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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Brennmaterialien 1816 bis 1830.
vorhergehenden Winter einen Kessel von 26 Pferdekräften mit Erfolg
auf diese Weise betrieben 1).

Oft schon hatte man versucht, die Steinkohle in rohem Zustande
im Hochofen zu verwenden, stets aber mit schlechtem Erfolge.
Die genauere Kenntnis der Kohlenarten führte aber auch hier zu
besseren Resultaten. Die kohlenstoffreiche, nicht backende Anthracit-
kohle erwies sich allein für die direkte Anwendung geeignet, und dies
geschah zuerst mit Erfolg auf dem grossartigen Hüttenwerke Dowlais
in Süd-Wales, dessen neun Hochöfen von 18 Fuss Kohlensackweite
hauptsächlich auf die Ausnutzung dieses Verfahrens hin erbaut worden
waren. Die Provinz Glamorganshire, in welcher dieses Werk lag, war
auch ganz besonders für diesen Betrieb geeignet, denn während die
Steinkohle in der Mitte der Grafschaft sehr bituminös war und sich
gut verkoken liess, ging die Fettkohle in der weiteren Erstreckung
der Flötze in Anthracit über, den man vordem nicht verwenden
konnte. Man chargierte jetzt mit Erfolg auf 127 kg Koks und 76 kg
rohe Steinkohle 203 bis 254 kg geröstetes Erz und 51 bis 68 kg Kalk-
stein. Zu 1000 kg Roheisen brauchte man 2800 kg Koks und 1700 kg
Steinkohle, zusammen 4500 kg Brennmaterial.

In Frankreich hatte Robin, Direktor der Eisenhütte von Vizille,
ebenfalls versucht, mit Anthracit von Lamure Eisenerze im Hochofen
zu schmelzen 2), und es gelang ihm, wenigstens den Nachweis zu
führen, dass man mit diesem Anthracit allein, wenn auch sehr schwer,
Eisenerze verschmelzen kann, wobei 7 Tle. Anthracit 3 Tle. Koks
ersetzten. Dieses Resultat war in ökonomischer Beziehung freilich
sehr ungünstig. Das erhaltene Roheisen, namentlich das graue Giesserei-
roheisen, war angeblich von guter Qualität. Die Versuche Robins,
Anthracitkohlen im Puddelofen zu verwenden, welche er 1828 eben-
falls zu Vizille anstellte, hatten keine günstige Erfolge, namentlich
war das erhaltene Eisen schlechter 3).

Über den Brennwert der Brennmaterialien, d. h. über die relativen
Wärmemengen, welche bei der Verbrennung derselben entwickelt
werden, hatten schon Lavoisier, Crawford, Rumford und Dalton
Untersuchungen angestellt, deren Ergebnisse aber sehr abwichen. Sehr
sorgfältige Versuche hat hierüber der Amerikaner Marcus Bull 1826
im Franklin Journal veröffentlicht 4).


1) Siehe London Journ. of Arts and Sciences, Oct. 1824, p. 194; Dingler, XIV, 23.
2) Siehe Coste et Perdonnet, a. a. O., p. 175.
3) Siehe Annales des mines, II. Ser., T. VI, Paris 1829, p. 109.
4) Siehe auch E. Peclet, Über die Wärme, übers. von Hartmann, 1830, I, 124.

Die Brennmaterialien 1816 bis 1830.
vorhergehenden Winter einen Kessel von 26 Pferdekräften mit Erfolg
auf diese Weise betrieben 1).

Oft schon hatte man versucht, die Steinkohle in rohem Zustande
im Hochofen zu verwenden, stets aber mit schlechtem Erfolge.
Die genauere Kenntnis der Kohlenarten führte aber auch hier zu
besseren Resultaten. Die kohlenstoffreiche, nicht backende Anthracit-
kohle erwies sich allein für die direkte Anwendung geeignet, und dies
geschah zuerst mit Erfolg auf dem groſsartigen Hüttenwerke Dowlais
in Süd-Wales, dessen neun Hochöfen von 18 Fuſs Kohlensackweite
hauptsächlich auf die Ausnutzung dieses Verfahrens hin erbaut worden
waren. Die Provinz Glamorganshire, in welcher dieses Werk lag, war
auch ganz besonders für diesen Betrieb geeignet, denn während die
Steinkohle in der Mitte der Grafschaft sehr bituminös war und sich
gut verkoken lieſs, ging die Fettkohle in der weiteren Erstreckung
der Flötze in Anthracit über, den man vordem nicht verwenden
konnte. Man chargierte jetzt mit Erfolg auf 127 kg Koks und 76 kg
rohe Steinkohle 203 bis 254 kg geröstetes Erz und 51 bis 68 kg Kalk-
stein. Zu 1000 kg Roheisen brauchte man 2800 kg Koks und 1700 kg
Steinkohle, zusammen 4500 kg Brennmaterial.

In Frankreich hatte Robin, Direktor der Eisenhütte von Vizille,
ebenfalls versucht, mit Anthracit von Lamure Eisenerze im Hochofen
zu schmelzen 2), und es gelang ihm, wenigstens den Nachweis zu
führen, daſs man mit diesem Anthracit allein, wenn auch sehr schwer,
Eisenerze verschmelzen kann, wobei 7 Tle. Anthracit 3 Tle. Koks
ersetzten. Dieses Resultat war in ökonomischer Beziehung freilich
sehr ungünstig. Das erhaltene Roheisen, namentlich das graue Gieſserei-
roheisen, war angeblich von guter Qualität. Die Versuche Robins,
Anthracitkohlen im Puddelofen zu verwenden, welche er 1828 eben-
falls zu Vizille anstellte, hatten keine günstige Erfolge, namentlich
war das erhaltene Eisen schlechter 3).

Über den Brennwert der Brennmaterialien, d. h. über die relativen
Wärmemengen, welche bei der Verbrennung derselben entwickelt
werden, hatten schon Lavoisier, Crawford, Rumford und Dalton
Untersuchungen angestellt, deren Ergebnisse aber sehr abwichen. Sehr
sorgfältige Versuche hat hierüber der Amerikaner Marcus Bull 1826
im Franklin Journal veröffentlicht 4).


1) Siehe London Journ. of Arts and Sciences, Oct. 1824, p. 194; Dingler, XIV, 23.
2) Siehe Coste et Perdonnet, a. a. O., p. 175.
3) Siehe Annales des mines, II. Ser., T. VI, Paris 1829, p. 109.
4) Siehe auch E. Peclet, Über die Wärme, übers. von Hartmann, 1830, I, 124.
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[230/0246] Die Brennmaterialien 1816 bis 1830. vorhergehenden Winter einen Kessel von 26 Pferdekräften mit Erfolg auf diese Weise betrieben 1). Oft schon hatte man versucht, die Steinkohle in rohem Zustande im Hochofen zu verwenden, stets aber mit schlechtem Erfolge. Die genauere Kenntnis der Kohlenarten führte aber auch hier zu besseren Resultaten. Die kohlenstoffreiche, nicht backende Anthracit- kohle erwies sich allein für die direkte Anwendung geeignet, und dies geschah zuerst mit Erfolg auf dem groſsartigen Hüttenwerke Dowlais in Süd-Wales, dessen neun Hochöfen von 18 Fuſs Kohlensackweite hauptsächlich auf die Ausnutzung dieses Verfahrens hin erbaut worden waren. Die Provinz Glamorganshire, in welcher dieses Werk lag, war auch ganz besonders für diesen Betrieb geeignet, denn während die Steinkohle in der Mitte der Grafschaft sehr bituminös war und sich gut verkoken lieſs, ging die Fettkohle in der weiteren Erstreckung der Flötze in Anthracit über, den man vordem nicht verwenden konnte. Man chargierte jetzt mit Erfolg auf 127 kg Koks und 76 kg rohe Steinkohle 203 bis 254 kg geröstetes Erz und 51 bis 68 kg Kalk- stein. Zu 1000 kg Roheisen brauchte man 2800 kg Koks und 1700 kg Steinkohle, zusammen 4500 kg Brennmaterial. In Frankreich hatte Robin, Direktor der Eisenhütte von Vizille, ebenfalls versucht, mit Anthracit von Lamure Eisenerze im Hochofen zu schmelzen 2), und es gelang ihm, wenigstens den Nachweis zu führen, daſs man mit diesem Anthracit allein, wenn auch sehr schwer, Eisenerze verschmelzen kann, wobei 7 Tle. Anthracit 3 Tle. Koks ersetzten. Dieses Resultat war in ökonomischer Beziehung freilich sehr ungünstig. Das erhaltene Roheisen, namentlich das graue Gieſserei- roheisen, war angeblich von guter Qualität. Die Versuche Robins, Anthracitkohlen im Puddelofen zu verwenden, welche er 1828 eben- falls zu Vizille anstellte, hatten keine günstige Erfolge, namentlich war das erhaltene Eisen schlechter 3). Über den Brennwert der Brennmaterialien, d. h. über die relativen Wärmemengen, welche bei der Verbrennung derselben entwickelt werden, hatten schon Lavoisier, Crawford, Rumford und Dalton Untersuchungen angestellt, deren Ergebnisse aber sehr abwichen. Sehr sorgfältige Versuche hat hierüber der Amerikaner Marcus Bull 1826 im Franklin Journal veröffentlicht 4). 1) Siehe London Journ. of Arts and Sciences, Oct. 1824, p. 194; Dingler, XIV, 23. 2) Siehe Coste et Perdonnet, a. a. O., p. 175. 3) Siehe Annales des mines, II. Ser., T. VI, Paris 1829, p. 109. 4) Siehe auch E. Peclet, Über die Wärme, übers. von Hartmann, 1830, I, 124.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/246>, abgerufen am 25.04.2024.