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Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774.

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standne Leiden versüsst und zugleich den
ermüdeten Geist stärkt, seinen Weg bis an
sein endliches Ziel zu verfolgen. Und die-
sen stärkenden Nektar reicht mir mein gü-
tiger Schöpfer. Mit Dank nehme ich ihn
von seinen liebreichen Händen an. Ja!
dieser Tag sey ein Tag des Wohllebens und
der Freude. Wer weiss, ob Morgen nicht
ein Wetter meinen Himmel verfinstert?
Würd' ich es damit entfernen, wenn ich
es heute schon fürchten, wenn ich mit
der schwarzen Vorstellung davon auch
heute schon alle Gedanken der Freude
verscheuchen wollte? Gewiss nicht! Jch
würde mir, wider die Absicht des Himmels,
einen trüben Tag mehr machen; ich würde
mir thörichter Weise, diese Sonne verdun-
keln, die mir heute so wohlthätige Stralen
leuchten lässt. Also eröffne dich der
einladenden Freude, mein Herz!

ſtandne Leiden verſüſst und zugleich den
ermüdeten Geiſt ſtärkt, ſeinen Weg bis an
ſein endliches Ziel zu verfolgen. Und die-
ſen ſtärkenden Nektar reicht mir mein gü-
tiger Schöpfer. Mit Dank nehme ich ihn
von ſeinen liebreichen Händen an. Ja!
dieſer Tag ſey ein Tag des Wohllebens und
der Freude. Wer weiſs, ob Morgen nicht
ein Wetter meinen Himmel verfinſtert?
Würd’ ich es damit entfernen, wenn ich
es heute ſchon fürchten, wenn ich mit
der ſchwarzen Vorſtellung davon auch
heute ſchon alle Gedanken der Freude
verſcheuchen wollte? Gewiſs nicht! Jch
würde mir, wider die Abſicht des Himmels,
einen trüben Tag mehr machen; ich würde
mir thörichter Weiſe, dieſe Sonne verdun-
keln, die mir heute ſo wohlthätige Stralen
leuchten läſst. Alſo eröffne dich der
einladenden Freude, mein Herz!

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[75/0083] ſtandne Leiden verſüſst und zugleich den ermüdeten Geiſt ſtärkt, ſeinen Weg bis an ſein endliches Ziel zu verfolgen. Und die- ſen ſtärkenden Nektar reicht mir mein gü- tiger Schöpfer. Mit Dank nehme ich ihn von ſeinen liebreichen Händen an. Ja! dieſer Tag ſey ein Tag des Wohllebens und der Freude. Wer weiſs, ob Morgen nicht ein Wetter meinen Himmel verfinſtert? Würd’ ich es damit entfernen, wenn ich es heute ſchon fürchten, wenn ich mit der ſchwarzen Vorſtellung davon auch heute ſchon alle Gedanken der Freude verſcheuchen wollte? Gewiſs nicht! Jch würde mir, wider die Abſicht des Himmels, einen trüben Tag mehr machen; ich würde mir thörichter Weiſe, dieſe Sonne verdun- keln, die mir heute ſo wohlthätige Stralen leuchten läſst. Alſo eröffne dich der einladenden Freude, mein Herz!

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Zitationshilfe: Blum, Joachim Christian: Spatziergänge. Bd. 1. Berlin, 1774, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blum_spatziergaenge01_1774/83>, abgerufen am 20.04.2024.