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Bergmann, Ernst von: Die Schicksale der Transfusion im letzten Decennium. Rede, gehalten zur Feier des Stiftungstages der militär-ärztlichen Bildungsanstalten am 2. August 1883. Berlin, 1883.

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als typisch für die Transfusion mit defibrinirtem, Panum
für die mit fremdartigem Blute schilderte und welche Köhler
mit gutem, von ihm erstrittenen Rechte
"Fermentintoxication" nennt.

Man braucht nur das Schmidt'sche Blutferment,15) oder wie ich mit Angerser16) das gethan habe, reines Pepsin
und Pancreatin in die Arterie oder Vene eines Thieres in
grossen Dosen zu spritzen, um die Auflösung der Blutkörperchen
in ihnen zu bewerkstelligen und dann genau nach
der angewandten Dosis des Ferments bald leichte, schnell
vorübergehende, bald schwere, lang dauernde, bald tödtlich
endende Krankheitserscheinungen zu erzeugen. Nun wird
es begreiflich, warum unter allen Blutarten das defibrinirte
Rinderblut am schlimmsten wirkt und die schwersten Störungen
nach seiner Transfusion zur Folge hat, denn sein Serum
besitzt, wie Schmidt gezeigt, den relativ höchsten Fermentgehalt.17) In keinem Blute, in dem ausserhalb des Körpers
eine Gerinnung und Entfaserung zu Stande gekommen,
fehlt dieses Ferment, es ist in jedem vorhanden. Desswegen
wird bei jeder Transfusion mit defibrinirtem
Blute ein Gift, ein die Blutkörperchen treffendes
und zerstörendes in die Blutbahn gebracht.
Der einer solchen Operation Unterworfene wird durch sie
krank gemacht und war er früher bereits krank, so
fügte der Eingriff zu der schon bestehenden noch eine
zweite und neue Krankheit. Glücklicher Weise besitzt der
Organismus die Möglichkeit und Fähigkeit, mit der ihm
beigebrachten Noxe fertig zu werden. Das Fieber aber,
an dem er in Folge der seinem Blute zugefügten Störung


als typisch für die Transfusion mit defibrinirtem, Panum
für die mit fremdartigem Blute schilderte und welche Köhler
mit gutem, von ihm erstrittenen Rechte
"Fermentintoxication" nennt.

Man braucht nur das Schmidt'sche Blutferment,15) oder wie ich mit Angerser16) das gethan habe, reines Pepsin
und Pancreatin in die Arterie oder Vene eines Thieres in
grossen Dosen zu spritzen, um die Auflösung der Blutkörperchen
in ihnen zu bewerkstelligen und dann genau nach
der angewandten Dosis des Ferments bald leichte, schnell
vorübergehende, bald schwere, lang dauernde, bald tödtlich
endende Krankheitserscheinungen zu erzeugen. Nun wird
es begreiflich, warum unter allen Blutarten das defibrinirte
Rinderblut am schlimmsten wirkt und die schwersten Störungen
nach seiner Transfusion zur Folge hat, denn sein Serum
besitzt, wie Schmidt gezeigt, den relativ höchsten Fermentgehalt.17) In keinem Blute, in dem ausserhalb des Körpers
eine Gerinnung und Entfaserung zu Stande gekommen,
fehlt dieses Ferment, es ist in jedem vorhanden. Desswegen
wird bei jeder Transfusion mit defibrinirtem
Blute ein Gift, ein die Blutkörperchen treffendes
und zerstörendes in die Blutbahn gebracht.
Der einer solchen Operation Unterworfene wird durch sie
krank gemacht und war er früher bereits krank, so
fügte der Eingriff zu der schon bestehenden noch eine
zweite und neue Krankheit. Glücklicher Weise besitzt der
Organismus die Möglichkeit und Fähigkeit, mit der ihm
beigebrachten Noxe fertig zu werden. Das Fieber aber,
an dem er in Folge der seinem Blute zugefügten Störung

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[19/0019] als typisch für die Transfusion mit defibrinirtem, Panum für die mit fremdartigem Blute schilderte und welche Köhler mit gutem, von ihm erstrittenen Rechte "Fermentintoxication" nennt. Man braucht nur das Schmidt'sche Blutferment, ¹⁵⁾ oder wie ich mit Angerser ¹⁶⁾ das gethan habe, reines Pepsin und Pancreatin in die Arterie oder Vene eines Thieres in grossen Dosen zu spritzen, um die Auflösung der Blutkörperchen in ihnen zu bewerkstelligen und dann genau nach der angewandten Dosis des Ferments bald leichte, schnell vorübergehende, bald schwere, lang dauernde, bald tödtlich endende Krankheitserscheinungen zu erzeugen. Nun wird es begreiflich, warum unter allen Blutarten das defibrinirte Rinderblut am schlimmsten wirkt und die schwersten Störungen nach seiner Transfusion zur Folge hat, denn sein Serum besitzt, wie Schmidt gezeigt, den relativ höchsten Fermentgehalt. ¹⁷⁾ In keinem Blute, in dem ausserhalb des Körpers eine Gerinnung und Entfaserung zu Stande gekommen, fehlt dieses Ferment, es ist in jedem vorhanden. Desswegen wird bei jeder Transfusion mit defibrinirtem Blute ein Gift, ein die Blutkörperchen treffendes und zerstörendes in die Blutbahn gebracht. Der einer solchen Operation Unterworfene wird durch sie krank gemacht und war er früher bereits krank, so fügte der Eingriff zu der schon bestehenden noch eine zweite und neue Krankheit. Glücklicher Weise besitzt der Organismus die Möglichkeit und Fähigkeit, mit der ihm beigebrachten Noxe fertig zu werden. Das Fieber aber, an dem er in Folge der seinem Blute zugefügten Störung

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Zitationshilfe: Bergmann, Ernst von: Die Schicksale der Transfusion im letzten Decennium. Rede, gehalten zur Feier des Stiftungstages der militär-ärztlichen Bildungsanstalten am 2. August 1883. Berlin, 1883, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bergmann_transfusion_1883/19>, abgerufen am 23.04.2024.