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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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Derselben Richtung der Mutterscheide ist es bey-
zumessen, daß das andere Geschlecht in der menschli-
chen Gattung, nicht wie die Thierweibchen den
Urin hintenaus läßt; und das um so weniger,
da bey diesem (so viel bis jetzt bekannt ist) die Oeff-
nung der Harnröhre nicht wie bey dem menschlichen
Weibe zwischen den Schaamlefzen ausgeht, sondern
rückwärts in die Mutterscheide selbst tritt, welche
Erfahrung ich sogar bey Menschenähnlichen Thieren,
als dem Teufel oder Maimon und dem Makako,
(papio maimon, Sim. cynomolgno) die ich dem
anatomischen Messer unterworfen, gemacht habe d).

Und nach eben dieser Richtung der Mutterscheide,
wird man den seit Lukrezens Zeiten öfters erregten
Streit über die Frage, welche Stellung dem Men-
schen beym Beyschlafe am angemessensten sey,
"Und auf welcherley Art man behandle die süße-
ste Wollust?"

beylegen können; denn wiewohl der Mensch auf meh-
rerley Art diese Feyer begehen kann, und diese ver-
schiedene Art, sie zu begehen, von Menschen aus
den mönchischen Zeiten 11) zu jenen Stücken gezogen
worden, wodurch er sich von den Thieren unterschei-
de, ja unterweilen wohl physische Ursachen eintreten
können, welche ihn
"nach Art und Sitte der Thiere"
zum Beyschlaf reizen können 12), so scheint doch im

Allge-
11) Man vergl. z. B. Carpus (Berengarlus) Commen-
taria super anatomia Mundini
S. 13. "Unter den
übrigen Thieren hält der Mensch in verschiedenen La-
gen Beyschlaf, giebt Umarmungen und Küsse, worin
er verdammlich ist, weil das lasterhafter, wollüstiger
und teuflicher ist, als vernünftig."
12) S. Kämpfs enchiridion medicum. S. 181.

Derſelben Richtung der Mutterſcheide iſt es bey-
zumeſſen, daß das andere Geſchlecht in der menſchli-
chen Gattung, nicht wie die Thierweibchen den
Urin hintenaus laͤßt; und das um ſo weniger,
da bey dieſem (ſo viel bis jetzt bekannt iſt) die Oeff-
nung der Harnroͤhre nicht wie bey dem menſchlichen
Weibe zwiſchen den Schaamlefzen ausgeht, ſondern
ruͤckwaͤrts in die Mutterſcheide ſelbſt tritt, welche
Erfahrung ich ſogar bey Menſchenaͤhnlichen Thieren,
als dem Teufel oder Maimon und dem Makako,
(papio maimon, Sim. cynomolgno) die ich dem
anatomiſchen Meſſer unterworfen, gemacht habe d).

Und nach eben dieſer Richtung der Mutterſcheide,
wird man den ſeit Lukrezens Zeiten oͤfters erregten
Streit uͤber die Frage, welche Stellung dem Men-
ſchen beym Beyſchlafe am angemeſſenſten ſey,
„Und auf welcherley Art man behandle die ſuͤße-
ſte Wolluſt?“

beylegen koͤnnen; denn wiewohl der Menſch auf meh-
rerley Art dieſe Feyer begehen kann, und dieſe ver-
ſchiedene Art, ſie zu begehen, von Menſchen aus
den moͤnchiſchen Zeiten 11) zu jenen Stuͤcken gezogen
worden, wodurch er ſich von den Thieren unterſchei-
de, ja unterweilen wohl phyſiſche Urſachen eintreten
koͤnnen, welche ihn
„nach Art und Sitte der Thiere“
zum Beyſchlaf reizen koͤnnen 12), ſo ſcheint doch im

Allge-
11) Man vergl. z. B. Carpus (Berengarlus) Commen-
taria ſuper anatomia Mundini
S. 13. „Unter den
uͤbrigen Thieren haͤlt der Menſch in verſchiedenen La-
gen Beyſchlaf, giebt Umarmungen und Kuͤſſe, worin
er verdammlich iſt, weil das laſterhafter, wolluͤſtiger
und teuflicher iſt, als vernuͤnftig.“
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[27/0061] Derſelben Richtung der Mutterſcheide iſt es bey- zumeſſen, daß das andere Geſchlecht in der menſchli- chen Gattung, nicht wie die Thierweibchen den Urin hintenaus laͤßt; und das um ſo weniger, da bey dieſem (ſo viel bis jetzt bekannt iſt) die Oeff- nung der Harnroͤhre nicht wie bey dem menſchlichen Weibe zwiſchen den Schaamlefzen ausgeht, ſondern ruͤckwaͤrts in die Mutterſcheide ſelbſt tritt, welche Erfahrung ich ſogar bey Menſchenaͤhnlichen Thieren, als dem Teufel oder Maimon und dem Makako, (papio maimon, Sim. cynomolgno) die ich dem anatomiſchen Meſſer unterworfen, gemacht habe d). Und nach eben dieſer Richtung der Mutterſcheide, wird man den ſeit Lukrezens Zeiten oͤfters erregten Streit uͤber die Frage, welche Stellung dem Men- ſchen beym Beyſchlafe am angemeſſenſten ſey, „Und auf welcherley Art man behandle die ſuͤße- ſte Wolluſt?“ beylegen koͤnnen; denn wiewohl der Menſch auf meh- rerley Art dieſe Feyer begehen kann, und dieſe ver- ſchiedene Art, ſie zu begehen, von Menſchen aus den moͤnchiſchen Zeiten 11) zu jenen Stuͤcken gezogen worden, wodurch er ſich von den Thieren unterſchei- de, ja unterweilen wohl phyſiſche Urſachen eintreten koͤnnen, welche ihn „nach Art und Sitte der Thiere“ zum Beyſchlaf reizen koͤnnen 12), ſo ſcheint doch im Allge- 11) Man vergl. z. B. Carpus (Berengarlus) Commen- taria ſuper anatomia Mundini S. 13. „Unter den uͤbrigen Thieren haͤlt der Menſch in verſchiedenen La- gen Beyſchlaf, giebt Umarmungen und Kuͤſſe, worin er verdammlich iſt, weil das laſterhafter, wolluͤſtiger und teuflicher iſt, als vernuͤnftig.“ 12) S. Kaͤmpfs enchiridion medicum. S. 181.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/61>, abgerufen am 25.04.2024.