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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Roheisendarstellung 1816 bis 1830.
bei gleichbleibender Windzuführung durch das Verhältnis des Erzsatzes
zum Kohlensatz bestimmt; doch kommt dabei auch die Beschickung
in Betracht. Diejenige Beschickung ist die angemessenste, bei welcher
das Verhältnis des Erzsatzes zum Kohlensatz das grösste sein kann,
um den Ofen in gleicher Temperatur zu erhalten, d. h. um Roheisen
von gleichbleibender Beschaffenheit zu erzeugen (Karsten). Da
sich bei höheren Öfen die Temperatur erhöht, so folgte von selbst,
dass man in solchen Öfen den Erzsatz erhöhte, um dasselbe Eisen zu
erhalten. Die höhere Temperatur und das längere Verweilen der
Erze im Vorbereitungsraume bewirkte eine stärkere Reduktion der
Kieselsäure, was einen grösseren Siliciumgehalt des in hohen Öfen
erblasenen Roheisens zur Folge hatte.

Der Hüttenmann hat es bei guten durch die Beschickung, den
Erzsatz und die Windmenge in der Hand, ein oder die andere Eisen-
sorte zu erzeugen, wobei aber wohl zu bedenken ist, dass die als
weiss oder grau bezeichneten Roheisensorten unter sich wieder von
grösster Verschiedenheit sein können. Es giebt ein weisses Eisen bei
garem Gang, bei übersetztem Gang und bei übergarem Gang. Letzteres
ist das Spiegeleisen, welches zu seiner Bildung vollständige Reduktion
und gesättigte Kohlung, aber nur kurzes Verweilen des geschmolzenen
Eisens in konzentrierter Hitze, und rasches Hinabsinken in der flüssigen
Schlacke voraussetzt. Sobald ein längeres Verweilen in hoher Hitze
stattfindet, tritt Graphitbildung ein und das kohlenstoffreiche Spiegel-
eisen geht in grobkörniges graues Eisen über. Der Schmelzprozess
muss immer dicht an dieser Grenze geführt werden.

Bei dem bei Rohgang erzeugten weissen Roheisen sind unvoll-
ständig reduzierte Erzteile bis in und unter den Fokus der Hitze
gelangt, wodurch eine Entkohlung und Abkühlung, ein teilweises
Frischen eintritt. Zugleich lösen sich alle Verunreinigungen der un-
genügend vorbereiteten Schmelzmasse, wodurch das Roheisen sehr
unrein, namentlich schwefelhaltig, wird. Zwischen diesen Extremen,
dem weissen, teilweise entkohlten Eisen vom Rohgang und dem mit
Kohlenstoff völlig gesättigten Spiegeleisen, befindet sich die ganze
Reihe weisser Eisensorten.

Ähnlich verhält es sich mit dem grauen Roheisen. Ganz ab-
gesehen davon, dass die Graphitausscheidung in grossen Blättern bis
zu den feinsten Schüppchen stattfinden kann, verhält sich das dem
Ansehen nach gleiche Roheisen von strengflüssiger Beschickung ganz
anders als das von leichtflüssiger Beschickung. Zum Teil wird dieser
Unterschied durch den höheren Siliciumgehalt, des bei strengflüssiger

Die Roheisendarstellung 1816 bis 1830.
bei gleichbleibender Windzuführung durch das Verhältnis des Erzsatzes
zum Kohlensatz bestimmt; doch kommt dabei auch die Beschickung
in Betracht. Diejenige Beschickung ist die angemessenste, bei welcher
das Verhältnis des Erzsatzes zum Kohlensatz das gröſste sein kann,
um den Ofen in gleicher Temperatur zu erhalten, d. h. um Roheisen
von gleichbleibender Beschaffenheit zu erzeugen (Karsten). Da
sich bei höheren Öfen die Temperatur erhöht, so folgte von selbst,
daſs man in solchen Öfen den Erzsatz erhöhte, um dasselbe Eisen zu
erhalten. Die höhere Temperatur und das längere Verweilen der
Erze im Vorbereitungsraume bewirkte eine stärkere Reduktion der
Kieselsäure, was einen gröſseren Siliciumgehalt des in hohen Öfen
erblasenen Roheisens zur Folge hatte.

Der Hüttenmann hat es bei guten durch die Beschickung, den
Erzsatz und die Windmenge in der Hand, ein oder die andere Eisen-
sorte zu erzeugen, wobei aber wohl zu bedenken ist, daſs die als
weiſs oder grau bezeichneten Roheisensorten unter sich wieder von
gröſster Verschiedenheit sein können. Es giebt ein weiſses Eisen bei
garem Gang, bei übersetztem Gang und bei übergarem Gang. Letzteres
ist das Spiegeleisen, welches zu seiner Bildung vollständige Reduktion
und gesättigte Kohlung, aber nur kurzes Verweilen des geschmolzenen
Eisens in konzentrierter Hitze, und rasches Hinabsinken in der flüssigen
Schlacke voraussetzt. Sobald ein längeres Verweilen in hoher Hitze
stattfindet, tritt Graphitbildung ein und das kohlenstoffreiche Spiegel-
eisen geht in grobkörniges graues Eisen über. Der Schmelzprozeſs
muſs immer dicht an dieser Grenze geführt werden.

Bei dem bei Rohgang erzeugten weiſsen Roheisen sind unvoll-
ständig reduzierte Erzteile bis in und unter den Fokus der Hitze
gelangt, wodurch eine Entkohlung und Abkühlung, ein teilweises
Frischen eintritt. Zugleich lösen sich alle Verunreinigungen der un-
genügend vorbereiteten Schmelzmasse, wodurch das Roheisen sehr
unrein, namentlich schwefelhaltig, wird. Zwischen diesen Extremen,
dem weiſsen, teilweise entkohlten Eisen vom Rohgang und dem mit
Kohlenstoff völlig gesättigten Spiegeleisen, befindet sich die ganze
Reihe weiſser Eisensorten.

Ähnlich verhält es sich mit dem grauen Roheisen. Ganz ab-
gesehen davon, daſs die Graphitausscheidung in groſsen Blättern bis
zu den feinsten Schüppchen stattfinden kann, verhält sich das dem
Ansehen nach gleiche Roheisen von strengflüssiger Beschickung ganz
anders als das von leichtflüssiger Beschickung. Zum Teil wird dieser
Unterschied durch den höheren Siliciumgehalt, des bei strengflüssiger

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[240/0256] Die Roheisendarstellung 1816 bis 1830. bei gleichbleibender Windzuführung durch das Verhältnis des Erzsatzes zum Kohlensatz bestimmt; doch kommt dabei auch die Beschickung in Betracht. Diejenige Beschickung ist die angemessenste, bei welcher das Verhältnis des Erzsatzes zum Kohlensatz das gröſste sein kann, um den Ofen in gleicher Temperatur zu erhalten, d. h. um Roheisen von gleichbleibender Beschaffenheit zu erzeugen (Karsten). Da sich bei höheren Öfen die Temperatur erhöht, so folgte von selbst, daſs man in solchen Öfen den Erzsatz erhöhte, um dasselbe Eisen zu erhalten. Die höhere Temperatur und das längere Verweilen der Erze im Vorbereitungsraume bewirkte eine stärkere Reduktion der Kieselsäure, was einen gröſseren Siliciumgehalt des in hohen Öfen erblasenen Roheisens zur Folge hatte. Der Hüttenmann hat es bei guten durch die Beschickung, den Erzsatz und die Windmenge in der Hand, ein oder die andere Eisen- sorte zu erzeugen, wobei aber wohl zu bedenken ist, daſs die als weiſs oder grau bezeichneten Roheisensorten unter sich wieder von gröſster Verschiedenheit sein können. Es giebt ein weiſses Eisen bei garem Gang, bei übersetztem Gang und bei übergarem Gang. Letzteres ist das Spiegeleisen, welches zu seiner Bildung vollständige Reduktion und gesättigte Kohlung, aber nur kurzes Verweilen des geschmolzenen Eisens in konzentrierter Hitze, und rasches Hinabsinken in der flüssigen Schlacke voraussetzt. Sobald ein längeres Verweilen in hoher Hitze stattfindet, tritt Graphitbildung ein und das kohlenstoffreiche Spiegel- eisen geht in grobkörniges graues Eisen über. Der Schmelzprozeſs muſs immer dicht an dieser Grenze geführt werden. Bei dem bei Rohgang erzeugten weiſsen Roheisen sind unvoll- ständig reduzierte Erzteile bis in und unter den Fokus der Hitze gelangt, wodurch eine Entkohlung und Abkühlung, ein teilweises Frischen eintritt. Zugleich lösen sich alle Verunreinigungen der un- genügend vorbereiteten Schmelzmasse, wodurch das Roheisen sehr unrein, namentlich schwefelhaltig, wird. Zwischen diesen Extremen, dem weiſsen, teilweise entkohlten Eisen vom Rohgang und dem mit Kohlenstoff völlig gesättigten Spiegeleisen, befindet sich die ganze Reihe weiſser Eisensorten. Ähnlich verhält es sich mit dem grauen Roheisen. Ganz ab- gesehen davon, daſs die Graphitausscheidung in groſsen Blättern bis zu den feinsten Schüppchen stattfinden kann, verhält sich das dem Ansehen nach gleiche Roheisen von strengflüssiger Beschickung ganz anders als das von leichtflüssiger Beschickung. Zum Teil wird dieser Unterschied durch den höheren Siliciumgehalt, des bei strengflüssiger

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/256>, abgerufen am 29.03.2024.