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Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798.

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Allein ich muß gestehen, daß wir auch mit dieser
Einschränkung wenig gewonnen haben.

Denn fürs erste, wie fast ganz nichtig ist die
Hoffnung, so viel wilde Thiere, besonders sich selbst
überlassene, (bey denen uns am meisten daran liegt
zu wissen, ob man sie für bloße Verschiedenheiten,
oder zu verschiedenen Gattungen gehörig zu halten
habe) jemals zu dieser Vereinigung zu bringen?
Hauptsächlich wenn ihr Vaterland weit von einander
entfernt liegt: Z. B. den Troglodyten von Angola,
(Schim panse) mit dem Waldmenschen von der In-
sel Borneo, (Orang-Utang).

Dann aber ist die Unsicherheit und Dunkelheit
in benannter Hinsicht bey wilden Thieren lange nicht
so groß und wichtig, als gerade bey denen, welche
man in dieser Liste nicht mit aufzählt, nämlich bey
den zahmen; denn hier stokt es am meisten.

Da giebt es denn unter den Schriftstellern außer-
ordentliche Uneinigkeiten, z. B. über den Hund,
von deren Racen einige mehrere Urgattungen auffüh-
ren; andere sie für bloße Verschiedenheiten halten,
abgeartet von jenem Stamme, welchen man Haus-
hund, (Schäferhund, Chien de berger) nennt;

noch
Dasselbe Kennzeichen von einer Species hat neuer-
lich Berthout von Berchem der Sohn angenommen:
"Wenn die Thiere im natürlichen Zustan-
de sich begatten
u. s. w." Er erwähnt aber we-
der Frischens, noch selbst Ray's, ja behauptet sogar:
"Herr von Büffon, welcher zuerst von den
wenig sichern Kennzeichen der Nomen-
klatoren abgewichen sey, sey auch der Er-
ste, welcher bemerkbar gemacht habe, daß
die Vermischung am besten hinleite zur
Erkennung der Arten
o). S. Mem. de la se-
ciete des sciences physiques de Lausanne. T. II
.
S. 49.

Allein ich muß geſtehen, daß wir auch mit dieſer
Einſchraͤnkung wenig gewonnen haben.

Denn fuͤrs erſte, wie faſt ganz nichtig iſt die
Hoffnung, ſo viel wilde Thiere, beſonders ſich ſelbſt
uͤberlaſſene, (bey denen uns am meiſten daran liegt
zu wiſſen, ob man ſie fuͤr bloße Verſchiedenheiten,
oder zu verſchiedenen Gattungen gehoͤrig zu halten
habe) jemals zu dieſer Vereinigung zu bringen?
Hauptſaͤchlich wenn ihr Vaterland weit von einander
entfernt liegt: Z. B. den Troglodyten von Angola,
(Schim panſé) mit dem Waldmenſchen von der In-
ſel Borneo, (Orang-Utang).

Dann aber iſt die Unſicherheit und Dunkelheit
in benannter Hinſicht bey wilden Thieren lange nicht
ſo groß und wichtig, als gerade bey denen, welche
man in dieſer Liſte nicht mit aufzaͤhlt, naͤmlich bey
den zahmen; denn hier ſtokt es am meiſten.

Da giebt es denn unter den Schriftſtellern außer-
ordentliche Uneinigkeiten, z. B. uͤber den Hund,
von deren Racen einige mehrere Urgattungen auffuͤh-
ren; andere ſie fuͤr bloße Verſchiedenheiten halten,
abgeartet von jenem Stamme, welchen man Haus-
hund, (Schaͤferhund, Chien de berger) nennt;

noch
Daſſelbe Kennzeichen von einer Species hat neuer-
lich Berthout von Berchem der Sohn angenommen:
Wenn die Thiere im natuͤrlichen Zuſtan-
de ſich begatten
u. ſ. w.“ Er erwaͤhnt aber we-
der Friſchens, noch ſelbſt Ray’s, ja behauptet ſogar:
Herr von Buͤffon, welcher zuerſt von den
wenig ſichern Kennzeichen der Nomen-
klatoren abgewichen ſey, ſey auch der Er-
ſte, welcher bemerkbar gemacht habe, daß
die Vermiſchung am beſten hinleite zur
Erkennung der Arten
o). S. Mem. de la se-
ciété des ſciences phyſiques de Lauſanne. T. II
.
S. 49.
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[60/0094] Allein ich muß geſtehen, daß wir auch mit dieſer Einſchraͤnkung wenig gewonnen haben. Denn fuͤrs erſte, wie faſt ganz nichtig iſt die Hoffnung, ſo viel wilde Thiere, beſonders ſich ſelbſt uͤberlaſſene, (bey denen uns am meiſten daran liegt zu wiſſen, ob man ſie fuͤr bloße Verſchiedenheiten, oder zu verſchiedenen Gattungen gehoͤrig zu halten habe) jemals zu dieſer Vereinigung zu bringen? Hauptſaͤchlich wenn ihr Vaterland weit von einander entfernt liegt: Z. B. den Troglodyten von Angola, (Schim panſé) mit dem Waldmenſchen von der In- ſel Borneo, (Orang-Utang). Dann aber iſt die Unſicherheit und Dunkelheit in benannter Hinſicht bey wilden Thieren lange nicht ſo groß und wichtig, als gerade bey denen, welche man in dieſer Liſte nicht mit aufzaͤhlt, naͤmlich bey den zahmen; denn hier ſtokt es am meiſten. Da giebt es denn unter den Schriftſtellern außer- ordentliche Uneinigkeiten, z. B. uͤber den Hund, von deren Racen einige mehrere Urgattungen auffuͤh- ren; andere ſie fuͤr bloße Verſchiedenheiten halten, abgeartet von jenem Stamme, welchen man Haus- hund, (Schaͤferhund, Chien de berger) nennt; noch 1) 1) Daſſelbe Kennzeichen von einer Species hat neuer- lich Berthout von Berchem der Sohn angenommen: „Wenn die Thiere im natuͤrlichen Zuſtan- de ſich begatten u. ſ. w.“ Er erwaͤhnt aber we- der Friſchens, noch ſelbſt Ray’s, ja behauptet ſogar: „Herr von Buͤffon, welcher zuerſt von den wenig ſichern Kennzeichen der Nomen- klatoren abgewichen ſey, ſey auch der Er- ſte, welcher bemerkbar gemacht habe, daß die Vermiſchung am beſten hinleite zur Erkennung der Arten o). S. Mem. de la se- ciété des ſciences phyſiques de Lauſanne. T. II. S. 49.

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/94>, abgerufen am 26.04.2024.