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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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bis zu einer gänzlichen Fühllosigkeit herun-
terzubringen, so würde mich doch das Au-
ge des Höchsten gefunden, und villeicht
zu späte einmal, ein blitzender Stral von
Jhm die Dunkelheit aufgehellt haben, unter
deren Schatten ich mich so sicher und so
zufrieden glaubte. Noch hab' ich mich
selbst wiedergefunden! Auch das ist Güte
von Dir, Du Vater und Herr meines Le-
bens! Du schufst den Tag, in dessen Lich-
te ich einhergehe. Von Dir empfing ich
diese bessere Erkenntniss meiner selbst; von
Dir das glückliche Vermögen und die zur
gelegensten Zeit erwachende Neigung sie
anzuwenden. Wahr ist es: die Bahn die
wir gehn ist schlüpfrig, so schlüpfrig, dass
wir es mit aller Kunst und Stärke nicht
verhüten können auszugleiten, nicht ver-
hüten können zu fallen. Aber es ist auch
nicht minder wahr: dass uns unser liebrei-

bis zu einer gänzlichen Fühlloſigkeit herun-
terzubringen, ſo würde mich doch das Au-
ge des Höchſten gefunden, und villeicht
zu ſpäte einmal, ein blitzender Stral von
Jhm die Dunkelheit aufgehellt haben, unter
deren Schatten ich mich ſo ſicher und ſo
zufrieden glaubte. Noch hab’ ich mich
ſelbſt wiedergefunden! Auch das iſt Güte
von Dir, Du Vater und Herr meines Le-
bens! Du ſchufſt den Tag, in deſsen Lich-
te ich einhergehe. Von Dir empfing ich
dieſe beſſere Erkenntniſs meiner ſelbſt; von
Dir das glückliche Vermögen und die zur
gelegenſten Zeit erwachende Neigung ſie
anzuwenden. Wahr iſt es: die Bahn die
wir gehn iſt ſchlüpfrig, ſo ſchlüpfrig, daſs
wir es mit aller Kunſt und Stärke nicht
verhüten können auszugleiten, nicht ver-
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[60/0068] bis zu einer gänzlichen Fühlloſigkeit herun- terzubringen, ſo würde mich doch das Au- ge des Höchſten gefunden, und villeicht zu ſpäte einmal, ein blitzender Stral von Jhm die Dunkelheit aufgehellt haben, unter deren Schatten ich mich ſo ſicher und ſo zufrieden glaubte. Noch hab’ ich mich ſelbſt wiedergefunden! Auch das iſt Güte von Dir, Du Vater und Herr meines Le- bens! Du ſchufſt den Tag, in deſsen Lich- te ich einhergehe. Von Dir empfing ich dieſe beſſere Erkenntniſs meiner ſelbſt; von Dir das glückliche Vermögen und die zur gelegenſten Zeit erwachende Neigung ſie anzuwenden. Wahr iſt es: die Bahn die wir gehn iſt ſchlüpfrig, ſo ſchlüpfrig, daſs wir es mit aller Kunſt und Stärke nicht verhüten können auszugleiten, nicht ver- hüten können zu fallen. Aber es iſt auch nicht minder wahr: daſs uns unſer liebrei-

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/68>, abgerufen am 29.03.2024.