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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Das Brennmaterial 1801 bis 1815.
anderen mit Steinkohlen zu Jedlitze in Ober-Schlesien angestellt
wurden, ergaben, dass 100 Kubikfuss Holz die Wirkung von 16 Kubik-
fuss Steinkohlen, oder 100 Kubikfuss Steinkohlen die Wirkung von
635 Kubikfuss Holz hervorbrachten 1).

Die Vergleichung der Wirkung von Holzkohlen und Koks ergab im
allgemeinen, dass sich die Wirkung des Koks zu der der Holzkohlen
beim Verschmelzen der Eisenerze in Schachtöfen dem Volum nach wie
2 zu 1 verhielt, oder dass 1 Kubikfuss Koks dieselben Dienste leistete wie
2 Kubikfuss Holzkohlen. Dem Gewicht nach fällt das Verhältnis für
die Holzkohlen günstiger aus und verhält sich im allgemeinen wie 2
zu 3, so dass 2 Pfd. Holzkohlen dieselbe Wirkung hervorbringen wie
3 Pfd. Koks. Die Ursache liegt in der strengflüssigen Koksasche.

Die verschiedenen Brennmaterialien erforderten bei ihrer Ver-
brennung im Hochofen eine sehr ungleiche Pressung des Windes,
welche nach der Wassersäule gemessen

bei sehr leichten Tannen- und Fichtenkohlen     1 bis 11/2 Fuss
(314 bis 471 mm)
" guten und nicht überbrannten Fichten- und
Tannenkohlen     11/2 bis 2 Fuss
" harten, gesunden Kiefern- und Laubholzkohlen 2 " 3 "
" weichen und leicht verbrennlichen Koks     4 " 6 "
" harten und schwer verbrennlichen Koks     6 " 8 "

betragen musste, um die grösste Wirkung auszuüben 2).

Die der Gicht des Hochofens entströmende Flamme hatte man
schon früher hier und da zu Heizzwecken verwendet. In rationellerer
Weise geschah dies aber erst in dieser Periode durch Aubertot auf
seiner Eisenhütte im Cher-Departement. Er erhielt im Jahre 1811
ein Patent für Frankreich auf sein Verfahren, doch begnügte er sich,
dasselbe für seinen eigenen Gebrauch auszunutzen, indem er die
Gichtgase zur Gementstahlbereitung verwendete. Er machte kein
Geheimnis aus seiner Methode, sondern gab jedem, der sich dafür
interessierte, Belehrung. Hierdurch lernte auch Berthier diese Er-
findung Aubertots kennen, auf deren grosse Bedeutung er nach-
drücklich hinwies. Er veröffentlichte eine wichtige Abhandlung über
die glückliche Verwendung der Gichtgase in Frankreich zur Stahl-
cementation, zum Kalk- und Ziegelbrennen u. s. w. 3).


1) Karsten, a. a. O., §. 445.
2) Siehe Karsten, Eisenhüttenkunde, II. Aufl., §. 775.
3) Siehe Journal des mines, Juin 1814.

Das Brennmaterial 1801 bis 1815.
anderen mit Steinkohlen zu Jedlitze in Ober-Schlesien angestellt
wurden, ergaben, daſs 100 Kubikfuſs Holz die Wirkung von 16 Kubik-
fuſs Steinkohlen, oder 100 Kubikfuſs Steinkohlen die Wirkung von
635 Kubikfuſs Holz hervorbrachten 1).

Die Vergleichung der Wirkung von Holzkohlen und Koks ergab im
allgemeinen, daſs sich die Wirkung des Koks zu der der Holzkohlen
beim Verschmelzen der Eisenerze in Schachtöfen dem Volum nach wie
2 zu 1 verhielt, oder daſs 1 Kubikfuſs Koks dieselben Dienste leistete wie
2 Kubikfuſs Holzkohlen. Dem Gewicht nach fällt das Verhältnis für
die Holzkohlen günstiger aus und verhält sich im allgemeinen wie 2
zu 3, so daſs 2 Pfd. Holzkohlen dieselbe Wirkung hervorbringen wie
3 Pfd. Koks. Die Ursache liegt in der strengflüssigen Koksasche.

Die verschiedenen Brennmaterialien erforderten bei ihrer Ver-
brennung im Hochofen eine sehr ungleiche Pressung des Windes,
welche nach der Wassersäule gemessen

bei sehr leichten Tannen- und Fichtenkohlen     1 bis 1½ Fuſs
(314 bis 471 mm)
„ guten und nicht überbrannten Fichten- und
Tannenkohlen     1½ bis 2 Fuſs
„ harten, gesunden Kiefern- und Laubholzkohlen 2 „ 3 „
„ weichen und leicht verbrennlichen Koks     4 „ 6 „
„ harten und schwer verbrennlichen Koks     6 „ 8 „

betragen muſste, um die gröſste Wirkung auszuüben 2).

Die der Gicht des Hochofens entströmende Flamme hatte man
schon früher hier und da zu Heizzwecken verwendet. In rationellerer
Weise geschah dies aber erst in dieser Periode durch Aubertot auf
seiner Eisenhütte im Cher-Departement. Er erhielt im Jahre 1811
ein Patent für Frankreich auf sein Verfahren, doch begnügte er sich,
dasselbe für seinen eigenen Gebrauch auszunutzen, indem er die
Gichtgase zur Gementstahlbereitung verwendete. Er machte kein
Geheimnis aus seiner Methode, sondern gab jedem, der sich dafür
interessierte, Belehrung. Hierdurch lernte auch Berthier diese Er-
findung Aubertots kennen, auf deren groſse Bedeutung er nach-
drücklich hinwies. Er veröffentlichte eine wichtige Abhandlung über
die glückliche Verwendung der Gichtgase in Frankreich zur Stahl-
cementation, zum Kalk- und Ziegelbrennen u. s. w. 3).


1) Karsten, a. a. O., §. 445.
2) Siehe Karsten, Eisenhüttenkunde, II. Aufl., §. 775.
3) Siehe Journal des mines, Juin 1814.
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[61/0077] Das Brennmaterial 1801 bis 1815. anderen mit Steinkohlen zu Jedlitze in Ober-Schlesien angestellt wurden, ergaben, daſs 100 Kubikfuſs Holz die Wirkung von 16 Kubik- fuſs Steinkohlen, oder 100 Kubikfuſs Steinkohlen die Wirkung von 635 Kubikfuſs Holz hervorbrachten 1). Die Vergleichung der Wirkung von Holzkohlen und Koks ergab im allgemeinen, daſs sich die Wirkung des Koks zu der der Holzkohlen beim Verschmelzen der Eisenerze in Schachtöfen dem Volum nach wie 2 zu 1 verhielt, oder daſs 1 Kubikfuſs Koks dieselben Dienste leistete wie 2 Kubikfuſs Holzkohlen. Dem Gewicht nach fällt das Verhältnis für die Holzkohlen günstiger aus und verhält sich im allgemeinen wie 2 zu 3, so daſs 2 Pfd. Holzkohlen dieselbe Wirkung hervorbringen wie 3 Pfd. Koks. Die Ursache liegt in der strengflüssigen Koksasche. Die verschiedenen Brennmaterialien erforderten bei ihrer Ver- brennung im Hochofen eine sehr ungleiche Pressung des Windes, welche nach der Wassersäule gemessen bei sehr leichten Tannen- und Fichtenkohlen 1 bis 1½ Fuſs (314 bis 471 mm) „ guten und nicht überbrannten Fichten- und Tannenkohlen 1½ bis 2 Fuſs „ harten, gesunden Kiefern- und Laubholzkohlen 2 „ 3 „ „ weichen und leicht verbrennlichen Koks 4 „ 6 „ „ harten und schwer verbrennlichen Koks 6 „ 8 „ betragen muſste, um die gröſste Wirkung auszuüben 2). Die der Gicht des Hochofens entströmende Flamme hatte man schon früher hier und da zu Heizzwecken verwendet. In rationellerer Weise geschah dies aber erst in dieser Periode durch Aubertot auf seiner Eisenhütte im Cher-Departement. Er erhielt im Jahre 1811 ein Patent für Frankreich auf sein Verfahren, doch begnügte er sich, dasselbe für seinen eigenen Gebrauch auszunutzen, indem er die Gichtgase zur Gementstahlbereitung verwendete. Er machte kein Geheimnis aus seiner Methode, sondern gab jedem, der sich dafür interessierte, Belehrung. Hierdurch lernte auch Berthier diese Er- findung Aubertots kennen, auf deren groſse Bedeutung er nach- drücklich hinwies. Er veröffentlichte eine wichtige Abhandlung über die glückliche Verwendung der Gichtgase in Frankreich zur Stahl- cementation, zum Kalk- und Ziegelbrennen u. s. w. 3). 1) Karsten, a. a. O., §. 445. 2) Siehe Karsten, Eisenhüttenkunde, II. Aufl., §. 775. 3) Siehe Journal des mines, Juin 1814.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/77>, abgerufen am 19.04.2024.