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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.

Der Zeitabschnitt von 1831 bis 1850 ist für die Geschichte der
Eisenindustrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika von
besonderer Wichtigkeit, denn in ihm vollzog sich der wichtige Um-
schwung, welchen die Verwendung des mineralischen Brennstoffes
an Stelle des vegetabilischen zur Folge hatte. Erst 100 Jahre später
als in England ging man in Nordamerika zur Verwendung der Stein-
kohle in der Eisenindustrie über. Der ausserordentliche Reichtum an
Holz hatte die Beachtung der noch grossartigeren Vorräte an mine-
ralischem Brennstoff so lange verzögert. Jetzt aber, wo durch den
Bau der Eisenbahnen der Bedarf an Eisen sich rasch steigerte und
Massenproduktion erforderte, sah man sich in den Centren der Eisen-
industrie, für welche die Herbeischaffung so grosser Holzvorräte bereits
schwierig wurde, nach dem konzentrierteren Brennstoff, der Steinkohle,
um. Der Reichtum und die Ausdehnung der Steinkohlenablagerungen
in Nordamerika war ein ganz ausserordentlicher und die Güte der
Kohlen eine vorzügliche. In den grossen Anthracitlagern Pennsyl-
vaniens war ein Brennstoff von grösster Reinheit und Heizkraft
geboten. Aber auch die bituminösen Kohlen waren ebenso geeignet
als Flammkohle wie zur Koksbereitung.

Ungefähr mit dem Jahre 1840 endet die Holzkohlenperiode und
beginnt die Steinkohlenperiode in der amerikanischen Eisenindustrie.
Doch ist dies nur im allgemeinen zu verstehen. Die erfolgreiche Ein-
führung der Steinkohle in den Hochofenbetrieb hatte keineswegs eine
sofortige Verdrängung der Holzkohlenhochöfen zur Folge, vielmehr
sehen wir gerade im Gegenteil, dass dieselbe der Holzkohlenindustrie
einen neuen Impuls gab, indem zu keiner Zeit so viele neue Holzkohlen-
öfen gebaut wurden, wie gerade in den 10 Jahren von 1840 bis 1850.
Der Holzreichtum der von den Industriecentren entfernteren Gebiete
war eben noch ein sehr grosser. Es waren hauptsächlich die tech-
nischen Fortschritte, welche die grosse Steigerung der Eisenproduktion
in diesem Zeitraume bewirkten. Von diesen nennen wir die Aus-
breitung des Puddelprozesses und der Walzwerke an Stelle der alten
Eisenhämmer, die Verwendung des Anthracits und der Steinkohle in
den Puddelöfen und den Hochöfen, in Verbindung hiermit die An-
wendung des erhitzten Windes. Der Bedarf an Eisen steigerte sich
durch den Bau zahlreicher Eisenbahnen. Anfangs bezog man das Eisen-
material dafür, namentlich die Schienen, noch fast ausschliesslich aus

Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.

Der Zeitabschnitt von 1831 bis 1850 ist für die Geschichte der
Eisenindustrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika von
besonderer Wichtigkeit, denn in ihm vollzog sich der wichtige Um-
schwung, welchen die Verwendung des mineralischen Brennstoffes
an Stelle des vegetabilischen zur Folge hatte. Erst 100 Jahre später
als in England ging man in Nordamerika zur Verwendung der Stein-
kohle in der Eisenindustrie über. Der auſserordentliche Reichtum an
Holz hatte die Beachtung der noch groſsartigeren Vorräte an mine-
ralischem Brennstoff so lange verzögert. Jetzt aber, wo durch den
Bau der Eisenbahnen der Bedarf an Eisen sich rasch steigerte und
Massenproduktion erforderte, sah man sich in den Centren der Eisen-
industrie, für welche die Herbeischaffung so groſser Holzvorräte bereits
schwierig wurde, nach dem konzentrierteren Brennstoff, der Steinkohle,
um. Der Reichtum und die Ausdehnung der Steinkohlenablagerungen
in Nordamerika war ein ganz auſserordentlicher und die Güte der
Kohlen eine vorzügliche. In den groſsen Anthracitlagern Pennsyl-
vaniens war ein Brennstoff von gröſster Reinheit und Heizkraft
geboten. Aber auch die bituminösen Kohlen waren ebenso geeignet
als Flammkohle wie zur Koksbereitung.

Ungefähr mit dem Jahre 1840 endet die Holzkohlenperiode und
beginnt die Steinkohlenperiode in der amerikanischen Eisenindustrie.
Doch ist dies nur im allgemeinen zu verstehen. Die erfolgreiche Ein-
führung der Steinkohle in den Hochofenbetrieb hatte keineswegs eine
sofortige Verdrängung der Holzkohlenhochöfen zur Folge, vielmehr
sehen wir gerade im Gegenteil, daſs dieselbe der Holzkohlenindustrie
einen neuen Impuls gab, indem zu keiner Zeit so viele neue Holzkohlen-
öfen gebaut wurden, wie gerade in den 10 Jahren von 1840 bis 1850.
Der Holzreichtum der von den Industriecentren entfernteren Gebiete
war eben noch ein sehr groſser. Es waren hauptsächlich die tech-
nischen Fortschritte, welche die groſse Steigerung der Eisenproduktion
in diesem Zeitraume bewirkten. Von diesen nennen wir die Aus-
breitung des Puddelprozesses und der Walzwerke an Stelle der alten
Eisenhämmer, die Verwendung des Anthracits und der Steinkohle in
den Puddelöfen und den Hochöfen, in Verbindung hiermit die An-
wendung des erhitzten Windes. Der Bedarf an Eisen steigerte sich
durch den Bau zahlreicher Eisenbahnen. Anfangs bezog man das Eisen-
material dafür, namentlich die Schienen, noch fast ausschlieſslich aus

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[757/0773] Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850. Der Zeitabschnitt von 1831 bis 1850 ist für die Geschichte der Eisenindustrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika von besonderer Wichtigkeit, denn in ihm vollzog sich der wichtige Um- schwung, welchen die Verwendung des mineralischen Brennstoffes an Stelle des vegetabilischen zur Folge hatte. Erst 100 Jahre später als in England ging man in Nordamerika zur Verwendung der Stein- kohle in der Eisenindustrie über. Der auſserordentliche Reichtum an Holz hatte die Beachtung der noch groſsartigeren Vorräte an mine- ralischem Brennstoff so lange verzögert. Jetzt aber, wo durch den Bau der Eisenbahnen der Bedarf an Eisen sich rasch steigerte und Massenproduktion erforderte, sah man sich in den Centren der Eisen- industrie, für welche die Herbeischaffung so groſser Holzvorräte bereits schwierig wurde, nach dem konzentrierteren Brennstoff, der Steinkohle, um. Der Reichtum und die Ausdehnung der Steinkohlenablagerungen in Nordamerika war ein ganz auſserordentlicher und die Güte der Kohlen eine vorzügliche. In den groſsen Anthracitlagern Pennsyl- vaniens war ein Brennstoff von gröſster Reinheit und Heizkraft geboten. Aber auch die bituminösen Kohlen waren ebenso geeignet als Flammkohle wie zur Koksbereitung. Ungefähr mit dem Jahre 1840 endet die Holzkohlenperiode und beginnt die Steinkohlenperiode in der amerikanischen Eisenindustrie. Doch ist dies nur im allgemeinen zu verstehen. Die erfolgreiche Ein- führung der Steinkohle in den Hochofenbetrieb hatte keineswegs eine sofortige Verdrängung der Holzkohlenhochöfen zur Folge, vielmehr sehen wir gerade im Gegenteil, daſs dieselbe der Holzkohlenindustrie einen neuen Impuls gab, indem zu keiner Zeit so viele neue Holzkohlen- öfen gebaut wurden, wie gerade in den 10 Jahren von 1840 bis 1850. Der Holzreichtum der von den Industriecentren entfernteren Gebiete war eben noch ein sehr groſser. Es waren hauptsächlich die tech- nischen Fortschritte, welche die groſse Steigerung der Eisenproduktion in diesem Zeitraume bewirkten. Von diesen nennen wir die Aus- breitung des Puddelprozesses und der Walzwerke an Stelle der alten Eisenhämmer, die Verwendung des Anthracits und der Steinkohle in den Puddelöfen und den Hochöfen, in Verbindung hiermit die An- wendung des erhitzten Windes. Der Bedarf an Eisen steigerte sich durch den Bau zahlreicher Eisenbahnen. Anfangs bezog man das Eisen- material dafür, namentlich die Schienen, noch fast ausschlieſslich aus

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 757. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/773>, abgerufen am 29.03.2024.