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Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. 2. Aufl. Göttingen, 1807.

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wachsenen Menschen nicht zusammenverwach-
send), sondern durch eine wahre Symphysise)

d) Aber wohl verwachsen sie nicht selten durch Anky-
losen. Und zwar (wie Camper in den gedachten
Zusätzen zum Mauriceau anmerkt, und auch ich
mehrmahlen gefunden habe) zuweilen schon im
erwachsenen jugendlichen Alter.Am häufigsten verwächst das erste Stück des
Kukuksbeins mit dem Ende des Kreuzbeins (s.
oben S. 316.), und dann die letzten Stücke von
jenem untereinander selbst, so wie in Hunter's
anat. vteri hum. grauidi tab. IX. lit. H. K. -
vergl. levret art des accouchemens p. 4.Man hat behauptet die Ankylosen des Kukuks-
beins entständen besonders leicht bey Frauenzim-
mern die viel reiten, und hat davon die häu-
figern schweren Niederkunften unter solchen Völ-
kern, und namentlich auch beym englischen Frauen-
zimmer ableiten wollen. Der Pater Dobrizhoffer
handelt daher ausführlich von den schweren Ge-
burten der Adiponischen Weiber, die, wie er sagt,
den größten Theil ihres Lebens mit Reiten zubrin-
gen, und dabey nach der Männer Art auf ihren
harten rindsledernen Sätteln sitzen. s. dessen Ge-
schichte der Abiponer, einer berittenen und krie-
gerischen Nation in Paraguay IIter B. S. 269 u. f.
Daß inzwischen diese Behauptung nicht zu un-
bedingt angenommen werden darf, sehe ich z. B.
an einem schon oben erwähnten Skelet eines be-
jahrten Donischen Cosacken, an welchem mehrere
Knochen, z. B. 4 Lendenwirbel zusammen anky-
losirt sind, aber gerade das Kukuksbein gar nicht
mit dem Ende des Kreuzbeins verwachsen son-
dern vollkommen beweglich geblieben ist.
e) Daher das Kukuksbein leicht durch ein gewaltsames
hartes Niedersetzen oder durch einen Stoß dessel-
ben an eine Ecke leicht verrenkt werden, und dann
in Beinfras übergehen, und auch wohl starke
Eiterung der benachbarten Theile und den Tod
nach sich ziehen kann, s. sue et dangerville
de coccygis luxatione Paris. 1770. 4.

wachsenen Menschen nicht zusammenverwach-
send), sondern durch eine wahre Symphysise)

d) Aber wohl verwachsen sie nicht selten durch Anky-
losen. Und zwar (wie Camper in den gedachten
Zusätzen zum Mauriceau anmerkt, und auch ich
mehrmahlen gefunden habe) zuweilen schon im
erwachsenen jugendlichen Alter.Am häufigsten verwächst das erste Stück des
Kukuksbeins mit dem Ende des Kreuzbeins (s.
oben S. 316.), und dann die letzten Stücke von
jenem untereinander selbst, so wie in Hunter's
anat. vteri hum. grauidi tab. IX. lit. H. K.
vergl. levret art des accouchemens p. 4.Man hat behauptet die Ankylosen des Kukuks-
beins entständen besonders leicht bey Frauenzim-
mern die viel reiten, und hat davon die häu-
figern schweren Niederkunften unter solchen Völ-
kern, und namentlich auch beym englischen Frauen-
zimmer ableiten wollen. Der Pater Dobrizhoffer
handelt daher ausführlich von den schweren Ge-
burten der Adiponischen Weiber, die, wie er sagt,
den größten Theil ihres Lebens mit Reiten zubrin-
gen, und dabey nach der Männer Art auf ihren
harten rindsledernen Sätteln sitzen. s. dessen Ge-
schichte der Abiponer, einer berittenen und krie-
gerischen Nation in Paraguay IIter B. S. 269 u. f.
Daß inzwischen diese Behauptung nicht zu un-
bedingt angenommen werden darf, sehe ich z. B.
an einem schon oben erwähnten Skelet eines be-
jahrten Donischen Cosacken, an welchem mehrere
Knochen, z. B. 4 Lendenwirbel zusammen anky-
losirt sind, aber gerade das Kukuksbein gar nicht
mit dem Ende des Kreuzbeins verwachsen son-
dern vollkommen beweglich geblieben ist.
e) Daher das Kukuksbein leicht durch ein gewaltsames
hartes Niedersetzen oder durch einen Stoß dessel-
ben an eine Ecke leicht verrenkt werden, und dann
in Beinfras übergehen, und auch wohl starke
Eiterung der benachbarten Theile und den Tod
nach sich ziehen kann, s. sue et dangerville
de coccygis luxatione Paris. 1770. 4.
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[323/0349] wachsenen Menschen nicht zusammenverwach- sen d), sondern durch eine wahre Symphysis e) d) Aber wohl verwachsen sie nicht selten durch Anky- losen. Und zwar (wie Camper in den gedachten Zusätzen zum Mauriceau anmerkt, und auch ich mehrmahlen gefunden habe) zuweilen schon im erwachsenen jugendlichen Alter. Am häufigsten verwächst das erste Stück des Kukuksbeins mit dem Ende des Kreuzbeins (s. oben S. 316.), und dann die letzten Stücke von jenem untereinander selbst, so wie in Hunter's anat. vteri hum. grauidi tab. IX. lit. H. K. – vergl. levret art des accouchemens p. 4. Man hat behauptet die Ankylosen des Kukuks- beins entständen besonders leicht bey Frauenzim- mern die viel reiten, und hat davon die häu- figern schweren Niederkunften unter solchen Völ- kern, und namentlich auch beym englischen Frauen- zimmer ableiten wollen. Der Pater Dobrizhoffer handelt daher ausführlich von den schweren Ge- burten der Adiponischen Weiber, die, wie er sagt, den größten Theil ihres Lebens mit Reiten zubrin- gen, und dabey nach der Männer Art auf ihren harten rindsledernen Sätteln sitzen. s. dessen Ge- schichte der Abiponer, einer berittenen und krie- gerischen Nation in Paraguay IIter B. S. 269 u. f. Daß inzwischen diese Behauptung nicht zu un- bedingt angenommen werden darf, sehe ich z. B. an einem schon oben erwähnten Skelet eines be- jahrten Donischen Cosacken, an welchem mehrere Knochen, z. B. 4 Lendenwirbel zusammen anky- losirt sind, aber gerade das Kukuksbein gar nicht mit dem Ende des Kreuzbeins verwachsen son- dern vollkommen beweglich geblieben ist. e) Daher das Kukuksbein leicht durch ein gewaltsames hartes Niedersetzen oder durch einen Stoß dessel- ben an eine Ecke leicht verrenkt werden, und dann in Beinfras übergehen, und auch wohl starke Eiterung der benachbarten Theile und den Tod nach sich ziehen kann, s. sue et dangerville de coccygis luxatione Paris. 1770. 4.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Geschichte und Beschreibung der Knochen des menschlichen Körpers. 2. Aufl. Göttingen, 1807, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_knochen_1807/349>, abgerufen am 18.04.2024.