Güte anlächeln, ewig nicht anlächeln? Nein! so handelst Du nicht, mein Schö- pfer! Deine Geschaffenen dürfen dem Ta- ge ihrer Geburt nicht fluchen, noch Dich anklagen, dass Du sie, wider ihren Willen, zum Seyn aus dem Nichts hervorgerufen.
Allein; was sag' ich? Sind nicht rund um mich die Fussstapfen des Elends und der Verheerung? Fühl' ich nicht selbst das Unglück in tausend schweren Schlägen? Seufzen nicht meine Mitgeschöpfe rund um mich? Hör' ich nicht ihre Klagen, seh' ich nicht ihre Thränen, theil' ich nicht mit ih- nen die Last ihres Schicksals? Triefen nicht die Fluren von Blut? vom Blute mei- ner Brüder, vom Blute der erschlagnen Un- schuld? Dampfen nicht weite Provinzen vom Donner des Krieges entzündet? Und werden nicht bald Aschenhügel und rauchende Trümmer da seyn, wo sonst
Güte anlächeln, ewig nicht anlächeln? Nein! ſo handelſt Du nicht, mein Schö- pfer! Deine Geſchaffenen dürfen dem Ta- ge ihrer Geburt nicht fluchen, noch Dich anklagen, daſs Du ſie, wider ihren Willen, zum Seyn aus dem Nichts hervorgerufen.
Allein; was ſag’ ich? Sind nicht rund um mich die Fuſsſtapfen des Elends und der Verheerung? Fühl’ ich nicht ſelbſt das Unglück in tauſend ſchweren Schlägen? Seufzen nicht meine Mitgeſchöpfe rund um mich? Hör’ ich nicht ihre Klagen, ſeh’ ich nicht ihre Thränen, theil’ ich nicht mit ih- nen die Laſt ihres Schickſals? Triefen nicht die Fluren von Blut? vom Blute mei- ner Brüder, vom Blute der erſchlagnen Un- ſchuld? Dampfen nicht weite Provinzen vom Donner des Krieges entzündet? Und werden nicht bald Aſchenhügel und rauchende Trümmer da ſeyn, wo ſonſt
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Güte anlächeln, ewig nicht anlächeln?
Nein! ſo handelſt Du nicht, mein Schö-
pfer! Deine Geſchaffenen dürfen dem Ta-
ge ihrer Geburt nicht fluchen, noch Dich
anklagen, daſs Du ſie, wider ihren Willen,
zum Seyn aus dem Nichts hervorgerufen.
Allein; was ſag’ ich? Sind nicht rund
um mich die Fuſsſtapfen des Elends und
der Verheerung? Fühl’ ich nicht ſelbſt das
Unglück in tauſend ſchweren Schlägen?
Seufzen nicht meine Mitgeſchöpfe rund um
mich? Hör’ ich nicht ihre Klagen, ſeh’ ich
nicht ihre Thränen, theil’ ich nicht mit ih-
nen die Laſt ihres Schickſals? Triefen
nicht die Fluren von Blut? vom Blute mei-
ner Brüder, vom Blute der erſchlagnen Un-
ſchuld? Dampfen nicht weite Provinzen
vom Donner des Krieges entzündet?
Und werden nicht bald Aſchenhügel und
rauchende Trümmer da ſeyn, wo ſonſt
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/118>, abgerufen am 28.03.2024.
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