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Allgemeine Zeitung. Nr. 152. Augsburg, 31. Mai 1840.

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immer die Juden in Verdacht hatte, wagte Niemand sie anzuschuldigen, ja Niemand wagte die Spur eines gegründeten Verdachts zu verfolgen, so groß war ihr Einfluß, den ihnen ihr Geld bei den bestechlichen türkischen Behörden verschaffte. Auch jetzt hat es an großen Geldanerbietungen nicht gefehlt; dem Dragoman des französischen Consuls wurden allein 1000 Börsen, d. h. 50,000 fl. (?) C., angetragen, würde er sich die Mühe geben, dem Consul eine andere Meinung über diese Sache beizubringen. Der Bediente des Pater Thomas ward im Hause des Juden Farki auf dieselbe Weise getödtet wie sein Herr; man fing ebenfalls sein Blut auf, und warf dann den Körper in die Cloake des Judenquartiers, das, wie aus Allem hervorgeht, seit langer Zeit eine wahre Mördergrube war. *)

[2079]

Eisenbahn von Venedig nach Mailand.

Das lombardisch-venezianische Königreich nimmt unter den Ländern, deren Verein den österr. Kaiserstaat bildet, eine der ausgezeichnetsten Stellen ein. Die hohe Naturschönheit seiner Gefilde, der Reichthum und die Ergiebigkeit seines Bodens, die Intelligenz, Thätigkeit und der daraus entsprungene Wohlstand seiner Bewohner, die großen historischen Erinnerungen, welche sich an dessen Boden knüpfen, und die reichen Kunstschätze seiner blühenden Städte, der lebhafte Handel und Gewerbsfleiß, welcher sich daselbst entwickelt - Alles vereint sich, diesem so schönen als interessanten Lande die regste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die herrliche Hauptstadt der Lombardei, das prachtliebende Mailand, ist eine der reichsten und lebensfreudigsten Städte unseres Erdtheiles. Die altehrwürdige Lagunenstadt, die stolze Venezia, deren siegreiche Flaggen einst alle Meere bedeckten, ist noch immer durch ihre wunderbare Lage, durch seine maritime und strategische Wichtigkeit, durch ihren bedeutenden Handel, der noch immer über einhundert Millionen Lire des Jahres umsetzt, durch die Pracht ihrer Gebäude, und die unermeßlichen Kunstschätze, welche dieselben bergen, eine der merkwürdigsten Städte der Welt.

Zahlreiche, durch Industrie, Handel und Verkehr zum Theil sehr bedeutende Städte, stadtähnliche Märkte und Flecken mit ansehnlicher Bevölkerung und schöne Dörfer und Weiler, im Ganzen 35 Städte, 373 Märkte und 5733 Dörfer, in denen sich auf dem Areale von 826 geographischen Geviertmeilen eine Bevölkerung von mehr als fünfthalb Millionen Menschen bewegt, bedecken den reichen Boden der lombardischen Ebene und der siebenzehn Provinzen dieses Königreichs. Seit der Vereinigung desselben mit dem großen Staatenkörper der österreichischen Monarchie im Jahre 1814 hat die österreichische Regierung, jede gemeinnützige Unternehmung im Gebiete der Industrie und des Gewerbsfleißes, so wie in jenem der Wissenschaften und Künste stets in ihren Erbstaaten begünstigend, die vollste Aufmerksamkeit ihrer landesväterlichen Fürsorge diesem schönen Reiche zugekehrt und dieselbe auf die umfassendste Weise bethätigt.

Sie belebte Handel und Industrie durch Anlage und Ausführung großartiger Straßenzüge, und zwar durch den kostspieligen und kühnen Bau der Straße von Lecco längs des Comer-Sees östlichem Gestade über Belluno und das Maria-Thal, über Chiavenna (Cleven) und den 5899 Fuß hohen Splügen in die Schweiz, dann durch die Straße von Colcio durch das Valtellin über das 8840 Fuß hohe Stilfserjoch nach Spanding im Etschthale in Tyrol, gegenwärtig der höchste Straßenübergang in Europa, mit überraschender Kühnheit und Großartigkeit alle Hindernisse der Schnee- und Glätscher-Region besiegend. Diesen beiden imposanten Straßenzügen reiht sich an: jener von Schio durch die Vallarsa nach Roveredo im Etschthale in Tyrol, jener der sogenannten Strada d'Allemagna von Conegliano über Ceneda in das Piave-Thal nach Piave di Cadore und von dort über Cortina d'Ampezzo nach Toblach in Tyrol, mit welchem die theilweise radicale Verbesserung der Straße von Treviso über Cornuda, Feltre nach Belluno und Capo di Ponte, so wie der Bau der großen Steinbrücke über des Ardo reißendes Gewässer in unmittelbarer Verbindung steht, ferner die großartige Anlage des Straßenzuges von Udine über Ospedaletto durch die Thäler des Tagliamento und der Fella nach Pontaffel (Ponteba) und des Straßenzuges von Treviso über Odezza, Molta Portogruaro, Lattifana nach Porto Nogaro. Mit diesen so vielfach verzweigten Straßenanlagen ging Hand in Hand die radicale Verbesserung aller Aerarialstraßen, die bedeutenden Strombauten und Uferregulirungen an den großen Strömen Po, Etsch, Brenta, Piave, Tagliamento, der Umbau der Steindämme am linken Ufer des Tagliamento bis Osopo, der Bau steinerner Brücken über die Meduna bei Pordenone und die Brenta bei Fontaniva, jener der großen Holzbrücken über die Piave und den Tagliamento.

Mit Bewilligung einer namhaften Summe, circa 2,000,000 fl. Conv. Münze, ward zur Ausbesserung der sogenannten Murazzi jenes riesenhaften Meeresdammes, des letzten Bauwerkes der Republik und zugleich die Lagunen vor dem Wogendrange des adriatischen Meeres schirmend, dann zu jener des Hafendammes von Malamocco bei Venedig geschritten. Diese hier genannten Neubauten und Reparationen, so wie die theilweise Herstellung der Festungswerke von Piacenza, Mantua, Venedig und Verona, konnten nur mit einer Auslage von nahe an hundert Millionen Lire zur Ausführung gebracht werden, welche Summe dem italienischen Gewerbsfleiß zugeflossen ist.

Außer diesen Aerarial-Bauten wurde von der Regierung noch überdieß eine radicale Herstellung der Gemeindestraßen auf Kosten ihrer Gemeinden eingeleitet und mit besonders gutem Erfolge auf das kräftigste unterstützt. Der Wiederbelebung des Handels von Venedig ward die regste Sorgfalt gewidmet. Es wurde zuerst die Insel San Giorgio Maggiore zum Freihafen erklärt, und diese Freiheit ward durch ein Allerhöchstes Handbillet im Jahre 1829 auf ganz Venedig ausgedehnt. Die wohlthätigen Folgen dieser Maaßregel äußerten sich schnell und kräftig, und dürften sich immer fruchtbringender entwickeln, da es wenige Städte gibt, welche eine für das Commerz so vortheilhafte Lage besitzen, wenige Häfen, in welchen die Schiffe so vollkommen gegen Wind und Wogen geschützt sind, und außer Holland keinen Staat in Europa, der ein so vortheilhaftes Fluß- und Canalsystem besitzt, wie das lombardisch-venezianische Königreich.

Auch erfolgte neuerlichst die Bewilligung, in Venedig eine große Handelsgesellschaft auf Actien begründen zu dürfen, die sich bereits constituirt, und ihre Wirksamkeit mit einem Betriebscapital von 15,000,000 Lire nächstens beginnen wird.

Außer diesen wichtigen Beförderungen und Belebungen der mercantilischen Interessen des Königreichs wurden auch die scientisischen und artistischen nicht vernachlässigt, für welche als Erben einer ruhmvollen Vergangenheit der Italiener stets mit patriotischer Gluth empfänglich bleibt. Wissenschaftliche Institute in Mailand und Padua wurden gegründet, eine großartige Organisation der Akademie für schöne Künste in Mailand und Venedig decretirt, und namhafte Summen zur Aufmunterung des Kunststrebens, zu Vollendung oder Erhaltung öffentlicher Denkmale bewilligt. So wurde mit dem Aufwande von Millionen der herrliche Arco della Pace in Mailand, eines der imposantesten Baumonumente neuerer Zeit, zur Vollendung gebracht, an der Vollendung und Erhaltung des weltberühmten Mailänder Doms thätig gearbeitet, für die Erhaltung der berühmten Certosa bei Pavia gesorgt und in dem Klostergebäude der Frari in Venedig das berühmte General-Archiv, eine der großartigsten archivischen Sammlungen, geordnet. Dieses Archiv, das größte in der Welt, füllt 298 Gemächer. Achtzehnhundert neunzig Archive vereinten hier ihre Schätze, und das Ganze beträgt 8,664,709 Bände oder Fascikel. Man hat berechnet, daß die aufgeschlagenen Blätter dieser Sammlung 11 1/30 mal die Erde umgürten und aufeinander geschichtet die Pyramide des Cheops an Höhe erreichen würden. Tausend Schreiber würden, wenn sie täglich acht Stunden schrieben, 734 Jahre zum Abschreiben dieser Sammlung brauchen.

Daß bei so mächtigem umfassendem Streben, alle Belebungsmittel für Industrie, Handel, Künste und geselligen Verkehr zu fördern, der wichtige Einfluß zweier Vehikel, welche in neuester

*) Die Redaction glaubt bemerken zu müssen, daß diese Correspondenz von einem Berichterstatter kommt, der anfangs in mehreren Briefen seinen entschiedenen Unglauben an der Wahrheit der Beschuldigung ausgesprochen hatte. Wenn die Pflicht der Unparteilichkeit uns gebietet, die Anklagen so wenig als die Vertheidigungen auszuschließen, so wird darin kein Besonnener eine Gehässigkeit gegen die Juden überhaupt erblicken. Wäre es nicht zu verwundern, wenn in Damaskus dem bekannten Fanatismus der dortigen Moslim ähnliche fanatische Richtungen der Christen oder Juden entsprächen, so wird auf der andern Seite kein Vernünftiger einen Schluß von Damaskus auf die Juden im Allgemeinen für gerechtfertigt finden, so wenig als es zulässig wäre, von den Muckervereinen in Schlesien oder den neuen Wiedertäufern in Stuttgart eine Folgerung auf die Protestanten Preußens oder Würtembergs zu machen.

immer die Juden in Verdacht hatte, wagte Niemand sie anzuschuldigen, ja Niemand wagte die Spur eines gegründeten Verdachts zu verfolgen, so groß war ihr Einfluß, den ihnen ihr Geld bei den bestechlichen türkischen Behörden verschaffte. Auch jetzt hat es an großen Geldanerbietungen nicht gefehlt; dem Dragoman des französischen Consuls wurden allein 1000 Börsen, d. h. 50,000 fl. (?) C., angetragen, würde er sich die Mühe geben, dem Consul eine andere Meinung über diese Sache beizubringen. Der Bediente des Pater Thomas ward im Hause des Juden Farki auf dieselbe Weise getödtet wie sein Herr; man fing ebenfalls sein Blut auf, und warf dann den Körper in die Cloake des Judenquartiers, das, wie aus Allem hervorgeht, seit langer Zeit eine wahre Mördergrube war. *)

[2079]

Eisenbahn von Venedig nach Mailand.

Das lombardisch-venezianische Königreich nimmt unter den Ländern, deren Verein den österr. Kaiserstaat bildet, eine der ausgezeichnetsten Stellen ein. Die hohe Naturschönheit seiner Gefilde, der Reichthum und die Ergiebigkeit seines Bodens, die Intelligenz, Thätigkeit und der daraus entsprungene Wohlstand seiner Bewohner, die großen historischen Erinnerungen, welche sich an dessen Boden knüpfen, und die reichen Kunstschätze seiner blühenden Städte, der lebhafte Handel und Gewerbsfleiß, welcher sich daselbst entwickelt – Alles vereint sich, diesem so schönen als interessanten Lande die regste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die herrliche Hauptstadt der Lombardei, das prachtliebende Mailand, ist eine der reichsten und lebensfreudigsten Städte unseres Erdtheiles. Die altehrwürdige Lagunenstadt, die stolze Venezia, deren siegreiche Flaggen einst alle Meere bedeckten, ist noch immer durch ihre wunderbare Lage, durch seine maritime und strategische Wichtigkeit, durch ihren bedeutenden Handel, der noch immer über einhundert Millionen Lire des Jahres umsetzt, durch die Pracht ihrer Gebäude, und die unermeßlichen Kunstschätze, welche dieselben bergen, eine der merkwürdigsten Städte der Welt.

Zahlreiche, durch Industrie, Handel und Verkehr zum Theil sehr bedeutende Städte, stadtähnliche Märkte und Flecken mit ansehnlicher Bevölkerung und schöne Dörfer und Weiler, im Ganzen 35 Städte, 373 Märkte und 5733 Dörfer, in denen sich auf dem Areale von 826 geographischen Geviertmeilen eine Bevölkerung von mehr als fünfthalb Millionen Menschen bewegt, bedecken den reichen Boden der lombardischen Ebene und der siebenzehn Provinzen dieses Königreichs. Seit der Vereinigung desselben mit dem großen Staatenkörper der österreichischen Monarchie im Jahre 1814 hat die österreichische Regierung, jede gemeinnützige Unternehmung im Gebiete der Industrie und des Gewerbsfleißes, so wie in jenem der Wissenschaften und Künste stets in ihren Erbstaaten begünstigend, die vollste Aufmerksamkeit ihrer landesväterlichen Fürsorge diesem schönen Reiche zugekehrt und dieselbe auf die umfassendste Weise bethätigt.

Sie belebte Handel und Industrie durch Anlage und Ausführung großartiger Straßenzüge, und zwar durch den kostspieligen und kühnen Bau der Straße von Lecco längs des Comer-Sees östlichem Gestade über Belluno und das Maria-Thal, über Chiavenna (Cleven) und den 5899 Fuß hohen Splügen in die Schweiz, dann durch die Straße von Colcio durch das Valtellin über das 8840 Fuß hohe Stilfserjoch nach Spanding im Etschthale in Tyrol, gegenwärtig der höchste Straßenübergang in Europa, mit überraschender Kühnheit und Großartigkeit alle Hindernisse der Schnee- und Glätscher-Region besiegend. Diesen beiden imposanten Straßenzügen reiht sich an: jener von Schio durch die Vallarsa nach Roveredo im Etschthale in Tyrol, jener der sogenannten Strada d'Allemagna von Conegliano über Ceneda in das Piave-Thal nach Piave di Cadore und von dort über Cortina d'Ampezzo nach Toblach in Tyrol, mit welchem die theilweise radicale Verbesserung der Straße von Treviso über Cornuda, Feltre nach Belluno und Capo di Ponte, so wie der Bau der großen Steinbrücke über des Ardo reißendes Gewässer in unmittelbarer Verbindung steht, ferner die großartige Anlage des Straßenzuges von Udine über Ospedaletto durch die Thäler des Tagliamento und der Fella nach Pontaffel (Ponteba) und des Straßenzuges von Treviso über Odezza, Molta Portogruaro, Lattifana nach Porto Nogaro. Mit diesen so vielfach verzweigten Straßenanlagen ging Hand in Hand die radicale Verbesserung aller Aerarialstraßen, die bedeutenden Strombauten und Uferregulirungen an den großen Strömen Po, Etsch, Brenta, Piave, Tagliamento, der Umbau der Steindämme am linken Ufer des Tagliamento bis Osopo, der Bau steinerner Brücken über die Meduna bei Pordenone und die Brenta bei Fontaniva, jener der großen Holzbrücken über die Piave und den Tagliamento.

Mit Bewilligung einer namhaften Summe, circa 2,000,000 fl. Conv. Münze, ward zur Ausbesserung der sogenannten Murazzi jenes riesenhaften Meeresdammes, des letzten Bauwerkes der Republik und zugleich die Lagunen vor dem Wogendrange des adriatischen Meeres schirmend, dann zu jener des Hafendammes von Malamocco bei Venedig geschritten. Diese hier genannten Neubauten und Reparationen, so wie die theilweise Herstellung der Festungswerke von Piacenza, Mantua, Venedig und Verona, konnten nur mit einer Auslage von nahe an hundert Millionen Lire zur Ausführung gebracht werden, welche Summe dem italienischen Gewerbsfleiß zugeflossen ist.

Außer diesen Aerarial-Bauten wurde von der Regierung noch überdieß eine radicale Herstellung der Gemeindestraßen auf Kosten ihrer Gemeinden eingeleitet und mit besonders gutem Erfolge auf das kräftigste unterstützt. Der Wiederbelebung des Handels von Venedig ward die regste Sorgfalt gewidmet. Es wurde zuerst die Insel San Giorgio Maggiore zum Freihafen erklärt, und diese Freiheit ward durch ein Allerhöchstes Handbillet im Jahre 1829 auf ganz Venedig ausgedehnt. Die wohlthätigen Folgen dieser Maaßregel äußerten sich schnell und kräftig, und dürften sich immer fruchtbringender entwickeln, da es wenige Städte gibt, welche eine für das Commerz so vortheilhafte Lage besitzen, wenige Häfen, in welchen die Schiffe so vollkommen gegen Wind und Wogen geschützt sind, und außer Holland keinen Staat in Europa, der ein so vortheilhaftes Fluß- und Canalsystem besitzt, wie das lombardisch-venezianische Königreich.

Auch erfolgte neuerlichst die Bewilligung, in Venedig eine große Handelsgesellschaft auf Actien begründen zu dürfen, die sich bereits constituirt, und ihre Wirksamkeit mit einem Betriebscapital von 15,000,000 Lire nächstens beginnen wird.

Außer diesen wichtigen Beförderungen und Belebungen der mercantilischen Interessen des Königreichs wurden auch die scientisischen und artistischen nicht vernachlässigt, für welche als Erben einer ruhmvollen Vergangenheit der Italiener stets mit patriotischer Gluth empfänglich bleibt. Wissenschaftliche Institute in Mailand und Padua wurden gegründet, eine großartige Organisation der Akademie für schöne Künste in Mailand und Venedig decretirt, und namhafte Summen zur Aufmunterung des Kunststrebens, zu Vollendung oder Erhaltung öffentlicher Denkmale bewilligt. So wurde mit dem Aufwande von Millionen der herrliche Arco della Pace in Mailand, eines der imposantesten Baumonumente neuerer Zeit, zur Vollendung gebracht, an der Vollendung und Erhaltung des weltberühmten Mailänder Doms thätig gearbeitet, für die Erhaltung der berühmten Certosa bei Pavia gesorgt und in dem Klostergebäude der Frari in Venedig das berühmte General-Archiv, eine der großartigsten archivischen Sammlungen, geordnet. Dieses Archiv, das größte in der Welt, füllt 298 Gemächer. Achtzehnhundert neunzig Archive vereinten hier ihre Schätze, und das Ganze beträgt 8,664,709 Bände oder Fascikel. Man hat berechnet, daß die aufgeschlagenen Blätter dieser Sammlung 11 1/30 mal die Erde umgürten und aufeinander geschichtet die Pyramide des Cheops an Höhe erreichen würden. Tausend Schreiber würden, wenn sie täglich acht Stunden schrieben, 734 Jahre zum Abschreiben dieser Sammlung brauchen.

Daß bei so mächtigem umfassendem Streben, alle Belebungsmittel für Industrie, Handel, Künste und geselligen Verkehr zu fördern, der wichtige Einfluß zweier Vehikel, welche in neuester

*) Die Redaction glaubt bemerken zu müssen, daß diese Correspondenz von einem Berichterstatter kommt, der anfangs in mehreren Briefen seinen entschiedenen Unglauben an der Wahrheit der Beschuldigung ausgesprochen hatte. Wenn die Pflicht der Unparteilichkeit uns gebietet, die Anklagen so wenig als die Vertheidigungen auszuschließen, so wird darin kein Besonnener eine Gehässigkeit gegen die Juden überhaupt erblicken. Wäre es nicht zu verwundern, wenn in Damaskus dem bekannten Fanatismus der dortigen Moslim ähnliche fanatische Richtungen der Christen oder Juden entsprächen, so wird auf der andern Seite kein Vernünftiger einen Schluß von Damaskus auf die Juden im Allgemeinen für gerechtfertigt finden, so wenig als es zulässig wäre, von den Muckervereinen in Schlesien oder den neuen Wiedertäufern in Stuttgart eine Folgerung auf die Protestanten Preußens oder Würtembergs zu machen.
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[1212/0012] immer die Juden in Verdacht hatte, wagte Niemand sie anzuschuldigen, ja Niemand wagte die Spur eines gegründeten Verdachts zu verfolgen, so groß war ihr Einfluß, den ihnen ihr Geld bei den bestechlichen türkischen Behörden verschaffte. Auch jetzt hat es an großen Geldanerbietungen nicht gefehlt; dem Dragoman des französischen Consuls wurden allein 1000 Börsen, d. h. 50,000 fl. (?) C., angetragen, würde er sich die Mühe geben, dem Consul eine andere Meinung über diese Sache beizubringen. Der Bediente des Pater Thomas ward im Hause des Juden Farki auf dieselbe Weise getödtet wie sein Herr; man fing ebenfalls sein Blut auf, und warf dann den Körper in die Cloake des Judenquartiers, das, wie aus Allem hervorgeht, seit langer Zeit eine wahre Mördergrube war. *) [2079] Eisenbahn von Venedig nach Mailand. Das lombardisch-venezianische Königreich nimmt unter den Ländern, deren Verein den österr. Kaiserstaat bildet, eine der ausgezeichnetsten Stellen ein. Die hohe Naturschönheit seiner Gefilde, der Reichthum und die Ergiebigkeit seines Bodens, die Intelligenz, Thätigkeit und der daraus entsprungene Wohlstand seiner Bewohner, die großen historischen Erinnerungen, welche sich an dessen Boden knüpfen, und die reichen Kunstschätze seiner blühenden Städte, der lebhafte Handel und Gewerbsfleiß, welcher sich daselbst entwickelt – Alles vereint sich, diesem so schönen als interessanten Lande die regste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die herrliche Hauptstadt der Lombardei, das prachtliebende Mailand, ist eine der reichsten und lebensfreudigsten Städte unseres Erdtheiles. Die altehrwürdige Lagunenstadt, die stolze Venezia, deren siegreiche Flaggen einst alle Meere bedeckten, ist noch immer durch ihre wunderbare Lage, durch seine maritime und strategische Wichtigkeit, durch ihren bedeutenden Handel, der noch immer über einhundert Millionen Lire des Jahres umsetzt, durch die Pracht ihrer Gebäude, und die unermeßlichen Kunstschätze, welche dieselben bergen, eine der merkwürdigsten Städte der Welt. Zahlreiche, durch Industrie, Handel und Verkehr zum Theil sehr bedeutende Städte, stadtähnliche Märkte und Flecken mit ansehnlicher Bevölkerung und schöne Dörfer und Weiler, im Ganzen 35 Städte, 373 Märkte und 5733 Dörfer, in denen sich auf dem Areale von 826 geographischen Geviertmeilen eine Bevölkerung von mehr als fünfthalb Millionen Menschen bewegt, bedecken den reichen Boden der lombardischen Ebene und der siebenzehn Provinzen dieses Königreichs. Seit der Vereinigung desselben mit dem großen Staatenkörper der österreichischen Monarchie im Jahre 1814 hat die österreichische Regierung, jede gemeinnützige Unternehmung im Gebiete der Industrie und des Gewerbsfleißes, so wie in jenem der Wissenschaften und Künste stets in ihren Erbstaaten begünstigend, die vollste Aufmerksamkeit ihrer landesväterlichen Fürsorge diesem schönen Reiche zugekehrt und dieselbe auf die umfassendste Weise bethätigt. Sie belebte Handel und Industrie durch Anlage und Ausführung großartiger Straßenzüge, und zwar durch den kostspieligen und kühnen Bau der Straße von Lecco längs des Comer-Sees östlichem Gestade über Belluno und das Maria-Thal, über Chiavenna (Cleven) und den 5899 Fuß hohen Splügen in die Schweiz, dann durch die Straße von Colcio durch das Valtellin über das 8840 Fuß hohe Stilfserjoch nach Spanding im Etschthale in Tyrol, gegenwärtig der höchste Straßenübergang in Europa, mit überraschender Kühnheit und Großartigkeit alle Hindernisse der Schnee- und Glätscher-Region besiegend. Diesen beiden imposanten Straßenzügen reiht sich an: jener von Schio durch die Vallarsa nach Roveredo im Etschthale in Tyrol, jener der sogenannten Strada d'Allemagna von Conegliano über Ceneda in das Piave-Thal nach Piave di Cadore und von dort über Cortina d'Ampezzo nach Toblach in Tyrol, mit welchem die theilweise radicale Verbesserung der Straße von Treviso über Cornuda, Feltre nach Belluno und Capo di Ponte, so wie der Bau der großen Steinbrücke über des Ardo reißendes Gewässer in unmittelbarer Verbindung steht, ferner die großartige Anlage des Straßenzuges von Udine über Ospedaletto durch die Thäler des Tagliamento und der Fella nach Pontaffel (Ponteba) und des Straßenzuges von Treviso über Odezza, Molta Portogruaro, Lattifana nach Porto Nogaro. Mit diesen so vielfach verzweigten Straßenanlagen ging Hand in Hand die radicale Verbesserung aller Aerarialstraßen, die bedeutenden Strombauten und Uferregulirungen an den großen Strömen Po, Etsch, Brenta, Piave, Tagliamento, der Umbau der Steindämme am linken Ufer des Tagliamento bis Osopo, der Bau steinerner Brücken über die Meduna bei Pordenone und die Brenta bei Fontaniva, jener der großen Holzbrücken über die Piave und den Tagliamento. Mit Bewilligung einer namhaften Summe, circa 2,000,000 fl. Conv. Münze, ward zur Ausbesserung der sogenannten Murazzi jenes riesenhaften Meeresdammes, des letzten Bauwerkes der Republik und zugleich die Lagunen vor dem Wogendrange des adriatischen Meeres schirmend, dann zu jener des Hafendammes von Malamocco bei Venedig geschritten. Diese hier genannten Neubauten und Reparationen, so wie die theilweise Herstellung der Festungswerke von Piacenza, Mantua, Venedig und Verona, konnten nur mit einer Auslage von nahe an hundert Millionen Lire zur Ausführung gebracht werden, welche Summe dem italienischen Gewerbsfleiß zugeflossen ist. Außer diesen Aerarial-Bauten wurde von der Regierung noch überdieß eine radicale Herstellung der Gemeindestraßen auf Kosten ihrer Gemeinden eingeleitet und mit besonders gutem Erfolge auf das kräftigste unterstützt. Der Wiederbelebung des Handels von Venedig ward die regste Sorgfalt gewidmet. Es wurde zuerst die Insel San Giorgio Maggiore zum Freihafen erklärt, und diese Freiheit ward durch ein Allerhöchstes Handbillet im Jahre 1829 auf ganz Venedig ausgedehnt. Die wohlthätigen Folgen dieser Maaßregel äußerten sich schnell und kräftig, und dürften sich immer fruchtbringender entwickeln, da es wenige Städte gibt, welche eine für das Commerz so vortheilhafte Lage besitzen, wenige Häfen, in welchen die Schiffe so vollkommen gegen Wind und Wogen geschützt sind, und außer Holland keinen Staat in Europa, der ein so vortheilhaftes Fluß- und Canalsystem besitzt, wie das lombardisch-venezianische Königreich. Auch erfolgte neuerlichst die Bewilligung, in Venedig eine große Handelsgesellschaft auf Actien begründen zu dürfen, die sich bereits constituirt, und ihre Wirksamkeit mit einem Betriebscapital von 15,000,000 Lire nächstens beginnen wird. Außer diesen wichtigen Beförderungen und Belebungen der mercantilischen Interessen des Königreichs wurden auch die scientisischen und artistischen nicht vernachlässigt, für welche als Erben einer ruhmvollen Vergangenheit der Italiener stets mit patriotischer Gluth empfänglich bleibt. Wissenschaftliche Institute in Mailand und Padua wurden gegründet, eine großartige Organisation der Akademie für schöne Künste in Mailand und Venedig decretirt, und namhafte Summen zur Aufmunterung des Kunststrebens, zu Vollendung oder Erhaltung öffentlicher Denkmale bewilligt. So wurde mit dem Aufwande von Millionen der herrliche Arco della Pace in Mailand, eines der imposantesten Baumonumente neuerer Zeit, zur Vollendung gebracht, an der Vollendung und Erhaltung des weltberühmten Mailänder Doms thätig gearbeitet, für die Erhaltung der berühmten Certosa bei Pavia gesorgt und in dem Klostergebäude der Frari in Venedig das berühmte General-Archiv, eine der großartigsten archivischen Sammlungen, geordnet. Dieses Archiv, das größte in der Welt, füllt 298 Gemächer. Achtzehnhundert neunzig Archive vereinten hier ihre Schätze, und das Ganze beträgt 8,664,709 Bände oder Fascikel. Man hat berechnet, daß die aufgeschlagenen Blätter dieser Sammlung 11 1/30 mal die Erde umgürten und aufeinander geschichtet die Pyramide des Cheops an Höhe erreichen würden. Tausend Schreiber würden, wenn sie täglich acht Stunden schrieben, 734 Jahre zum Abschreiben dieser Sammlung brauchen. Daß bei so mächtigem umfassendem Streben, alle Belebungsmittel für Industrie, Handel, Künste und geselligen Verkehr zu fördern, der wichtige Einfluß zweier Vehikel, welche in neuester *) Die Redaction glaubt bemerken zu müssen, daß diese Correspondenz von einem Berichterstatter kommt, der anfangs in mehreren Briefen seinen entschiedenen Unglauben an der Wahrheit der Beschuldigung ausgesprochen hatte. Wenn die Pflicht der Unparteilichkeit uns gebietet, die Anklagen so wenig als die Vertheidigungen auszuschließen, so wird darin kein Besonnener eine Gehässigkeit gegen die Juden überhaupt erblicken. Wäre es nicht zu verwundern, wenn in Damaskus dem bekannten Fanatismus der dortigen Moslim ähnliche fanatische Richtungen der Christen oder Juden entsprächen, so wird auf der andern Seite kein Vernünftiger einen Schluß von Damaskus auf die Juden im Allgemeinen für gerechtfertigt finden, so wenig als es zulässig wäre, von den Muckervereinen in Schlesien oder den neuen Wiedertäufern in Stuttgart eine Folgerung auf die Protestanten Preußens oder Würtembergs zu machen.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 152. Augsburg, 31. Mai 1840, S. 1212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_152_18400531/12>, abgerufen am 28.04.2024.