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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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Fidelis (kurz). Nein.
Habusch (steht auf; wieder sehr feierlich). Dann er-
übrigt mir nur, sehr verehrter Herr Doktor, Ihnen
nochmals den tiefgefühlten Dank unseres Vereins für --
Fidelis (einfallend, kurz). Der Betrag wird Ihnen
angewiesen werden. -- (Ihn von oben bis unten betrach-
tend.)
Aber, lieber Habusch, nähren Sie sich besser, ge-
deihen Sie mehr, Sie sehen nicht gut aus -- wie soll
man da Lust zur Abstinenz kriegen!
Habusch (kläglich; sich vor Fidelis verneigend). Ich
werde mich bemühen, Herr Doktor. (Mit einer tiefen
Verneigung vor Justine durch die Türe links vom Glas-
schrank ab.)
Fidelis (Habusch nachblickend, indem er sich zu Justine
setzt, um Tee zu trinken).
Sicher ein heimlicher Säufer,
der Filou!
Justine. Welchen Sinn hat es eigentlich, sich mit
derlei Leuten einzulassen?
Fidelis. Keinen.
Justine. Warum also?
Fidelis. Mamchen, der Dinge, die Sinn haben, sind
zu wenig. Muß ich mir eins leihen, wie die Kinder
beim Rechnen sagen.
Justine. Bist du denn wirklich so gegen den Alkohol?
Fidelis. Ich bin gegen nichts. Und ich bin eigent-
lich auch für nichts.
Justine (ärgerlich, streitsüchtig). Eins muß aber doch
das Richtige sein.
Fidelis. Muß es?
Justine. Entweder das eine oder das andere.
Fidelis (kurz). Nein.
Habuſch (ſteht auf; wieder ſehr feierlich). Dann er-
übrigt mir nur, ſehr verehrter Herr Doktor, Ihnen
nochmals den tiefgefühlten Dank unſeres Vereins für —
Fidelis (einfallend, kurz). Der Betrag wird Ihnen
angewieſen werden. — (Ihn von oben bis unten betrach-
tend.)
Aber, lieber Habuſch, nähren Sie ſich beſſer, ge-
deihen Sie mehr, Sie ſehen nicht gut aus — wie ſoll
man da Luſt zur Abſtinenz kriegen!
Habuſch (klaͤglich; ſich vor Fidelis verneigend). Ich
werde mich bemühen, Herr Doktor. (Mit einer tiefen
Verneigung vor Juſtine durch die Tuͤre links vom Glas-
ſchrank ab.)
Fidelis (Habuſch nachblickend, indem er ſich zu Juſtine
ſetzt, um Tee zu trinken).
Sicher ein heimlicher Säufer,
der Filou!
Juſtine. Welchen Sinn hat es eigentlich, ſich mit
derlei Leuten einzulaſſen?
Fidelis. Keinen.
Juſtine. Warum alſo?
Fidelis. Mamchen, der Dinge, die Sinn haben, ſind
zu wenig. Muß ich mir eins leihen, wie die Kinder
beim Rechnen ſagen.
Juſtine. Biſt du denn wirklich ſo gegen den Alkohol?
Fidelis. Ich bin gegen nichts. Und ich bin eigent-
lich auch für nichts.
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Juſtine. Entweder das eine oder das andere.
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[36/0039] Fidelis (kurz). Nein. Habuſch (ſteht auf; wieder ſehr feierlich). Dann er- übrigt mir nur, ſehr verehrter Herr Doktor, Ihnen nochmals den tiefgefühlten Dank unſeres Vereins für — Fidelis (einfallend, kurz). Der Betrag wird Ihnen angewieſen werden. — (Ihn von oben bis unten betrach- tend.) Aber, lieber Habuſch, nähren Sie ſich beſſer, ge- deihen Sie mehr, Sie ſehen nicht gut aus — wie ſoll man da Luſt zur Abſtinenz kriegen! Habuſch (klaͤglich; ſich vor Fidelis verneigend). Ich werde mich bemühen, Herr Doktor. (Mit einer tiefen Verneigung vor Juſtine durch die Tuͤre links vom Glas- ſchrank ab.) Fidelis (Habuſch nachblickend, indem er ſich zu Juſtine ſetzt, um Tee zu trinken). Sicher ein heimlicher Säufer, der Filou! Juſtine. Welchen Sinn hat es eigentlich, ſich mit derlei Leuten einzulaſſen? Fidelis. Keinen. Juſtine. Warum alſo? Fidelis. Mamchen, der Dinge, die Sinn haben, ſind zu wenig. Muß ich mir eins leihen, wie die Kinder beim Rechnen ſagen. Juſtine. Biſt du denn wirklich ſo gegen den Alkohol? Fidelis. Ich bin gegen nichts. Und ich bin eigent- lich auch für nichts. Juſtine (aͤrgerlich, ſtreitſuͤchtig). Eins muß aber doch das Richtige ſein. Fidelis. Muß es? Juſtine. Entweder das eine oder das andere.

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/39>, abgerufen am 25.04.2024.