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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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England 1801 bis 1815.
mindestens 50 Tonnen Stabeisen, und wenn die im Bau begriffenen
Vergrösserungen von Pennydarran beendet sein werden, wird er zum
mindesten 80 Tonnen die Woche machen. Die Eisenwerke von
Dowlais, welche Lewis und Tate gehören, sind in demselben grossen
Stil wie Pennydarran angelegt und werden eben in gleicher Weise
vergrössert. Hill macht 30 Tonnen Stabeisen in der Woche, und da
er sein Werk ebenfalls vergrössert, wird er bald wenigstens 40 machen.
Mehr als 200 Tonnen gehen jetzt jede Woche den Kanal herunter
nach dem Hafen von Cardiff, wo sie nach Bristol, London, Plymouth,
Portsmouth und anderen Häfen verschifft werden, eine beträchtliche
Menge geht auch nach Amerika. Man nimmt an, dass sie nach Ver-
lauf eines Jahres 300 Tonnen wöchentlich verschiffen können. Die
Zahl der Hochöfen zu Merthyr Tydvil beträgt etwa 16, wovon 6 zu
Cyfartha gehören 1)." Crawshay hatte in dem englisch-französischen
Kriege, der durch den Frieden von Amiens 1802 beendet wurde, in
einem Jahre etwa 10000 Tonnen Stabeisen geliefert und dabei
50000 £ Reingewinn erzielt. 1812 gab Crawshay im Parlament
seine Produktion auf jährlich 10000 Tonnen an. Eine solche Er-
zeugung war nur durch den Puddelprocess möglich, den Crawshay
eingeführt und verbessert hatte. Fünf bis sechs englische Meilen von
Merthyr wohnten auf dem Eisenwerke Sirhowy die beiden Hütten-
besitzer Fothergill und Monkhouse, welche 1802 ein neues grosses
Eisenwerk Tredegar bauten. Es sollte einen doppelten Hochofen,
d. h. zwei Hochöfen in einem Rauhgemäuer und etliche 20 Puddelöfen
bekommen. Das Werk hatte 2000 engl. Morgen Kohlenflötze von
5 Fuss und Eisensteinflötze von 6 bis 7 Zoll Mächtigkeit. Der Stollen
mündete auf der Höhe der Ofengicht. Eine zwölf Meilen lange Eisen-
bahn führte zu dem Kanal von Monmouthshire, welcher elf Meilen
lang war und bei Newport am Severn mündete. Man hatte eine
Dampfmaschine von 72 Pferden und beabsichtigte eine Jahresproduk-
tion von 7000 bis 8000 Tonnen Stabeisen.

Wie sehr der Bau von Kanälen die englische Eisenindustrie
förderte, sieht man an dem Beispiel der genannten Werke in Süd-
wales und noch mehr von denen in Monmouthshire. Dort war die
uralte Eisenindustrie durch die Ausrottung der Wälder fast gänzlich
zum Erliegen gekommen. Seitdem man aber gelernt hatte, die Erze
mit Steinkohlen zu verhütten, fing man auch an, den reichen Erz-

1) Eine Beschreibung von Merthyr Tydvil und seinen Eisenwerken aus der-
selben Zeit (1802) findet sich auch in Svedenstjernas Reisebericht S. 50.

England 1801 bis 1815.
mindestens 50 Tonnen Stabeisen, und wenn die im Bau begriffenen
Vergröſserungen von Pennydarran beendet sein werden, wird er zum
mindesten 80 Tonnen die Woche machen. Die Eisenwerke von
Dowlais, welche Lewis und Tate gehören, sind in demselben groſsen
Stil wie Pennydarran angelegt und werden eben in gleicher Weise
vergröſsert. Hill macht 30 Tonnen Stabeisen in der Woche, und da
er sein Werk ebenfalls vergröſsert, wird er bald wenigstens 40 machen.
Mehr als 200 Tonnen gehen jetzt jede Woche den Kanal herunter
nach dem Hafen von Cardiff, wo sie nach Bristol, London, Plymouth,
Portsmouth und anderen Häfen verschifft werden, eine beträchtliche
Menge geht auch nach Amerika. Man nimmt an, daſs sie nach Ver-
lauf eines Jahres 300 Tonnen wöchentlich verschiffen können. Die
Zahl der Hochöfen zu Merthyr Tydvil beträgt etwa 16, wovon 6 zu
Cyfartha gehören 1).“ Crawshay hatte in dem englisch-französischen
Kriege, der durch den Frieden von Amiens 1802 beendet wurde, in
einem Jahre etwa 10000 Tonnen Stabeisen geliefert und dabei
50000 £ Reingewinn erzielt. 1812 gab Crawshay im Parlament
seine Produktion auf jährlich 10000 Tonnen an. Eine solche Er-
zeugung war nur durch den Puddelproceſs möglich, den Crawshay
eingeführt und verbessert hatte. Fünf bis sechs englische Meilen von
Merthyr wohnten auf dem Eisenwerke Sirhowy die beiden Hütten-
besitzer Fothergill und Monkhouse, welche 1802 ein neues groſses
Eisenwerk Tredegar bauten. Es sollte einen doppelten Hochofen,
d. h. zwei Hochöfen in einem Rauhgemäuer und etliche 20 Puddelöfen
bekommen. Das Werk hatte 2000 engl. Morgen Kohlenflötze von
5 Fuſs und Eisensteinflötze von 6 bis 7 Zoll Mächtigkeit. Der Stollen
mündete auf der Höhe der Ofengicht. Eine zwölf Meilen lange Eisen-
bahn führte zu dem Kanal von Monmouthshire, welcher elf Meilen
lang war und bei Newport am Severn mündete. Man hatte eine
Dampfmaschine von 72 Pferden und beabsichtigte eine Jahresproduk-
tion von 7000 bis 8000 Tonnen Stabeisen.

Wie sehr der Bau von Kanälen die englische Eisenindustrie
förderte, sieht man an dem Beispiel der genannten Werke in Süd-
wales und noch mehr von denen in Monmouthshire. Dort war die
uralte Eisenindustrie durch die Ausrottung der Wälder fast gänzlich
zum Erliegen gekommen. Seitdem man aber gelernt hatte, die Erze
mit Steinkohlen zu verhütten, fing man auch an, den reichen Erz-

1) Eine Beschreibung von Merthyr Tydvil und seinen Eisenwerken aus der-
selben Zeit (1802) findet sich auch in Svedenstjernas Reisebericht S. 50.
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[155/0171] England 1801 bis 1815. mindestens 50 Tonnen Stabeisen, und wenn die im Bau begriffenen Vergröſserungen von Pennydarran beendet sein werden, wird er zum mindesten 80 Tonnen die Woche machen. Die Eisenwerke von Dowlais, welche Lewis und Tate gehören, sind in demselben groſsen Stil wie Pennydarran angelegt und werden eben in gleicher Weise vergröſsert. Hill macht 30 Tonnen Stabeisen in der Woche, und da er sein Werk ebenfalls vergröſsert, wird er bald wenigstens 40 machen. Mehr als 200 Tonnen gehen jetzt jede Woche den Kanal herunter nach dem Hafen von Cardiff, wo sie nach Bristol, London, Plymouth, Portsmouth und anderen Häfen verschifft werden, eine beträchtliche Menge geht auch nach Amerika. Man nimmt an, daſs sie nach Ver- lauf eines Jahres 300 Tonnen wöchentlich verschiffen können. Die Zahl der Hochöfen zu Merthyr Tydvil beträgt etwa 16, wovon 6 zu Cyfartha gehören 1).“ Crawshay hatte in dem englisch-französischen Kriege, der durch den Frieden von Amiens 1802 beendet wurde, in einem Jahre etwa 10000 Tonnen Stabeisen geliefert und dabei 50000 £ Reingewinn erzielt. 1812 gab Crawshay im Parlament seine Produktion auf jährlich 10000 Tonnen an. Eine solche Er- zeugung war nur durch den Puddelproceſs möglich, den Crawshay eingeführt und verbessert hatte. Fünf bis sechs englische Meilen von Merthyr wohnten auf dem Eisenwerke Sirhowy die beiden Hütten- besitzer Fothergill und Monkhouse, welche 1802 ein neues groſses Eisenwerk Tredegar bauten. Es sollte einen doppelten Hochofen, d. h. zwei Hochöfen in einem Rauhgemäuer und etliche 20 Puddelöfen bekommen. Das Werk hatte 2000 engl. Morgen Kohlenflötze von 5 Fuſs und Eisensteinflötze von 6 bis 7 Zoll Mächtigkeit. Der Stollen mündete auf der Höhe der Ofengicht. Eine zwölf Meilen lange Eisen- bahn führte zu dem Kanal von Monmouthshire, welcher elf Meilen lang war und bei Newport am Severn mündete. Man hatte eine Dampfmaschine von 72 Pferden und beabsichtigte eine Jahresproduk- tion von 7000 bis 8000 Tonnen Stabeisen. Wie sehr der Bau von Kanälen die englische Eisenindustrie förderte, sieht man an dem Beispiel der genannten Werke in Süd- wales und noch mehr von denen in Monmouthshire. Dort war die uralte Eisenindustrie durch die Ausrottung der Wälder fast gänzlich zum Erliegen gekommen. Seitdem man aber gelernt hatte, die Erze mit Steinkohlen zu verhütten, fing man auch an, den reichen Erz- 1) Eine Beschreibung von Merthyr Tydvil und seinen Eisenwerken aus der- selben Zeit (1802) findet sich auch in Svedenstjernas Reisebericht S. 50.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/171>, abgerufen am 19.04.2024.