bin mir selbst, so gut wie andern, Gerech- tigkeit schuldig. Es kann meine Pflicht nie seyn, mich für sträflicher zu erkennen als ich bin. Nur eine schwermüthige, schwärmerische Sittenlehre kann das verlan- gen. Hätt' ich Dich, meinen unbegreif- lich grossen Wohlthäter beleidigt, hätt' ich irgend eine meiner wichtigern Verpflicht- ungen gegen meinen Nächsten verletzt: mit bekümmerter Seele würd' ich es vor Dir bekennen, mit Thränen würd' ich Deine verlorne Gnade wiedersuchen. Nun aber gehorcht' ich Deinen Geboten; ich diente Dir in Einfalt des Herzens, ich beföderte das Wohl meiner Brüder und mein eignes, so weit ich es nach meiner geringen Ein- sicht und nach meinem wenigen Vermögen konnte. So wär' ich ja meiner eignen Ruhe Feind, wenn ich mir das alles geflis- sentlich selbst verbergen; so wär' ich ja Dein
(I. Theil.) P
bin mir ſelbſt, ſo gut wie andern, Gerech- tigkeit ſchuldig. Es kann meine Pflicht nie ſeyn, mich für ſträflicher zu erkennen als ich bin. Nur eine ſchwermüthige, ſchwärmeriſche Sittenlehre kann das verlan- gen. Hätt’ ich Dich, meinen unbegreif- lich groſsen Wohlthäter beleidigt, hätt’ ich irgend eine meiner wichtigern Verpflicht- ungen gegen meinen Nächſten verletzt: mit bekümmerter Seele würd’ ich es vor Dir bekennen, mit Thränen würd’ ich Deine verlorne Gnade wiederſuchen. Nun aber gehorcht’ ich Deinen Geboten; ich diente Dir in Einfalt des Herzens, ich beföderte das Wohl meiner Brüder und mein eignes, ſo weit ich es nach meiner geringen Ein- ſicht und nach meinem wenigen Vermögen konnte. So wär’ ich ja meiner eignen Ruhe Feind, wenn ich mir das alles gefliſ- ſentlich ſelbſt verbergen; ſo wär’ ich ja Dein
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bin mir ſelbſt, ſo gut wie andern, Gerech-
tigkeit ſchuldig. Es kann meine Pflicht
nie ſeyn, mich für ſträflicher zu erkennen
als ich bin. Nur eine ſchwermüthige,
ſchwärmeriſche Sittenlehre kann das verlan-
gen. Hätt’ ich Dich, meinen unbegreif-
lich groſsen Wohlthäter beleidigt, hätt’ ich
irgend eine meiner wichtigern Verpflicht-
ungen gegen meinen Nächſten verletzt: mit
bekümmerter Seele würd’ ich es vor Dir
bekennen, mit Thränen würd’ ich Deine
verlorne Gnade wiederſuchen. Nun aber
gehorcht’ ich Deinen Geboten; ich diente
Dir in Einfalt des Herzens, ich beföderte
das Wohl meiner Brüder und mein eignes,
ſo weit ich es nach meiner geringen Ein-
ſicht und nach meinem wenigen Vermögen
konnte. So wär’ ich ja meiner eignen
Ruhe Feind, wenn ich mir das alles gefliſ-
ſentlich ſelbſt verbergen; ſo wär’ ich ja Dein
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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/231>, abgerufen am 23.04.2024.
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