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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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Handlung, in der besten Meynung unter-
nommen worden sey: Und wir sind so
verwegen, dass wir auch da Flecken sehen
wollen, wo alles Licht zu seyn scheint? Und
wir sind so bösartig, dass wir oft alle Kräf-
te unsers Verstandes dazu aufbieten? Jn der
That! wenn es deutliche Kennzeichen eines
verderbten Herzens giebt, so müssen es Die-
se seyn. Was will man dagegen sagen? --
Es ist so böse nicht gemeynt? -- Jch will
es zugeben; man sucht sein Kränzchen zu
belustigen; man schmückt seine kleine Ge-
schichte mit seinen witzigen Anmerkungen
aus; man hat nur angenehm unterhalten,
nur ein unschädliches Lachen erregen wol-
len: Darin ist nichts Böses; gewiss aber
auch nicht viel Gutes! Anfänglich thut man
das aus Leichtsinn; bald gewöhnt man sich
so zu handeln, und zuletzt fliessen Leicht-
sinn und Bosheit so ineinander, dass man die

Handlung, in der beſten Meynung unter-
nommen worden ſey: Und wir ſind ſo
verwegen, daſs wir auch da Flecken ſehen
wollen, wo alles Licht zu ſeyn ſcheint? Und
wir ſind ſo bösartig, daſs wir oft alle Kräf-
te unſers Verſtandes dazu aufbieten? Jn der
That! wenn es deutliche Kennzeichen eines
verderbten Herzens giebt, ſo müſsen es Die-
ſe ſeyn. Was will man dagegen ſagen? —
Es iſt ſo böſe nicht gemeynt? — Jch will
es zugeben; man ſucht ſein Kränzchen zu
beluſtigen; man ſchmückt ſeine kleine Ge-
ſchichte mit ſeinen witzigen Anmerkungen
aus; man hat nur angenehm unterhalten,
nur ein unſchädliches Lachen erregen wol-
len: Darin iſt nichts Böſes; gewiſs aber
auch nicht viel Gutes! Anfänglich thut man
das aus Leichtſinn; bald gewöhnt man ſich
ſo zu handeln, und zuletzt flieſsen Leicht-
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[202/0210] Handlung, in der beſten Meynung unter- nommen worden ſey: Und wir ſind ſo verwegen, daſs wir auch da Flecken ſehen wollen, wo alles Licht zu ſeyn ſcheint? Und wir ſind ſo bösartig, daſs wir oft alle Kräf- te unſers Verſtandes dazu aufbieten? Jn der That! wenn es deutliche Kennzeichen eines verderbten Herzens giebt, ſo müſsen es Die- ſe ſeyn. Was will man dagegen ſagen? — Es iſt ſo böſe nicht gemeynt? — Jch will es zugeben; man ſucht ſein Kränzchen zu beluſtigen; man ſchmückt ſeine kleine Ge- ſchichte mit ſeinen witzigen Anmerkungen aus; man hat nur angenehm unterhalten, nur ein unſchädliches Lachen erregen wol- len: Darin iſt nichts Böſes; gewiſs aber auch nicht viel Gutes! Anfänglich thut man das aus Leichtſinn; bald gewöhnt man ſich ſo zu handeln, und zuletzt flieſsen Leicht- ſinn und Bosheit ſo ineinander, daſs man die

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/210>, abgerufen am 24.04.2024.