenn sich Jemand fände, der die Gerichte hievon in Kenntniß setzte, so würde er diese seine Denunciation gewiß keine 24 Stunden überleben, denn es sey ein Hauptpfiff der Advocaten in allen solchen Rechtsfällen, die Zeugen sogleich aus dem Wege zu räumen. Die Art, wie man Schleichhandel mit den Negern treibt, ist wirklich merkwürdig und macht der Schlauheit der Amerikaner, welche den eigentlichen Räubern nur in die Hände arbeiten, alle Ehre. Ein Agent der damit sich beschäftigenden Gesellschaft oder des damit beauftragten Handelshauses schreibt nach Baltimore, läßt dort ein zu diesem Behufe eigens erbautes schnelles Fahrzeug, einen sogenannten Baltimore Clipper, ausrüsten, wirbt eine Anzahl amerikanischer Matrosen an und übergibt die Anführung ebenfalls einem amerikanischen Capitän, der dann gewöhnlich eine Ladung Mehl, Korn oder eingesalzenes Schweinfleisch nach Cuba führt, und dahin auch von der nordamerikanischen Regierung die gehörigen Pässe und Ausweise mitbringt. Außer seiner Equipage hat er nichts als einen Cajüten-Passagier an

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[1011/0011] getäuscht ist, um wie viel mehr ein freigelassener, hungernder Sklave ist gewiß der schlechteste Colonist, besonders wenn Krankheit und Hunger an seinem Körper nagen. Es ist nichts natürlicher, als daß der Sklave alle Laster seines frühern Herrn in seine neue Heimath hinüberträgt, daß er daher gern dem Müßiggang, der Wollust und der Trunkenheit sich ergibt, und daß er durch diese Laster, die ihn keine höhere, geistige Cultur zu fliehen und zu beherrschen lehrt, endlich untergeht. Wenn es diesen Emancipatoren um die gute rein menschliche Sache Ernst wäre, so müßten sie mit der Civilisation der Neger in Amerika anfangen, und den Samen, den sie in Afrika ausstreuen wollen, schon vor seiner Ueberfahrt auf den dortigen Boden vorzubereiten suchen. Die ihnen von den Missionären erst dort gelehrten Dinge treffen sie schon mit dem Elend ringend an, wenn der Keim des Geistigen in ihnen bereits verwelkt ist. Bis dahin aber erstreckt sich nicht leicht die Menschenliebe der Phönicier der neuen Welt, und doch ist dieß der einzige Weg, auf den man zu einem Resultat gelangen kann, das uns für die Zukunft zur Richtschnur dienen könnte. Bis jetzt hat die Colonie von Liberia noch nichts ausgeführt als Kammholz, Palmöl und Elephantenzähne, lauter aus dem Innern von Afrika geholte Producte, welche die Eingebornen auf den Markt brachten, und selbst hiervon erstreckt sich der Werth nur auf 250,000 Thaler. Hiezu kommt noch die gänzliche Armuth und Hülflosigkeit der neuen Ankömmlinge und die ungeheure Theurung und der geringe Vorrath der meistens aus Amerika oder von dem grünen Vorgebirge in amerikanischen Schiffen geholten Lebensmittel. Nach einem vor mir liegenden Preiscourant, aus dem von einem Neger redigirten „Liberia Herald“ entnommen, kostete das Pfund Fleisch 12 1/2 Cents, Schweinefleisch 16 Cents (18 und 24 kr.), das Bushel Erdäpfel einen Thaler und zwölf Wälschkornähren 25 Cents oder einen Viertelthaler! Womit, frage ich, sollen sich denn die armen Einwanderer aus Amerika ernähren, wenn sie nicht bei den bereits dort einheimischen begüterten Negern um Lohn dienen wollen, was nach ihren Begriffen entehrender wäre, als der Sklave eines Weißen zu seyn? Freilich erhalten sie eine gewisse Anzahl Morgen Landes, aber wo finden sie das Beispiel von Cultur, und wo die reichen Speculanten, welche so etwas auf Speculation anfingen und die wenigen Begüterten daran Antheil nehmen ließen, wie dieß in Amerika der Fall ist? Wohin sollten sie die Erzeugnisse ihres Bodens ausführen? So lange Farb- und Bauhölzer, Elfenbein, Harze und Oele, welche die Eingebornen auf den Markt bringen, zu besseren Preisen abgehen als jedes andere dort erzeugte Product, und so lange der Handel der Colonie gänzlich in den Händen der Amerikaner sich befindet, kann man nicht hoffen, daß Getreide, Früchte oder Baumwolle dort gebaut werden, wodurch die Colonisten mit den Erzeugnissen der Amerikaner in Collision kommen müßten. Was die Tropenfrüchte betrifft, so liefern diese West- und Ostindien bereits zu Preisen, die der afrikanischen Niederlassung jede Aussicht auf Concurrenz benehmen müssen, wenn der Boden sie auch noch so schön und reichlich hervorbrächte; auch wären zu dergleichen Versuchen Capitalien nöthig, wie sie die Colonie und die Colonisationsgesellschaft noch nie besessen, und die, wenn die Gesellschaft sie auch zusammenbrächte, von ihr doch lieber und vortheilhafter zum Besten der Missionäre verwendet werden würden. So lange diese Fragen unbeantwortet bleiben, bleibt die Colonisation von Liberia nichts als ein Mittel, Afrika zu civilisiren und durch die dahin gesandten Religionsprediger einen für Amerika äußerst bedeutenden Handel einzuleiten, der vielleicht erst nach einem Jahrhundert dem Negerhandel an der Westküste dieses Welttheils ein Ende machen und diesen abscheulichen Verkehr gänzlich den Amerikanern – auf dem Boden der Freiheit überlassen wird. Auf den westindischen Inseln geht die Emancipation der Neger, wie ich mit eigenen Augen zu sehen Gelegenheit hatte, einen ganz andern Gang. Dort hat die Natur für den Unterhalt der freigelassenen Sklaven gesorgt, und das Klima, das für den Weißen tödtlich ist, scheint von der Vorsehung zum bleibenden Wohnort der afrikanischen Menschheit bestimmt, die aber gänzlich von der europäischen getrennt seyn muß, wenn sie nicht durch die auf sie verpflanzten Laster zu jeder höheren geistigen Cultur unfähig gemacht werden soll. Es ist nicht genug, daß man den Sklaven von der Peitsche seines Herrn erlöst, man muß ihm auch die Mittel an die Hand geben selbstständig zu werden, und diese werden ihm selbst auf den westindischen Inseln nur mit kärglicher Hand zugemessen. Auf den Bermudischen Inseln z. B., wo die Natur gerade nicht besonders für den Unterhalt der Menschen gesorgt hat, arbeiten die Neger oft ganze Tage lang um den Sündenlohn von einem Glase Branntwein und sind selbst als Piloten, Schiffer und Fischer nicht im Stande ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Garnison und die Matrosen der Marine bringen wenigstens den weiblichen Theil vollends um seinen moralischen Werth, der durch die vielen Missionsgesellschaften, namentlich aber durch Methodisten und Baptisten nicht so leicht wieder gehoben werden dürfte. Alles stimmt damit überein, daß die Neger, seit sie frei sind, weniger zufrieden und glücklich leben als vorher, und daß, um sie geistig zu heben, man billigerweise auch für ihren Körper Sorge tragen müsse. Auch ist der Haß zwischen den Weißen und Farbigen bedeutend gestiegen, so daß an eine friedliche Gleichstellung dieser Racen vor der Hand gar nicht zu denken ist. Ein scheußlicher Schleichhandel mit Negern von den westindischen Inseln nach Florida und Texas scheint vollends den letzten Funken von Menschlichkeit in der Brust der ehemaligen Sklavenbesitzer zu ersticken. Es treiben jetzt nicht weniger als vier zu diesem Zwecke eigens in Baltimore erbaute Schiffe diesen schändlichen Verkehr mit freien zum Behufe der erneuten Knechtschaft heimlich aufgefangenen und an Bord geschmuggelten Schwarzen und Mulatten. Ein Officier in der amerikanischen Armee gestand mir offenherzig, daß damit ein bedeutendes Stück Geld zu verdienen sey, und daß die Einwohner von Florida (wovon er selber einer) damit reich geworden wären, wenn der Krieg mit den Indianern diesem vortheilhaften Handel nicht ein Ende gemacht hätte. Auf die Frage, warum man die dabei betheiligten Kaufleute und Schiffsmeister, welche alle Welt kennt, nicht den Händen der Gerechtigkeit überliefere, antwortete er: wenn sich Jemand fände, der die Gerichte hievon in Kenntniß setzte, so würde er diese seine Denunciation gewiß keine 24 Stunden überleben, denn es sey ein Hauptpfiff der Advocaten in allen solchen Rechtsfällen, die Zeugen sogleich aus dem Wege zu räumen. Die Art, wie man Schleichhandel mit den Negern treibt, ist wirklich merkwürdig und macht der Schlauheit der Amerikaner, welche den eigentlichen Räubern nur in die Hände arbeiten, alle Ehre. Ein Agent der damit sich beschäftigenden Gesellschaft oder des damit beauftragten Handelshauses schreibt nach Baltimore, läßt dort ein zu diesem Behufe eigens erbautes schnelles Fahrzeug, einen sogenannten Baltimore Clipper, ausrüsten, wirbt eine Anzahl amerikanischer Matrosen an und übergibt die Anführung ebenfalls einem amerikanischen Capitän, der dann gewöhnlich eine Ladung Mehl, Korn oder eingesalzenes Schweinfleisch nach Cuba führt, und dahin auch von der nordamerikanischen Regierung die gehörigen Pässe und Ausweise mitbringt. Außer seiner Equipage hat er nichts als einen Cajüten-Passagier an

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 127. Augsburg, 6. Mai 1840, S. 1011. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_127_18400506/11>, abgerufen am 10.10.2024.