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Allgemeine Zeitung. Nr. 140. Augsburg, 19. Mai 1840.

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und scheint dießmal in Vollzug zu kommen; man nennt als Redactoren einige Bekannte des Hrn. Thiers aus früherer Zeit, die bereits ministerielle Blätter im bisherigen Sinne redigirt haben. Auf diese Weise kommt aber nichts Anderes zur Geburt als ein neues ministerielles Blatt, dem, wie den übrigen, das Publicum sein Vertrauen versagt. Man vermuthet, Hr. Thiers halte es für nöthig, unter dieser neuen Form sich einen weiteren Alliirten zu bilden, da der vorzüglichste unter den bisherigen, der Courrier francais, seine Partie gänzlich zu verlassen scheint, und seine übrigen Blätter wenig Credit beim unbefangenen Theile des Publicums genießen.

Der Mörder des im Monat März beim Canal de la Villette zu Paris ermordet gefundenen Knaben, den die Pariser Polizei seit zwei Monaten vergebens zu entdecken sich bemühte, ist vorgestern hier in Bordeaux, nachdem er Tags vorher, eine Stunde von der Stadt, noch einen doppelten, grauenhaften Mord verübt, verhaftet worden. Die drei Schlachtopfer waren seine Geliebte, sein Sohn und seine Tochter, Kinder von 10 bis 12 Jahren, beide mit ihr erzeugt. Der Verbrecher ist von Pau gebürtig. Die näheren Umstände der gräßlichen That, die niederzuschreiben mir unmöglich ist, werden Ihnen dieser Tage wohl alle Journale in langen Spalten liefern.

Belgien.

Am 17 wird die erste Section der Eisenbahn im Hennegau, nach Tubise, feierlich eröffnet werden. - In der heutigen Sitzung der Repräsentantenkammer legte der Finanzminister ein Gesetzproject vor, wodurch die Regierung zu einer Anleihe von 90 Millionen Fr. autorisirt wird. (Geräusch.) Der Betrag derselben soll verwendet werden: 1) zur Fortsetzung der detaillirten Eisenbahnen; 2) zur Amortisation von 12 Millionen 1839 creirter Schatzscheine; 3) zur Bezahlung der 4000 Actien der rheinischen Eisenbahn; 4) zur Beendigung der decretirten Straßen; 5) zur Deckung der Ausfälle des Budgets der Mittel und Wege vor 1840; 6) zur Zahlung des zweiten Semesters der jährlichen an Holland zu zahlenden Rente. Die Güter und Einkünfte des Königreichs werden zur Garantie dieser Anleihe gestellt werden. - Der Minister des Innern legt ein Project zur Errichtung einer Linie von Dampfbooten zwischen Belgien und den vereinigten Staaten vor. Die Kosten betragen 400,000 Fr.

Niederlande.

Die neue Erklärung des Finanzministers in der Centralsection hat ihren Erfolg verfehlt. In den meisten Sectionen hat sich die Majorität, in einigen sogar alle Mitglieder unzufrieden damit erklärt, woraus hervorgeht, daß diese Erklärung die Verwerfung des Budgets nicht verhindern wird. - In der Sitzung der Generalstaaten schlug der Präsident vor, das Budget für morgen auf die Tagesordnung zu setzen, als sich Hr. Van Sitzama, Deputirter von Friesland, und eines der einflußreichsten Mitglieder der Opposition widersetzte, da in dem neuen Budget die Ausgabeu für das Amortissements-Syndicat fehlten, diese Ausgaben also durch das Gesetz über die Abschaffung des Syndicats beschafft werden müßten, und daher das Budget zu vertagen sey, bis die Regierung das neue Gesetz über das Syndicat vorgelegt habe. Dieser Vorschlag, mit großer Lebhaftigkeit entwickelt und unterstützt, wurde angenommen, und einstimmig bestimmt, daß die Discussion des Budgets bis zu einer neuen Berufung zu verschieben sey, welche eintrete, sobald das Syndicatsgesetz vorgelegt worden sey. (Amsterd. Bl.)

Heute ist der entscheidende Tag, wo die Generalstaaten über das Budget des Jahrs 1840 öffentlich berathen und wohl auch abstimmen werden; man sieht, wie leicht zu erachten, dem kaum zweifelhaften Ergebniß mit größter Spannung entgegen. Am 11 ist der Kammer das Syndicatsgesetz vorgelegt worden. Dasselbe enthält aber, wie man voraus wußte, durchaus nichts als daß das Syndicat die 6,500,000 fl., welche man vom Budget abschnitt, aus seinen eigenen Mitteln aufbringen und somit seine Activa vermindern soll. Der Eindruck war, wie man sich denken mag, sehr schlecht, und nach allen Aeußerungen zu schließen, wird das Budget wieder verworfen, ja es muß verworfen werden, wenn nicht die radicale Partei mit Einemmal ein furchtbares, ja wirklich gefährliches Uebergewicht erhalten soll. Das ist jetzt allgemein und selbst von der sogenanten gemäßigten Partei laut anerkannt. Die Berichte aus den Provinzen lauten sehr ungünstig, und die Aufregung steigt auf eine besorgliche Weise, was man auch schon daraus abnehmen kann, daß ein Gerücht, ob wahr, ob falsch, will ich nicht entscheiden, von Verstärkung einiger Garnisonen in den Provinzen spricht. Selbst im eigentlichen Holland ist die Unzufriedenheit ziemlich allgemein. Fragt man, was nach einer abermaligen Verwerfung des Budgets werden soll, so ist dieß schwer zu sagen: wahrscheinlich wird die Regierung suchen, drei weitere provisorische Zwölftheile bewilligt zu erhalten; es ist möglich, daß sie dieß erreicht, aber der moralische Nachtheil dieser Zögerung möchte wohl alle augenblicklichen materiellen Vortheile weit aufwiegen.

Die öffentliche Discussion über die Budgets wurde in heutiger Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten abermals ausgesetzt, und zwar auf Hrn. van Rappards Antrag mit 41 gegen 11 Stimmen, nachdem dieses Mitglied der Kammer eröffnete, es sey der Centralsection diesen Morgen die officielle Mittheilung geworden, Se. Maj. werde der Kammer einen Gesetzesvorschlag bezüglich der Verantwortlichkeit der Minister vorlegen lassen. Die Kammer nahm diese Entschließung des Königs freudig hin, will aber doch erst den Gesetzesentwurf kennen lernen, bevor sie das Budget votirt.

Deutschland.

Se. Maj. der König hat diesen Morgen 5 Uhr, Ihre Maj. die Königin aber mit der jüngern königlichen Familie gegen 9 Uhr die hiesige Residenz verlassen. - Wegen ungünstiger Witterung hatte diesen Morgen die Revue der Landwehr von München und der Vorstadt Au nicht auf dem Marsfelde, sondern in der Ludwigsstraße statt. Der Kreiscommandant, Herzog Max in Bayern Hoh., bezeigte den sämmtlichen Abtheilungen seine volle Zufriedenheit. - Der bekannte Geologe Anatole v. Demidoff, Bruder des verstorbenen russischen Etatsraths Paul v. Demidoff, hat von Sr. Maj. dem König das Großkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael erhalten. - Es ist nun entschieden, daß die früher beabsichtigte Eröffnung des alten Hoftheaters an der Residenz nicht statt findet, da die Wiederherstellung des verfallenen Gebäudes sehr bedeutende Kosten verursachen würde, und die kleinen Räume des Hauses (das Parterre faßt kaum 300 Menschen) mit der jetzigen Bevölkerung Münchens in keinem Verhältnisse stehen.

Die zweite Kammer setzte heute die Berathung über den Wildereititel fort. Nach §. 592 wird die erste oder zweite Uebertretung (Jagen in fremdem Jagdbezirk mit Schußwaffen) insofern nach den Umständen keine gefährliche Willensstimmung vorhanden war, nur als Jagdfrevel bestraft. Aschbach wollte dieß auch auf die dritte und weitere Uebertretungen ausdehnen, während Rindeschwender es

und scheint dießmal in Vollzug zu kommen; man nennt als Redactoren einige Bekannte des Hrn. Thiers aus früherer Zeit, die bereits ministerielle Blätter im bisherigen Sinne redigirt haben. Auf diese Weise kommt aber nichts Anderes zur Geburt als ein neues ministerielles Blatt, dem, wie den übrigen, das Publicum sein Vertrauen versagt. Man vermuthet, Hr. Thiers halte es für nöthig, unter dieser neuen Form sich einen weiteren Alliirten zu bilden, da der vorzüglichste unter den bisherigen, der Courrier français, seine Partie gänzlich zu verlassen scheint, und seine übrigen Blätter wenig Credit beim unbefangenen Theile des Publicums genießen.

Der Mörder des im Monat März beim Canal de la Villette zu Paris ermordet gefundenen Knaben, den die Pariser Polizei seit zwei Monaten vergebens zu entdecken sich bemühte, ist vorgestern hier in Bordeaux, nachdem er Tags vorher, eine Stunde von der Stadt, noch einen doppelten, grauenhaften Mord verübt, verhaftet worden. Die drei Schlachtopfer waren seine Geliebte, sein Sohn und seine Tochter, Kinder von 10 bis 12 Jahren, beide mit ihr erzeugt. Der Verbrecher ist von Pau gebürtig. Die näheren Umstände der gräßlichen That, die niederzuschreiben mir unmöglich ist, werden Ihnen dieser Tage wohl alle Journale in langen Spalten liefern.

Belgien.

Am 17 wird die erste Section der Eisenbahn im Hennegau, nach Tubise, feierlich eröffnet werden. – In der heutigen Sitzung der Repräsentantenkammer legte der Finanzminister ein Gesetzproject vor, wodurch die Regierung zu einer Anleihe von 90 Millionen Fr. autorisirt wird. (Geräusch.) Der Betrag derselben soll verwendet werden: 1) zur Fortsetzung der detaillirten Eisenbahnen; 2) zur Amortisation von 12 Millionen 1839 creirter Schatzscheine; 3) zur Bezahlung der 4000 Actien der rheinischen Eisenbahn; 4) zur Beendigung der decretirten Straßen; 5) zur Deckung der Ausfälle des Budgets der Mittel und Wege vor 1840; 6) zur Zahlung des zweiten Semesters der jährlichen an Holland zu zahlenden Rente. Die Güter und Einkünfte des Königreichs werden zur Garantie dieser Anleihe gestellt werden. – Der Minister des Innern legt ein Project zur Errichtung einer Linie von Dampfbooten zwischen Belgien und den vereinigten Staaten vor. Die Kosten betragen 400,000 Fr.

Niederlande.

Die neue Erklärung des Finanzministers in der Centralsection hat ihren Erfolg verfehlt. In den meisten Sectionen hat sich die Majorität, in einigen sogar alle Mitglieder unzufrieden damit erklärt, woraus hervorgeht, daß diese Erklärung die Verwerfung des Budgets nicht verhindern wird. – In der Sitzung der Generalstaaten schlug der Präsident vor, das Budget für morgen auf die Tagesordnung zu setzen, als sich Hr. Van Sitzama, Deputirter von Friesland, und eines der einflußreichsten Mitglieder der Opposition widersetzte, da in dem neuen Budget die Ausgabeu für das Amortissements-Syndicat fehlten, diese Ausgaben also durch das Gesetz über die Abschaffung des Syndicats beschafft werden müßten, und daher das Budget zu vertagen sey, bis die Regierung das neue Gesetz über das Syndicat vorgelegt habe. Dieser Vorschlag, mit großer Lebhaftigkeit entwickelt und unterstützt, wurde angenommen, und einstimmig bestimmt, daß die Discussion des Budgets bis zu einer neuen Berufung zu verschieben sey, welche eintrete, sobald das Syndicatsgesetz vorgelegt worden sey. (Amsterd. Bl.)

Heute ist der entscheidende Tag, wo die Generalstaaten über das Budget des Jahrs 1840 öffentlich berathen und wohl auch abstimmen werden; man sieht, wie leicht zu erachten, dem kaum zweifelhaften Ergebniß mit größter Spannung entgegen. Am 11 ist der Kammer das Syndicatsgesetz vorgelegt worden. Dasselbe enthält aber, wie man voraus wußte, durchaus nichts als daß das Syndicat die 6,500,000 fl., welche man vom Budget abschnitt, aus seinen eigenen Mitteln aufbringen und somit seine Activa vermindern soll. Der Eindruck war, wie man sich denken mag, sehr schlecht, und nach allen Aeußerungen zu schließen, wird das Budget wieder verworfen, ja es muß verworfen werden, wenn nicht die radicale Partei mit Einemmal ein furchtbares, ja wirklich gefährliches Uebergewicht erhalten soll. Das ist jetzt allgemein und selbst von der sogenanten gemäßigten Partei laut anerkannt. Die Berichte aus den Provinzen lauten sehr ungünstig, und die Aufregung steigt auf eine besorgliche Weise, was man auch schon daraus abnehmen kann, daß ein Gerücht, ob wahr, ob falsch, will ich nicht entscheiden, von Verstärkung einiger Garnisonen in den Provinzen spricht. Selbst im eigentlichen Holland ist die Unzufriedenheit ziemlich allgemein. Fragt man, was nach einer abermaligen Verwerfung des Budgets werden soll, so ist dieß schwer zu sagen: wahrscheinlich wird die Regierung suchen, drei weitere provisorische Zwölftheile bewilligt zu erhalten; es ist möglich, daß sie dieß erreicht, aber der moralische Nachtheil dieser Zögerung möchte wohl alle augenblicklichen materiellen Vortheile weit aufwiegen.

Die öffentliche Discussion über die Budgets wurde in heutiger Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten abermals ausgesetzt, und zwar auf Hrn. van Rappards Antrag mit 41 gegen 11 Stimmen, nachdem dieses Mitglied der Kammer eröffnete, es sey der Centralsection diesen Morgen die officielle Mittheilung geworden, Se. Maj. werde der Kammer einen Gesetzesvorschlag bezüglich der Verantwortlichkeit der Minister vorlegen lassen. Die Kammer nahm diese Entschließung des Königs freudig hin, will aber doch erst den Gesetzesentwurf kennen lernen, bevor sie das Budget votirt.

Deutschland.

Se. Maj. der König hat diesen Morgen 5 Uhr, Ihre Maj. die Königin aber mit der jüngern königlichen Familie gegen 9 Uhr die hiesige Residenz verlassen. – Wegen ungünstiger Witterung hatte diesen Morgen die Revue der Landwehr von München und der Vorstadt Au nicht auf dem Marsfelde, sondern in der Ludwigsstraße statt. Der Kreiscommandant, Herzog Max in Bayern Hoh., bezeigte den sämmtlichen Abtheilungen seine volle Zufriedenheit. – Der bekannte Geologe Anatole v. Demidoff, Bruder des verstorbenen russischen Etatsraths Paul v. Demidoff, hat von Sr. Maj. dem König das Großkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael erhalten. – Es ist nun entschieden, daß die früher beabsichtigte Eröffnung des alten Hoftheaters an der Residenz nicht statt findet, da die Wiederherstellung des verfallenen Gebäudes sehr bedeutende Kosten verursachen würde, und die kleinen Räume des Hauses (das Parterre faßt kaum 300 Menschen) mit der jetzigen Bevölkerung Münchens in keinem Verhältnisse stehen.

Die zweite Kammer setzte heute die Berathung über den Wildereititel fort. Nach §. 592 wird die erste oder zweite Uebertretung (Jagen in fremdem Jagdbezirk mit Schußwaffen) insofern nach den Umständen keine gefährliche Willensstimmung vorhanden war, nur als Jagdfrevel bestraft. Aschbach wollte dieß auch auf die dritte und weitere Uebertretungen ausdehnen, während Rindeschwender es

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[1118/0006] und scheint dießmal in Vollzug zu kommen; man nennt als Redactoren einige Bekannte des Hrn. Thiers aus früherer Zeit, die bereits ministerielle Blätter im bisherigen Sinne redigirt haben. Auf diese Weise kommt aber nichts Anderes zur Geburt als ein neues ministerielles Blatt, dem, wie den übrigen, das Publicum sein Vertrauen versagt. Man vermuthet, Hr. Thiers halte es für nöthig, unter dieser neuen Form sich einen weiteren Alliirten zu bilden, da der vorzüglichste unter den bisherigen, der Courrier français, seine Partie gänzlich zu verlassen scheint, und seine übrigen Blätter wenig Credit beim unbefangenen Theile des Publicums genießen. _ Bordeaux, 12 Mai. Der Mörder des im Monat März beim Canal de la Villette zu Paris ermordet gefundenen Knaben, den die Pariser Polizei seit zwei Monaten vergebens zu entdecken sich bemühte, ist vorgestern hier in Bordeaux, nachdem er Tags vorher, eine Stunde von der Stadt, noch einen doppelten, grauenhaften Mord verübt, verhaftet worden. Die drei Schlachtopfer waren seine Geliebte, sein Sohn und seine Tochter, Kinder von 10 bis 12 Jahren, beide mit ihr erzeugt. Der Verbrecher ist von Pau gebürtig. Die näheren Umstände der gräßlichen That, die niederzuschreiben mir unmöglich ist, werden Ihnen dieser Tage wohl alle Journale in langen Spalten liefern. Belgien. _ Brüssel, 11 Mai. Am 17 wird die erste Section der Eisenbahn im Hennegau, nach Tubise, feierlich eröffnet werden. – In der heutigen Sitzung der Repräsentantenkammer legte der Finanzminister ein Gesetzproject vor, wodurch die Regierung zu einer Anleihe von 90 Millionen Fr. autorisirt wird. (Geräusch.) Der Betrag derselben soll verwendet werden: 1) zur Fortsetzung der detaillirten Eisenbahnen; 2) zur Amortisation von 12 Millionen 1839 creirter Schatzscheine; 3) zur Bezahlung der 4000 Actien der rheinischen Eisenbahn; 4) zur Beendigung der decretirten Straßen; 5) zur Deckung der Ausfälle des Budgets der Mittel und Wege vor 1840; 6) zur Zahlung des zweiten Semesters der jährlichen an Holland zu zahlenden Rente. Die Güter und Einkünfte des Königreichs werden zur Garantie dieser Anleihe gestellt werden. – Der Minister des Innern legt ein Project zur Errichtung einer Linie von Dampfbooten zwischen Belgien und den vereinigten Staaten vor. Die Kosten betragen 400,000 Fr. Niederlande. _ Haag, 10 Mai. Die neue Erklärung des Finanzministers in der Centralsection hat ihren Erfolg verfehlt. In den meisten Sectionen hat sich die Majorität, in einigen sogar alle Mitglieder unzufrieden damit erklärt, woraus hervorgeht, daß diese Erklärung die Verwerfung des Budgets nicht verhindern wird. – In der Sitzung der Generalstaaten schlug der Präsident vor, das Budget für morgen auf die Tagesordnung zu setzen, als sich Hr. Van Sitzama, Deputirter von Friesland, und eines der einflußreichsten Mitglieder der Opposition widersetzte, da in dem neuen Budget die Ausgabeu für das Amortissements-Syndicat fehlten, diese Ausgaben also durch das Gesetz über die Abschaffung des Syndicats beschafft werden müßten, und daher das Budget zu vertagen sey, bis die Regierung das neue Gesetz über das Syndicat vorgelegt habe. Dieser Vorschlag, mit großer Lebhaftigkeit entwickelt und unterstützt, wurde angenommen, und einstimmig bestimmt, daß die Discussion des Budgets bis zu einer neuen Berufung zu verschieben sey, welche eintrete, sobald das Syndicatsgesetz vorgelegt worden sey. (Amsterd. Bl.) _ Vom Niederrhein, 13 Mai. Heute ist der entscheidende Tag, wo die Generalstaaten über das Budget des Jahrs 1840 öffentlich berathen und wohl auch abstimmen werden; man sieht, wie leicht zu erachten, dem kaum zweifelhaften Ergebniß mit größter Spannung entgegen. Am 11 ist der Kammer das Syndicatsgesetz vorgelegt worden. Dasselbe enthält aber, wie man voraus wußte, durchaus nichts als daß das Syndicat die 6,500,000 fl., welche man vom Budget abschnitt, aus seinen eigenen Mitteln aufbringen und somit seine Activa vermindern soll. Der Eindruck war, wie man sich denken mag, sehr schlecht, und nach allen Aeußerungen zu schließen, wird das Budget wieder verworfen, ja es muß verworfen werden, wenn nicht die radicale Partei mit Einemmal ein furchtbares, ja wirklich gefährliches Uebergewicht erhalten soll. Das ist jetzt allgemein und selbst von der sogenanten gemäßigten Partei laut anerkannt. Die Berichte aus den Provinzen lauten sehr ungünstig, und die Aufregung steigt auf eine besorgliche Weise, was man auch schon daraus abnehmen kann, daß ein Gerücht, ob wahr, ob falsch, will ich nicht entscheiden, von Verstärkung einiger Garnisonen in den Provinzen spricht. Selbst im eigentlichen Holland ist die Unzufriedenheit ziemlich allgemein. Fragt man, was nach einer abermaligen Verwerfung des Budgets werden soll, so ist dieß schwer zu sagen: wahrscheinlich wird die Regierung suchen, drei weitere provisorische Zwölftheile bewilligt zu erhalten; es ist möglich, daß sie dieß erreicht, aber der moralische Nachtheil dieser Zögerung möchte wohl alle augenblicklichen materiellen Vortheile weit aufwiegen. _ Aus dem Haag, 13 Mai. Die öffentliche Discussion über die Budgets wurde in heutiger Sitzung der zweiten Kammer der Generalstaaten abermals ausgesetzt, und zwar auf Hrn. van Rappards Antrag mit 41 gegen 11 Stimmen, nachdem dieses Mitglied der Kammer eröffnete, es sey der Centralsection diesen Morgen die officielle Mittheilung geworden, Se. Maj. werde der Kammer einen Gesetzesvorschlag bezüglich der Verantwortlichkeit der Minister vorlegen lassen. Die Kammer nahm diese Entschließung des Königs freudig hin, will aber doch erst den Gesetzesentwurf kennen lernen, bevor sie das Budget votirt. Deutschland. _ München, 17 Mai. Se. Maj. der König hat diesen Morgen 5 Uhr, Ihre Maj. die Königin aber mit der jüngern königlichen Familie gegen 9 Uhr die hiesige Residenz verlassen. – Wegen ungünstiger Witterung hatte diesen Morgen die Revue der Landwehr von München und der Vorstadt Au nicht auf dem Marsfelde, sondern in der Ludwigsstraße statt. Der Kreiscommandant, Herzog Max in Bayern Hoh., bezeigte den sämmtlichen Abtheilungen seine volle Zufriedenheit. – Der bekannte Geologe Anatole v. Demidoff, Bruder des verstorbenen russischen Etatsraths Paul v. Demidoff, hat von Sr. Maj. dem König das Großkreuz des Verdienstordens vom heil. Michael erhalten. – Es ist nun entschieden, daß die früher beabsichtigte Eröffnung des alten Hoftheaters an der Residenz nicht statt findet, da die Wiederherstellung des verfallenen Gebäudes sehr bedeutende Kosten verursachen würde, und die kleinen Räume des Hauses (das Parterre faßt kaum 300 Menschen) mit der jetzigen Bevölkerung Münchens in keinem Verhältnisse stehen. _ Karlsruhe, 12 Mai. Die zweite Kammer setzte heute die Berathung über den Wildereititel fort. Nach §. 592 wird die erste oder zweite Uebertretung (Jagen in fremdem Jagdbezirk mit Schußwaffen) insofern nach den Umständen keine gefährliche Willensstimmung vorhanden war, nur als Jagdfrevel bestraft. Aschbach wollte dieß auch auf die dritte und weitere Uebertretungen ausdehnen, während Rindeschwender es

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 140. Augsburg, 19. Mai 1840, S. 1118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_140_18400519/6>, abgerufen am 29.04.2024.