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Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779.

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§. 77.

Das befruchtete Weibgen wird vom In-
stinct getrieben, für die Zukunft zu sorgen, und
ein Nest, zum Wochenbett für sich, und zur
Wiege für die künftigen Jungen, zu bauen.
Bey vielen Vögeln, wie bey den Hünerarten,
nimmt das Männchen gar keinen Antheil an die-
sem Geschäfte; bey den übrigen aber, zumal
unter den Sangvögeln, trägt es doch Bauma-
terialien herbey, und verpflegt sein Weibgen
wärend ihrer Arbeit. Das Nisten und Brüten
der Vögel gehört unter die interessantsten Vor-
fälle in ihrer Oekonomie, und wir müssen da-
her die besondern Umstände bey beiden noch im
nähern detail beleuchten.

§. 78.

Erstens ist die Auswal des Ortes, an dem
jede Gattung ihr Nest anlegt, ihren Bedürfnissen
und ihrer ganzen Lebensart aufs genaueste angemes-
sen. Die Raubvögel bauen ihren Horst entwe-
der in die Gipfel hoher Bäume, oder auf Fel-
senspitzen, um freye Aussicht zu haben und
wie von einer Warte auf den Raub lauren zu
können. Die Wasservögel nisten ins Schilf,
auf feuchten Wiesen, wo sie Fische, Wasser-
pflanzen etc. vorfinden; manche von ihnen, wie die
Schwane, bauen zuweilen gar schwimmende Ne-
ster, um während der Brützeit den Ort ih-
res Aufenthalts zu verändern. Die Hü-

§. 77.

Das befruchtete Weibgen wird vom In-
stinct getrieben, für die Zukunft zu sorgen, und
ein Nest, zum Wochenbett für sich, und zur
Wiege für die künftigen Jungen, zu bauen.
Bey vielen Vögeln, wie bey den Hünerarten,
nimmt das Männchen gar keinen Antheil an die-
sem Geschäfte; bey den übrigen aber, zumal
unter den Sangvögeln, trägt es doch Bauma-
terialien herbey, und verpflegt sein Weibgen
wärend ihrer Arbeit. Das Nisten und Brüten
der Vögel gehört unter die interessantsten Vor-
fälle in ihrer Oekonomie, und wir müssen da-
her die besondern Umstände bey beiden noch im
nähern detail beleuchten.

§. 78.

Erstens ist die Auswal des Ortes, an dem
jede Gattung ihr Nest anlegt, ihren Bedürfnissen
und ihrer ganzen Lebensart aufs genaueste angemes-
sen. Die Raubvögel bauen ihren Horst entwe-
der in die Gipfel hoher Bäume, oder auf Fel-
senspitzen, um freye Aussicht zu haben und
wie von einer Warte auf den Raub lauren zu
können. Die Wasservögel nisten ins Schilf,
auf feuchten Wiesen, wo sie Fische, Wasser-
pflanzen ꝛc. vorfinden; manche von ihnen, wie die
Schwane, bauen zuweilen gar schwimmende Ne-
ster, um während der Brützeit den Ort ih-
res Aufenthalts zu verändern. Die Hü-

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[165/0188] §. 77. Das befruchtete Weibgen wird vom In- stinct getrieben, für die Zukunft zu sorgen, und ein Nest, zum Wochenbett für sich, und zur Wiege für die künftigen Jungen, zu bauen. Bey vielen Vögeln, wie bey den Hünerarten, nimmt das Männchen gar keinen Antheil an die- sem Geschäfte; bey den übrigen aber, zumal unter den Sangvögeln, trägt es doch Bauma- terialien herbey, und verpflegt sein Weibgen wärend ihrer Arbeit. Das Nisten und Brüten der Vögel gehört unter die interessantsten Vor- fälle in ihrer Oekonomie, und wir müssen da- her die besondern Umstände bey beiden noch im nähern detail beleuchten. §. 78. Erstens ist die Auswal des Ortes, an dem jede Gattung ihr Nest anlegt, ihren Bedürfnissen und ihrer ganzen Lebensart aufs genaueste angemes- sen. Die Raubvögel bauen ihren Horst entwe- der in die Gipfel hoher Bäume, oder auf Fel- senspitzen, um freye Aussicht zu haben und wie von einer Warte auf den Raub lauren zu können. Die Wasservögel nisten ins Schilf, auf feuchten Wiesen, wo sie Fische, Wasser- pflanzen ꝛc. vorfinden; manche von ihnen, wie die Schwane, bauen zuweilen gar schwimmende Ne- ster, um während der Brützeit den Ort ih- res Aufenthalts zu verändern. Die Hü-

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Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/187>, abgerufen am 29.03.2024.