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Blumenbach, Johann Friedrich: Über den Bildungstrieb. Göttingen, 1791.

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Nicht leicht wird eine Frage die-
ser Art genannt werden können, die
so allgemein und so zu allen Zeiten
die heisse Neugierde des Menschen
gereizt haben muss, als eben diese.
Denn so abentheuerlich es auch sonst
scheint, die Betrachtungen und Re-
flexionen des ersten Menschenpaars
bestimmen zu wollen, so natürlich
bleibt doch die Voraussetzung, dass
dieses Paar, welches uns allen eben
durch die Befolgung jenes süssesten
unwiderstehlichsten Triebes so wich-
tig geworden, sehr bald erst zum
Staunen und dann zum Nachsinnen
gekommen seyn mag, wie es allge-
mach bemerkte, was diese Befolgung
für eine grosse Wirkung - eine
gleichsam wiederholte Schöpfung -
nach sich ziehe. So geläufig ihm
aber gar bald diese Erfahrung wer-
den musste, so sehr demüthigt es
das menschliche Wissen, dass die
Urenkel jenes Paars nach so langen
Jahrtausenden über die Erklärung

Nicht leicht wird eine Frage die-
ser Art genannt werden können, die
so allgemein und so zu allen Zeiten
die heisse Neugierde des Menschen
gereizt haben muss, als eben diese.
Denn so abentheuerlich es auch sonst
scheint, die Betrachtungen und Re-
flexionen des ersten Menschenpaars
bestimmen zu wollen, so natürlich
bleibt doch die Voraussetzung, dass
dieses Paar, welches uns allen eben
durch die Befolgung jenes süssesten
unwiderstehlichsten Triebes so wich-
tig geworden, sehr bald erst zum
Staunen und dann zum Nachsinnen
gekommen seyn mag, wie es allge-
mach bemerkte, was diese Befolgung
für eine grosse Wirkung – eine
gleichsam wiederholte Schöpfung –
nach sich ziehe. So geläufig ihm
aber gar bald diese Erfahrung wer-
den musste, so sehr demüthigt es
das menschliche Wissen, dass die
Urenkel jenes Paars nach so langen
Jahrtausenden über die Erklärung

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[10/0014] Nicht leicht wird eine Frage die- ser Art genannt werden können, die so allgemein und so zu allen Zeiten die heisse Neugierde des Menschen gereizt haben muss, als eben diese. Denn so abentheuerlich es auch sonst scheint, die Betrachtungen und Re- flexionen des ersten Menschenpaars bestimmen zu wollen, so natürlich bleibt doch die Voraussetzung, dass dieses Paar, welches uns allen eben durch die Befolgung jenes süssesten unwiderstehlichsten Triebes so wich- tig geworden, sehr bald erst zum Staunen und dann zum Nachsinnen gekommen seyn mag, wie es allge- mach bemerkte, was diese Befolgung für eine grosse Wirkung – eine gleichsam wiederholte Schöpfung – nach sich ziehe. So geläufig ihm aber gar bald diese Erfahrung wer- den musste, so sehr demüthigt es das menschliche Wissen, dass die Urenkel jenes Paars nach so langen Jahrtausenden über die Erklärung

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über den Bildungstrieb. Göttingen, 1791, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_bildungstrieb_1791/14>, abgerufen am 28.03.2024.