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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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fehlerhafte und ungestaltete widernatürliche Bildung
erhalten, gehen uns gegenwärtig nichts an.

Eben so wenig gehören die aus einer Zeugungs-
vermischung verschiedener Gattungen entstandene
Bastarde hieher, da nach einem sehr weisen Gesetze
der Natur (wodurch einer grenzenlosen Verwirrung
der spezifischen Formen vorgebeugt wird) solche Ba-
starde, besonders im Thierreiche, kaum jemals ohne
Zwang des Menschen entstehen; und dann, nur
nicht immer, unfruchtbar sind; daß sie also eine
neue, aus ihrer anomalen Liebe entstandene, von
der Aeltern ihrer abweichende, Form weiter fortzu-
pflanzen unvermögend sind. Indessen kann doch
die Geschichte der von verschiedenen Gattungen er-
zengten Bastarde uns Erläuterung in der gegenwär-
tigen Untersuchung geben; theils wegen der Analo-
gie mit jenen aus verschiedenen Spielarten (variera-
tibus
) entsprossenen Bastarden, von welchen unten
wird geredet werden; theils weil sie statt aller die-
nen jene Theorie von der Auswickelung der präfor-
mirten Keime zu widerlegen, und die Kraft und
Wirksamkeit des Bildungstriebes offenbar darzuthun,
welche jeder wird kennen lernen, der jene so bekann-
ten und sehr merkwürdigen Versuche gehörig beseitigt
hat, nach welchen, den seltnern Beyspielen zeugen-
der Bastarde zu Folge, deren Befruchtung mehrere
Zeugungen hindurch vermittelst des männlichen Saa-
mens derselben Spezies öfters wiederholt wurde, die
neue Bildung der Urenkelbastarde von der ursprüng-
lichen Form der Mutter so sehr abgewichen, daß sie
gegentheils mehr und mehr in die Form des Vaters
einer andern Spezies übergegangen, und so end-

lich

fehlerhafte und ungeſtaltete widernatuͤrliche Bildung
erhalten, gehen uns gegenwaͤrtig nichts an.

Eben ſo wenig gehoͤren die aus einer Zeugungs-
vermiſchung verſchiedener Gattungen entſtandene
Baſtarde hieher, da nach einem ſehr weiſen Geſetze
der Natur (wodurch einer grenzenloſen Verwirrung
der ſpezifiſchen Formen vorgebeugt wird) ſolche Ba-
ſtarde, beſonders im Thierreiche, kaum jemals ohne
Zwang des Menſchen entſtehen; und dann, nur
nicht immer, unfruchtbar ſind; daß ſie alſo eine
neue, aus ihrer anomalen Liebe entſtandene, von
der Aeltern ihrer abweichende, Form weiter fortzu-
pflanzen unvermoͤgend ſind. Indeſſen kann doch
die Geſchichte der von verſchiedenen Gattungen er-
zengten Baſtarde uns Erlaͤuterung in der gegenwaͤr-
tigen Unterſuchung geben; theils wegen der Analo-
gie mit jenen aus verſchiedenen Spielarten (variera-
tibus
) entſproſſenen Baſtarden, von welchen unten
wird geredet werden; theils weil ſie ſtatt aller die-
nen jene Theorie von der Auswickelung der praͤfor-
mirten Keime zu widerlegen, und die Kraft und
Wirkſamkeit des Bildungstriebes offenbar darzuthun,
welche jeder wird kennen lernen, der jene ſo bekann-
ten und ſehr merkwuͤrdigen Verſuche gehoͤrig beſeitigt
hat, nach welchen, den ſeltnern Beyſpielen zeugen-
der Baſtarde zu Folge, deren Befruchtung mehrere
Zeugungen hindurch vermittelſt des maͤnnlichen Saa-
mens derſelben Spezies oͤfters wiederholt wurde, die
neue Bildung der Urenkelbaſtarde von der urſpruͤng-
lichen Form der Mutter ſo ſehr abgewichen, daß ſie
gegentheils mehr und mehr in die Form des Vaters
einer andern Spezies uͤbergegangen, und ſo end-

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[72/0106] fehlerhafte und ungeſtaltete widernatuͤrliche Bildung erhalten, gehen uns gegenwaͤrtig nichts an. Eben ſo wenig gehoͤren die aus einer Zeugungs- vermiſchung verſchiedener Gattungen entſtandene Baſtarde hieher, da nach einem ſehr weiſen Geſetze der Natur (wodurch einer grenzenloſen Verwirrung der ſpezifiſchen Formen vorgebeugt wird) ſolche Ba- ſtarde, beſonders im Thierreiche, kaum jemals ohne Zwang des Menſchen entſtehen; und dann, nur nicht immer, unfruchtbar ſind; daß ſie alſo eine neue, aus ihrer anomalen Liebe entſtandene, von der Aeltern ihrer abweichende, Form weiter fortzu- pflanzen unvermoͤgend ſind. Indeſſen kann doch die Geſchichte der von verſchiedenen Gattungen er- zengten Baſtarde uns Erlaͤuterung in der gegenwaͤr- tigen Unterſuchung geben; theils wegen der Analo- gie mit jenen aus verſchiedenen Spielarten (variera- tibus) entſproſſenen Baſtarden, von welchen unten wird geredet werden; theils weil ſie ſtatt aller die- nen jene Theorie von der Auswickelung der praͤfor- mirten Keime zu widerlegen, und die Kraft und Wirkſamkeit des Bildungstriebes offenbar darzuthun, welche jeder wird kennen lernen, der jene ſo bekann- ten und ſehr merkwuͤrdigen Verſuche gehoͤrig beſeitigt hat, nach welchen, den ſeltnern Beyſpielen zeugen- der Baſtarde zu Folge, deren Befruchtung mehrere Zeugungen hindurch vermittelſt des maͤnnlichen Saa- mens derſelben Spezies oͤfters wiederholt wurde, die neue Bildung der Urenkelbaſtarde von der urſpruͤng- lichen Form der Mutter ſo ſehr abgewichen, daß ſie gegentheils mehr und mehr in die Form des Vaters einer andern Spezies uͤbergegangen, und ſo end- lich

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/106>, abgerufen am 19.04.2024.