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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Vereinigten Staaten 1816 bis 1830.
aus dieser Zeit hinzu. 1818 wurde der erste ernsthafte Versuch in
Amerika gemacht, Gussstahl zu fabrizieren. James Wood erbaute
1818 auf Valley Forge in Pennsylvanien einen Gussstahlofen, um Guss-
stahl für Sägeblätter zu machen. Zwei Engländer, John Parkins,
Vater und Sohn, leiteten den Betrieb. Sie sollen auch guten Stahl
erhalten haben, doch wurde das Unternehmen nach kurzer Zeit
wieder aufgegeben.

Das erste Stabeisen, welches in den Neu-Englandstaaten gewalzt
wurde, erhielt man 1825 auf dem Bostoner Eisenwerk.

Die Nagelfabrikation, namentlich die Fabrikation mit Maschinen
geschnittener Nägel, nahm auch in dieser Periode sehr zu. Man ver-
wendete die von Reed, Pierson, Odiorne und Perkins erfundenen
Nagelmaschinen. Die Maschine von Reed war von Mellville Otis
verbessert worden.

White und Hayard in Philadelphia bauten 1816 die erste
Drahtbrücke über den Schnylkill. Dieselben machten auch zuerst
Drahtzäune, wodurch der Drahtverbrauch in Amerika ausserordentlich
gesteigert wurde.

Da die Stahlfabrikation in Nordamerika noch sehr unbedeutend
war, so wurden die Werkzeuge meistens noch von England bezogen.
1826 gründete Collins eine Fabrik für Hacken, die zuerst mit den
englischen Fabriken in Wettbewerb trat.

Da die teuren Arbeitslöhne in den Vereinigten Staaten den
Ersatz durch Maschinenarbeit nahelegten, so entwickelte sich früh eine
selbständige, eigenartige Maschinenfabrikation. 1822 erfand Henry
Ogle
, ein Schullehrer in Remington, eine Mähmaschine mit hin- und
hergehenden Messern, wie sie heute noch in Anwendung sind. Sie fand
aber damals infolge des Widerstandes der ländlichen Arbeiter keine
Verbreitung. Doch konstruierte der schottische Pfarrer Patrick
Bell
auf diesem Princip seine bekannte Mähmaschine.

In diese Periode fällt auch der Bau der ersten Eisenbahnen in
Amerika, bei denen allerdings der Unterbau in der Hauptsache noch
aus Holz bestand. Die eigentlichen Schienen waren Holzbalken, die
nur mit Flacheisen 3 Zoll breit und 1/4 Zoll dick belegt waren. So war
die 1826 eröffnete, 4 engl. Meilen lange Quincy-Eisenbahn in Massa-
chusetts konstruiert und ähnlich die 1827 eröffnete Mauch-Chunk-
Eisenbahn. Am 24. Mai 1830 wurde die erste Passagierbahn von
Baltimore nach Ohio eröffnet, und am 6. Dezember 1830 folgte die
Bahn von Charleston nach Hamburg in Südkarolina.



Die Vereinigten Staaten 1816 bis 1830.
aus dieser Zeit hinzu. 1818 wurde der erste ernsthafte Versuch in
Amerika gemacht, Guſsstahl zu fabrizieren. James Wood erbaute
1818 auf Valley Forge in Pennsylvanien einen Guſsstahlofen, um Guſs-
stahl für Sägeblätter zu machen. Zwei Engländer, John Parkins,
Vater und Sohn, leiteten den Betrieb. Sie sollen auch guten Stahl
erhalten haben, doch wurde das Unternehmen nach kurzer Zeit
wieder aufgegeben.

Das erste Stabeisen, welches in den Neu-Englandstaaten gewalzt
wurde, erhielt man 1825 auf dem Bostoner Eisenwerk.

Die Nagelfabrikation, namentlich die Fabrikation mit Maschinen
geschnittener Nägel, nahm auch in dieser Periode sehr zu. Man ver-
wendete die von Reed, Pierson, Odiorne und Perkins erfundenen
Nagelmaschinen. Die Maschine von Reed war von Mellville Otis
verbessert worden.

White und Hayard in Philadelphia bauten 1816 die erste
Drahtbrücke über den Schnylkill. Dieselben machten auch zuerst
Drahtzäune, wodurch der Drahtverbrauch in Amerika auſserordentlich
gesteigert wurde.

Da die Stahlfabrikation in Nordamerika noch sehr unbedeutend
war, so wurden die Werkzeuge meistens noch von England bezogen.
1826 gründete Collins eine Fabrik für Hacken, die zuerst mit den
englischen Fabriken in Wettbewerb trat.

Da die teuren Arbeitslöhne in den Vereinigten Staaten den
Ersatz durch Maschinenarbeit nahelegten, so entwickelte sich früh eine
selbständige, eigenartige Maschinenfabrikation. 1822 erfand Henry
Ogle
, ein Schullehrer in Remington, eine Mähmaschine mit hin- und
hergehenden Messern, wie sie heute noch in Anwendung sind. Sie fand
aber damals infolge des Widerstandes der ländlichen Arbeiter keine
Verbreitung. Doch konstruierte der schottische Pfarrer Patrick
Bell
auf diesem Princip seine bekannte Mähmaschine.

In diese Periode fällt auch der Bau der ersten Eisenbahnen in
Amerika, bei denen allerdings der Unterbau in der Hauptsache noch
aus Holz bestand. Die eigentlichen Schienen waren Holzbalken, die
nur mit Flacheisen 3 Zoll breit und ¼ Zoll dick belegt waren. So war
die 1826 eröffnete, 4 engl. Meilen lange Quincy-Eisenbahn in Massa-
chusetts konstruiert und ähnlich die 1827 eröffnete Mauch-Chunk-
Eisenbahn. Am 24. Mai 1830 wurde die erste Passagierbahn von
Baltimore nach Ohio eröffnet, und am 6. Dezember 1830 folgte die
Bahn von Charleston nach Hamburg in Südkarolina.



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[380/0396] Die Vereinigten Staaten 1816 bis 1830. aus dieser Zeit hinzu. 1818 wurde der erste ernsthafte Versuch in Amerika gemacht, Guſsstahl zu fabrizieren. James Wood erbaute 1818 auf Valley Forge in Pennsylvanien einen Guſsstahlofen, um Guſs- stahl für Sägeblätter zu machen. Zwei Engländer, John Parkins, Vater und Sohn, leiteten den Betrieb. Sie sollen auch guten Stahl erhalten haben, doch wurde das Unternehmen nach kurzer Zeit wieder aufgegeben. Das erste Stabeisen, welches in den Neu-Englandstaaten gewalzt wurde, erhielt man 1825 auf dem Bostoner Eisenwerk. Die Nagelfabrikation, namentlich die Fabrikation mit Maschinen geschnittener Nägel, nahm auch in dieser Periode sehr zu. Man ver- wendete die von Reed, Pierson, Odiorne und Perkins erfundenen Nagelmaschinen. Die Maschine von Reed war von Mellville Otis verbessert worden. White und Hayard in Philadelphia bauten 1816 die erste Drahtbrücke über den Schnylkill. Dieselben machten auch zuerst Drahtzäune, wodurch der Drahtverbrauch in Amerika auſserordentlich gesteigert wurde. Da die Stahlfabrikation in Nordamerika noch sehr unbedeutend war, so wurden die Werkzeuge meistens noch von England bezogen. 1826 gründete Collins eine Fabrik für Hacken, die zuerst mit den englischen Fabriken in Wettbewerb trat. Da die teuren Arbeitslöhne in den Vereinigten Staaten den Ersatz durch Maschinenarbeit nahelegten, so entwickelte sich früh eine selbständige, eigenartige Maschinenfabrikation. 1822 erfand Henry Ogle, ein Schullehrer in Remington, eine Mähmaschine mit hin- und hergehenden Messern, wie sie heute noch in Anwendung sind. Sie fand aber damals infolge des Widerstandes der ländlichen Arbeiter keine Verbreitung. Doch konstruierte der schottische Pfarrer Patrick Bell auf diesem Princip seine bekannte Mähmaschine. In diese Periode fällt auch der Bau der ersten Eisenbahnen in Amerika, bei denen allerdings der Unterbau in der Hauptsache noch aus Holz bestand. Die eigentlichen Schienen waren Holzbalken, die nur mit Flacheisen 3 Zoll breit und ¼ Zoll dick belegt waren. So war die 1826 eröffnete, 4 engl. Meilen lange Quincy-Eisenbahn in Massa- chusetts konstruiert und ähnlich die 1827 eröffnete Mauch-Chunk- Eisenbahn. Am 24. Mai 1830 wurde die erste Passagierbahn von Baltimore nach Ohio eröffnet, und am 6. Dezember 1830 folgte die Bahn von Charleston nach Hamburg in Südkarolina.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/396>, abgerufen am 19.04.2024.