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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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einem ähnlichen geschlossenen Gefäss, über deren Gestalt er Vor-
schläge machte. Man konnte auch reducierende Gase durch den
Reduktionsapparat leiten. Er erhielt nach seiner Angabe eine
schwammartige Metallmasse von Stahl oder Eisen, die er pulverte und
je nach Bedürfnis, um eine beliebige Sorte von Eisen oder Stahl zu
erhalten, mit Kohlenstaub mischte und in dem Schweiss- oder Schmelz-
ofen zusammenschweisste oder schmolz.

Dies war das erste einer Reihe von Patenten über den "Chenot-
Prozess
", der während der 50er Jahre die Eisenhüttenleute aller
Länder in hochgradige Spannung versetzte und auf den wir in dem
nächsten Abschnitte zurückkommen werden.

Ein Patent von de Meckenheim vom 31. Mai 1842 (Nr. 9373)
bezieht sich unter anderem auch auf einen Frischofen zur direkten
Eisendarstellung mit geteilten Formen, durch deren eine Abteilung
Gas, durch deren andere Wind eingeblasen werden sollte. Die ent-
weichende Hitze sollte noch einen Erzröstofen und einen Trocken-
ofen heizen.

Sir Fr. Ch. Kowles reducierte reine Eisenerze in Retorten mit ge-
reinigtem Kohlengas, Kohlenoxydgas etc. (E. P. 12687 vom 4. Juli 1849).
Um Schmiedeeisen zu erhalten, wurde das nur wenig gekohlte Eisen
im Puddelofen weiter behandelt. Wollte man Stahl oder Gusseisen
erhalten, so musste das reducierte Eisen höher gekohlt werden, was
zweckmässig durch einen Zusatz von Kohlenpulver in der Retorte
geschah; das etwa 1 Proz. Kohlenstoff enthaltende Metall wurde im
Tiegel zu Stahl, die bis zu 3 bis 4 Proz. gekohlte Masse im Kupol-
ofen zu Gusseisen geschmolzen.

Die alte deutsche Rennarbeit wurde in dieser Periode in Deutsch-
land nur noch in Schmalkalden betrieben und erlosch erst im
Jahre 1845. Rennfeuer und Stückofenbetrieb waren im östlichen
Europa noch sehr verbreitet. Ebenso waren in den Vereinigten
Staaten noch Rennfeuer im Gebrauch.

Die Eisenbahnen 1831 bis 1850.

Die Stabeisenbereitung nahm in dieser Periode einen gross-
artigen Aufschwung. Die wichtigste Veranlassung dazu gab die Ein-
führung von Eisenbahnen in allen Kulturländern. Diese übte auf
die Eisenbereitung und Verarbeitung, besonders auf die Puddel- und
Walzindustrie, einen so grossen Einfluss, dass es zweckmässig erscheint,
das Bemerkenswerteste darüber schon hier mitzuteilen.


Die Eisenbahnen 1831 bis 1850.
einem ähnlichen geschlossenen Gefäſs, über deren Gestalt er Vor-
schläge machte. Man konnte auch reducierende Gase durch den
Reduktionsapparat leiten. Er erhielt nach seiner Angabe eine
schwammartige Metallmasse von Stahl oder Eisen, die er pulverte und
je nach Bedürfnis, um eine beliebige Sorte von Eisen oder Stahl zu
erhalten, mit Kohlenstaub mischte und in dem Schweiſs- oder Schmelz-
ofen zusammenschweiſste oder schmolz.

Dies war das erste einer Reihe von Patenten über den „Chenot-
Prozeſs
“, der während der 50er Jahre die Eisenhüttenleute aller
Länder in hochgradige Spannung versetzte und auf den wir in dem
nächsten Abschnitte zurückkommen werden.

Ein Patent von de Meckenheim vom 31. Mai 1842 (Nr. 9373)
bezieht sich unter anderem auch auf einen Frischofen zur direkten
Eisendarstellung mit geteilten Formen, durch deren eine Abteilung
Gas, durch deren andere Wind eingeblasen werden sollte. Die ent-
weichende Hitze sollte noch einen Erzröstofen und einen Trocken-
ofen heizen.

Sir Fr. Ch. Kowles reducierte reine Eisenerze in Retorten mit ge-
reinigtem Kohlengas, Kohlenoxydgas etc. (E. P. 12687 vom 4. Juli 1849).
Um Schmiedeeisen zu erhalten, wurde das nur wenig gekohlte Eisen
im Puddelofen weiter behandelt. Wollte man Stahl oder Guſseisen
erhalten, so muſste das reducierte Eisen höher gekohlt werden, was
zweckmäſsig durch einen Zusatz von Kohlenpulver in der Retorte
geschah; das etwa 1 Proz. Kohlenstoff enthaltende Metall wurde im
Tiegel zu Stahl, die bis zu 3 bis 4 Proz. gekohlte Masse im Kupol-
ofen zu Guſseisen geschmolzen.

Die alte deutsche Rennarbeit wurde in dieser Periode in Deutsch-
land nur noch in Schmalkalden betrieben und erlosch erst im
Jahre 1845. Rennfeuer und Stückofenbetrieb waren im östlichen
Europa noch sehr verbreitet. Ebenso waren in den Vereinigten
Staaten noch Rennfeuer im Gebrauch.

Die Eisenbahnen 1831 bis 1850.

Die Stabeisenbereitung nahm in dieser Periode einen groſs-
artigen Aufschwung. Die wichtigste Veranlassung dazu gab die Ein-
führung von Eisenbahnen in allen Kulturländern. Diese übte auf
die Eisenbereitung und Verarbeitung, besonders auf die Puddel- und
Walzindustrie, einen so groſsen Einfluſs, daſs es zweckmäſsig erscheint,
das Bemerkenswerteste darüber schon hier mitzuteilen.


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[544/0560] Die Eisenbahnen 1831 bis 1850. einem ähnlichen geschlossenen Gefäſs, über deren Gestalt er Vor- schläge machte. Man konnte auch reducierende Gase durch den Reduktionsapparat leiten. Er erhielt nach seiner Angabe eine schwammartige Metallmasse von Stahl oder Eisen, die er pulverte und je nach Bedürfnis, um eine beliebige Sorte von Eisen oder Stahl zu erhalten, mit Kohlenstaub mischte und in dem Schweiſs- oder Schmelz- ofen zusammenschweiſste oder schmolz. Dies war das erste einer Reihe von Patenten über den „Chenot- Prozeſs“, der während der 50er Jahre die Eisenhüttenleute aller Länder in hochgradige Spannung versetzte und auf den wir in dem nächsten Abschnitte zurückkommen werden. Ein Patent von de Meckenheim vom 31. Mai 1842 (Nr. 9373) bezieht sich unter anderem auch auf einen Frischofen zur direkten Eisendarstellung mit geteilten Formen, durch deren eine Abteilung Gas, durch deren andere Wind eingeblasen werden sollte. Die ent- weichende Hitze sollte noch einen Erzröstofen und einen Trocken- ofen heizen. Sir Fr. Ch. Kowles reducierte reine Eisenerze in Retorten mit ge- reinigtem Kohlengas, Kohlenoxydgas etc. (E. P. 12687 vom 4. Juli 1849). Um Schmiedeeisen zu erhalten, wurde das nur wenig gekohlte Eisen im Puddelofen weiter behandelt. Wollte man Stahl oder Guſseisen erhalten, so muſste das reducierte Eisen höher gekohlt werden, was zweckmäſsig durch einen Zusatz von Kohlenpulver in der Retorte geschah; das etwa 1 Proz. Kohlenstoff enthaltende Metall wurde im Tiegel zu Stahl, die bis zu 3 bis 4 Proz. gekohlte Masse im Kupol- ofen zu Guſseisen geschmolzen. Die alte deutsche Rennarbeit wurde in dieser Periode in Deutsch- land nur noch in Schmalkalden betrieben und erlosch erst im Jahre 1845. Rennfeuer und Stückofenbetrieb waren im östlichen Europa noch sehr verbreitet. Ebenso waren in den Vereinigten Staaten noch Rennfeuer im Gebrauch. Die Eisenbahnen 1831 bis 1850. Die Stabeisenbereitung nahm in dieser Periode einen groſs- artigen Aufschwung. Die wichtigste Veranlassung dazu gab die Ein- führung von Eisenbahnen in allen Kulturländern. Diese übte auf die Eisenbereitung und Verarbeitung, besonders auf die Puddel- und Walzindustrie, einen so groſsen Einfluſs, daſs es zweckmäſsig erscheint, das Bemerkenswerteste darüber schon hier mitzuteilen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/560>, abgerufen am 19.04.2024.