Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 145. Augsburg, 24. Mai 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

in der That eingetreten wären, nämlich zuerst außerordentliche temporäre Vermehrung des Briefwechsels, dann Rückkehr in die frühere Gewohnheit, dann allmählicher aber daurender Zuwachs des Briefwechsels; diese letzte Epoche habe jetzt begonnen; er schätzte die für laufendes Jahr aus dem Briefporto zu erwartende Einnahme auf 530,000 Pf. Die Postwagensteuer schlägt er vor, durchgängig, für zwei- wie für vierrädrige Wagen, auf 3 Pf. herabzusetzen. Das Verhältniß der aus den einzelnen Taxenerhöhungen zu gewinnenden Summen ist folgendes:
[irrelevantes Material]
Weil jedoch der Betrag dieser Summen nicht unmittelbar, sondern erst im Verlauf des Jahres bezogen werden kann, so soll das unmittelbare Deficit durch eine einstweilige Creditbewilligung gedeckt werden; mit der für China und Canada zusammen wird sich selbige also auf 850,000 Pf. belaufen. Die - wie wir angaben bereits votirten - Erhöhungen sollen vom 15 Mai an in gesetzliche Anwendung gebracht werden. Hr. Hume entwickelte seinen (nicht angenommenen) Vorschlag einer Ausdehnung der bis jetzt nur das bewegliche Eigenthum treffenden Vermächtnißsteuer auf das liegende Eigenthum, aus dem Grundsatze, daß neue Steuern immer mehr auf die Reichen als die Armen fallen sollen, und aus dem Mißverhältniß, das jetzt in der Besteuerung beweglicher und unbeweglicher Erbschaften in England stattfindet; denn während z. B. der Herzog v. Sutherland ein Besitzthum von 200,000 Pf. jährlicher Einkünfte überkam, ohne einen Shilling Steuer zu zahlen, würde sein Kammerdiener keine 100 Pf. an Jemand vermachen können, ohne davon 1 bis 10 Proc. Steuer zu entrichten. Hr. Hume ermahnt hiebei die englische Aristokratie, daß sie sich an den französischen Ereignissen von 1789 ein Beispiel nehme, und durch vernünftiges Nachgeben bei Zeiten einem allgemeinen Aufstand der Armen vorzubeugen suche. Sir Robert Peel und mehrere seiner Partei machen darauf aufmerksam, daß die Erhöhung der assessed taxes Irland nicht trifft, wo es keine assessed taxes gibt.

Frankreich.

Der König präsidirte am 18 dem Ministerconseil, was beweist, daß die Gerüchte von seinem Unwohlseyn ungegründet gewesen.

Marschall Clauzel hatte eine lange Conferenz mit Hrn. Thiers. In der Deputirtenkammersitzung vom 18 erzählte man sich, der Marschall werde zum drittenmal die Gouverneursstelle in Algier erhalten.

* In der Sitzung der Pairskammer vom 16 Mai hielt der Herzog von Crillan eine Gedächtnißrede über den kürzlich verstorbenen Herzog von Caraman, dem zu Ehren die Regierung vor einigen Jahren eine Medaille prägen ließ zur Erinnerung an das schöne Benehmen des greisen Herzogs während des unheilvollen Rückzugs der französischen Armee von Constantine im Jahr 1836.

In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 18 Mai sprachen noch die HH. Delaborde und Fould. Ersterer schlug ein Amendement vor, demzufolge das Bankprivilegium nur bis 1850 verlängert wenden sollte. Hr. Delaborde wünschte auch, daß der Disconto auf vier Monate festgesetzt würde. Hr. Fould, der bekannte reiche Bankier, suchte die Bank namentlich gegen den Vorwurf zu vertheidigen, daß sie dem Detailhandel geringe Dienste leiste. Er meinte, die Hälfte des Werths der Papiere, welche die Bank im Jahr 1839 discontirt habe, sey dem kleinen Handel zugekommen. Der Redner erklärte sich gegen jede Veränderung der Bankstatuten. Auch den Vorschlag des Hrn. Delaborde künftighin die Unterschrift von zwei Handelshäusern, statt der bisherigen drei, auf die zu discontirenden Papiere als Garantie gelten zu lassen, wünschte Hr. Fould unberücksichtigt gelassen.

* Die Deputirtenkammer setzte am 19 Mai die Berathung über die Verlängerung des Privilegiums der Bank auf 25 Jahre fort. Die Bänke der Kammer waren nur dünn besetzt, wie gewöhnlich, wenn solche materielle Interessen verhandelt werden. Der Finanzminister erinnerte an die Dienste, welche die französische Bank dem Handel, der Industrie, dem öffentlichen und Privatcredit geleistet habe. Ihre nunmehr vierzigjährige Existenz sey eine Garantie ihrer Zukunft. Durch ihre Vorsicht habe sie vor Katastrophen sich zu bewahren gewußt, welche bei den ausländischen Banken in Folge der übertriebenen Steigerung des Credits so häufig vorgekommen. Sollte man sie unter solchen Umständen nöthigen, dieselbe Bahn einzuschlagen, nachdem man im Ausland einen so traurigen Ausgang gesehen? Hr. Mauguin gab zu, daß die Bank einem Theil des Handelsstandes wichtige Dienste geleistet habe, aber nur den großen Bankiers und Capitalisten, die sie umgeben, nicht den kleinen Kaufleuten, denen die Bank schwer zugänglich sey, und die gleichwohl Vorschüsse zu ihren Operationen so häufig nöthig hätten. Hr. Mauguin meinte, die in Frankreich circulirende Baargeldmasse, welche er auf etwa 1600 Millionen anschlägt, wovon Paris die Hälfte absorbire, sey unzureichend. Er wünschte, daß die Bank, welche in ihren Gewölben 200 Millionen baares Geld verwahre, Billets für eine Summe von 5 bis 600 Millionen in Umlauf brächte. Hr. Lefebvre vertheidigte die Bank und ihre gegenwärtige Organisation. Zur Widerlegung der Behauptung des Hrn. Mauguin, daß die Bank für die kleinen Handelsleute von keinem Vortheil sey, führte er unter Anderm an, daß sie im Laufe des Jahrs 1839 gegen 64,000 Bankbillets escomptirt habe.

Der Quotidienne zufolge ist die Polizei sehr beschäftigt, die Austheiler napoleonischer Schriften, die seit einigen Tagen in großer Menge in allen Casernen von Paris verbreitet werden, aufzusuchen.

(Commerce.) Es hieß heute (18) in der Deputirtenkammer, die Minister hätten erklärt, daß wenn an dem Leichenbegängnißtage zu Ehren Napoleons keine Unordnungen vorfallen würden, die Regierung gesonnen sey, im Laufe des Jahrs vorzuschlagen, die Rückkehr der Mitglieder der Familie des Kaisers zu autorisiren.

Die Commission, welche über den Gesetzentwurf, hinsichtlich der Versetzung der Asche Napoleons nach Frankreich Bericht zu erstatten hat, entschied sich, nachdem sie die Invalidenkirche, das Pantheon und die Magdalenenkirche besucht und mit dem Präsidenten des Conseils und dem Minister des Innern eine Conferenz gehabt hatte, mit acht Stimmen gegen eine für die Kirche der Invaliden als das passendste Lokal für das Grab Napoleons.

Das Journal de Paris zeigt seinen Abonnenten sein nahes Ende an, und bezeichnet den Temps als das Blatt, das ihnen dafür zugeschickt werden sollte. Der Temps verwahrt sich dagegen, und sagt, er werde nur diejenigen Abonnenten bedienen, die ihre Bestellungen direct an ihn adressiren würden, auch werde er gegen seine neuen Abonnenten durchaus keine Verpflichtung hinsichtlich seiner künftigen politischen

in der That eingetreten wären, nämlich zuerst außerordentliche temporäre Vermehrung des Briefwechsels, dann Rückkehr in die frühere Gewohnheit, dann allmählicher aber daurender Zuwachs des Briefwechsels; diese letzte Epoche habe jetzt begonnen; er schätzte die für laufendes Jahr aus dem Briefporto zu erwartende Einnahme auf 530,000 Pf. Die Postwagensteuer schlägt er vor, durchgängig, für zwei- wie für vierrädrige Wagen, auf 3 Pf. herabzusetzen. Das Verhältniß der aus den einzelnen Taxenerhöhungen zu gewinnenden Summen ist folgendes:
[irrelevantes Material]
Weil jedoch der Betrag dieser Summen nicht unmittelbar, sondern erst im Verlauf des Jahres bezogen werden kann, so soll das unmittelbare Deficit durch eine einstweilige Creditbewilligung gedeckt werden; mit der für China und Canada zusammen wird sich selbige also auf 850,000 Pf. belaufen. Die – wie wir angaben bereits votirten – Erhöhungen sollen vom 15 Mai an in gesetzliche Anwendung gebracht werden. Hr. Hume entwickelte seinen (nicht angenommenen) Vorschlag einer Ausdehnung der bis jetzt nur das bewegliche Eigenthum treffenden Vermächtnißsteuer auf das liegende Eigenthum, aus dem Grundsatze, daß neue Steuern immer mehr auf die Reichen als die Armen fallen sollen, und aus dem Mißverhältniß, das jetzt in der Besteuerung beweglicher und unbeweglicher Erbschaften in England stattfindet; denn während z. B. der Herzog v. Sutherland ein Besitzthum von 200,000 Pf. jährlicher Einkünfte überkam, ohne einen Shilling Steuer zu zahlen, würde sein Kammerdiener keine 100 Pf. an Jemand vermachen können, ohne davon 1 bis 10 Proc. Steuer zu entrichten. Hr. Hume ermahnt hiebei die englische Aristokratie, daß sie sich an den französischen Ereignissen von 1789 ein Beispiel nehme, und durch vernünftiges Nachgeben bei Zeiten einem allgemeinen Aufstand der Armen vorzubeugen suche. Sir Robert Peel und mehrere seiner Partei machen darauf aufmerksam, daß die Erhöhung der assessed taxes Irland nicht trifft, wo es keine assessed taxes gibt.

Frankreich.

Der König präsidirte am 18 dem Ministerconseil, was beweist, daß die Gerüchte von seinem Unwohlseyn ungegründet gewesen.

Marschall Clauzel hatte eine lange Conferenz mit Hrn. Thiers. In der Deputirtenkammersitzung vom 18 erzählte man sich, der Marschall werde zum drittenmal die Gouverneursstelle in Algier erhalten.

* In der Sitzung der Pairskammer vom 16 Mai hielt der Herzog von Crillan eine Gedächtnißrede über den kürzlich verstorbenen Herzog von Caraman, dem zu Ehren die Regierung vor einigen Jahren eine Medaille prägen ließ zur Erinnerung an das schöne Benehmen des greisen Herzogs während des unheilvollen Rückzugs der französischen Armee von Constantine im Jahr 1836.

In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 18 Mai sprachen noch die HH. Delaborde und Fould. Ersterer schlug ein Amendement vor, demzufolge das Bankprivilegium nur bis 1850 verlängert wenden sollte. Hr. Delaborde wünschte auch, daß der Disconto auf vier Monate festgesetzt würde. Hr. Fould, der bekannte reiche Bankier, suchte die Bank namentlich gegen den Vorwurf zu vertheidigen, daß sie dem Detailhandel geringe Dienste leiste. Er meinte, die Hälfte des Werths der Papiere, welche die Bank im Jahr 1839 discontirt habe, sey dem kleinen Handel zugekommen. Der Redner erklärte sich gegen jede Veränderung der Bankstatuten. Auch den Vorschlag des Hrn. Delaborde künftighin die Unterschrift von zwei Handelshäusern, statt der bisherigen drei, auf die zu discontirenden Papiere als Garantie gelten zu lassen, wünschte Hr. Fould unberücksichtigt gelassen.

* Die Deputirtenkammer setzte am 19 Mai die Berathung über die Verlängerung des Privilegiums der Bank auf 25 Jahre fort. Die Bänke der Kammer waren nur dünn besetzt, wie gewöhnlich, wenn solche materielle Interessen verhandelt werden. Der Finanzminister erinnerte an die Dienste, welche die französische Bank dem Handel, der Industrie, dem öffentlichen und Privatcredit geleistet habe. Ihre nunmehr vierzigjährige Existenz sey eine Garantie ihrer Zukunft. Durch ihre Vorsicht habe sie vor Katastrophen sich zu bewahren gewußt, welche bei den ausländischen Banken in Folge der übertriebenen Steigerung des Credits so häufig vorgekommen. Sollte man sie unter solchen Umständen nöthigen, dieselbe Bahn einzuschlagen, nachdem man im Ausland einen so traurigen Ausgang gesehen? Hr. Mauguin gab zu, daß die Bank einem Theil des Handelsstandes wichtige Dienste geleistet habe, aber nur den großen Bankiers und Capitalisten, die sie umgeben, nicht den kleinen Kaufleuten, denen die Bank schwer zugänglich sey, und die gleichwohl Vorschüsse zu ihren Operationen so häufig nöthig hätten. Hr. Mauguin meinte, die in Frankreich circulirende Baargeldmasse, welche er auf etwa 1600 Millionen anschlägt, wovon Paris die Hälfte absorbire, sey unzureichend. Er wünschte, daß die Bank, welche in ihren Gewölben 200 Millionen baares Geld verwahre, Billets für eine Summe von 5 bis 600 Millionen in Umlauf brächte. Hr. Lefebvre vertheidigte die Bank und ihre gegenwärtige Organisation. Zur Widerlegung der Behauptung des Hrn. Mauguin, daß die Bank für die kleinen Handelsleute von keinem Vortheil sey, führte er unter Anderm an, daß sie im Laufe des Jahrs 1839 gegen 64,000 Bankbillets escomptirt habe.

Der Quotidienne zufolge ist die Polizei sehr beschäftigt, die Austheiler napoleonischer Schriften, die seit einigen Tagen in großer Menge in allen Casernen von Paris verbreitet werden, aufzusuchen.

(Commerce.) Es hieß heute (18) in der Deputirtenkammer, die Minister hätten erklärt, daß wenn an dem Leichenbegängnißtage zu Ehren Napoleons keine Unordnungen vorfallen würden, die Regierung gesonnen sey, im Laufe des Jahrs vorzuschlagen, die Rückkehr der Mitglieder der Familie des Kaisers zu autorisiren.

Die Commission, welche über den Gesetzentwurf, hinsichtlich der Versetzung der Asche Napoleons nach Frankreich Bericht zu erstatten hat, entschied sich, nachdem sie die Invalidenkirche, das Pantheon und die Magdalenenkirche besucht und mit dem Präsidenten des Conseils und dem Minister des Innern eine Conferenz gehabt hatte, mit acht Stimmen gegen eine für die Kirche der Invaliden als das passendste Lokal für das Grab Napoleons.

Das Journal de Paris zeigt seinen Abonnenten sein nahes Ende an, und bezeichnet den Temps als das Blatt, das ihnen dafür zugeschickt werden sollte. Der Temps verwahrt sich dagegen, und sagt, er werde nur diejenigen Abonnenten bedienen, die ihre Bestellungen direct an ihn adressiren würden, auch werde er gegen seine neuen Abonnenten durchaus keine Verpflichtung hinsichtlich seiner künftigen politischen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0002" n="1154"/>
in der That eingetreten wären, nämlich zuerst außerordentliche temporäre Vermehrung des Briefwechsels, dann Rückkehr in die frühere Gewohnheit, dann allmählicher aber daurender Zuwachs des Briefwechsels; diese letzte Epoche habe jetzt begonnen; er schätzte die für laufendes Jahr aus dem Briefporto zu erwartende Einnahme auf 530,000 Pf. Die Postwagensteuer schlägt er vor, durchgängig, für zwei- wie für vierrädrige Wagen, auf 3 Pf. herabzusetzen. Das Verhältniß der aus den einzelnen Taxenerhöhungen zu gewinnenden Summen ist folgendes:<lb/><gap reason="insignificant"/><lb/>
Weil jedoch der Betrag dieser Summen nicht unmittelbar, sondern erst im Verlauf des Jahres bezogen werden kann, so soll das unmittelbare Deficit durch eine einstweilige Creditbewilligung gedeckt werden; mit der für China und Canada zusammen wird sich selbige also auf 850,000 Pf. belaufen. Die &#x2013; wie wir angaben bereits votirten &#x2013; Erhöhungen sollen vom 15 Mai an in gesetzliche Anwendung gebracht werden. Hr. <hi rendition="#g">Hume</hi> entwickelte seinen (nicht angenommenen) Vorschlag einer Ausdehnung der bis jetzt nur das bewegliche Eigenthum treffenden Vermächtnißsteuer auf das liegende Eigenthum, aus dem Grundsatze, daß neue Steuern immer mehr auf die Reichen als die Armen fallen sollen, und aus dem Mißverhältniß, das jetzt in der Besteuerung beweglicher und unbeweglicher Erbschaften in England stattfindet; denn während z. B. der Herzog v. Sutherland ein Besitzthum von 200,000 Pf. jährlicher Einkünfte überkam, ohne einen Shilling Steuer zu zahlen, würde sein Kammerdiener keine 100 Pf. an Jemand vermachen können, ohne davon 1 bis 10 Proc. Steuer zu entrichten. Hr. Hume ermahnt hiebei die englische Aristokratie, daß sie sich an den französischen Ereignissen von 1789 ein Beispiel nehme, und durch vernünftiges Nachgeben bei Zeiten einem allgemeinen Aufstand der Armen vorzubeugen suche. Sir Robert Peel und mehrere seiner Partei machen darauf aufmerksam, daß die Erhöhung der assessed taxes Irland nicht trifft, wo es keine assessed taxes gibt.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 19 Mai.</dateline><lb/>
          <p>Der König präsidirte am 18 dem Ministerconseil, was beweist, daß die Gerüchte von seinem Unwohlseyn ungegründet gewesen.</p><lb/>
          <p>Marschall Clauzel hatte eine lange Conferenz mit Hrn. Thiers. In der Deputirtenkammersitzung vom 18 erzählte man sich, der Marschall werde zum drittenmal die Gouverneursstelle in Algier erhalten.</p><lb/>
          <p>* In der Sitzung der <hi rendition="#g">Pairskammer</hi> vom 16 Mai hielt der Herzog von Crillan eine Gedächtnißrede über den kürzlich verstorbenen Herzog von Caraman, dem zu Ehren die Regierung vor einigen Jahren eine Medaille prägen ließ zur Erinnerung an das schöne Benehmen des greisen Herzogs während des unheilvollen Rückzugs der französischen Armee von Constantine im Jahr 1836.</p><lb/>
          <p>In der Sitzung der <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> vom 18 Mai sprachen noch die HH. <hi rendition="#g">Delaborde</hi> und <hi rendition="#g">Fould</hi>. Ersterer schlug ein Amendement vor, demzufolge das Bankprivilegium nur bis 1850 verlängert wenden sollte. Hr. Delaborde wünschte auch, daß der Disconto auf vier Monate festgesetzt würde. Hr. <hi rendition="#g">Fould</hi>, der bekannte reiche Bankier, suchte die Bank namentlich gegen den Vorwurf zu vertheidigen, daß sie dem Detailhandel geringe Dienste leiste. Er meinte, die Hälfte des Werths der Papiere, welche die Bank im Jahr 1839 discontirt habe, sey dem kleinen Handel zugekommen. Der Redner erklärte sich gegen jede Veränderung der Bankstatuten. Auch den Vorschlag des Hrn. Delaborde künftighin die Unterschrift von zwei Handelshäusern, statt der bisherigen drei, auf die zu discontirenden Papiere als Garantie gelten zu lassen, wünschte Hr. Fould unberücksichtigt gelassen.</p><lb/>
          <p>* Die <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> setzte am 19 Mai die Berathung über die Verlängerung des Privilegiums der Bank auf 25 Jahre fort. Die Bänke der Kammer waren nur dünn besetzt, wie gewöhnlich, wenn solche materielle Interessen verhandelt werden. Der <hi rendition="#g">Finanzminister</hi> erinnerte an die Dienste, welche die französische Bank dem Handel, der Industrie, dem öffentlichen und Privatcredit geleistet habe. Ihre nunmehr vierzigjährige Existenz sey eine Garantie ihrer Zukunft. Durch ihre Vorsicht habe sie vor Katastrophen sich zu bewahren gewußt, welche bei den ausländischen Banken in Folge der übertriebenen Steigerung des Credits so häufig vorgekommen. Sollte man sie unter solchen Umständen nöthigen, dieselbe Bahn einzuschlagen, nachdem man im Ausland einen so traurigen Ausgang gesehen? Hr. <hi rendition="#g">Mauguin</hi> gab zu, daß die Bank einem Theil des Handelsstandes wichtige Dienste geleistet habe, aber nur den großen Bankiers und Capitalisten, die sie umgeben, nicht den kleinen Kaufleuten, denen die Bank schwer zugänglich sey, und die gleichwohl Vorschüsse zu ihren Operationen so häufig nöthig hätten. Hr. Mauguin meinte, die in Frankreich circulirende Baargeldmasse, welche er auf etwa 1600 Millionen anschlägt, wovon Paris die Hälfte absorbire, sey unzureichend. Er wünschte, daß die Bank, welche in ihren Gewölben 200 Millionen baares Geld verwahre, Billets für eine Summe von 5 bis 600 Millionen in Umlauf brächte. Hr. <hi rendition="#g">Lefebvre</hi> vertheidigte die Bank und ihre gegenwärtige Organisation. Zur Widerlegung der Behauptung des Hrn. Mauguin, daß die Bank für die kleinen Handelsleute von keinem Vortheil sey, führte er unter Anderm an, daß sie im Laufe des Jahrs 1839 gegen 64,000 Bankbillets escomptirt habe.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Quotidienne</hi> zufolge ist die Polizei sehr beschäftigt, die Austheiler napoleonischer Schriften, die seit einigen Tagen in großer Menge in allen Casernen von Paris verbreitet werden, aufzusuchen.</p><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Commerce</hi>.) Es hieß heute (18) in der Deputirtenkammer, die Minister hätten erklärt, daß wenn an dem Leichenbegängnißtage zu Ehren Napoleons keine Unordnungen vorfallen würden, die Regierung gesonnen sey, im Laufe des Jahrs vorzuschlagen, die Rückkehr der Mitglieder der Familie des Kaisers zu autorisiren.</p><lb/>
          <p>Die Commission, welche über den Gesetzentwurf, hinsichtlich der Versetzung der Asche Napoleons nach Frankreich Bericht zu erstatten hat, entschied sich, nachdem sie die Invalidenkirche, das Pantheon und die Magdalenenkirche besucht und mit dem Präsidenten des Conseils und dem Minister des Innern eine Conferenz gehabt hatte, mit acht Stimmen gegen eine für die Kirche der Invaliden als das passendste Lokal für das Grab Napoleons.</p><lb/>
          <p>Das <hi rendition="#g">Journal de Paris</hi> zeigt seinen Abonnenten sein nahes Ende an, und bezeichnet den <hi rendition="#g">Temps</hi> als das Blatt, das ihnen dafür zugeschickt werden sollte. Der <hi rendition="#g">Temps</hi> verwahrt sich dagegen, und sagt, er werde nur diejenigen Abonnenten bedienen, die ihre Bestellungen direct an ihn adressiren würden, auch werde er gegen seine neuen Abonnenten durchaus keine Verpflichtung hinsichtlich seiner künftigen politischen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1154/0002] in der That eingetreten wären, nämlich zuerst außerordentliche temporäre Vermehrung des Briefwechsels, dann Rückkehr in die frühere Gewohnheit, dann allmählicher aber daurender Zuwachs des Briefwechsels; diese letzte Epoche habe jetzt begonnen; er schätzte die für laufendes Jahr aus dem Briefporto zu erwartende Einnahme auf 530,000 Pf. Die Postwagensteuer schlägt er vor, durchgängig, für zwei- wie für vierrädrige Wagen, auf 3 Pf. herabzusetzen. Das Verhältniß der aus den einzelnen Taxenerhöhungen zu gewinnenden Summen ist folgendes: _ Weil jedoch der Betrag dieser Summen nicht unmittelbar, sondern erst im Verlauf des Jahres bezogen werden kann, so soll das unmittelbare Deficit durch eine einstweilige Creditbewilligung gedeckt werden; mit der für China und Canada zusammen wird sich selbige also auf 850,000 Pf. belaufen. Die – wie wir angaben bereits votirten – Erhöhungen sollen vom 15 Mai an in gesetzliche Anwendung gebracht werden. Hr. Hume entwickelte seinen (nicht angenommenen) Vorschlag einer Ausdehnung der bis jetzt nur das bewegliche Eigenthum treffenden Vermächtnißsteuer auf das liegende Eigenthum, aus dem Grundsatze, daß neue Steuern immer mehr auf die Reichen als die Armen fallen sollen, und aus dem Mißverhältniß, das jetzt in der Besteuerung beweglicher und unbeweglicher Erbschaften in England stattfindet; denn während z. B. der Herzog v. Sutherland ein Besitzthum von 200,000 Pf. jährlicher Einkünfte überkam, ohne einen Shilling Steuer zu zahlen, würde sein Kammerdiener keine 100 Pf. an Jemand vermachen können, ohne davon 1 bis 10 Proc. Steuer zu entrichten. Hr. Hume ermahnt hiebei die englische Aristokratie, daß sie sich an den französischen Ereignissen von 1789 ein Beispiel nehme, und durch vernünftiges Nachgeben bei Zeiten einem allgemeinen Aufstand der Armen vorzubeugen suche. Sir Robert Peel und mehrere seiner Partei machen darauf aufmerksam, daß die Erhöhung der assessed taxes Irland nicht trifft, wo es keine assessed taxes gibt. Frankreich. _ Paris, 19 Mai. Der König präsidirte am 18 dem Ministerconseil, was beweist, daß die Gerüchte von seinem Unwohlseyn ungegründet gewesen. Marschall Clauzel hatte eine lange Conferenz mit Hrn. Thiers. In der Deputirtenkammersitzung vom 18 erzählte man sich, der Marschall werde zum drittenmal die Gouverneursstelle in Algier erhalten. * In der Sitzung der Pairskammer vom 16 Mai hielt der Herzog von Crillan eine Gedächtnißrede über den kürzlich verstorbenen Herzog von Caraman, dem zu Ehren die Regierung vor einigen Jahren eine Medaille prägen ließ zur Erinnerung an das schöne Benehmen des greisen Herzogs während des unheilvollen Rückzugs der französischen Armee von Constantine im Jahr 1836. In der Sitzung der Deputirtenkammer vom 18 Mai sprachen noch die HH. Delaborde und Fould. Ersterer schlug ein Amendement vor, demzufolge das Bankprivilegium nur bis 1850 verlängert wenden sollte. Hr. Delaborde wünschte auch, daß der Disconto auf vier Monate festgesetzt würde. Hr. Fould, der bekannte reiche Bankier, suchte die Bank namentlich gegen den Vorwurf zu vertheidigen, daß sie dem Detailhandel geringe Dienste leiste. Er meinte, die Hälfte des Werths der Papiere, welche die Bank im Jahr 1839 discontirt habe, sey dem kleinen Handel zugekommen. Der Redner erklärte sich gegen jede Veränderung der Bankstatuten. Auch den Vorschlag des Hrn. Delaborde künftighin die Unterschrift von zwei Handelshäusern, statt der bisherigen drei, auf die zu discontirenden Papiere als Garantie gelten zu lassen, wünschte Hr. Fould unberücksichtigt gelassen. * Die Deputirtenkammer setzte am 19 Mai die Berathung über die Verlängerung des Privilegiums der Bank auf 25 Jahre fort. Die Bänke der Kammer waren nur dünn besetzt, wie gewöhnlich, wenn solche materielle Interessen verhandelt werden. Der Finanzminister erinnerte an die Dienste, welche die französische Bank dem Handel, der Industrie, dem öffentlichen und Privatcredit geleistet habe. Ihre nunmehr vierzigjährige Existenz sey eine Garantie ihrer Zukunft. Durch ihre Vorsicht habe sie vor Katastrophen sich zu bewahren gewußt, welche bei den ausländischen Banken in Folge der übertriebenen Steigerung des Credits so häufig vorgekommen. Sollte man sie unter solchen Umständen nöthigen, dieselbe Bahn einzuschlagen, nachdem man im Ausland einen so traurigen Ausgang gesehen? Hr. Mauguin gab zu, daß die Bank einem Theil des Handelsstandes wichtige Dienste geleistet habe, aber nur den großen Bankiers und Capitalisten, die sie umgeben, nicht den kleinen Kaufleuten, denen die Bank schwer zugänglich sey, und die gleichwohl Vorschüsse zu ihren Operationen so häufig nöthig hätten. Hr. Mauguin meinte, die in Frankreich circulirende Baargeldmasse, welche er auf etwa 1600 Millionen anschlägt, wovon Paris die Hälfte absorbire, sey unzureichend. Er wünschte, daß die Bank, welche in ihren Gewölben 200 Millionen baares Geld verwahre, Billets für eine Summe von 5 bis 600 Millionen in Umlauf brächte. Hr. Lefebvre vertheidigte die Bank und ihre gegenwärtige Organisation. Zur Widerlegung der Behauptung des Hrn. Mauguin, daß die Bank für die kleinen Handelsleute von keinem Vortheil sey, führte er unter Anderm an, daß sie im Laufe des Jahrs 1839 gegen 64,000 Bankbillets escomptirt habe. Der Quotidienne zufolge ist die Polizei sehr beschäftigt, die Austheiler napoleonischer Schriften, die seit einigen Tagen in großer Menge in allen Casernen von Paris verbreitet werden, aufzusuchen. (Commerce.) Es hieß heute (18) in der Deputirtenkammer, die Minister hätten erklärt, daß wenn an dem Leichenbegängnißtage zu Ehren Napoleons keine Unordnungen vorfallen würden, die Regierung gesonnen sey, im Laufe des Jahrs vorzuschlagen, die Rückkehr der Mitglieder der Familie des Kaisers zu autorisiren. Die Commission, welche über den Gesetzentwurf, hinsichtlich der Versetzung der Asche Napoleons nach Frankreich Bericht zu erstatten hat, entschied sich, nachdem sie die Invalidenkirche, das Pantheon und die Magdalenenkirche besucht und mit dem Präsidenten des Conseils und dem Minister des Innern eine Conferenz gehabt hatte, mit acht Stimmen gegen eine für die Kirche der Invaliden als das passendste Lokal für das Grab Napoleons. Das Journal de Paris zeigt seinen Abonnenten sein nahes Ende an, und bezeichnet den Temps als das Blatt, das ihnen dafür zugeschickt werden sollte. Der Temps verwahrt sich dagegen, und sagt, er werde nur diejenigen Abonnenten bedienen, die ihre Bestellungen direct an ihn adressiren würden, auch werde er gegen seine neuen Abonnenten durchaus keine Verpflichtung hinsichtlich seiner künftigen politischen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_145_18400524
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_145_18400524/2
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 145. Augsburg, 24. Mai 1840, S. 1154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_145_18400524/2>, abgerufen am 23.04.2024.