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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864.

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Der Verkehr mit Korea und Yeso.

Der Handel mit Korea ist Monopol des Fürsten von Tsus-
sima
, der eine Factorei in Pusankai an der koreanischen Küste hat,
wo die Japaner unter ähnlichen Beschränkungen leben, wie die
Holländer ehemals auf Desima. Zum Verkehr in Japan sind die
Koreaner nicht zugelassen; schiffbrüchige werden nach Nangasaki
gebracht und dort in Gewahrsam gehalten, bis sich Gelegenheit
bietet sie heimzusenden. Seit 1790 findet der im Friedensvertrage
von 1615 festgesetzte Austausch der Gesandtschaften auf der Insel
Tsus-sima statt 136).

Der Verkehr mit den Kurilen datirt aus neuer Zeit. -- Auf
Yeso fassten die Japaner wahrscheinlich erst zu Ende des achten
Jahrhunderts festen Fuss, und zwar nur in dem südlichsten Theile,
den sie Matsmai nennen; sie lebten dort in beständigen Fehden
mit den Eingeborenen. Seit der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts
erwähnen die japanischen Quellen nichts von den Beziehungen zu
Yeso, doch scheint die Niederlassung in Matsmai fortbestanden
zu haben: Pater Hieronymus de Angelis und andere Jesuiten, die
ersten Europäer, die -- im Jahre 1617 -- nach Yeso kamen, erzählen
wenigstens davon. Noch 1643 war die Ostküste dieser Insel
den Japanern wenig bekannt, die Kurilen herrenlos, so dass
die Holländer unter Vries die Inseln Kunasir und Yeturup in
Besitz nehmen konnten 137). Um 1670 brachen auf Yeso Unruhen
aus, die Eingeborenen wurden bekriegt und überwunden. Seit-
dem schickte die japanische Regierung Statthalter dahin, welche
den Titel Fürsten von Matsmai führten. Erst gegen Ende des
achtzehnten Jahrhunderts breitete sich die japanische Herrschaft
über die ganze Insel, d. h. über die bewohnten Küstenstriche
aus, denn das Innere soll ein mit undurchdringlichen Wäldern
bedecktes Gebirgsland sein. Die Regierung liess damals auch
Krafto 138) und die südlichen Kurilen bereisen und schloss Verträge

136) Nach einer Notiz im Siebold'schen Werke wäre Korea, obwohl unter chine-
sischer Oberhoheit, noch heute auch an Japan zinspflichtig. Die Reisenden der
preussischen Expedition hörten in Nangasaki von koreanischen Geisseln, welche
sich dort von Korbflechten ernähren sollten, konnten aber bei ihrem kurzen Auf-
enthalte nichts Näheres darüber erfahren.
137) Sie nannten diese Inseln Staatenland und Compagnieland.
138) Die Kenntniss, dass Krafto eine Insel ist, verdankt man dem japanischen
Hof-Astronomen Mamia-Rinso, der 1808 im Auftrage des Siogun diese Insel und
die Amur-Mündungen bereiste und aufnahm. Ausführliches über die Entdeckungs-
geschichte dieser Küsten enthält Siebold's Nippon. -- Von den Verhältnissen auf
Der Verkehr mit Korea und Yeso.

Der Handel mit Korea ist Monopol des Fürsten von Tsus-
sima
, der eine Factorei in Pusankaï an der koreanischen Küste hat,
wo die Japaner unter ähnlichen Beschränkungen leben, wie die
Holländer ehemals auf Desima. Zum Verkehr in Japan sind die
Koreaner nicht zugelassen; schiffbrüchige werden nach Naṅgasaki
gebracht und dort in Gewahrsam gehalten, bis sich Gelegenheit
bietet sie heimzusenden. Seit 1790 findet der im Friedensvertrage
von 1615 festgesetzte Austausch der Gesandtschaften auf der Insel
Tsus-sima statt 136).

Der Verkehr mit den Kurilen datirt aus neuer Zeit. — Auf
Yeso fassten die Japaner wahrscheinlich erst zu Ende des achten
Jahrhunderts festen Fuss, und zwar nur in dem südlichsten Theile,
den sie Matsmaï nennen; sie lebten dort in beständigen Fehden
mit den Eingeborenen. Seit der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts
erwähnen die japanischen Quellen nichts von den Beziehungen zu
Yeso, doch scheint die Niederlassung in Matsmaï fortbestanden
zu haben: Pater Hieronymus de Angelis und andere Jesuiten, die
ersten Europäer, die — im Jahre 1617 — nach Yeso kamen, erzählen
wenigstens davon. Noch 1643 war die Ostküste dieser Insel
den Japanern wenig bekannt, die Kurilen herrenlos, so dass
die Holländer unter Vries die Inseln Kunašir und Yeturup in
Besitz nehmen konnten 137). Um 1670 brachen auf Yeso Unruhen
aus, die Eingeborenen wurden bekriegt und überwunden. Seit-
dem schickte die japanische Regierung Statthalter dahin, welche
den Titel Fürsten von Matsmaï führten. Erst gegen Ende des
achtzehnten Jahrhunderts breitete sich die japanische Herrschaft
über die ganze Insel, d. h. über die bewohnten Küstenstriche
aus, denn das Innere soll ein mit undurchdringlichen Wäldern
bedecktes Gebirgsland sein. Die Regierung liess damals auch
Krafto 138) und die südlichen Kurilen bereisen und schloss Verträge

136) Nach einer Notiz im Siebold’schen Werke wäre Korea, obwohl unter chine-
sischer Oberhoheit, noch heute auch an Japan zinspflichtig. Die Reisenden der
preussischen Expedition hörten in Naṅgasaki von koreanischen Geisseln, welche
sich dort von Korbflechten ernähren sollten, konnten aber bei ihrem kurzen Auf-
enthalte nichts Näheres darüber erfahren.
137) Sie nannten diese Inseln Staatenland und Compagnieland.
138) Die Kenntniss, dass Krafto eine Insel ist, verdankt man dem japanischen
Hof-Astronomen Mamia-Rinso, der 1808 im Auftrage des Siogun diese Insel und
die Amur-Mündungen bereiste und aufnahm. Ausführliches über die Entdeckungs-
geschichte dieser Küsten enthält Siebold’s Nippon. — Von den Verhältnissen auf
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[135/0165] Der Verkehr mit Korea und Yeso. Der Handel mit Korea ist Monopol des Fürsten von Tsus- sima, der eine Factorei in Pusankaï an der koreanischen Küste hat, wo die Japaner unter ähnlichen Beschränkungen leben, wie die Holländer ehemals auf Desima. Zum Verkehr in Japan sind die Koreaner nicht zugelassen; schiffbrüchige werden nach Naṅgasaki gebracht und dort in Gewahrsam gehalten, bis sich Gelegenheit bietet sie heimzusenden. Seit 1790 findet der im Friedensvertrage von 1615 festgesetzte Austausch der Gesandtschaften auf der Insel Tsus-sima statt 136). Der Verkehr mit den Kurilen datirt aus neuer Zeit. — Auf Yeso fassten die Japaner wahrscheinlich erst zu Ende des achten Jahrhunderts festen Fuss, und zwar nur in dem südlichsten Theile, den sie Matsmaï nennen; sie lebten dort in beständigen Fehden mit den Eingeborenen. Seit der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts erwähnen die japanischen Quellen nichts von den Beziehungen zu Yeso, doch scheint die Niederlassung in Matsmaï fortbestanden zu haben: Pater Hieronymus de Angelis und andere Jesuiten, die ersten Europäer, die — im Jahre 1617 — nach Yeso kamen, erzählen wenigstens davon. Noch 1643 war die Ostküste dieser Insel den Japanern wenig bekannt, die Kurilen herrenlos, so dass die Holländer unter Vries die Inseln Kunašir und Yeturup in Besitz nehmen konnten 137). Um 1670 brachen auf Yeso Unruhen aus, die Eingeborenen wurden bekriegt und überwunden. Seit- dem schickte die japanische Regierung Statthalter dahin, welche den Titel Fürsten von Matsmaï führten. Erst gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts breitete sich die japanische Herrschaft über die ganze Insel, d. h. über die bewohnten Küstenstriche aus, denn das Innere soll ein mit undurchdringlichen Wäldern bedecktes Gebirgsland sein. Die Regierung liess damals auch Krafto 138) und die südlichen Kurilen bereisen und schloss Verträge 136) Nach einer Notiz im Siebold’schen Werke wäre Korea, obwohl unter chine- sischer Oberhoheit, noch heute auch an Japan zinspflichtig. Die Reisenden der preussischen Expedition hörten in Naṅgasaki von koreanischen Geisseln, welche sich dort von Korbflechten ernähren sollten, konnten aber bei ihrem kurzen Auf- enthalte nichts Näheres darüber erfahren. 137) Sie nannten diese Inseln Staatenland und Compagnieland. 138) Die Kenntniss, dass Krafto eine Insel ist, verdankt man dem japanischen Hof-Astronomen Mamia-Rinso, der 1808 im Auftrage des Siogun diese Insel und die Amur-Mündungen bereiste und aufnahm. Ausführliches über die Entdeckungs- geschichte dieser Küsten enthält Siebold’s Nippon. — Von den Verhältnissen auf

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 1. Berlin, 1864, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien01_1864/165>, abgerufen am 25.04.2024.