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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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viel ich weiß, außer an dem Menschen ebenfalls an
keinem andern Thiere beobachtet hat, und welche
von seiner aufrechten Stellung abhängt, daß näm-
lich das Maas seines Körpers am Morgen um einen
Zoll breit und drüber länger ist, als am Abend 32).

Die Geschlechtsverrichtungen, deren ich gedachte,
erinnern mich an einiges hierher gehörige, welches
ich nach der Reihe anführen will.

Es ist dem Menschen keine besondere Jahreszeit
zu dem Verlangen nach Beyschlaf bestimmt, wie
den Thieren 33).

Den Männern ist der Vorzug nächtlicher Saa-
menergießungen
zu Theil geworden, welche ich in
sofern zu den natürlichen Absonderungen eines gesun-
den Menschen rechne, als er durch sie, wenn es
ihm nach Verhältniß des Temperaments und der
Körperbeschaffenheit zuträglich ist, von einem be-
schwerlichen und sonst reizenden und überflüßigen
Saamen befreit wird *).

Dagegen haben die Weiber nicht minder eigen-
thümlich, aber allgemeiner und alle insgesamt den
monatlichen Blutfluß, so daß ich glaube, Plinius
habe das Weib mit Recht das einzige monatliche

Thier
32) Dies beobachtete zuerst ein englischer Geistlicher,
Wasse, im Jahr 1724. S. Philosophical Transactions,
Theil 33.
33) Wenn man nicht lieber dem Augustinus Niphus
trauen will, der in einem besondern Werke über die
Liebe
(das er Johannen von Arragonien, so berühmt
durch ihre außerordentliche Schönheit zugeeignet hat)
die Ursachen zergliedert, woher es komme, daß die
Mädchen im Sommer wollüstiger und verliebter, die
Männer es hingegen im Winter sind.
*) Mehreres hierüber sehe man in Chr. Rudolph Jä-
nisch Dissert, de pollatione nocturna. Gött. 1775. 4.

viel ich weiß, außer an dem Menſchen ebenfalls an
keinem andern Thiere beobachtet hat, und welche
von ſeiner aufrechten Stellung abhaͤngt, daß naͤm-
lich das Maas ſeines Koͤrpers am Morgen um einen
Zoll breit und druͤber laͤnger iſt, als am Abend 32).

Die Geſchlechtsverrichtungen, deren ich gedachte,
erinnern mich an einiges hierher gehoͤrige, welches
ich nach der Reihe anfuͤhren will.

Es iſt dem Menſchen keine beſondere Jahreszeit
zu dem Verlangen nach Beyſchlaf beſtimmt, wie
den Thieren 33).

Den Maͤnnern iſt der Vorzug naͤchtlicher Saa-
menergießungen
zu Theil geworden, welche ich in
ſofern zu den natuͤrlichen Abſonderungen eines geſun-
den Menſchen rechne, als er durch ſie, wenn es
ihm nach Verhaͤltniß des Temperaments und der
Koͤrperbeſchaffenheit zutraͤglich iſt, von einem be-
ſchwerlichen und ſonſt reizenden und uͤberfluͤßigen
Saamen befreit wird *).

Dagegen haben die Weiber nicht minder eigen-
thuͤmlich, aber allgemeiner und alle insgeſamt den
monatlichen Blutfluß, ſo daß ich glaube, Plinius
habe das Weib mit Recht das einzige monatliche

Thier
32) Dies beobachtete zuerſt ein engliſcher Geiſtlicher,
Waſſe, im Jahr 1724. S. Philoſophical Transactions,
Theil 33.
33) Wenn man nicht lieber dem Auguſtinus Niphus
trauen will, der in einem beſondern Werke uͤber die
Liebe
(das er Johannen von Arragonien, ſo beruͤhmt
durch ihre außerordentliche Schoͤnheit zugeeignet hat)
die Urſachen zergliedert, woher es komme, daß die
Maͤdchen im Sommer wolluͤſtiger und verliebter, die
Maͤnner es hingegen im Winter ſind.
*) Mehreres hieruͤber ſehe man in Chr. Rudolph Jaͤ-
niſch Diſſert, de pollatione nocturna. Goͤtt. 1775. 4.
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[48/0082] viel ich weiß, außer an dem Menſchen ebenfalls an keinem andern Thiere beobachtet hat, und welche von ſeiner aufrechten Stellung abhaͤngt, daß naͤm- lich das Maas ſeines Koͤrpers am Morgen um einen Zoll breit und druͤber laͤnger iſt, als am Abend 32). Die Geſchlechtsverrichtungen, deren ich gedachte, erinnern mich an einiges hierher gehoͤrige, welches ich nach der Reihe anfuͤhren will. Es iſt dem Menſchen keine beſondere Jahreszeit zu dem Verlangen nach Beyſchlaf beſtimmt, wie den Thieren 33). Den Maͤnnern iſt der Vorzug naͤchtlicher Saa- menergießungen zu Theil geworden, welche ich in ſofern zu den natuͤrlichen Abſonderungen eines geſun- den Menſchen rechne, als er durch ſie, wenn es ihm nach Verhaͤltniß des Temperaments und der Koͤrperbeſchaffenheit zutraͤglich iſt, von einem be- ſchwerlichen und ſonſt reizenden und uͤberfluͤßigen Saamen befreit wird *). Dagegen haben die Weiber nicht minder eigen- thuͤmlich, aber allgemeiner und alle insgeſamt den monatlichen Blutfluß, ſo daß ich glaube, Plinius habe das Weib mit Recht das einzige monatliche Thier 32) Dies beobachtete zuerſt ein engliſcher Geiſtlicher, Waſſe, im Jahr 1724. S. Philoſophical Transactions, Theil 33. 33) Wenn man nicht lieber dem Auguſtinus Niphus trauen will, der in einem beſondern Werke uͤber die Liebe (das er Johannen von Arragonien, ſo beruͤhmt durch ihre außerordentliche Schoͤnheit zugeeignet hat) die Urſachen zergliedert, woher es komme, daß die Maͤdchen im Sommer wolluͤſtiger und verliebter, die Maͤnner es hingegen im Winter ſind. *) Mehreres hieruͤber ſehe man in Chr. Rudolph Jaͤ- niſch Diſſert, de pollatione nocturna. Goͤtt. 1775. 4.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/82>, abgerufen am 25.04.2024.