Allgemeine Zeitung. Nr. 132. Augsburg, 11. Mai 1840.ihn in einen unbedeutenden Ort des Delta, wo er seit dieser Zeit verblieb. Als vor einigen Monaten der Pascha die Nationalgarde in Bulak errichten wollte und nicht wußte, wem er das Commando derselben anvertrauen könne, fiel ihm plötzlich dieser alte Revolutionär ein, der immer noch eine Partei in Bulak und viel Einfluß daselbst hat. Durch andere ließ er ihm einflüstern, er möge um ein Gnadengesuch einkommen; dieß geschah, und der alte Mann ward nach Alexandria zum Pascha geladen. Dort angekommen, ward er auf das allerbeste empfangen, man führte ihn in den Palast des Pascha's, dessen Schönheit er nicht aufhörte zu bewundern, und als er wieder in den Divan zurückgebracht ward, sagte er zu Mehemed Ali, daß das Paradies der Gläubigen unmöglich schöner seyn könne. "So gut wie ich es habe, sollst du es auch haben, erwiederte der Pascha, ich erkenne jetzt deine besondern Verdienste an, und damit du siehst, wie redlich ich es meine, mache ich dich hiermit zum Bey und General von zwei Regimentern, die du selbst errichten und die Officiere selbst ernennen sollst. Gehe nach Bulak und suche dir dort wie in Alt-Kairo die besten Leute aus, und wenn du dich bald deines Auftrags entledigst, werde ich weiter an dich denken." Man kann sich vorstellen, wie der alte Teufel, der in Kümmerniß und Elend sein ganzes Leben lang verbracht hatte, über seine neue Erhebung erstaunt war. Er eilte nach Bulak und betrieb dort die Errichtung der Nationalgarde mit solchem Eifer, daß in ganz kurzer Zeit seine zwei Regimenter auf dem Exercierplatz erscheinen konnten. So weiß Mehemed Ali die schwachen Seiten der Menschen zu benutzen! Die arabischen Regimenter gehen nach Rosette, von dort wahrscheinlich nach Syrien, doch ist hier nichts darüber bestimmt; das Gouvernement wechselt im Gegentheil alle Augenblick seine Beschlüsse, man kann durchaus nicht genau wissen, welche Maaßregeln ergriffen werden. Neuseeland. Mission und Colonisation. (Beschluß.) Nun zum Zeugniß des Hrn. Flatt. Dieser John Flatt, der einzige gegen die Missionarien aufgetretene Zeuge, war schwerlich im Stande, sich so genaue Kenntniß über den Besitz der Missionarien zu verschaffen, als ihm der fragliche Artikel beilegt. Er war nicht als Katechist, sondern bloß als Ackerbauer (er ist ein gelernter Gärtner) von der Gesellschaft nach Neuseeland geschickt worden, wo er im December 1834 ankam. Er blieb bis zum Mai 1837, wo man seiner Dienste nicht ferner bedurfte und nicht für gut finden konnte, ihn als Religionslehrer zu verwenden. Er brachte den größten Theil seiner Aufenthaltszeit in der südlichen Mission, 150 Meilen von dem Orte zu, auf welchen sich seine Angaben beziehen. Allerdings hatte die Gesellschaft ihren Missionarien Erlaubniß zum Ankauf von Ländereien gegeben, weil diese Männer beim Heranwachsen ihrer Kinder darauf denken mußten, sie entweder von sich zu entfernen, oder für ihr künftiges Auskommen gesorgt zu sehen. Die Committee hatte aber nicht nur "mäßigen Umfang" der anzukaufenden Ländereien und Beschränkung der Ankäufe auf die Kinder, welche das 15te Jahr erreicht hätten, zur Bedingung gemacht, sondern auch ausdrücklich vorbehalten, jeden einzelnen Kauf erst vorher zu genehmigen oder zu verwerfen. Die Missionarien selbst schlugen der Committee für jedes Kind von 15 Jahren 200 Acres als die größeste Ausdehnung der Ländereien vor - ein Vorschlag, den sie nur billig finden konnte, so lange nämlich 50 Pfd. St. diesem Umfang von Grundbesitz gleichwerthig sind. Sie behielt sich ausdrücklich vor, beim Steigen des Landwerths die Quantität der Ländereien für jedes Kind entsprechend herabzusetzen. Es ist wahr, die Antwort der Missionarien auf die letzte Anfrage der Gesellschaft ist noch nicht veröffentlicht, aber einfach darum, weil die Committee überhaupt ihre Correspondenz nicht ohne besondern Anlaß drucken läßt, und weil sie damals, als dieser Anlaß vorlag, noch nicht eingelaufen war. Warum aber überhaupt Landbesitz bei der Mission? Warum soll diese Colonisation nicht nachtheilig seyn, während die der beabsichtigten Gesellschaft so sehr gefährlich gefunden wurde? Auf die erste Frage dient zur Antwort: weil die Mission dadurch weit leichter unterhalten wird, als wenn sie ihre Lebensmittel von Neusüdwallis einführt, weil die Wilden den Ackerbau lernen und der beständigen Kriege entwöhnt werden sollen; auf die zweite: wenn der Missionär in seiner Pflanzung beschädigt wird, so wird er es dulden, denn er hat weder Willen noch Macht zum Widerstand; der Colonist hingegen wird jede Störung seines Besitzes, jeden Einbruch in sein Eigenthum durch militärische Abwehrung, ja durch Streifzüge vergelten, Krieg und Blutvergießen werden unvermeidlich seyn. Eine Ansiedlung von Seite der Mission wird nur wenige und an christlicher Gesinnung und Bildung überlegene Europäer, die überdieß die Kinder ihrer Wohlthäter sind, unter die Eingebornen mischen, sie wird diese selbst in den Ansiedlungen zur Hauptmasse der Bevölkerung machen, während eine auf Speculation beruhende Ansiedlung möglichst viel Land an Pflanzer verkauft und nach dem Glauben und Leben derselben nur wenig fragt, wie die Erfahrung lehrt. Der große Unterschied ist also der: im einen Fall müssen die Eingebornen weichen, im andern nicht. Doch der Zeuge weiß mehr - er weiß von Kriegen zu melden, die in Folge der Landankäufe entstanden seyen. Woher weiß er dieß? Ist ihm nicht bekannt, daß gerade der Norden der Insel, wo die Missionen schon tiefer wurzeln als im Süden, friedlicher geworden ist, als der Süden; hat er nicht gewußt, daß gerade im Süden, wo die Mission noch neu ist (seit 1834), die Landankäufe daher noch nicht stattgefunden haben, die Missionsniederlassungen selbst von den wilden Heiden zerstört wurden (Ende 1835)? Hat man Ursache, so gering von der Klugheit der Missionarien zu denken, daß man sich einbildet, sie werden solche furchtbare Ereignisse hervorrufen, bloß um ihre Kinder zu erhalten, für welche sonst die Gesellschaft in England zu sorgen hätte? Daß die Bevölkerung Neuseelands überhaupt im Abnehmen begriffen ist, weiß man - durch die Missionarien. Die Ursachen sind längst bekannt, und die Missionarien berufen sich nicht auf ein "unergründliches Verhängniß," sondern auf die Arbeitsscheue und die beständigen Kriege der heidnischen Einwohner, nebenbei auch auf das Benehmen der europäischen Ansiedler, welche aus den englischen Colonien in Australien flüchtig auf die Insel gekommen sind, und bemühen sich, durch die Errichtung einer Mühle, die Eingebornen in Besitz eines zweckmäßigen Nahrungsmittels für ihre Kinder zu setzen, weil die meisten von ihnen am Mangel jung sterben. So weit der Einfluß der Mission reicht, hört mit der traurigen Ursache auch die schreckliche Wirkung auf. Hr. Marsden, ein Obercaplan der nach der Aussage des Correspondenten so eifersüchtigen bischöflichen Kirche, sagt: "Nichts ist auffallender, als der Contrast zwischen der Ost- und der Westseite der Inselbay, die doch nur zwei Meilen von einander entfernt sind. Dort Alles voll von Kriegsleuten in völlig wildem Zustande, viele fast nackt, und wenn sie kämpfen völlig nackt; man hört nichts als Knall der Gewehre und Lärm eines wilden Lagers, Klagegeschrei über die Todten, Gewinsel der Verwundeten. Hier, wo die Missionen liegen, der liebliche Klang der Kirchenglocke, die Eingebornen sich versammelnd zum Gottesdienst, still und andächtig in ihn in einen unbedeutenden Ort des Delta, wo er seit dieser Zeit verblieb. Als vor einigen Monaten der Pascha die Nationalgarde in Bulak errichten wollte und nicht wußte, wem er das Commando derselben anvertrauen könne, fiel ihm plötzlich dieser alte Revolutionär ein, der immer noch eine Partei in Bulak und viel Einfluß daselbst hat. Durch andere ließ er ihm einflüstern, er möge um ein Gnadengesuch einkommen; dieß geschah, und der alte Mann ward nach Alexandria zum Pascha geladen. Dort angekommen, ward er auf das allerbeste empfangen, man führte ihn in den Palast des Pascha's, dessen Schönheit er nicht aufhörte zu bewundern, und als er wieder in den Divan zurückgebracht ward, sagte er zu Mehemed Ali, daß das Paradies der Gläubigen unmöglich schöner seyn könne. „So gut wie ich es habe, sollst du es auch haben, erwiederte der Pascha, ich erkenne jetzt deine besondern Verdienste an, und damit du siehst, wie redlich ich es meine, mache ich dich hiermit zum Bey und General von zwei Regimentern, die du selbst errichten und die Officiere selbst ernennen sollst. Gehe nach Bulak und suche dir dort wie in Alt-Kairo die besten Leute aus, und wenn du dich bald deines Auftrags entledigst, werde ich weiter an dich denken.“ Man kann sich vorstellen, wie der alte Teufel, der in Kümmerniß und Elend sein ganzes Leben lang verbracht hatte, über seine neue Erhebung erstaunt war. Er eilte nach Bulak und betrieb dort die Errichtung der Nationalgarde mit solchem Eifer, daß in ganz kurzer Zeit seine zwei Regimenter auf dem Exercierplatz erscheinen konnten. So weiß Mehemed Ali die schwachen Seiten der Menschen zu benutzen! Die arabischen Regimenter gehen nach Rosette, von dort wahrscheinlich nach Syrien, doch ist hier nichts darüber bestimmt; das Gouvernement wechselt im Gegentheil alle Augenblick seine Beschlüsse, man kann durchaus nicht genau wissen, welche Maaßregeln ergriffen werden. Neuseeland. Mission und Colonisation. (Beschluß.) Nun zum Zeugniß des Hrn. Flatt. Dieser John Flatt, der einzige gegen die Missionarien aufgetretene Zeuge, war schwerlich im Stande, sich so genaue Kenntniß über den Besitz der Missionarien zu verschaffen, als ihm der fragliche Artikel beilegt. Er war nicht als Katechist, sondern bloß als Ackerbauer (er ist ein gelernter Gärtner) von der Gesellschaft nach Neuseeland geschickt worden, wo er im December 1834 ankam. Er blieb bis zum Mai 1837, wo man seiner Dienste nicht ferner bedurfte und nicht für gut finden konnte, ihn als Religionslehrer zu verwenden. Er brachte den größten Theil seiner Aufenthaltszeit in der südlichen Mission, 150 Meilen von dem Orte zu, auf welchen sich seine Angaben beziehen. Allerdings hatte die Gesellschaft ihren Missionarien Erlaubniß zum Ankauf von Ländereien gegeben, weil diese Männer beim Heranwachsen ihrer Kinder darauf denken mußten, sie entweder von sich zu entfernen, oder für ihr künftiges Auskommen gesorgt zu sehen. Die Committee hatte aber nicht nur „mäßigen Umfang“ der anzukaufenden Ländereien und Beschränkung der Ankäufe auf die Kinder, welche das 15te Jahr erreicht hätten, zur Bedingung gemacht, sondern auch ausdrücklich vorbehalten, jeden einzelnen Kauf erst vorher zu genehmigen oder zu verwerfen. Die Missionarien selbst schlugen der Committee für jedes Kind von 15 Jahren 200 Acres als die größeste Ausdehnung der Ländereien vor – ein Vorschlag, den sie nur billig finden konnte, so lange nämlich 50 Pfd. St. diesem Umfang von Grundbesitz gleichwerthig sind. Sie behielt sich ausdrücklich vor, beim Steigen des Landwerths die Quantität der Ländereien für jedes Kind entsprechend herabzusetzen. Es ist wahr, die Antwort der Missionarien auf die letzte Anfrage der Gesellschaft ist noch nicht veröffentlicht, aber einfach darum, weil die Committee überhaupt ihre Correspondenz nicht ohne besondern Anlaß drucken läßt, und weil sie damals, als dieser Anlaß vorlag, noch nicht eingelaufen war. Warum aber überhaupt Landbesitz bei der Mission? Warum soll diese Colonisation nicht nachtheilig seyn, während die der beabsichtigten Gesellschaft so sehr gefährlich gefunden wurde? Auf die erste Frage dient zur Antwort: weil die Mission dadurch weit leichter unterhalten wird, als wenn sie ihre Lebensmittel von Neusüdwallis einführt, weil die Wilden den Ackerbau lernen und der beständigen Kriege entwöhnt werden sollen; auf die zweite: wenn der Missionär in seiner Pflanzung beschädigt wird, so wird er es dulden, denn er hat weder Willen noch Macht zum Widerstand; der Colonist hingegen wird jede Störung seines Besitzes, jeden Einbruch in sein Eigenthum durch militärische Abwehrung, ja durch Streifzüge vergelten, Krieg und Blutvergießen werden unvermeidlich seyn. Eine Ansiedlung von Seite der Mission wird nur wenige und an christlicher Gesinnung und Bildung überlegene Europäer, die überdieß die Kinder ihrer Wohlthäter sind, unter die Eingebornen mischen, sie wird diese selbst in den Ansiedlungen zur Hauptmasse der Bevölkerung machen, während eine auf Speculation beruhende Ansiedlung möglichst viel Land an Pflanzer verkauft und nach dem Glauben und Leben derselben nur wenig fragt, wie die Erfahrung lehrt. Der große Unterschied ist also der: im einen Fall müssen die Eingebornen weichen, im andern nicht. Doch der Zeuge weiß mehr – er weiß von Kriegen zu melden, die in Folge der Landankäufe entstanden seyen. Woher weiß er dieß? Ist ihm nicht bekannt, daß gerade der Norden der Insel, wo die Missionen schon tiefer wurzeln als im Süden, friedlicher geworden ist, als der Süden; hat er nicht gewußt, daß gerade im Süden, wo die Mission noch neu ist (seit 1834), die Landankäufe daher noch nicht stattgefunden haben, die Missionsniederlassungen selbst von den wilden Heiden zerstört wurden (Ende 1835)? Hat man Ursache, so gering von der Klugheit der Missionarien zu denken, daß man sich einbildet, sie werden solche furchtbare Ereignisse hervorrufen, bloß um ihre Kinder zu erhalten, für welche sonst die Gesellschaft in England zu sorgen hätte? Daß die Bevölkerung Neuseelands überhaupt im Abnehmen begriffen ist, weiß man – durch die Missionarien. Die Ursachen sind längst bekannt, und die Missionarien berufen sich nicht auf ein „unergründliches Verhängniß,“ sondern auf die Arbeitsscheue und die beständigen Kriege der heidnischen Einwohner, nebenbei auch auf das Benehmen der europäischen Ansiedler, welche aus den englischen Colonien in Australien flüchtig auf die Insel gekommen sind, und bemühen sich, durch die Errichtung einer Mühle, die Eingebornen in Besitz eines zweckmäßigen Nahrungsmittels für ihre Kinder zu setzen, weil die meisten von ihnen am Mangel jung sterben. So weit der Einfluß der Mission reicht, hört mit der traurigen Ursache auch die schreckliche Wirkung auf. Hr. Marsden, ein Obercaplan der nach der Aussage des Correspondenten so eifersüchtigen bischöflichen Kirche, sagt: „Nichts ist auffallender, als der Contrast zwischen der Ost- und der Westseite der Inselbay, die doch nur zwei Meilen von einander entfernt sind. Dort Alles voll von Kriegsleuten in völlig wildem Zustande, viele fast nackt, und wenn sie kämpfen völlig nackt; man hört nichts als Knall der Gewehre und Lärm eines wilden Lagers, Klagegeschrei über die Todten, Gewinsel der Verwundeten. Hier, wo die Missionen liegen, der liebliche Klang der Kirchenglocke, die Eingebornen sich versammelnd zum Gottesdienst, still und andächtig in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0012" n="1052"/> ihn in einen unbedeutenden Ort des Delta, wo er seit dieser Zeit verblieb. Als vor einigen Monaten der Pascha die Nationalgarde in Bulak errichten wollte und nicht wußte, wem er das Commando derselben anvertrauen könne, fiel ihm plötzlich dieser alte Revolutionär ein, der immer noch eine Partei in Bulak und viel Einfluß daselbst hat. Durch andere ließ er ihm einflüstern, er möge um ein Gnadengesuch einkommen; dieß geschah, und der alte Mann ward nach Alexandria zum Pascha geladen. Dort angekommen, ward er auf das allerbeste empfangen, man führte ihn in den Palast des Pascha's, dessen Schönheit er nicht aufhörte zu bewundern, und als er wieder in den Divan zurückgebracht ward, sagte er zu Mehemed Ali, daß das Paradies der Gläubigen unmöglich schöner seyn könne. „So gut wie ich es habe, sollst du es auch haben, erwiederte der Pascha, ich erkenne jetzt deine besondern Verdienste an, und damit du siehst, wie redlich ich es meine, mache ich dich hiermit zum Bey und General von zwei Regimentern, die du selbst errichten und die Officiere selbst ernennen sollst. Gehe nach Bulak und suche dir dort wie in Alt-Kairo die besten Leute aus, und wenn du dich bald deines Auftrags entledigst, werde ich weiter an dich denken.“ Man kann sich vorstellen, wie der alte Teufel, der in Kümmerniß und Elend sein ganzes Leben lang verbracht hatte, über seine neue Erhebung erstaunt war. Er eilte nach Bulak und betrieb dort die Errichtung der Nationalgarde mit solchem Eifer, daß in ganz kurzer Zeit seine zwei Regimenter auf dem Exercierplatz erscheinen konnten. So weiß Mehemed Ali die schwachen Seiten der Menschen zu benutzen! Die arabischen Regimenter gehen nach Rosette, von dort wahrscheinlich nach Syrien, doch ist hier nichts darüber bestimmt; das Gouvernement wechselt im Gegentheil alle Augenblick seine Beschlüsse, man kann durchaus nicht genau wissen, welche Maaßregeln ergriffen werden.</p> </div> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Neuseeland.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#g">Mission und Colonisation</hi>.</p><lb/> <p>(Beschluß.)</p><lb/> <p>Nun zum Zeugniß des Hrn. Flatt. Dieser John Flatt, der einzige gegen die Missionarien aufgetretene Zeuge, war schwerlich im Stande, sich so genaue Kenntniß über den Besitz der Missionarien zu verschaffen, als ihm der fragliche Artikel beilegt. Er war nicht als Katechist, sondern bloß als Ackerbauer (er ist ein gelernter Gärtner) von der Gesellschaft nach Neuseeland geschickt worden, wo er im December 1834 ankam. Er blieb bis zum Mai 1837, wo man seiner Dienste nicht ferner bedurfte und nicht für gut finden konnte, ihn als Religionslehrer zu verwenden. Er brachte den größten Theil seiner Aufenthaltszeit in der südlichen Mission, 150 Meilen von dem Orte zu, auf welchen sich seine Angaben beziehen.</p><lb/> <p>Allerdings hatte die Gesellschaft ihren Missionarien Erlaubniß zum Ankauf von Ländereien gegeben, weil diese Männer beim Heranwachsen ihrer Kinder darauf denken mußten, sie entweder von sich zu entfernen, oder für ihr künftiges Auskommen gesorgt zu sehen. Die Committee hatte aber nicht nur „mäßigen Umfang“ der anzukaufenden Ländereien und Beschränkung der Ankäufe auf die Kinder, welche das 15te Jahr erreicht hätten, zur Bedingung gemacht, sondern auch ausdrücklich vorbehalten, jeden einzelnen Kauf erst vorher zu genehmigen oder zu verwerfen. Die Missionarien selbst schlugen der Committee für jedes Kind von 15 Jahren 200 Acres als die größeste Ausdehnung der Ländereien vor – ein Vorschlag, den sie nur billig finden konnte, so lange nämlich 50 Pfd. St. diesem Umfang von Grundbesitz gleichwerthig sind. Sie behielt sich ausdrücklich vor, beim Steigen des Landwerths die Quantität der Ländereien für jedes Kind entsprechend herabzusetzen. Es ist wahr, die Antwort der Missionarien auf die letzte Anfrage der Gesellschaft ist noch nicht veröffentlicht, aber einfach darum, weil die Committee überhaupt ihre Correspondenz nicht ohne besondern Anlaß drucken läßt, und weil sie damals, als dieser Anlaß vorlag, noch nicht eingelaufen war. Warum aber überhaupt Landbesitz bei der Mission? Warum soll diese Colonisation nicht nachtheilig seyn, während die der beabsichtigten Gesellschaft so sehr gefährlich gefunden wurde? Auf die erste Frage dient zur Antwort: weil die Mission dadurch weit leichter unterhalten wird, als wenn sie ihre Lebensmittel von Neusüdwallis einführt, weil die Wilden den Ackerbau lernen und der beständigen Kriege entwöhnt werden sollen; auf die zweite: wenn der Missionär in seiner Pflanzung beschädigt wird, so wird er es dulden, denn er hat weder Willen noch Macht zum Widerstand; der Colonist hingegen wird jede Störung seines Besitzes, jeden Einbruch in sein Eigenthum durch militärische Abwehrung, ja durch Streifzüge vergelten, Krieg und Blutvergießen werden unvermeidlich seyn. Eine Ansiedlung von Seite der Mission wird nur wenige und an christlicher Gesinnung und Bildung überlegene Europäer, die überdieß die Kinder ihrer Wohlthäter sind, unter die Eingebornen mischen, sie wird diese selbst in den Ansiedlungen zur Hauptmasse der Bevölkerung machen, während eine auf Speculation beruhende Ansiedlung möglichst viel Land an Pflanzer verkauft und nach dem Glauben und Leben derselben nur wenig fragt, wie die Erfahrung lehrt. Der große Unterschied ist also der: im einen Fall müssen die Eingebornen weichen, im andern nicht.</p><lb/> <p>Doch der Zeuge weiß mehr – er weiß von Kriegen zu melden, die in Folge der Landankäufe entstanden seyen. Woher weiß er dieß? 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Die Ursachen sind längst bekannt, und die Missionarien berufen sich nicht auf ein „unergründliches Verhängniß,“ sondern auf die Arbeitsscheue und die beständigen Kriege der heidnischen Einwohner, nebenbei auch auf das Benehmen der europäischen Ansiedler, welche aus den englischen Colonien in Australien flüchtig auf die Insel gekommen sind, und bemühen sich, durch die Errichtung einer Mühle, die Eingebornen in Besitz eines zweckmäßigen Nahrungsmittels für ihre Kinder zu setzen, weil die meisten von ihnen am Mangel jung sterben. So weit der Einfluß der Mission reicht, hört mit der traurigen Ursache auch die schreckliche Wirkung auf. Hr. Marsden, ein Obercaplan der nach der Aussage des Correspondenten so eifersüchtigen bischöflichen Kirche, sagt: „Nichts ist auffallender, als der Contrast zwischen der Ost- und der Westseite der Inselbay, die doch nur zwei Meilen von einander entfernt sind. Dort Alles voll von Kriegsleuten in völlig wildem Zustande, viele fast nackt, und wenn sie kämpfen völlig nackt; man hört nichts als Knall der Gewehre und Lärm eines wilden Lagers, Klagegeschrei über die Todten, Gewinsel der Verwundeten. Hier, wo die Missionen liegen, der liebliche Klang der Kirchenglocke, die Eingebornen sich versammelnd zum Gottesdienst, still und andächtig in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [1052/0012]
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Neuseeland.
Mission und Colonisation.
(Beschluß.)
Nun zum Zeugniß des Hrn. Flatt. Dieser John Flatt, der einzige gegen die Missionarien aufgetretene Zeuge, war schwerlich im Stande, sich so genaue Kenntniß über den Besitz der Missionarien zu verschaffen, als ihm der fragliche Artikel beilegt. Er war nicht als Katechist, sondern bloß als Ackerbauer (er ist ein gelernter Gärtner) von der Gesellschaft nach Neuseeland geschickt worden, wo er im December 1834 ankam. Er blieb bis zum Mai 1837, wo man seiner Dienste nicht ferner bedurfte und nicht für gut finden konnte, ihn als Religionslehrer zu verwenden. Er brachte den größten Theil seiner Aufenthaltszeit in der südlichen Mission, 150 Meilen von dem Orte zu, auf welchen sich seine Angaben beziehen.
Allerdings hatte die Gesellschaft ihren Missionarien Erlaubniß zum Ankauf von Ländereien gegeben, weil diese Männer beim Heranwachsen ihrer Kinder darauf denken mußten, sie entweder von sich zu entfernen, oder für ihr künftiges Auskommen gesorgt zu sehen. Die Committee hatte aber nicht nur „mäßigen Umfang“ der anzukaufenden Ländereien und Beschränkung der Ankäufe auf die Kinder, welche das 15te Jahr erreicht hätten, zur Bedingung gemacht, sondern auch ausdrücklich vorbehalten, jeden einzelnen Kauf erst vorher zu genehmigen oder zu verwerfen. Die Missionarien selbst schlugen der Committee für jedes Kind von 15 Jahren 200 Acres als die größeste Ausdehnung der Ländereien vor – ein Vorschlag, den sie nur billig finden konnte, so lange nämlich 50 Pfd. St. diesem Umfang von Grundbesitz gleichwerthig sind. Sie behielt sich ausdrücklich vor, beim Steigen des Landwerths die Quantität der Ländereien für jedes Kind entsprechend herabzusetzen. Es ist wahr, die Antwort der Missionarien auf die letzte Anfrage der Gesellschaft ist noch nicht veröffentlicht, aber einfach darum, weil die Committee überhaupt ihre Correspondenz nicht ohne besondern Anlaß drucken läßt, und weil sie damals, als dieser Anlaß vorlag, noch nicht eingelaufen war. Warum aber überhaupt Landbesitz bei der Mission? Warum soll diese Colonisation nicht nachtheilig seyn, während die der beabsichtigten Gesellschaft so sehr gefährlich gefunden wurde? Auf die erste Frage dient zur Antwort: weil die Mission dadurch weit leichter unterhalten wird, als wenn sie ihre Lebensmittel von Neusüdwallis einführt, weil die Wilden den Ackerbau lernen und der beständigen Kriege entwöhnt werden sollen; auf die zweite: wenn der Missionär in seiner Pflanzung beschädigt wird, so wird er es dulden, denn er hat weder Willen noch Macht zum Widerstand; der Colonist hingegen wird jede Störung seines Besitzes, jeden Einbruch in sein Eigenthum durch militärische Abwehrung, ja durch Streifzüge vergelten, Krieg und Blutvergießen werden unvermeidlich seyn. Eine Ansiedlung von Seite der Mission wird nur wenige und an christlicher Gesinnung und Bildung überlegene Europäer, die überdieß die Kinder ihrer Wohlthäter sind, unter die Eingebornen mischen, sie wird diese selbst in den Ansiedlungen zur Hauptmasse der Bevölkerung machen, während eine auf Speculation beruhende Ansiedlung möglichst viel Land an Pflanzer verkauft und nach dem Glauben und Leben derselben nur wenig fragt, wie die Erfahrung lehrt. Der große Unterschied ist also der: im einen Fall müssen die Eingebornen weichen, im andern nicht.
Doch der Zeuge weiß mehr – er weiß von Kriegen zu melden, die in Folge der Landankäufe entstanden seyen. Woher weiß er dieß? Ist ihm nicht bekannt, daß gerade der Norden der Insel, wo die Missionen schon tiefer wurzeln als im Süden, friedlicher geworden ist, als der Süden; hat er nicht gewußt, daß gerade im Süden, wo die Mission noch neu ist (seit 1834), die Landankäufe daher noch nicht stattgefunden haben, die Missionsniederlassungen selbst von den wilden Heiden zerstört wurden (Ende 1835)? Hat man Ursache, so gering von der Klugheit der Missionarien zu denken, daß man sich einbildet, sie werden solche furchtbare Ereignisse hervorrufen, bloß um ihre Kinder zu erhalten, für welche sonst die Gesellschaft in England zu sorgen hätte? Daß die Bevölkerung Neuseelands überhaupt im Abnehmen begriffen ist, weiß man – durch die Missionarien. Die Ursachen sind längst bekannt, und die Missionarien berufen sich nicht auf ein „unergründliches Verhängniß,“ sondern auf die Arbeitsscheue und die beständigen Kriege der heidnischen Einwohner, nebenbei auch auf das Benehmen der europäischen Ansiedler, welche aus den englischen Colonien in Australien flüchtig auf die Insel gekommen sind, und bemühen sich, durch die Errichtung einer Mühle, die Eingebornen in Besitz eines zweckmäßigen Nahrungsmittels für ihre Kinder zu setzen, weil die meisten von ihnen am Mangel jung sterben. So weit der Einfluß der Mission reicht, hört mit der traurigen Ursache auch die schreckliche Wirkung auf. Hr. Marsden, ein Obercaplan der nach der Aussage des Correspondenten so eifersüchtigen bischöflichen Kirche, sagt: „Nichts ist auffallender, als der Contrast zwischen der Ost- und der Westseite der Inselbay, die doch nur zwei Meilen von einander entfernt sind. Dort Alles voll von Kriegsleuten in völlig wildem Zustande, viele fast nackt, und wenn sie kämpfen völlig nackt; man hört nichts als Knall der Gewehre und Lärm eines wilden Lagers, Klagegeschrei über die Todten, Gewinsel der Verwundeten. Hier, wo die Missionen liegen, der liebliche Klang der Kirchenglocke, die Eingebornen sich versammelnd zum Gottesdienst, still und andächtig in
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