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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897.

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Stilpe.
nörgeln. Alles Ideale ist für Dich blos dazu da,
es ironisch schlecht zu machen. Man könnte Dich
für einen Juden halten, und Du liest auch blos
Juden. Ewig mit Deinem Börne und Lassalle
und diesen andern Mauschelmeiern, diesen ekelhaften
Kerlen, die eine Schande für das deutsche Vater¬
land sind! Pfui!

-- Aber Du kennst ja nicht ein Wort von
Börne und Lassalle! Lies sie doch mal! Lies doch
mal Börne! Schimpf doch nicht über das, was Du
nicht kennst. Das sind ja alles blos Phrasen.

-- Hast Du nicht Bumskneipe gesagt? Kennst
Du denn die Martha? Kennst Du denn das
Lokal? . . . Weißt Du was: Komm jetzt mit hin,
und dafür will ich dann Börne lesen.

-- Ach Gott, das ist mir so unangenehm, ganz
abgesehn davon, wenn wir geklappt werden.

-- Herrlich! Da haben wir den Revolutionär!
Feige bist Du, wie diese ganze Judenbande, die auch
blos das große Maul haben.

-- Mach Dich nicht lächerlich. So mutig bin
ich schließlich auch, abends, wenns dunkel ist, in
so ein Loch zu kriegen, wo doch kein Pauker hin¬
kommt.

-- Also komm mit!

Stilpe.
nörgeln. Alles Ideale iſt für Dich blos dazu da,
es ironiſch ſchlecht zu machen. Man könnte Dich
für einen Juden halten, und Du lieſt auch blos
Juden. Ewig mit Deinem Börne und Laſſalle
und dieſen andern Mauſchelmeiern, dieſen ekelhaften
Kerlen, die eine Schande für das deutſche Vater¬
land ſind! Pfui!

— Aber Du kennſt ja nicht ein Wort von
Börne und Laſſalle! Lies ſie doch mal! Lies doch
mal Börne! Schimpf doch nicht über das, was Du
nicht kennſt. Das ſind ja alles blos Phraſen.

— Haſt Du nicht Bumskneipe geſagt? Kennſt
Du denn die Martha? Kennſt Du denn das
Lokal? . . . Weißt Du was: Komm jetzt mit hin,
und dafür will ich dann Börne leſen.

— Ach Gott, das iſt mir ſo unangenehm, ganz
abgeſehn davon, wenn wir geklappt werden.

— Herrlich! Da haben wir den Revolutionär!
Feige biſt Du, wie dieſe ganze Judenbande, die auch
blos das große Maul haben.

— Mach Dich nicht lächerlich. So mutig bin
ich ſchließlich auch, abends, wenns dunkel iſt, in
ſo ein Loch zu kriegen, wo doch kein Pauker hin¬
kommt.

— Alſo komm mit!

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[92/0106] Stilpe. nörgeln. Alles Ideale iſt für Dich blos dazu da, es ironiſch ſchlecht zu machen. Man könnte Dich für einen Juden halten, und Du lieſt auch blos Juden. Ewig mit Deinem Börne und Laſſalle und dieſen andern Mauſchelmeiern, dieſen ekelhaften Kerlen, die eine Schande für das deutſche Vater¬ land ſind! Pfui! — Aber Du kennſt ja nicht ein Wort von Börne und Laſſalle! Lies ſie doch mal! Lies doch mal Börne! Schimpf doch nicht über das, was Du nicht kennſt. Das ſind ja alles blos Phraſen. — Haſt Du nicht Bumskneipe geſagt? Kennſt Du denn die Martha? Kennſt Du denn das Lokal? . . . Weißt Du was: Komm jetzt mit hin, und dafür will ich dann Börne leſen. — Ach Gott, das iſt mir ſo unangenehm, ganz abgeſehn davon, wenn wir geklappt werden. — Herrlich! Da haben wir den Revolutionär! Feige biſt Du, wie dieſe ganze Judenbande, die auch blos das große Maul haben. — Mach Dich nicht lächerlich. So mutig bin ich ſchließlich auch, abends, wenns dunkel iſt, in ſo ein Loch zu kriegen, wo doch kein Pauker hin¬ kommt. — Alſo komm mit!

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Zitationshilfe: Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/106>, abgerufen am 29.04.2024.