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Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

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werden. Solches alles nun wurde nach und nach vollzogen/
die Völker hin und wider abgedanket/ und von dem Tage
deß Vollziehungsschlusses an drey Fristen/ jede vierzehen
Tag lang/ gesetzet/ inner welchen alle Plätze solten geräumet
werden. Es ward aber die allwaltende Freude mit noch einer
andern vermehret/ weil Post kame/ daß der grosse Adlerprinz
in einer neuen Heyrat begriffen/ und gesinnet wäre jhme die
junge Hertzogin von Tanuma vermählen zu lassen. Jeder-
man wünschete der Prinzessin Glück zu dieser neuen Be-
freundung mit einem so Hoch fürstlichen Hause; die es jhr
auch/ ob sie wol lieber gesehen hett/ daß jhrer Töchter eine der
Ehr deß höchsten Ehebettes wäre gewürdiget worden/ gar
wol gefallen liesse/ zumal als sie von den sonderbaren Gaben
dieser trefflichsten Ausländerin verständiget wurde/ in anse-
hen welcher sie von dem Himmel zu dieser grösten Würde
versehen zu seyn schiene.

104.

Man sagte/ daß der Adler unter den Latierpoeten/
der unvergleichliche Virgilius/ welcher von Andes einem
Flecken bey Tanuma bürtig/ auch schon vor anderthalb tau-
send Jahren todt gewesen/ sich daselbst in lebhaffter Gestalt
wider sehen lassen/ diese Vermählung mit einem Zurufsge-
dicht in seiner Sprache besungen/ solches der Durchleuch-
tigsten Fräulein Braut geschrieben eingehändiget/ und dar-
auf wider verschwunden. Die Prinzessin Teutonie hatte
eine Abschrifft davon bekommen/ die sie dem Eubulus zu le-
sen gabe/ mit Befehl jhr kürtzlich das jenige/ was darinn be-
grieffen/ zu widerholen. Es ware aber folgendes:

Hinc, ubi per virides campos & amoena vireta
fortunatorum nemorum, vallesq; beatas,
perq; toros riparum & prata recentia rivis,
Sedibus Elysiis agimus diva otia Manes;
hinc ego, non-mortalis, ad haec mortalia regna,
Cocyti stagno vectus, stygiaque palude,
jam

werden. Solches alles nun wurde nach und nach vollzogen/
die Voͤlker hin und wider abgedanket/ und von dem Tage
deß Vollziehungsſchluſſes an drey Friſten/ jede vierzehen
Tag lang/ geſetzet/ inner welchen alle Plaͤtze ſolten geraͤumet
werden. Es ward aber die allwaltende Freude mit noch einer
andern vermehꝛet/ weil Poſt kame/ daß der groſſe Adlerprinz
in einer neuen Heyrat begriffen/ und geſinnet waͤre jhme die
junge Hertzogin von Tanuma vermaͤhlen zu laſſen. Jeder-
man wuͤnſchete der Prinzeſſin Gluͤck zu dieſer neuen Be-
freundung mit einem ſo Hoch fürſtlichen Hauſe; die es jhr
auch/ ob ſie wol lieber geſehen hett/ daß jhꝛer Toͤchter eine der
Ehr deß hoͤchſten Ehebettes waͤre gewuͤrdiget worden/ gar
wol gefallen lieſſe/ zumal als ſie von den ſonderbaren Gaben
dieſer trefflichſten Auslaͤnderin verſtaͤndiget wurde/ in anſe-
hen welcher ſie von dem Himmel zu dieſer groͤſten Wuͤrde
verſehen zu ſeyn ſchiene.

104.

Man ſagte/ daß der Adler unter den Latierpoeten/
der unvergleichliche Virgilius/ welcher von Andes einem
Flecken bey Tanuma buͤrtig/ auch ſchon vor anderthalb tau-
ſend Jahren todt geweſen/ ſich daſelbſt in lebhaffter Geſtalt
wider ſehen laſſen/ dieſe Vermaͤhlung mit einem Zurufsge-
dicht in ſeiner Sprache beſungen/ ſolches der Durchleuch-
tigſten Fraͤulein Braut geſchrieben eingehaͤndiget/ und dar-
auf wider verſchwunden. Die Prinzeſſin Teutonie hatte
eine Abſchrifft davon bekommen/ die ſie dem Eubulus zu le-
ſen gabe/ mit Befehl jhr kuͤrtzlich das jenige/ was darinn be-
grieffen/ zu widerholen. Es ware aber folgendes:

Hinc, ubi per virides campos & amœna vireta
fortunatorum nemorum, vallesq́; beatas,
perq́; toros riparum & prata recentia rivis,
Sedibus Elyſiis agimus diva otia Manes;
hinc ego, non-mortalis, ad hæc mortalia regna,
Cocyti ſtagno vectus, ſtygiaque palude,
jam
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[104/0159] werden. Solches alles nun wurde nach und nach vollzogen/ die Voͤlker hin und wider abgedanket/ und von dem Tage deß Vollziehungsſchluſſes an drey Friſten/ jede vierzehen Tag lang/ geſetzet/ inner welchen alle Plaͤtze ſolten geraͤumet werden. Es ward aber die allwaltende Freude mit noch einer andern vermehꝛet/ weil Poſt kame/ daß der groſſe Adlerprinz in einer neuen Heyrat begriffen/ und geſinnet waͤre jhme die junge Hertzogin von Tanuma vermaͤhlen zu laſſen. Jeder- man wuͤnſchete der Prinzeſſin Gluͤck zu dieſer neuen Be- freundung mit einem ſo Hoch fürſtlichen Hauſe; die es jhr auch/ ob ſie wol lieber geſehen hett/ daß jhꝛer Toͤchter eine der Ehr deß hoͤchſten Ehebettes waͤre gewuͤrdiget worden/ gar wol gefallen lieſſe/ zumal als ſie von den ſonderbaren Gaben dieſer trefflichſten Auslaͤnderin verſtaͤndiget wurde/ in anſe- hen welcher ſie von dem Himmel zu dieſer groͤſten Wuͤrde verſehen zu ſeyn ſchiene. 104. Man ſagte/ daß der Adler unter den Latierpoeten/ der unvergleichliche Virgilius/ welcher von Andes einem Flecken bey Tanuma buͤrtig/ auch ſchon vor anderthalb tau- ſend Jahren todt geweſen/ ſich daſelbſt in lebhaffter Geſtalt wider ſehen laſſen/ dieſe Vermaͤhlung mit einem Zurufsge- dicht in ſeiner Sprache beſungen/ ſolches der Durchleuch- tigſten Fraͤulein Braut geſchrieben eingehaͤndiget/ und dar- auf wider verſchwunden. Die Prinzeſſin Teutonie hatte eine Abſchrifft davon bekommen/ die ſie dem Eubulus zu le- ſen gabe/ mit Befehl jhr kuͤrtzlich das jenige/ was darinn be- grieffen/ zu widerholen. Es ware aber folgendes: Hinc, ubi per virides campos & amœna vireta fortunatorum nemorum, vallesq́; beatas, perq́; toros riparum & prata recentia rivis, Sedibus Elyſiis agimus diva otia Manes; hinc ego, non-mortalis, ad hæc mortalia regna, Cocyti ſtagno vectus, ſtygiaque palude, jam

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/159>, abgerufen am 25.04.2024.