Als Willibald am nächsten Morgen erwachte, war sein erster Gedanke Josephine, sein zweiter Fliczek. Bei dem ersten war ihm linde und gut zu Mute, bei dem zweiten ballte er die Fäuste.
Er hatte die Empfindung, daß er sich heute seiner Haut zu wehren haben werde. Aber er hatte keine Furcht.
Er soll nur kommen, der Böhmake, dachte er sich, und bei dieser Gelegenheit regte sich in ihm zum ersten Male der Raufdeutsche. Er soll nur kommen und mir was sagen! Eine Schelle kriegt er! Und er erschauderte nicht vor dem Gedanken, daß er, der Strunk, einen Großen ohrfeigen wollte! So verrückt das Weib die Standes¬ unterschiede.
Aber es kam anders. Der Tag wurde zwar
[Abbildung]
Sechſtes Kapitel.
Als Willibald am nächſten Morgen erwachte, war ſein erſter Gedanke Joſephine, ſein zweiter Fliczek. Bei dem erſten war ihm linde und gut zu Mute, bei dem zweiten ballte er die Fäuſte.
Er hatte die Empfindung, daß er ſich heute ſeiner Haut zu wehren haben werde. Aber er hatte keine Furcht.
Er ſoll nur kommen, der Böhmake, dachte er ſich, und bei dieſer Gelegenheit regte ſich in ihm zum erſten Male der Raufdeutſche. Er ſoll nur kommen und mir was ſagen! Eine Schelle kriegt er! Und er erſchauderte nicht vor dem Gedanken, daß er, der Strunk, einen Großen ohrfeigen wollte! So verrückt das Weib die Standes¬ unterſchiede.
Aber es kam anders. Der Tag wurde zwar
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Sechſtes Kapitel.
Als Willibald am nächſten Morgen erwachte,
war ſein erſter Gedanke Joſephine, ſein zweiter
Fliczek. Bei dem erſten war ihm linde und gut
zu Mute, bei dem zweiten ballte er die Fäuſte.
Er hatte die Empfindung, daß er ſich heute
ſeiner Haut zu wehren haben werde. Aber er
hatte keine Furcht.
Er ſoll nur kommen, der Böhmake, dachte er
ſich, und bei dieſer Gelegenheit regte ſich in ihm
zum erſten Male der Raufdeutſche. Er ſoll nur
kommen und mir was ſagen! Eine Schelle kriegt
er! Und er erſchauderte nicht vor dem Gedanken,
daß er, der Strunk, einen Großen ohrfeigen
wollte! So verrückt das Weib die Standes¬
unterſchiede.
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Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. [58]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/72>, abgerufen am 30.11.2023.
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