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Bachstrom, Johann Friedrich: Die Kunst zu Schwimmen. Berlin, 1742.

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Jndem ich nun darüber gar ernstliche Betrach-
tungen anstellte, so deuchte mich, daß es beim
Schwimmen bloß darauf ankäme, ungehindert
athmen zu können, wenn gleich der ganze Cörper,
Mund und Nase ausgenommen, ins Wasser ge-
taucht wäre. Jch legte mich daher beim schwim-
men auf den Rücken, nachdem ich mir die Ohren,
welchen jedoch sonst das Wasser eben nicht so gar
schädlich ist, zugestopfet. Solchergestalt hatte ich
den Kopf so weit unter Wasser daß nur Nase und
Mund hervorragten. Gleichwie nun durch diese
Hydrostatische Beobachtung und Ausübung mein
Cörper der andern Glieder, umb sich auf der Ober-
Fläche des Wassers zu halten, nicht sonderlich
brauchte, so konte ich, wie mir annoch beifällt,
wohl zwei Stunden nacheinander, ohne auszuru-
hen, schwimmen, und vielleicht hat mein Vetter,
der drei Stunden schwamm, als sein Schiff
von dem Feuer, welches zum Pulver kam, in die
Lufft flog, sich eben dieses Mittels, doch vielmehr
nach seiner Erfahrung, als nach einem hydrostati-
schen Principio, bedienet, sein Leben zu retten.
Gleichwie man sich aber ungemein zwingen muß,
viele Stunden lang steiff ausgestreckt zu bleiben,
und sich in einer Stellung zu erhalten; So ist da-
bei zubefürchten, daß man von einem krampfichten
Zufall angegriffen werde. Dieser Ursachen we-
gen habe ich solche Methode, welche ohne das über-
all nicht nützen kan, wenn man einige Tage und
Nächte nach einander, wie solches bei Schiff-Brü-
chen öffters nöthig ist, zu schwimmen hat, fahren
lassen.

Jn-

Jndem ich nun daruͤber gar ernſtliche Betrach-
tungen anſtellte, ſo deuchte mich, daß es beim
Schwimmen bloß darauf ankaͤme, ungehindert
athmen zu koͤnnen, wenn gleich der ganze Coͤrper,
Mund und Naſe ausgenommen, ins Waſſer ge-
taucht waͤre. Jch legte mich daher beim ſchwim-
men auf den Ruͤcken, nachdem ich mir die Ohren,
welchen jedoch ſonſt das Waſſer eben nicht ſo gar
ſchaͤdlich iſt, zugeſtopfet. Solchergeſtalt hatte ich
den Kopf ſo weit unter Waſſer daß nur Naſe und
Mund hervorragten. Gleichwie nun durch dieſe
Hydroſtatiſche Beobachtung und Ausuͤbung mein
Coͤrper der andern Glieder, umb ſich auf der Ober-
Flaͤche des Waſſers zu halten, nicht ſonderlich
brauchte, ſo konte ich, wie mir annoch beifaͤllt,
wohl zwei Stunden nacheinander, ohne auszuru-
hen, ſchwimmen, und vielleicht hat mein Vetter,
der drei Stunden ſchwamm, als ſein Schiff
von dem Feuer, welches zum Pulver kam, in die
Lufft flog, ſich eben dieſes Mittels, doch vielmehr
nach ſeiner Erfahrung, als nach einem hydroſtati-
ſchen Principio, bedienet, ſein Leben zu retten.
Gleichwie man ſich aber ungemein zwingen muß,
viele Stunden lang ſteiff ausgeſtreckt zu bleiben,
und ſich in einer Stellung zu erhalten; So iſt da-
bei zubefuͤrchten, daß man von einem krampfichten
Zufall angegriffen werde. Dieſer Urſachen we-
gen habe ich ſolche Methode, welche ohne das uͤber-
all nicht nuͤtzen kan, wenn man einige Tage und
Naͤchte nach einander, wie ſolches bei Schiff-Bruͤ-
chen oͤffters noͤthig iſt, zu ſchwimmen hat, fahren
laſſen.

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[14/0020] Jndem ich nun daruͤber gar ernſtliche Betrach- tungen anſtellte, ſo deuchte mich, daß es beim Schwimmen bloß darauf ankaͤme, ungehindert athmen zu koͤnnen, wenn gleich der ganze Coͤrper, Mund und Naſe ausgenommen, ins Waſſer ge- taucht waͤre. Jch legte mich daher beim ſchwim- men auf den Ruͤcken, nachdem ich mir die Ohren, welchen jedoch ſonſt das Waſſer eben nicht ſo gar ſchaͤdlich iſt, zugeſtopfet. Solchergeſtalt hatte ich den Kopf ſo weit unter Waſſer daß nur Naſe und Mund hervorragten. Gleichwie nun durch dieſe Hydroſtatiſche Beobachtung und Ausuͤbung mein Coͤrper der andern Glieder, umb ſich auf der Ober- Flaͤche des Waſſers zu halten, nicht ſonderlich brauchte, ſo konte ich, wie mir annoch beifaͤllt, wohl zwei Stunden nacheinander, ohne auszuru- hen, ſchwimmen, und vielleicht hat mein Vetter, der drei Stunden ſchwamm, als ſein Schiff von dem Feuer, welches zum Pulver kam, in die Lufft flog, ſich eben dieſes Mittels, doch vielmehr nach ſeiner Erfahrung, als nach einem hydroſtati- ſchen Principio, bedienet, ſein Leben zu retten. Gleichwie man ſich aber ungemein zwingen muß, viele Stunden lang ſteiff ausgeſtreckt zu bleiben, und ſich in einer Stellung zu erhalten; So iſt da- bei zubefuͤrchten, daß man von einem krampfichten Zufall angegriffen werde. Dieſer Urſachen we- gen habe ich ſolche Methode, welche ohne das uͤber- all nicht nuͤtzen kan, wenn man einige Tage und Naͤchte nach einander, wie ſolches bei Schiff-Bruͤ- chen oͤffters noͤthig iſt, zu ſchwimmen hat, fahren laſſen. Jn-

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Zitationshilfe: Bachstrom, Johann Friedrich: Die Kunst zu Schwimmen. Berlin, 1742, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bachstrom_schwimmen_1742/20>, abgerufen am 24.04.2024.