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Blumenbach, Johann Friedrich: Über den Bildungstrieb und das Zeugungsgeschäfte. Göttingen, 1781.

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Brunnenconferve so sehr zu statten kam: und
ich begreife daher um so weniger wie den so
überaus scharfsinnigen Erforschern der Polypen-
wunder die unauflöslichen Schwierigkeiten haben
entgehen können, womit so viele von ihnen selbst
angestellte Versuche offenbar ihrer Hypothese wi-
dersprechen, nach welcher "in allen Theilen der
Polypen zerstreuete Keime so lange eingewickelt
und gleichsam in einen erstarrenden Todesschlaf
liegen sollen bis sie nach der Phantasie eines ihnen
zu Hülfe kommenden Beobachters durch den
Schnitt einer Scheere ermuntert, aufgeweckt,
aus ihrem Kerker befreyt, und zur Entwicke-
lung angereizt würden."

Wenn man nun aber zwey verstümmelte halbe
Polypen verschiedner Art (z. B. die vordre Hälfte
eines grünen, und das Hintertheil eines braunen)
aneinander bringt, so heilen sie bekanntlich zu-
sammen, und stellen dann, fast wie die Chimäre

Brunnenconferve so sehr zu statten kam: und
ich begreife daher um so weniger wie den so
überaus scharfsinnigen Erforschern der Polypen-
wunder die unauflöslichen Schwierigkeiten haben
entgehen können, womit so viele von ihnen selbst
angestellte Versuche offenbar ihrer Hypothese wi-
dersprechen, nach welcher „in allen Theilen der
Polypen zerstreuete Keime so lange eingewickelt
und gleichsam in einen erstarrenden Todesschlaf
liegen sollen bis sie nach der Phantasie eines ihnen
zu Hülfe kommenden Beobachters durch den
Schnitt einer Scheere ermuntert, aufgeweckt,
aus ihrem Kerker befreyt, und zur Entwicke-
lung angereizt würden.“

Wenn man nun aber zwey verstümmelte halbe
Polypen verschiedner Art (z. B. die vordre Hälfte
eines grünen, und das Hintertheil eines braunen)
aneinander bringt, so heilen sie bekanntlich zu-
sammen, und stellen dann, fast wie die Chimäre

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[77/0083] Brunnenconferve so sehr zu statten kam: und ich begreife daher um so weniger wie den so überaus scharfsinnigen Erforschern der Polypen- wunder die unauflöslichen Schwierigkeiten haben entgehen können, womit so viele von ihnen selbst angestellte Versuche offenbar ihrer Hypothese wi- dersprechen, nach welcher „in allen Theilen der Polypen zerstreuete Keime so lange eingewickelt und gleichsam in einen erstarrenden Todesschlaf liegen sollen bis sie nach der Phantasie eines ihnen zu Hülfe kommenden Beobachters durch den Schnitt einer Scheere ermuntert, aufgeweckt, aus ihrem Kerker befreyt, und zur Entwicke- lung angereizt würden.“ Wenn man nun aber zwey verstümmelte halbe Polypen verschiedner Art (z. B. die vordre Hälfte eines grünen, und das Hintertheil eines braunen) aneinander bringt, so heilen sie bekanntlich zu- sammen, und stellen dann, fast wie die Chimäre

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über den Bildungstrieb und das Zeugungsgeschäfte. Göttingen, 1781, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_bildungstrieb_1781/83>, abgerufen am 28.03.2024.