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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Vom Vortrage.
man noch eher die Stärke der Begleitung schwächen. Die schöne
Erfindung unsers berühmten Herrn Holefelds, wodurch man
seit kurzem alle Register des Flügels in währendem Spielen,
vermittelst eines leichten Fußtrittes ab- und anziehen kann, hat
die Flügel überhaupt, und besonders diejenigen, welche nur ein
Manual haben, vollkommener gemachet, und die Schwierigkeit, we-
gen des Piano, bey den letztern glücklich gehoben. Es wäre zu
wünschen, daß alle Flügel in der Welt zur Ehre des guten Ge-
schmacks so eingerichtet würden.

§. 6.

Dieser Erfindung ungeachtet behält das Clavicord
und das Fortepiano wegen der mancherley Art, die Stärcke und
Schwäche allmählig vorzutragen, vor den Flügeln und Orgeln
vieles voraus. Das Pedal bey den letztern thut seine guten
Dienste, wenn die Noten in der Grundstimme nicht zu geschwinde
sind, und der Baß durch ein sechzehnfüßiges Register durchdrin-
gender gemacht werden kann. Ehe man aber den Gesang der
Grundstimme verstümmelt, weil die Noten nicht alle mit den
Füssen heraus gebracht werden können: so thut man besser, wenn
man das Pedal weglässet, und die Grundnoten blos mit der linken
Hand spielet.

§. 7.

Die Regeln, welche man überhaupt wegen des
Forte und Piano bey einer Orgel und einem Flügel mit zwo
Tastaturen geben kann, sind folgende: Das Fortißimo und das
Forte wird auf dem stärkern Manuale genommen. Bey jenem
können die consonirenden Accorde ganz, und bey den dissoniren-
den, nur die Consonanzen daraus in der linken Hand mit gegrif-
fen werden, wenn es die Ausführung der Grundnoten erlaubet.
Diese Verdoppelung muß alsdenn nicht in der Tiefe, sondern nahe
an der rechten Hand geschehen, damit die Harmonie beyder Hände
zusammen gränze, und kein Zwischenraum entstehe, zu geschweigen,

daß
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Vom Vortrage.
man noch eher die Stärke der Begleitung ſchwächen. Die ſchöne
Erfindung unſers berühmten Herrn Holefelds, wodurch man
ſeit kurzem alle Regiſter des Flügels in währendem Spielen,
vermittelſt eines leichten Fußtrittes ab- und anziehen kann, hat
die Flügel überhaupt, und beſonders diejenigen, welche nur ein
Manual haben, vollkommener gemachet, und die Schwierigkeit, we-
gen des Piano, bey den letztern glücklich gehoben. Es wäre zu
wünſchen, daß alle Flügel in der Welt zur Ehre des guten Ge-
ſchmacks ſo eingerichtet würden.

§. 6.

Dieſer Erfindung ungeachtet behält das Clavicord
und das Fortepiano wegen der mancherley Art, die Stärcke und
Schwäche allmählig vorzutragen, vor den Flügeln und Orgeln
vieles voraus. Das Pedal bey den letztern thut ſeine guten
Dienſte, wenn die Noten in der Grundſtimme nicht zu geſchwinde
ſind, und der Baß durch ein ſechzehnfüßiges Regiſter durchdrin-
gender gemacht werden kann. Ehe man aber den Geſang der
Grundſtimme verſtümmelt, weil die Noten nicht alle mit den
Füſſen heraus gebracht werden können: ſo thut man beſſer, wenn
man das Pedal wegläſſet, und die Grundnoten blos mit der linken
Hand ſpielet.

§. 7.

Die Regeln, welche man überhaupt wegen des
Forte und Piano bey einer Orgel und einem Flügel mit zwo
Taſtaturen geben kann, ſind folgende: Das Fortißimo und das
Forte wird auf dem ſtärkern Manuale genommen. Bey jenem
können die conſonirenden Accorde ganz, und bey den diſſoniren-
den, nur die Conſonanzen daraus in der linken Hand mit gegrif-
fen werden, wenn es die Ausführung der Grundnoten erlaubet.
Dieſe Verdoppelung muß alsdenn nicht in der Tiefe, ſondern nahe
an der rechten Hand geſchehen, damit die Harmonie beyder Hände
zuſammen gränze, und kein Zwiſchenraum entſtehe, zu geſchweigen,

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[245/0255] Vom Vortrage. man noch eher die Stärke der Begleitung ſchwächen. Die ſchöne Erfindung unſers berühmten Herrn Holefelds, wodurch man ſeit kurzem alle Regiſter des Flügels in währendem Spielen, vermittelſt eines leichten Fußtrittes ab- und anziehen kann, hat die Flügel überhaupt, und beſonders diejenigen, welche nur ein Manual haben, vollkommener gemachet, und die Schwierigkeit, we- gen des Piano, bey den letztern glücklich gehoben. Es wäre zu wünſchen, daß alle Flügel in der Welt zur Ehre des guten Ge- ſchmacks ſo eingerichtet würden. §. 6. Dieſer Erfindung ungeachtet behält das Clavicord und das Fortepiano wegen der mancherley Art, die Stärcke und Schwäche allmählig vorzutragen, vor den Flügeln und Orgeln vieles voraus. Das Pedal bey den letztern thut ſeine guten Dienſte, wenn die Noten in der Grundſtimme nicht zu geſchwinde ſind, und der Baß durch ein ſechzehnfüßiges Regiſter durchdrin- gender gemacht werden kann. Ehe man aber den Geſang der Grundſtimme verſtümmelt, weil die Noten nicht alle mit den Füſſen heraus gebracht werden können: ſo thut man beſſer, wenn man das Pedal wegläſſet, und die Grundnoten blos mit der linken Hand ſpielet. §. 7. Die Regeln, welche man überhaupt wegen des Forte und Piano bey einer Orgel und einem Flügel mit zwo Taſtaturen geben kann, ſind folgende: Das Fortißimo und das Forte wird auf dem ſtärkern Manuale genommen. Bey jenem können die conſonirenden Accorde ganz, und bey den diſſoniren- den, nur die Conſonanzen daraus in der linken Hand mit gegrif- fen werden, wenn es die Ausführung der Grundnoten erlaubet. Dieſe Verdoppelung muß alsdenn nicht in der Tiefe, ſondern nahe an der rechten Hand geſchehen, damit die Harmonie beyder Hände zuſammen gränze, und kein Zwiſchenraum entſtehe, zu geſchweigen, daß H h 3

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Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/255>, abgerufen am 29.03.2024.