schöne Beyspiele. In einem Menschen von hundert Pfund Gewicht hält das Gehirn vier Pfunde; hin- gegen in einem Ochsen von acht bis neunhundert Pfund, hält das Gehirn nur ein Pfund. Das Ge- hirn ist daher beym Menschen der fünfundzwanzigste Theil seiner Masse; beym Ochsen ist es nur der acht oder neunhundertste Theil. Ein Hund von dreyzehen Pfund Schwere hat nur etwas über zwey Unzen Ge- hirn. Im Haasen ist das Gehirn nicht einmal der zweyhundertste Theil vom Gewicht seiner ganzen Masse. Juzwischen giebt es hierbey einige merk- würdige Ausnahmen. Denn der Delphin scheint verhältnißmäßig eben so viel Gehirn, als der Mensch zu haben, und bey den Seekälbern ist dasselbe, in Proportion ihrer ganzen Masse, noch größer als im Menschen gefunden worden. S. Bonnet in seinen Betrachtungen über die Natur. Th. 1.
Wäre es nun der Fall, wie man hieraus fol- gerte, daß der Mensch das klügste Geschöpf wäre, weil er die größte Gehirnmasse habe, so folgte hier- aus offenbar, daß der Delphin, wo nicht klüger, doch eben so klug seyn müßte, als der Mensch. Und der Schwierigkeiten dieser Art fanden sich mehrere. Wie nun sie heben? Wir wollen hierüber Herrn Hof- rath Sömmering, welcher durch seinen Scharfsinn sie zuerst bey Seite schafte, selbst hören. "Man "vermuthete sonst, -- sagt er, -- oder nahm "auch wohl geradezu an, der Mensch habe das "größte Gehirn. Wie bewies man aber dieses? "Man wog das Gehirn und den Körper der Men- "schen, und eben so der gemeinsten Hausthiere: so
"weit
ſchoͤne Beyſpiele. In einem Menſchen von hundert Pfund Gewicht haͤlt das Gehirn vier Pfunde; hin- gegen in einem Ochſen von acht bis neunhundert Pfund, haͤlt das Gehirn nur ein Pfund. Das Ge- hirn iſt daher beym Menſchen der fuͤnfundzwanzigſte Theil ſeiner Maſſe; beym Ochſen iſt es nur der acht oder neunhundertſte Theil. Ein Hund von dreyzehen Pfund Schwere hat nur etwas uͤber zwey Unzen Ge- hirn. Im Haaſen iſt das Gehirn nicht einmal der zweyhundertſte Theil vom Gewicht ſeiner ganzen Maſſe. Juzwiſchen giebt es hierbey einige merk- wuͤrdige Ausnahmen. Denn der Delphin ſcheint verhaͤltnißmaͤßig eben ſo viel Gehirn, als der Menſch zu haben, und bey den Seekaͤlbern iſt daſſelbe, in Proportion ihrer ganzen Maſſe, noch groͤßer als im Menſchen gefunden worden. S. Bonnet in ſeinen Betrachtungen uͤber die Natur. Th. 1.
Waͤre es nun der Fall, wie man hieraus fol- gerte, daß der Menſch das kluͤgſte Geſchoͤpf waͤre, weil er die groͤßte Gehirnmaſſe habe, ſo folgte hier- aus offenbar, daß der Delphin, wo nicht kluͤger, doch eben ſo klug ſeyn muͤßte, als der Menſch. Und der Schwierigkeiten dieſer Art fanden ſich mehrere. Wie nun ſie heben? Wir wollen hieruͤber Herrn Hof- rath Soͤmmering, welcher durch ſeinen Scharfſinn ſie zuerſt bey Seite ſchafte, ſelbſt hoͤren. „Man „vermuthete ſonſt, — ſagt er, — oder nahm „auch wohl geradezu an, der Menſch habe das „groͤßte Gehirn. Wie bewies man aber dieſes? „Man wog das Gehirn und den Koͤrper der Men- „ſchen, und eben ſo der gemeinſten Hausthiere: ſo
„weit
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ſchoͤne Beyſpiele. In einem Menſchen von hundert
Pfund Gewicht haͤlt das Gehirn vier Pfunde; hin-
gegen in einem Ochſen von acht bis neunhundert
Pfund, haͤlt das Gehirn nur ein Pfund. Das Ge-
hirn iſt daher beym Menſchen der fuͤnfundzwanzigſte
Theil ſeiner Maſſe; beym Ochſen iſt es nur der acht
oder neunhundertſte Theil. Ein Hund von dreyzehen
Pfund Schwere hat nur etwas uͤber zwey Unzen Ge-
hirn. Im Haaſen iſt das Gehirn nicht einmal der
zweyhundertſte Theil vom Gewicht ſeiner ganzen
Maſſe. Juzwiſchen giebt es hierbey einige merk-
wuͤrdige Ausnahmen. Denn der Delphin ſcheint
verhaͤltnißmaͤßig eben ſo viel Gehirn, als der Menſch
zu haben, und bey den Seekaͤlbern iſt daſſelbe, in
Proportion ihrer ganzen Maſſe, noch groͤßer als im
Menſchen gefunden worden. S. Bonnet in ſeinen
Betrachtungen uͤber die Natur. Th. 1.
Waͤre es nun der Fall, wie man hieraus fol-
gerte, daß der Menſch das kluͤgſte Geſchoͤpf waͤre,
weil er die groͤßte Gehirnmaſſe habe, ſo folgte hier-
aus offenbar, daß der Delphin, wo nicht kluͤger,
doch eben ſo klug ſeyn muͤßte, als der Menſch. Und
der Schwierigkeiten dieſer Art fanden ſich mehrere.
Wie nun ſie heben? Wir wollen hieruͤber Herrn Hof-
rath Soͤmmering, welcher durch ſeinen Scharfſinn
ſie zuerſt bey Seite ſchafte, ſelbſt hoͤren. „Man
„vermuthete ſonſt, — ſagt er, — oder nahm
„auch wohl geradezu an, der Menſch habe das
„groͤßte Gehirn. Wie bewies man aber dieſes?
„Man wog das Gehirn und den Koͤrper der Men-
„ſchen, und eben ſo der gemeinſten Hausthiere: ſo
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/282>, abgerufen am 14.05.2024.
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