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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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Thiere, auch wenn sie in entfernte Gegenden von
weit verschiedenem Klima-versetzt worden, doch be-
ständig lange Reihen von Zeugungen hindurch sich
erhalten.

Nicht geringer ist die Kraft und Macht des Kli-
ma auf die Größe (statura) organischer Körper;
da die Kälte ihr Wachsthum hindert, die Wärme
hingegen es offenbar vermehrt und befördert. So
z. B. die schottischen Pferde, oder die Füllen in dem
kalten Nordwales; auf Schonen sind die Pferde und
das Rindvieh, wie die eingebornen Menschen, groß
und stark von Statur, in Seeland werden sie all-
mählig kleiner, und im nördlichen Ostgothland end-
lich sind sie nach Verhältniß am kleinsten.

§. 35.
Nahrungsmittel.

Zwar ist des berühmten G. Fordyce scharfsinnige
Meinung sehr wahrscheinlich, daß die ersten Urbe-
standtheile aller Arten von Nahrung, gleichviel ob
aus dem Thier- oder Pflanzenreiche genommen, die-
selben seyen; und daß deshalb von den vielerley
Fleisch- und Kräuterfressenden Thieren mit warmen
Blute, von den verschiedensten Nahrungsmitteln,
ein ähnlicher Chylus, und im allgemeinen ähnliches
Blut zubereitet werde, sobald sie nur von den Ver-
dauungswerkzeugen gehörig verarbeitet worden. Al-
lein, so wahrscheinlich als diese Sache auch immer
seyn möge, so ist doch keinesweges zu läugnen, daß
die unzähligen, der verschiedenen Nahrung zukom-
menden Eigenschaften, bey der Veränderung des

We-

Thiere, auch wenn ſie in entfernte Gegenden von
weit verſchiedenem Klima-verſetzt worden, doch be-
ſtaͤndig lange Reihen von Zeugungen hindurch ſich
erhalten.

Nicht geringer iſt die Kraft und Macht des Kli-
ma auf die Groͤße (ſtatura) organiſcher Koͤrper;
da die Kaͤlte ihr Wachsthum hindert, die Waͤrme
hingegen es offenbar vermehrt und befoͤrdert. So
z. B. die ſchottiſchen Pferde, oder die Fuͤllen in dem
kalten Nordwales; auf Schonen ſind die Pferde und
das Rindvieh, wie die eingebornen Menſchen, groß
und ſtark von Statur, in Seeland werden ſie all-
maͤhlig kleiner, und im noͤrdlichen Oſtgothland end-
lich ſind ſie nach Verhaͤltniß am kleinſten.

§. 35.
Nahrungsmittel.

Zwar iſt des beruͤhmten G. Fordyce ſcharfſinnige
Meinung ſehr wahrſcheinlich, daß die erſten Urbe-
ſtandtheile aller Arten von Nahrung, gleichviel ob
aus dem Thier- oder Pflanzenreiche genommen, die-
ſelben ſeyen; und daß deshalb von den vielerley
Fleiſch- und Kraͤuterfreſſenden Thieren mit warmen
Blute, von den verſchiedenſten Nahrungsmitteln,
ein aͤhnlicher Chylus, und im allgemeinen aͤhnliches
Blut zubereitet werde, ſobald ſie nur von den Ver-
dauungswerkzeugen gehoͤrig verarbeitet worden. Al-
lein, ſo wahrſcheinlich als dieſe Sache auch immer
ſeyn moͤge, ſo iſt doch keinesweges zu laͤugnen, daß
die unzaͤhligen, der verſchiedenen Nahrung zukom-
menden Eigenſchaften, bey der Veraͤnderung des

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[77/0111] Thiere, auch wenn ſie in entfernte Gegenden von weit verſchiedenem Klima-verſetzt worden, doch be- ſtaͤndig lange Reihen von Zeugungen hindurch ſich erhalten. Nicht geringer iſt die Kraft und Macht des Kli- ma auf die Groͤße (ſtatura) organiſcher Koͤrper; da die Kaͤlte ihr Wachsthum hindert, die Waͤrme hingegen es offenbar vermehrt und befoͤrdert. So z. B. die ſchottiſchen Pferde, oder die Fuͤllen in dem kalten Nordwales; auf Schonen ſind die Pferde und das Rindvieh, wie die eingebornen Menſchen, groß und ſtark von Statur, in Seeland werden ſie all- maͤhlig kleiner, und im noͤrdlichen Oſtgothland end- lich ſind ſie nach Verhaͤltniß am kleinſten. §. 35. Nahrungsmittel. Zwar iſt des beruͤhmten G. Fordyce ſcharfſinnige Meinung ſehr wahrſcheinlich, daß die erſten Urbe- ſtandtheile aller Arten von Nahrung, gleichviel ob aus dem Thier- oder Pflanzenreiche genommen, die- ſelben ſeyen; und daß deshalb von den vielerley Fleiſch- und Kraͤuterfreſſenden Thieren mit warmen Blute, von den verſchiedenſten Nahrungsmitteln, ein aͤhnlicher Chylus, und im allgemeinen aͤhnliches Blut zubereitet werde, ſobald ſie nur von den Ver- dauungswerkzeugen gehoͤrig verarbeitet worden. Al- lein, ſo wahrſcheinlich als dieſe Sache auch immer ſeyn moͤge, ſo iſt doch keinesweges zu laͤugnen, daß die unzaͤhligen, der verſchiedenen Nahrung zukom- menden Eigenſchaften, bey der Veraͤnderung des We-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/111>, abgerufen am 20.04.2024.